24.11.2012 Aufrufe

MedReview Die Zeitschrift für ärztliche Fortbildungskongresse 51 ...

MedReview Die Zeitschrift für ärztliche Fortbildungskongresse 51 ...

MedReview Die Zeitschrift für ärztliche Fortbildungskongresse 51 ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>MedReview</strong><br />

<strong>Die</strong> <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>ärztliche</strong> <strong>Fortbildungskongresse</strong><br />

ZKZ 52915<br />

<strong>51</strong>. Kongress der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong><br />

Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V.<br />

17. bis 20. März 2010 in Hannover<br />

THEMA<br />

Lungen- und Bronchial -<br />

erkrankungen sind auf dem<br />

Vormarsch. <strong>Die</strong> Repräsentanz<br />

der Pneumologie muss weiter<br />

gestärkt werden.<br />

INTERVIEW<br />

mit den Tagungspräsidenten<br />

Prof. Dr. Bernd Schönhofer und<br />

Prof. Dr. Tobias Welte<br />

BERICHTE<br />

Nächtliche Hypoxie bei COPD<br />

Praktisches Management der PAH<br />

High frequency chest wall<br />

oscillation (HFCWO)<br />

Narkolepsie<br />

Nikotinabusus versus Tabakkonsum<br />

Multiresistente Tuberkulose<br />

SYMPOSIEN<br />

Epi proLung: eine neue<br />

Diagnosehilfe <strong>für</strong> Patienten mit<br />

Verdacht auf Lungenkrebs<br />

Diagnose der latenten<br />

Tuberkulose-Infektion mit dem<br />

Interferon-� Release Assay<br />

Exponierte Studienendpunkte<br />

beim Alpha-1-Antitrypsin-Mangel<br />

04· 2010· 11.JAHRGANG


Impressum<br />

Herausgeber und Verlag:<br />

WILEY-BLACKWELL<br />

Blackwell Verlag GmbH<br />

Rotherstraße 21<br />

10245 Berlin<br />

Telefon 030 / 47 03 14-32<br />

Telefax 030 / 47 03 14-44<br />

medreview@wiley.com<br />

www.blackwell.de<br />

Chefredaktion:<br />

Dr. Beata Dümde<br />

Redaktion und Berichte:<br />

Bettina Baierl<br />

Anzeigen:<br />

WILEY-BLACKWELL<br />

Blackwell Verlag GmbH<br />

Rita Mattutat<br />

Tel.: 030 / 47 03 14-30<br />

Fax: 030 / 47 03 14-44<br />

rita.mattutat@wiley.com<br />

Verlagsrepräsentanz <strong>für</strong><br />

Anzeigen, Sonderdrucke<br />

und Sonderausgaben:<br />

Kerstin Kaminsky<br />

Bornfelsgasse 13<br />

65589 Hadamar<br />

Tel.: 06433 / 94 90 935<br />

Fax: 06433 / 94 90 936<br />

kerstin.kaminsky@t-online.de<br />

Gestaltung und Druck:<br />

Schröders Agentur<br />

www.schroeders-agentur.de<br />

z.Zt. gültige Anzeigenpreisliste<br />

11/2010<br />

<strong>Die</strong> Beiträge unter der Rubrik „Aktuelles aus der<br />

Industrie“ ge hö ren nicht zum wissenschaftlichen<br />

Programm. Für ihren Inhalt sind allein die<br />

jeweiligen Auto ren bzw. Institutionen oder<br />

Unternehmen ver ant wortlich.<br />

Angaben über Dosierungen und Applikationen<br />

sind im Beipackzettel auf ihre Richtigkeit zu<br />

überprüfen.<br />

Der Verlag übernimmt keine Gewähr.<br />

Nr. 04, 11. Jahrgang, Mai 2010<br />

ISSN 1615-777X (Printversion)<br />

ISSN 1616-8496 (Onlineversion)<br />

Einzelpreis: € 13,– zzgl. Mwst.<br />

Abonnement: € 140,– zzgl. Mwst.<br />

IVW – Informations gemeinschaft<br />

zur Fest stellung der Verbreitung<br />

von Werbeträgern e.V.<br />

1/2010<br />

<strong>MedReview</strong> im Internet:<br />

