Jahresbericht 2008 (PDF, 1 MB) - Integrierte Psychiatrie Winterthur ...
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Depression – ein bedeutender diagnostischer Faktor,<br />
nicht nur in der <strong>Psychiatrie</strong><br />
Die Depression ist zur grossen Volkskrankheit geworden<br />
und ins Zentrum der Gesundheitsversorgung gerückt. Un-<br />
ter den anderen Volkskrankheiten wie Herz-Kreislauf-Er-<br />
krankungen, Krebs, Diabetes oder Rheuma rangiert sie<br />
weit oben. In ihren volkswirtschaftlichen Folgen durch Be-<br />
hinderungen, Sterblichkeit und Kosten steht sie an zweiter<br />
Stelle, dicht nach den koronaren Herzkrankheiten. Die Pu-<br />
blic Health zielt heute immer stärker auch auf die Depres-<br />
sion, wenn es darum geht, gesundheitspolitische Mass-<br />
nahmen zu erwirken. Umso mehr, als dass Depressionen<br />
mit anderen häufigen Störungen, wie z.B. den Angst- oder<br />
Suchterkrankungen, einhergehen und über hormonelle<br />
Stressentgleisungen manche somatischen Volkskrank-<br />
heiten mitverursachen.<br />
So ist heute die Depression ein bedeutender diagnostischer<br />
Faktor nicht nur in der <strong>Psychiatrie</strong>, sondern in der Medizin<br />
überhaupt. Es erstaunt darum nicht, dass sich im Projekt<br />
«GeWint» für eine moderne Gesundheitsregion <strong>Winterthur</strong><br />
die Verantwortlichen der Ärzteschaft, Spitäler, Sozialbe-<br />
hörden und Leistungsfinanzierer auch mit der Depressi-<br />
on befassen. Für integrierte Behandlungspfade zur Ver-<br />
sorgungsverbesserung ist die Depression gleich nach der<br />
koronaren Herzkrankheit ins Auge gefasst – Ausdruck ei-<br />
ner neuen Offenheit in der Medizin gegenüber psychischen<br />
Störungen. Unübersehbar befördert die Depression die<br />
Gleichstellung von <strong>Psychiatrie</strong> und Medizin. Begünsti-<br />
gt von einer Aera der versachlichten, ökonomischen und<br />
sozialen Gesundheitsversorgung verbessert sie Behand-<br />
lungschancen und Entstigmatisierung von psychiatrischen<br />
Leiden. Über ihre Variante Burn-out verweist sie auf die<br />
arbeitsmedizinische Bedeutung und verschafft sich Aner-<br />
kennung als Gesundheitsproblem, vor welchem sich nie-<br />
mand mehr zu verstecken braucht.<br />
Depression hat viele Gesichter<br />
In der rationalen Public-Health-Perspektive klingt die<br />
Krankheit Depression allerdings klarer, als sie ist. Nur<br />
schon von Depression in der Einzahl zu sprechen, vermit-<br />
telt eine falsche diagnostische Eindeutigkeit und täuscht<br />
darüber hinweg, dass <strong>Psychiatrie</strong> und Medizin einem viel-<br />
fältigen Syndrom gegenüberstehen, mit sehr unterschied-<br />
lichen Ursachen, Bedingungen, Ausprägungen, Behand-<br />
lungsansätzen und Verläufen bei den betroffenen Menschen.<br />
Die Schattierungen von Depressionen reichen bekanntlich<br />
von milden und einfachen bis zu nicht mehr nachfühlbaren<br />
schwersten Bildern, vom chronobiologisch übersteuerten<br />
Energie- und Stimmungsabfall bis zur todesstarren psy-<br />
chotischen Entleertheit aller Vital- und Sozialgefühle. Un-<br />
terschiedlichste Erlebnisse in der Kindheit, in Beziehungen,<br />
im Geschäft, im Krieg werden zu höchst individuellen Ge-<br />
schichten von Depressionen. Ganze Nationen und Gene-<br />
rationen zeigen nach traumatischen historischen Ereig-<br />
nissen jahrzehntelange depressive Muster. Depressionen<br />
finden verschiedenste Gesichter, von Schwermut, Schmer-<br />
zen und Sucht bis zur Aggression und Delinquenz. Je nach<br />
Lebensphase, Geschlecht und Herkunft disponiert man<br />
sich unterschiedlich. Und die vulnerable genetische und<br />
charakterliche Ausstattung gibt mitunter einen entschei-<br />
denden Ausschlag.<br />
Vielschichtigkeit verlangt spezialisierte Angebote<br />
Die <strong>Integrierte</strong> <strong>Psychiatrie</strong> <strong>Winterthur</strong> versucht, für die<br />
Tausenden von depressiv Erkrankten gute Zugangswege<br />
für eine rasche qualifizierte Behandlung zu öffnen. Ein<br />
Zusammenspiel von ärztlicher, therapeutischer und so-<br />
zialer Primärversorgung mit unseren Angeboten ist da-<br />
zu unabdingbar. Eine permanente Fort- und Weiterbil-<br />
dung im Netzwerk der Versorgerschaft und ein regionales<br />
Disease-Management sollen weiterentwickelt werden. Die<br />
Vielschichtigkeit der depressiven Störungen verlangt in<br />
komplexen und schweren Fällen Expertenwissen in spe-<br />
zialisierten und hoch spezialisierten Angeboten. Die ipw<br />
fördert sie innerhalb einer Angebotsgliederungen nach Al-<br />
terspopulationen (ältere Jugendliche und junge Erwach-<br />
sene, zweites, drittes und viertes Lebensalter) und profi-<br />
liert spezifische Kompetenz über Spezialsprechstunden,<br />
ambulante und tagesklinische Gruppenprogramme und<br />
Schwerpunktstationen. Der <strong>Jahresbericht</strong> gibt einen Ein-<br />
blick in unsere Bemühungen.<br />
Dr. med. Andreas Andreae, Ärztlicher Direktor<br />
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