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In den Schatten Kratas - Die Seiten des Gideon

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Garlen-Schrein untergebracht ist. Das Waisenhausist klein, hoffnungslos überfüllt und ständig in finanziellenSchwierigkeiten, aber wenigstens bietetes <strong>den</strong> etwa fünfzig Kindern ein sicheres Heim undregelmäßiges Essen. Ranox ist auf jede Hilfe angewiesen,die er bekommen kann, und man sieht ihn oftin Lä<strong>den</strong>, Tavernen und bei <strong>den</strong> Gil<strong>den</strong> vorsprechen.Es ist eine Schande, zu beobachten, wie man ihnmanchmal behandelt, ihn wegjagt wie einen schmutzigenBettler oder ihn wegen seines verkrüppeltenSchwertarmes hänselt. Ich habe ihn oft gefragt, wiedas seine Ehre als Troll zulässt und wie er seinenZorn so in Zaum halten kann. Er zuckte meist mit<strong>den</strong> Schultern und sagte “So sind sie eben”, doch alsich beharrlich weiterbohrte, teilte er seine Geschichtemit mir: Vor langer Zeit, als Ranox noch jung undin der Blühte seiner Jahre war, gehörte er dem gefürchtetstenTrollpiraten-Clan der Zwielichtgipfelan. Jeder ihrer Raubzüge war eine Legende vonBlut und Gewalt, und irgendwann hörte Ranox auf,die toten Körper seiner Feinde zu zählen. Nicht alleseine Opfer waren Krieger- oft erschlug er Frauenund Kinder, Unschuldige, manchmal nur zum Spaß.Eines Tages zog sein Stamm in eine Schlacht gegendrei Clans, die sich gegen die Piraten verbündet hatten.Der Kampf war hart und schwer und Ranox Clanwurde vernichtend geschlagen. Er selbst kämpftetapfer gegen die wachsende Übermacht der Feinde,wurde aber schließlich von einem gewaltigen Hiebniedergeschlagen. Viele Stun<strong>den</strong> lag er reglos aufdem Schlachtfeld, bis eine Gestalt die Dämmerungzwischen Leben und Tod durchbrach. Es war eineTrollin, das weiße Leinengewand blutdurchtränktund ihr Gesicht von einem frischen Schnitt über Stirnund Wange entstellt. <strong>In</strong> <strong>den</strong> Armen trug sie ein totesKind, das sie neben Ranox in <strong>den</strong> Staub legte. Alssich ihre Blicke trafen, wusste Ranox, wer vor ihmstand. Sein Herz war voller Freude, <strong>den</strong>n er wusste,dass Garlen ihn heilen und er siegreich zu seinemVolk zurückkehren würde. <strong>In</strong> der Tat berührte ihndie Frau und seine Wun<strong>den</strong> schlossen sich - alle,bis auf eine. Sein zerfetzter Schwertarm hing nochimmer leblos an seiner Seite und Garlen erhob sichwortlos. Noch einmal schenkte sie ihm einen Blickund verschwand im Nebel.Ranox kehrte nicht zu seinem Volk zurück. Erhatte Garlens Botschaft verstan<strong>den</strong>. Es hat <strong>den</strong> Trollviel Mühe gekostet, das Waisenhaus in <strong>Kratas</strong> gegen<strong>den</strong> Widerstand der Bevölkerung zu errichten, aberer hat eine Handvoll Helfer gefun<strong>den</strong>, die ihn undsein Anliegen nach Kräften unterstützen. Zu ihnengehört Briga, die wann immer es geht im Waisenhausanzutreffen ist und sich dort um Verletzungen undKrankheiten der Kinder kümmert. Seit dem schrecklichenVorfall vor einigen Jahren, bei <strong>den</strong>en ein Windlingsmörderin das Waisenhaus eindrang und sechsKinder tötete, lässt Ranox das kleine Eingangstorund <strong>den</strong> großen Schlafraum <strong>des</strong> Hauses bewachen- manchmal, wenn das Geld gerade knapp ist, übernimmter selbst diese Pflicht. Seit <strong>den</strong> Mor<strong>den</strong> pflegtRanox gute Kontakte zu Darnths Gemeinschaft, diescheinbar an der Aufklärung der Geschehnisse beteiligtwaren, aber dazu kann ich noch nichts Genaueresberichten.Das Lotos-Tor<strong>In</strong> <strong>den</strong> wenigen Aufzeichnungen aus der Zeit vorder Plage steht geschrieben, dass das Lotos-Tor einst<strong>den</strong> Eingang zum großen Basar der Stadt bildete.Heute ist davon nichts mehr zu sehen, allein das Torsteht noch einsam inmitten <strong>des</strong> Platzes der Vollkommenheit.Der ovale Bogen <strong>des</strong> Tors ist mit erlesenenSteinmetzarbeiten übersät und war einmal gänzlichmit Orichalkum überzogen. Selbstverständlich istdavon nicht einmal mehr ein Körnchen übrig. SeinenNamen hat das Tor von der großen, halb geöffnetenLotosblüte, die <strong>den</strong> Kopf <strong>des</strong> Tores ziert und um diesich der schlangenhafte Körper eines flügellosenDrachen windet. Zu gerne wüsste ich, wer das Torerbaut hat, aber aus <strong>den</strong> spärlichen Chroniken istnur zu erfahren, dass es das Geschenk einer hochstehen<strong>den</strong>Persönlichkeit an <strong>Kratas</strong> war. ZahlreicheLegen<strong>den</strong> spinnen sich um das fast zwei Trolle hoheBauwerk. Man sagt, es sei verwunschen und mit einemunaussprechlichen Geheimnis behaftet. Vielescheuen sich, hindurchzugehen, <strong>den</strong>n angeblich verschwin<strong>den</strong>manchmal Namensgeber, die es durchschreitenohne eine Spur zu hinterlassen. Anderesagen, dass, wenn einem das Glück hold ist, nach38

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