www.medreviews.de<br />

Inhalt<br />

Interview mit den Tagungspräsidenten<br />

Prof. Dr. Bernd Schönhofer und Prof. Dr. Tobias Welte<br />

LUNGEN- UND BRONCHIALERKRANKUNGEN AUF DEM VORMARSCH<br />

<strong>Die</strong> Repräsentanz der Pneumologie weiter stärken .......................... 2<br />

Maritta Orth et al.*, Mannheim<br />

UPDATE SAUERSTOFFTHERAPIE 2010<br />

Nächtliche Hypoxie bei COPD.............................................................. 5<br />

Marius M. Hoeper, Hannover<br />

PULMONAL ARTERIELLE HYPERTONIE<br />

Praktisches Management nach aktuellen Leitlinien.......................... 7<br />

Uta Brückner, Donaustauf<br />

MECHANISCHE SEKRETMOBILISATION UND -ELEMINATION<br />

High frequency chest wall oscillation (HFCWO)................................. 9<br />

Katrin Pilz & Peter Dorow, Berlin<br />

NEUROLOGISCHE ERKRANKUNGEN UND SCHLAFBEZOGENE ATMUNGSSTÖRUNGEN<br />

Narkolepsie........................................................................................... 12<br />

Stefan Andreas, Göttingen<br />

RISIKOFAKTOR TABAKRAUCHEN<br />

Nikotinabusus versus Tabakkonsum................................................... 13<br />

Robert Loddenkemper, Berlin<br />

MULTIRESISTENTE TUBERKULOSE<br />

Ist die Zeitbombe bereits gezündet? .................................................. 15<br />

SONDERBERICHTE<br />

EPIGENETISCHE TESTS ERÖFFNEN NEUE WEGE IN DER KREBSDIAGNOSTIK<br />

Epi proLung: eine neue Diagnosehilfe <strong>für</strong> Patienten mit Verdacht<br />

auf Lungenkrebs................................................................................... 16<br />

EIN UPDATE<br />

Diagnose der latenten Tuberkulose-Infektion mit dem<br />

Interferon-� Release Assay .................................................................. 18<br />

EINE INTERDISZIPLINÄRE DISKUSSION<br />

Exponierte Studienendpunkte beim Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ... 22<br />

AKTUELLES AUS DER INDUSTRIE<br />

24 Stunden anhaltende Bronchodilatation bei schnellem Wirkeintritt<br />

COPD-Therapie mit erstem LABA24 ............................................................. 21<br />

Aktualisierte Leitlinien <strong>für</strong> pulmonal (arterielle) Hypertonie<br />

Zielorientierte PAH-Therapie ...................................................................... 24<br />

Unser Titelfoto: Roland Höfer, Hadamar<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 1


Prof. Dr.<br />

Bernd Schönhofer<br />

Prof. Dr.<br />

Tobias Welte<br />

LUNGEN- UND BRONCHIALERKRANKUNGEN AUF DEM VORMARSCH<br />

<strong>Die</strong> Repräsentanz der Pneumologie<br />

weiter stärken<br />

INTERVIEW MIT DEN TAGUNGSPRÄSIDENTEN PROF. DR. BERND SCHÖNHOFER UND<br />

PROF. DR. TOBIAS WELTE<br />

Zum <strong>51</strong>. Mal fand vom 17. bis zum 20. März<br />

2010 der Jahreskongress der DGP statt.<br />

Kongressort des diesjährigen Kongresses<br />

war Hannover. Wie bereits seit 1994 lag die<br />

Kongressorganisation in den Händen der<br />

Agentur KONSENS GmbH aus Werne.<br />

Der Kongress mit Tradition ist Plattform <strong>für</strong><br />

den Austausch von Entwicklungen, Neuig -<br />

keiten und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu allen Themen aus dem<br />

