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In Zerbst selbst wird die Gewalttat heruntergespielt. Kulturamtsleiter Andreas<br />
Dittmann freut sich in einem Interview mit der Regionalzeitung, das am 6. August<br />
ers<strong>che</strong>int, die Stimmung der Gastronomen auf dem noch laufenden Heimatfest<br />
sei „heiter gelassen“. Und er verurteilt eine Demonstration von 50 jungen Linken,<br />
die fünf Tage nach der Gewalttat in Zerbst ein „nazifreies Heimatfest“ forderten.<br />
Der Protest hat Folgen: Die Staatsanwaltschaft im nahen Dessau leitet ein Verfahren<br />
gegen den mutmaßli<strong>che</strong>n Anführer der Demonstration ein, wegen Verstoßes<br />
gegen das Versammlungsgesetz.<br />
Die Zerbster Polizei gibt sich auch anderthalb Wo<strong>che</strong>n nach dem Angriff auf<br />
Müller ahnungslos. Das Revier lässt am 9. August über die Regionalzeitung verbreiten,<br />
man könne keine „Gerüchte“ bestätigen, ein junger Mann habe bei<br />
einer Auseinandersetzung auf dem Heimatfest ein Auge verloren. Inzwis<strong>che</strong>n hat<br />
die in Magdeburg sitzende „Mobile Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt“<br />
von dem Fall erfahren. Sp<strong>re<strong>che</strong>r</strong>in Heike Kleffner ruft Journalisten an und klagt,<br />
was sich in Zerbst abspiele, erinnere an die „Zustände in den wirren Zeiten nach<br />
der Wende“. Dann kommt am 12. August plötzlich Bewegung in den Fall –<br />
offenbar durch eine fals<strong>che</strong> Auskunft.<br />
Da sagt der Sp<strong>re<strong>che</strong>r</strong> der Polizei Zerbst dem Tagesspiegel, die Staatsanwaltschaft<br />
Dessau habe ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dort heißt es jedoch,<br />
man kenne den Vorgang gar nicht. Sofort wendet sich die Staatsanwaltschaft<br />
an die Polizei in Zerbst. Und wie der Zufall so will, trifft am Nachmittag des<br />
12. August in Zerbst ein Fax der Polizeidirektion Magdeburg ein – in dem über<br />
die eine Wo<strong>che</strong> alte Vernehmung von Andreas Müller berichtet wird. Nun gibt<br />
es doch den Verdacht auf eine brutale rechtsextreme Straftat.<br />
Das Staatsschutz-Kommissariat der Polizeidirektion Dessau wird eingeschaltet.<br />
Es hält den Fall für so gravierend, dass mit Beamten aus Zerbst eine „Ermittlungsgruppe<br />
Schlossgarten“ gebildet wird. Jetzt werden Zeugen befragt. Am<br />
17. August nehmen Beamte Nico K. fest. Er legt ein Geständnis ab, gibt auch den<br />
Faustschlag im Zug nach Roßlau zu – und sagt, er habe sich längst von der rechten<br />
Szene gelöst. Am nächsten Tag schickt ihn das Amtsgericht Zerbst in Unter-<br />
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