neuland - Journalisten Akademie

LOSGEHEN!
„Lembergs? Ich habe diesem Mann alles zu verdanken. Er ist ein Held.“
Arztpraxis: „Doktorats Elite“.
Die junge Frau mit Kinderwagen lebt erst
seit ein paar Jahren in Ventspils. Als sie
den Namen Lembergs hört, lächelt sie
wissend. „Für die Leute hier ist der ja so
ein kleiner King. Die verehren ihn. Sicher,
für Kinder ist das toll hier. Man sagt,
Kinder, die in Ventspils geboren werden,
sind Glückskinder. Wegen der vielen
Spielplätze. Und für jede Geburt zahlt
Herr Lembergs 50 Lat.“ Sie blickt auf ihren
zwei Monate alten Sohn. „Aber man
hat da auch schon andere Sachen gehört.
Herr Lembergs bestimmt, was hier
am Ort zu geschehen hat – und wehe,
etwas passiert nicht so, wie er das will.
Da mussten auch schon mal Leute wegziehen.
Das erzählt man sich so unter der
Hand.“ Sie wohne in Ventspils, weil ihr
Mann hier eine Fabrik hat. Aber es fehle
an Arbeitskräften. „Die Leute wandern
ab, nach Irland. Auch hier. Da ändert
auch Herr Lembergs nichts dran.“
Sie schiebt den Kinderwagen durch die
Altstadt. Zwei Männer biegen aus einer
Seitenstraße, der eine geht schwerfällig.
Seine Arme sind auf alte Holzkrücken
gestützt. Sie bleiben stehen. Die
Frau spricht sie auf Russisch an. Als der
Alte Holzhäuser neben schicken Parks:
Ventspils hat Geld und erneuert sich
Name Lembergs fällt, stützt sich der Äl-
tere fest auf seine Krücken und verbeugt
sich. Schwerfällig richtet er sich auf. „Ich
habe diesem Mann alles zu verdanken“,
sagte er. „Er ist nicht der beste Politiker,
er ist ein Held.“ Ein Wortschwall prasselt
auf die junge Frau nieder. Für die Behinderten
tue Lembergs viel – und für die
Russen der Stadt auch. Wieder verbeugt
sich der Mann. Dann gehen sie weiter.
Eine andere Frau kommt schnellen
Schrittes heran. Eleganter Rock, weiße
Bluse. Schmuck, modische Brille. Sie hat
es eilig. Trotzdem bleibt sie kurz stehen,
als sie den Namen Lembergs hört. Sie hat
einen festen Blick, spricht aber leise. „Er
ist der größte Dieb Lettlands.“ Dann dreht
sie auf dem Absatz um und verschwindet
in einem Geschäft.
Am Rathaus von Ventspils werden gerade
die Fenster geputzt. Grauer Plattenbau
mit Flachdach und wehenden Fahnen
davor. Der junge Polizist an der Pforte
ist nervös und stammelt mehrmals, dass
„Herr Lembergs“ nicht da sei. „In H olidays.“
Sein Büro ist im obersten Stock.
Große Plätze, Blumenbeete, breite Straßen:
Ventspils gilt als schönste Stadt Lettlands. Nur
Menschen sind nicht zu sehen.