Bereich der Atemwege und Lungenheilkunde. Der diesjährige 100. Ge burtstag<br />

der DGP verlieh dem <strong>51</strong>. Kongress zudem besonderen Glanz.<br />

Im Anschluss an die Tagung hatte <strong>MedReview</strong> Gelegenheit zu einem<br />

kurzen Gespräch mit den Tagungspräsidenten Herrn Prof. Dr. Bernd<br />

Schönhofer und Herrn Prof. Dr. Tobias Welte aus Hannover.<br />

<strong>Die</strong> DGP feierte ihr 100-jähriges<br />

Bestehen. Was zählt in der Ge -<br />

schichte der Gesellschaft aus Ihrer<br />

Sicht zu den größten Errungenschaften?<br />

<strong>Die</strong> DGP nimmt seit ihrer Gründung<br />

im Oktober 1910 entscheidenden<br />

Einfluss auf Entwicklungen<br />

auf dem Gebiet der Pneumologie.<br />

In den ersten 50 Jahren nach der<br />

Gründung stand noch die Tuberkulose<br />

stark im Vordergrund der<br />

Aktivitäten. <strong>Die</strong> häufigen Namensänderungen<br />

im Verlauf der Ge -<br />

schichte machen den Strukturwandel<br />

auf den ersten Blick erlebbar.<br />

Von der „Vereinigung der Lungenheilanstaltsärzte“<br />

1910 zur „Deutschen<br />

Tuberkulosegesellschaft“<br />

1925 über die „Deutsche Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> Pneumologie und Tuberkulose“<br />

1980, bis hin zum heutigen<br />

Namen „Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong><br />

Pneumologie und Beatmungsmedizin<br />

e. V.“ – um nur Einige zu nennen.<br />

In den letzten Jahren hat sich der<br />

Fokus der DGP in der pneumologischen<br />

Forschung, Diagnostik und<br />

Therapie ebenso verändert wie die<br />

Struktur der Gesellschaft. Heute ist<br />

die Pneumologie, neben der Kardiologie<br />

und der Gastroenterolo-<br />

gie, eines der drei großen Schwerpunktfächer<br />

der Inneren Medizin.<br />

<strong>Die</strong> WHO listet inzwischen mit den<br />

obstruktiven Atemwegserkrankungen<br />

Asthma und COPD, der Pneumonie,<br />

der Tuberkulose und dem<br />

Bronchialkarzinom vier pneumologische<br />

Erkrankungen unter den<br />

zehn häufigsten Erkrankungen<br />

welt weit.<br />

<strong>Die</strong> Einführung von wissenschaftlichen<br />

Sektionen, jährlich<br />

stattfindenden Kongressen und die<br />

Gründung der Patientenvereinigungen<br />

„Deutsche Lungenstiftung<br />

e. V.“ (DLS) und „Deutsche Atemwegsliga<br />

e. V.“ (DAL) sind Entwicklungen,<br />

die gleichermaßen zur<br />

Neuorientierung der DGP beitrugen.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt war<br />

