2 | 2008 - Schiffahrt und Technik
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Bilder: Piening<br />
Den enormen Zuwachsraten im Containerumschlag in den<br />
Nordrange-Häfen Rotterdam, Hamburg, Antwerpen <strong>und</strong><br />
Bremerhaven von im Schnitt deutlich über 10 % pro Jahr<br />
steht eine Stagnation des Containertransports auf dem Rhein gegenüber.<br />
Während für das erste Halbjahr 2007 noch ein Rückgang<br />
um 0,6 % verzeichnet wurde, konnte das Statistische B<strong>und</strong>esamt<br />
für die ersten drei Quartale des Jahres 2007 immerhin einen Anstieg<br />
um 1,2 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum<br />
vermelden. Gr<strong>und</strong> für diese unerfreuliche Entwicklung sind weder<br />
ungünstige Pegelstände noch mangelndes Potential an Nachfrage<br />
bzw. Angebot von Schiffsraum, sondern vor allem die begrenzten<br />
Kapazitäten der Seehäfen Rotterdam <strong>und</strong> Antwerpen. Dort werden<br />
aus Kostengründen die Umschlagskapazitäten in erster Linie an den<br />
Erfordernissen der Seeschifffahrt ausgerichtet, was zu Wartezeiten<br />
einzelner Binnenschiffe von 60 bis zu über 90 St<strong>und</strong>en führt. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong> können die Fahrpläne der überwiegend im Liniendienst<br />
eingesetzten Containerschiffe nur durch eingecharterte Ersatzschiffe<br />
eingehalten werden, was z.T. zu einer Verdoppelung der<br />
Containertransportkosten mit Binnenschiffen führt.<br />
Infolge der Abfertigungsprobleme kommt es gelegentlich zu<br />
Überschreitungen der gesetzlich geltenden oder vertraglich vereinbarten<br />
Lieferfristen. Sowohl nach den Regelungen des nationalen<br />
deutschen Frachtrechts (§§ 425 ff. HGB) als auch nach den<br />
einschlägigen internationalen Vorschriften des Budapester Übereinkommens<br />
über den Vertrag über die Güterbeförderung in der<br />
Binnenschiffahrt (Art. 16 ff. CMNI) ist der Frachtführer gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
verpfl ichtet, dem Absender bzw. dem Empfänger den aus einer<br />
Überschreitung der Lieferfrist entstehenden Schaden zu ersetzen.<br />
Dies gilt jedoch nicht, wenn die Überschreitung der Lieferfrist auf<br />
Umständen beruht, die der Frachtführer auch bei größter Sorgfalt<br />
nicht vermeiden <strong>und</strong> deren Folgen er nicht abwenden konnte (§ 426<br />
HGB), bzw. der Schaden durch Umstände verursacht worden ist,<br />
die ein sorgfältiger Frachtführer nicht hätte vermeiden <strong>und</strong> deren<br />
Folgen er nicht hätte abwenden können (Art. 16 Abs. 1 CMNI). Da<br />
die Kapazitätsengpässe in den Seehäfen regelmäßig vom Frachtführer<br />
nicht beeinfl usst werden können, scheidet eine Haftung<br />
des Frachtführers für hierdurch verursachte Verspätungsschäden<br />
regelmäßig aus. Etwas anderes kann allenfalls dann gelten, wenn<br />
der Frachtführer gegenüber dem Absender in Kenntnis der Abfertigungsprobleme<br />
eine Garantie dahingehend übernommen hat, das<br />
Ladungsgut fristgemäß abzuliefern. Eine solche Garantieübernahme<br />
wird indes die Ausnahme sein.<br />
Stellt der Frachtführer, d.h. der Binnenschiffer bzw. der Reeder, bei<br />
oder schon vor Ankunft des Schiffes im Seehafen fest, dass aufgr<strong>und</strong><br />
von Kapazitätsauslastungen nicht zeitnah gelöscht werden<br />
2|<strong>2008</strong><br />
Wer trägt die Kosten der Engpässe in den Seehäfen?<br />
RECHT & SCHIFFFAHRT<br />
Warten kostet Geld<br />
Verspätungen im Containertransport per Binnenschiff gehen häufi g auf Kapazitätsgrenzen<br />
