IPA aktuell - International Police Association
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Begegnungen: ein Pilger und sein Hund<br />
sack machte sich jetzt schon bemerkbar. Mein Übergewicht<br />
und die fehlende Fitness ließen mich schier verzweifeln. Alle<br />
100 m legte ich am steilen Pfad eine Pause ein. Da habe ich mir<br />
was vorgenommen!!! Durchhalten, da muss ich durch. Das wäre<br />
eine schöne Blamage, wenn ich jetzt schon aufgeben würde.<br />
Diese „Kurzatmigkeit“ habe ich während meines Trainings am<br />
Steinhuder Meer nicht bemerkt.<br />
Der Jakobsweg - Camino de Santiago<br />
In die Zeit der Befreiung Spaniens von den Mauren<br />
fiel die Entdeckung des Grabes des Apostels Jakobus<br />
(spanisch Santiago). Nach der Überlieferung wurde der<br />
Apostel Jakobus der Ältere im Jahr 44 hingerichtet,<br />
seine sterblichen Überreste per Schiff an die Galizische<br />
Küste gebracht und im heutigen „Santiago de Compostela“<br />
bestattet. Der Sage nach wurde ein Eremit durch<br />
einen geheimnisvollen Sternenregen zum Grab des Jakobus<br />
geführt. Und an dieser Stelle errichtete man die<br />
Kathedrale von Santiago de Compostela. Jakobus und<br />
seine Grabstätte wuchsen schnell zum Wallfahrtsort<br />
der christlichen Kreuzritter heran, die Spanien von den<br />
Mauren befreien wollten.<br />
Ein regelrechter Pilgertourismus setzte ein. Mit dem<br />
Ankommen in Santiago de Compostela war für den<br />
mittelalterlichen Menschen die Erdenpilgerschaft beendet<br />
- das Ziel des Unterwegsseins zu Gott erreicht! Nach<br />
weiteren ca. 100 km kam man nach Cap Finisterre, das<br />
Ende der damals bekannten Welt.<br />
Nach einigen Stunden war ich am Ende meiner Kräfte. Ca. 10<br />
km habe ich geschafft, bis zur ersten Übernachtung in Honto/<br />
Pyrenäen. Noch ca. 790 km !!!<br />
Mühsam überwand ich die Bergkämme und damit meinen<br />
„inneren Schweinehund“. Nun fiel es leichter – es ging bergab.<br />
Gegen 18:00 Uhr sah ich im Regen das spanische Kloster<br />
Roncesvalles. Eine ehrwürdige Klosteranlage. Zuerst meldete<br />
ich mich beim zuständigen Mönch wegen der Übernachtung.<br />
Es folgten Eintragungen in Listen mit Namen, Alter, woher<br />
gekommen. Eine kleine Spende und ich hatte meinen zweiten<br />
Stempel im Pilgerausweis.<br />
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Zu meiner Überraschung wurde gegen 20 Uhr für die Pilger<br />
eine Messe abgehalten.<br />
Nach der Messe musste mein Hunger durch ein Pilgermenü<br />
befriedigt werden: äußerst preiswert und schmackhaft - sopa<br />
(Suppe), troucha (Forelle), dessert und vino tinto (Rotwein).<br />
Eine Einweisung in einen klammen, muffigen und kalten<br />
Schlafraum (110 Betten) war mir doch zuviel. Keine Heizung<br />
zum Trocknen der nassen Kleidung und Schuhe. Nach intensiver<br />
Verhandlung mit den Mönchen wurde mir ein Container mit<br />
8 Betten zugewiesen. Während der Pilgerruhe (von 22 bis 06<br />
Uhr) wurde ich von einigen Schnarchern geweckt. Ich konnte<br />
der nächtlichen Berieselung nicht standhalten und stelle fest,<br />
dass der eine den anderen Mitpilger in der Lautstärke übertönte.<br />
Was für eine Herausforderung!!!<br />
Ich habe aber vorgesorgt! Vom Steinhuder Schützenverein habe<br />
ich mir ein Paar Ohrenschützer „Micky-Mäuse“ geben lassen,<br />
die nun zum Einsatz kommen sollten. Sie haben sich während<br />
der Nachtruhe in den Refugien immer wieder bewährt!!!<br />
Morgens bei Regen aufstehen, Rucksack packen und in Richtung<br />
Westen starten. Kein Frühstück!!! Ich wusste, in den<br />
Refugios gibt es normalerweise kein Frühstück. Das bedeutet,<br />
ich laufe mit leeren Magen und muss erst eine sogenannte Bar<br />
(Café) suchen. Dann gibt es con Leche (Kaffee mit ca.50%<br />
geschäumter Milch) und Bocadillos con Queso (Sandwich mit<br />
Käse oder Schinken).<br />
Auch gibt es Regeln für die Peregrinos, wie die Jakobspilger<br />
hier in Spanien genannt werden. Auf einer Tafel konnte ich<br />
lesen: „Pilger willkommen in meinem Haus. Behüte es wie<br />
dein eigenes. Achte mit darauf, dass es ordentlich und sauber<br />
bleibt. Denke dabei an all jene, die nach dir kommen. Sie<br />
werden dir dankbar sein. Der Pilger ist nicht anspruchsvoll,<br />
aber einfühlsam und dankbar. Er möchte seine wohl verdienten<br />
Mußestunden haben. Bemühe dich, das Haus bis 8.30 Uhr zu<br />
verlassen. Wenn es möglich ist, gib uns eine kleine Geldspende.<br />
Ist es dir nicht möglich, segne dich Gott. Ich wünsche dir,<br />
dass Jakobus dich auf deinem Weg nach Compostela begleite.“<br />
Das Wetter wurde besser. Die Schönheit der Natur war ein<br />
besonderes Erlebnis. Gelber und weißer Ginster wuchsen links<br />
und rechts am Weg. Mein Kopf war frei, aber ich war lange<br />
Begegnungen: die junge Frau aus Deutschland pilgerte - gegen den Willen<br />
ihrer Eltern - mit ihrem geistig behinderten Kind<br />
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<strong>IPA</strong> <strong>aktuell</strong> 1/2009