neuland - Journalisten Akademie
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mehrfach damit gelockt, verdächtigte<br />
Freunde entlasten zu können. Erst zögerte<br />
er. Irgendwann sagte er zu. „Ich war<br />
sehr jung, ein Grünschnabel“, begründet<br />
er das heute. „Und ich hatte Angst vor<br />
dem Mythos des allwissenden KGB.“<br />
Nach seinen ersten Berichten zog sich<br />
Robert langsam von Freunden und Kollegen<br />
zurück. Er redete sich die Situation<br />
schön: Wenig hören bedeutete, wenig berichten<br />
zu müssen. „Mit der Zeit habe ich<br />
erkannt, dass es einen Spielraum gibt.“<br />
Nach und nach lieferte er immer weniger<br />
brauchbare Information, beschrieb seinen<br />
Gesundheitszustand schlechter, als<br />
er war. „Und dann hab ich ihnen gesagt,<br />
dass ich nicht mehr weitermache.“<br />
Robert dachte damals, die Sache sei ein<br />
für alle Mal erledigt. Mehr als zwanzig<br />
Jahre später, in einem anderen Land und<br />
einer anderen Zeit, holt ihn seine Geschichte<br />
jetzt plötzlich wieder ein.<br />
Robert gehört zu den etwa 24.000<br />
Agenten, die zwischen 1953 und 1991 in<br />
Lettland für den KGB gearbeitet haben.<br />
Und er ist einer jener 4500, deren Personalakten<br />
der Geheimdienst Ende der 80er<br />
Jahre nicht nach Russland in Sicherheit<br />
gebracht hat. Die Ordner lagern heute an<br />
einem geheimen Ort in Riga. Nur einige<br />
wenige wissen von ihm - zu brisant ist<br />
das, was in perfekter kyrillischer Handschrift<br />
in die vorgedruckten Karteikarten<br />
eingetragen wurde.<br />
Einer der Eingeweihten ist Indulis Zalite,<br />
der Leiter des Zentrums für die Dokumentation<br />
der Folgen des Totalitarismus.<br />
Er beschäftigt sich seit 14 Jahren mit der<br />
Hinterlassenschaft des KGB in Lettland.<br />
Seit die Veröffentlichung der Agentennamen<br />
diskutiert wird, ist er ein von vielen<br />
Politikern gefragter Experte. Nur hört<br />
keiner auf ihn.<br />
Zalite hat geredet und geredet, er saß<br />
mit Abgeordneten zusammen und in<br />
Kommissionen, ist in Talkshows im Fernsehen<br />
aufgetreten und hat Artikel in den<br />
großen Zeitungen geschrieben – gebracht<br />
hat es nichts. Nach einem ersten<br />
Versuch 2004 hat das Parlament im Juni<br />
dieses Jahres seine Absicht bekräftigt,<br />
die Namen der lettischen KGB-Agenten<br />
in der offiziellen Zeitung der Regierung,<br />
Latvijas Vestniesis, zu veröffentlichen,<br />
mitsamt Geburtstag und Geburtsort des<br />
Agenten, dem Namen des Vaters, dem<br />
Decknamen und dem Tag der Rekrutierung.<br />
Es sei notwendig, einen Strich un-<br />
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