in den Seehäfen zurück. Inwieweit ein Frachtführer vom Absender<br />
für die Verzögerung haftbar gemacht werden kann <strong>und</strong> wer die eintretenden<br />
Transportmehrkosten zahlt, zeigt der folgende Beitrag auf.<br />
Dr. Hubert Holland ist Socius der Kanzlei v. Waldstein & Holland, Mannheim (www.rawaho.de)<br />
kann <strong>und</strong> es infolgedessen zu einer Überschreitung der Löschzeit<br />
kommen wird, liegt ein sog. Ablieferungshindernis vor. Nach den<br />
einschlägigen gesetzlichen Vorschriften (§ 419 HGB) wird hierdurch<br />
die Pfl icht des Frachtführer begründet, beim Absender bzw., nach<br />
Ankunft des Gutes an der Ablieferungsstelle, beim Empfänger Weisungen<br />
hinsichtlich der weiteren Vorgehensweise einzuholen. So ist<br />
denkbar, dass der Absender bzw. Empfänger bei enormen Abfertigungsverzögerungen<br />
in Rotterdam eine Übernahme des Ladungsguts<br />
in Antwerpen wünscht.<br />
Erteilt der Absender bzw. Empfänger dem Frachtführer auf dessen<br />
Anfrage hin eine entsprechende Weisung, so haben Absender bzw.<br />
Empfänger die hiermit verb<strong>und</strong>enen Mehrkosten zu tragen (§§ 418<br />
Abs. 1 S. 4, 419 Abs. 1 S. 4 HGB). Wird also etwa die Reise von<br />
ursprünglich Rotterdam auf Antwerpen umgelenkt, so kann der<br />
Frachtführer für die zusätzliche Beanspruchung des Schiffes durch<br />
den Absender eine angemessene Vergütung verlangen. Zu berücksichtigen<br />
sind bei der Bemessung der Höhe dieser Vergütung der<br />
zusätzliche Einsatz an Zeit <strong>und</strong> Material. Insbesondere dann, wenn<br />
die Weisung des Absenders bzw. Empfängers dahin geht, an der<br />
Ablieferungsstelle trotz Verzögerung die turnusgemäße Löschung<br />
abzuwarten, kann es gerechtfertigt sein, die Höhe der dem Frachtführer<br />
zustehenden Vergütung an den sich aus der gesetzlichen<br />
Liegegeldverordnung bzw. den vertraglichen Vereinbarungen ergebenden<br />
Liegegeldsätzen zu orientieren. Liegegeld selbst kann daneben<br />
allerdings nicht erstattet verlangt werden. Entstehen dem<br />
Frachtführer aufgr<strong>und</strong> der Befolgung der Weisung Schäden, so hat<br />
der Absender diese allerdings ebenfalls zusätzlich zu ersetzen.<br />
Nicht erstattet verlangt werden können dagegen wiederum die<br />
Kosten, die dem Reeder, der einen Liniencontainerdienst unterhält,<br />
dadurch entstehen, dass er zur Erfüllung seiner sich aus dem Fahrplan<br />
ergebenden Verpfl ichtungen Ersatzschiffe einchartern muss.<br />
Vielmehr ist der Reeder gehalten, etwaige Verzögerungen, die i.ü.<br />
häufi g bereits vorhersehbar sind, über höhere Frachten bzw. die<br />
Vereinbarung eines höheren Liegegeldes zu kompensieren. Ob diese<br />
allerdings am Markt durchsetzbar sind, ist eine andere Frage.<br />
In jedem Fall ist zu berücksichtigen, dass die Parteien durch vertragliche<br />
Vereinbarungen ihre Rechte <strong>und</strong> Pfl ichten im Falle von<br />
Ablieferungshindernissen im allgemeinen <strong>und</strong> Abfertigungsverzögerungen<br />
in den Seehäfen im besonderen weitgehend frei <strong>und</strong> außerdem<br />
auch in Allgemeinen Verlade- <strong>und</strong> Transportbedingungen<br />
regeln können, wie dies etwa in den aktuellen Internationalen Verlade-<br />
<strong>und</strong> Transportbedingungen für die Binnenschiffahrt (IVTB)<br />
geschehen ist. Ist dies der Fall, müssen im Einzelfall anhand dieser<br />
vertraglichen Regelungen die wechselseitigen Rechte <strong>und</strong> Pfl ichten<br />
festgestellt werden. ■ RA Dr. Hubert Holland<br />
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