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Wenn keiner nach den Rechten sieht<br />

Der nachfolgende Artikel, veröffentlicht im Tagesspiegel am 5. Dezember 2005,<br />

ist einer von vielen Beiträgen des Autors, die letztlich dazu geführt haben, dass<br />

die behördli<strong>che</strong>n Ermittlungen im Fall Rico R. in Gang gesetzt wurden.<br />

Es geht um Nazis, Gewalt, den Osten und die Polizei. Am Ende klingt alles<br />

wie ein Krimi, bei dem der Autor übertrieben hat<br />

Eine Sommerkirmes, wie sie überall sein könnte. Karussells quiets<strong>che</strong>n und rattern,<br />

johlende Jugendli<strong>che</strong> fahren Autoscooter, Live-Musik schallt aus dem Bierzelt.<br />

Ein paar Punks schlendern herum, am Autoscooter bleibt ein 16-Jähriger mit<br />

Irokesenschnitt etwas zurück.<br />

Andreas Müller (Name geändert) trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Gegen<br />

Nazis“, das gefällt einem anderen Besu<strong>che</strong>r nicht. Der Mann hat ein Bierglas in<br />

der Hand und raunzt: „Was soll’n das, gegen Nazis?“ Der Punk weicht zurück,<br />

der Mann schlägt zu. Mit dem Bierglas in Müllers Gesicht. Das Glas zersplittert,<br />

Müller blutet stark und taumelt, doch der Schläger prügelt weiter und zwingt<br />

den Punk, das T-Shirt auszuziehen. Dann lässt er von ihm ab. Holt sich das<br />

nächste Bier.<br />

Es geschah nicht überall, sondern in Zerbst, einer Kleinstadt in Sachsen-Anhalt.<br />

Und es geht um mehr als typisch rechtsextreme Randale Ost. Die Tat hat für das<br />

Opfer noch härtere Folgen als sonst in sol<strong>che</strong>n Fällen üblich. Und der Part der<br />

Polizei ist bizarr. Es klingt, als habe ein überdrehter Autor einen prallen Ossi-<br />

Krimi geschrieben. Da müssen Nazis rein, überforderte Polizisten, eine herzlose<br />

Stadtverwaltung, ein junges Opfer mit allein erziehender Mutter, die von Arbeitslosengeld<br />

II lebt. Zerbst ist Klis<strong>che</strong>e real. Andreas Müller und seine Mutter<br />

sagen: bloß weg hier.<br />

Der Punk ist seit dem Angriff auf dem Zerbster „Heimatfest“ am Abend des<br />

30. Juli halb blind. Bei dem Schlag mit dem Bierglas drang ein Splitter ins rechte<br />

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