2007 die Gründung des Instituts<br />

<strong>für</strong> Lungenforschung (ILF) in Berlin,<br />

das sich vorrangig der Versorgungsforschung<br />

auf dem Gebiet der<br />

Pneumologie widmet. Daran beteiligt<br />

waren neben der DGP der<br />

Bundesverband der Pneumologen,<br />

der Verband der pneumologischen<br />

Kliniken und DAL.<br />

Eine der vordringlichsten gegenwärtigen<br />

und auch zukünftigen<br />

Aufgaben der DGP ist der Abbau<br />

der mangelnden Repräsentanz der<br />

Pneumologie an den Universitäten.<br />

Hier gehört Deutschland zu den<br />

Schlusslichtern der Industriestaaten,<br />

was zu deutlichen Defiziten in<br />

Lehre und Forschung führt.<br />

Integration war eines der Schlagwörter<br />

dieses Kongresses. Welche<br />

neuen Wege erfordert und eröffnet<br />

der Anspruch Integration in Ihrem<br />

Fachgebiet?<br />

Der Begriff „Integration“ zog sich<br />

wie ein roter Faden durch den<br />

DGP-Kongress. So ist beispielsweise<br />

die Integration von Grund -<br />

lagenwissen in unseren klinischen<br />

Alltag zu einer wesentlichen Aufgabe<br />

der Fort- und Weiterbildung<br />

geworden und darum eines der<br />

Hauptthemen dieses Kongresses<br />

gewesen.<br />

Integration des Wissens anderer<br />

Fachdisziplinen in unsere klinische<br />

Arbeit und intensive Kooperation<br />

mit anderen Internisten, aber auch<br />

mit Radiologen, Mikrobiologen,<br />

Pathologen oder Chirurgen – um<br />

nur einige zu nennen – sind heute<br />

wesentlich selbstverständlicher als<br />

noch vor 20 Jahren. Trotzdem ist<br />

sie nicht automatischer Bestandteil<br />

in den Arbeitsprozessen. Der be -<br />

stehende Einfluss von Atemwegs -<br />

erkrankungen auf systemische<br />

Krankheitsprozesse und die Mit -<br />

beteiligung der Lunge bei nicht<br />

pneumologischen Erkrankungen<br />

müssen aktiv durch Kooperation<br />

untereinander und Diskussion mit<br />

anderen Disziplinen in das Zentrum<br />

unserer Betrachtung gerückt<br />

werden.<br />

Kooperation und Integration<br />

dokumentieren sich auch in unserer<br />

gemeinsamen Präsidentschaft<br />

<strong>für</strong> diesen Kongress. Hier in Hannover<br />

ist es gelungen, durch eine<br />

vertrauensvolle Kooperation auf<br />

2 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


allen Ebenen akademisch-universitäre<br />

Medizin und kommunale Pa -<br />

tientenversorgung miteinander zu<br />

verbinden und damit die Stärken<br />

beider Institutionen <strong>für</strong> den Patienten<br />

nutzbar zu machen.<br />

Wenn Sie auf den Kongress zurückblicken,<br />

was waren die zentralen<br />

Themen in Hannover?<br />

Lungen- und Bronchialerkrankungen<br />

sind generell auf dem Vormarsch.<br />

Der Kongress wollte daher<br />

auch neue Entwicklungen im Be -<br />

reich der gesamten Pneumologie<br />

darstellen.<br />

Im Bereich des Asthmas gelingt<br />

es beispielsweise zunehmend besser<br />

pathophysiologisch und klinische<br />

unterschiedliche Erkrankungsgrup -<br />

pen zu unterscheiden. Damit ge -<br />

lingt eine zielgenauere, auf den<br />

individuellen Patienten zugeschnittene<br />

Behandlung. Im Bereich der<br />

COPD zeigt sich, dass nicht pneumologische<br />

Erkrankungen wie die<br />

koronare Herzkrankheit, die De -<br />

pression oder der Diabetes mellitus<br />

übermäßig häufig mit dieser<br />

Erkrankung assoziiert sind.<br />

Sehen wir die Onkologie an:<br />

Lungenkrebs ist bei Männern die<br />

häufigste und bei Frauen die zweithäufigste<br />

zum Tode führende<br />

Erkrankung. Trotz der Fortschritte<br />

in Diagnostik und Therapie liegt<br />

die 5-Jahres-Überklebensrate bei<br />

5,5 bis 15,7 %. Nach einem mehrjährigen<br />

Prozess der Konsensusfindung<br />

aller beteiligten Disziplinen<br />

ist im Februar 2010 die S3-Leitlinie<br />

zur Prävention, Diagnostik, Therapie<br />

und Nachsorge des Lungenkarzinoms<br />

veröffentlicht worden. Eine<br />

weitere Verbesserung in der Versorgung<br />

der Patienten mit Lungenkrebs<br />

ist die Zertifizierung der<br />

spezialisierten Abteilungen zum<br />

Lungenkrebszentrum. Hier arbeiten<br />

alle beteiligten Spezialisten auf<br />

dem Gebiet der Diagnostik und der<br />

Therapie eng zusammen, um den<br />

Patienten eine optimale Betreuung<br />

zukommen zu lassen.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt war<br />

