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Da erstaunt es nicht mehr, dass jemand wie Thierry Chervel, Gründer und Chef<br />

des Metafeuilletons ‘Perlentau<strong>che</strong>r’, das täglich im Internet eine kommentierte<br />

Zusammenschau der deutschsprachigen Kulturteile erstellt, nicht immer gern<br />

gesehen wird. „Was die Hierar<strong>che</strong>n an Perlentau<strong>che</strong>r stört“, meint Chervel, „ist,<br />

dass wir die Spiel<strong>che</strong>n transparent ma<strong>che</strong>n, dass sie dadurch Macht über Themen<br />

einbüßen.“ Ihn stört vor allem, dass die Zeitung als Institution morsch werde<br />

und zu einem Forum der Selbstinszenierung von Journalismus. „Die Feuilletons<br />

haben nicht selten den Wahrheitsanspruch von Journalismus aufgegeben.<br />

Ob Peter Handke tatsächlich historis<strong>che</strong> Tatsa<strong>che</strong>n leugnet, hat in der jüngsten<br />

Debatte um den Heine-Preis niemand gefragt. Lieber gibt man ihm gleich einen<br />

Geniebonus.“ Darum verlieren die Feuilletons Einfluss aufs Publikum, meint<br />

Chervel. „Aber bei den Institutionen bleibt ihr Einfluss bestehen.“ So erklärt sich<br />

Chervel auch, dass die FAZ den Perlentau<strong>che</strong>r in dem Moment scharf angriff, als<br />

er von der Bundeskulturstiftung Subventionen für das englischsprachige Magazin<br />

signandsight.com bekam.<br />

Nicht immer sind Kampagnen dieser Art jedoch erfolgreich. Die Rechtschreibreform<br />

ist das prominenteste Beispiel, an deren Rücknahme sich der Verbund<br />

vergebens abarbeitete. Oftmals reicht jedoch das Fehlen gegenseitiger Kritik<br />

aus, die spürbare Beißhemmung gegenüber den anderen Medien, um eine ausgewogene<br />

öffentli<strong>che</strong> Meinungsbildung zu erschweren. Investigativjournalist<br />

Hans Leyendecker, der nach Meinungsverschiedenheiten mit Stefan Aust und<br />

der Kündigung beim Spiegel nun für die Süddeuts<strong>che</strong> Zeitung arbeitet, beobachtet<br />

die Allianz „der jungen Wichtigen“ zwis<strong>che</strong>n Springer und Spiegel mit Sorge. Die<br />

Folgen habe man zuletzt bei der geplanten Übernahme von ProSieben und Sat.1<br />

durch Spinger erleben können: „Arschzahme Geschichten im Spiegel, aus Rücksichtnahme“,<br />

sagt Leyendecker.<br />

Den Feuilletonisten Frank Schirrma<strong>che</strong>r jedoch, den er privat sehr schätzt, unter<br />

anderem weil er dessen Vorliebe für Gottfried Benn teile, sieht er nicht als<br />

Gefahr. „Er ist ein wunderbarer Paradiesvogel in dem Zirkus.“ Man müsse froh<br />

sein, wenn er gemeinsam mit Spiegel-Chefredakteur Aust Interviews führe, wie<br />

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