die Schlafmedizin – ein interdisziplinäres<br />

Fach. Patienten mit Schlafstörungen<br />

machen bis zu 15 % der<br />

Patienten in der Allgemeinarztpraxis<br />

aus. Auch zur Schlafmedizin<br />

sind aktuell Leitlinien mit Empfehlungen<br />

zur Diagnostik und Therapie<br />

erschienen.<br />

<strong>Die</strong> Beatmungsmedizin erlangt<br />

wachsende Bedeutung. In der überwiegenden<br />

Mehrzahl der beatmeten<br />

Patienten gelingt die Entwöhnung<br />

vom Respirator zügig und ohne<br />

größeren Aufwand. Allerdings<br />

nimmt die Anzahl der intensiv -<br />

medizinisch zu versorgenden Pa -<br />

tienten, die nicht oder nur sehr prolongiert<br />

vom Respirator entwöhnt<br />

werden können, in den letzten Jahren<br />

ständig zu. <strong>Die</strong> Gründe hier<strong>für</strong><br />

sind in erster Linie die zunehmende<br />

Zahl von Patienten mit höherem<br />

Lebensalter und Polymorbidität<br />

sowie verbesserte intensivmedizinische<br />

Behandlungsmöglichkeiten,<br />

die zwar die Mortalität der Grund-


Fortsetzung<br />

<strong>Die</strong> Repräsentanz<br />

der Pneumologie<br />

weiter stärken<br />

erkrankung senken lässt, andererseits<br />

aber häufig zu einer prolongierten<br />

pulmonalen Insuffizienz<br />

führt. Nicht nur wegen der<br />

steigenden Zahl, sondern auch<br />

wegen der höheren Intensität der<br />

Behandlung ist die Langzeitbeatmung<br />

zu einem Wirtschaftsfaktor<br />

geworden.<br />

Ein weiterer Punkt ist der<br />

Bereich Infektionen, insbesondere<br />

Pneumonien. Bedingt durch das<br />

vom Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung<br />

und Forschung unterstützte<br />

Kompetenznetzwerk ambulant er -<br />

worbene Pneumonie (CAPNETZ)<br />

hat sich sowohl die klinische wie<br />

auch die Grundlagenforschung zu<br />

Pathogen-/Wirtsinteraktionen in<br />

Deutschland hervorragend ent -<br />

wickelt. Auf der Basis epidemiologischer<br />

Daten aus CAPNETZ<br />

wurde die speziell auf die deutsche<br />

Situation zugeschnittene S3-Leit -<br />

linie „Epidemiologie, Diagnostik,<br />

antimikrobielle Therapie und<br />

Management von erwachsenen<br />

Patienten mit ambulant erworbenen<br />

unteren Atemwegsinfektionen<br />

sowie ambulant erworbener Pneumonie“<br />

ermittelt. Aufgrund der<br />

günstigen Resistenzsituation ist in<br />

Deutschland – vor allem im ambulanten<br />

Bereich – eine Therapie mit<br />

altbekannten Substanzen möglich.<br />

Wesentliche Neuerung der neuen<br />

Leitlinie ist die Verkürzung der<br />

Therapiedauer auf 5 bis 7 Tage <strong>für</strong><br />

unkomplizierte Infektionen.<br />

Der wichtigste Erreger der<br />

Atem wegsinfektion ist nach wie vor<br />

S. pneumoniae. Neue, besser wirksame<br />

Impfstoffe führen zu einem<br />

Rückgang an Infektionen mit diesem<br />

Erreger und reduzieren zusätzlich<br />

die Resistenzentwicklung.<br />

Nachdem es in den letzten Jahrzehnten<br />

so aussah, als würde die<br />

Tuberkulose in Deutschland mehr<br />

und mehr aussterben, kommt es<br />

jetzt im Zuge einer explodierenden<br />

Steigerung an Erkrankungen in<br />

unseren osteuropäischen Nachbarländer<br />

auch wieder zu einem<br />

Anstieg der Tuberkulosefälle in<br />

Deutschland. Beunruhigend ist<br />

dabei vor allem die Zunahme der<br />

Resistenzen gegen klassische Tuberkulosemedikamente.<br />

Und schließlich ist die MHH das<br />

größte Lungentransplantationszentrum<br />

Europas mit mehr als 100<br />

Lungentransplantationen pro Jahr.<br />

Durch die Verbesserung der chirurgischen<br />

Techniken, der besseren<br />

Konservierungsmöglichkeiten <strong>für</strong><br />

die Spenderorgane, eine intensi -<br />

vere zentrumsgestützte Nachversorgung<br />

der Patienten und bessere<br />

Therapiemöglichkeiten bei den<br />

wichtigsten Komplikationen hat<br />

sich die Prognose der Patienten<br />

weiter gebessert.<br />

2007 kam es innerhalb der DGP zur<br />

Gründung der Arbeitsgruppe „Kompetenznetzwerk<br />

pneumologischer<br />

Weaningzentren“.<br />

Der Tagungsort 2010: Convention Center, Deutsche Messe AG Hannover Messegelände.<br />

Foto: Baierl<br />

Was sind die ak tuellen Aufgaben<br />

von „WeanNet“?<br />

Eine moderne und leistungsstarke<br />

Medizin ist ohne die Möglichkeiten<br />

der künstlichen Beatmung heute<br />

nicht mehr zu realisieren. In den<br />

vergangenen 15 bis 20 Jahren<br />

haben sich immer mehr pneumologische<br />

Kliniken und Abteilungen<br />

auf die schwierige Entwöhnung<br />

vom Respirator (Weaning) spezialisiert.<br />

Das wesentliche Ziel von Wean-<br />

Net ist die Verbesserung der Zu -<br />

sam menarbeit der spezialisierten<br />

Weaningzentren und die Qualitätssicherung.<br />

Wichtige Instrumente<br />

innerhalb von WeanNet sind das<br />

Weaning-Register und die Akkreditierung<br />

der Zentren. In der Entwicklungsphase<br />

des Registers ko -<br />

operierte die AG eng mit dem Institut<br />

<strong>für</strong> Lungenforschung (ILF).<br />

Den Betrieb der Datenbank und die<br />

Benutzerverwaltung hat das ILF<br />

übernommen. Weniger als ein Jahr<br />

nach dem Start des Registers haben<br />

sich bereits ca. 60 Weaningeinheiten<br />

eingeschrieben. Schließlich<br />

wurde von der AG ein Akkreditierungskonzept<br />

<strong>für</strong> Weaningzentren<br />

mit dem Ziel der Verbesserung der<br />

medizinischen Behandlungsabläufe<br />

und externer Qualitätssicherung<br />

erarbeitet, das nach Abschluss der<br />

Pilotphase im Frühjahr startet.<br />

Vielen Dank.<br />

ANKÜNDIGUNG<br />

7. bis 10. April 2011 in Dresden<br />

52. Kongress der<br />

Deutschen Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> Pneumologie und<br />

Beatmungsmedizin e. V.<br />

Tagungspräsidenten:<br />

Prof. Dr. Gert Höffken<br />

Dr. Eckart Laake<br />

Kongressorganisation:<br />

Agentur KONSENS GmbH<br />

Stockumer Straße 30<br />

59368 Werne<br />

Internet:<br />

www.dgp-kongress.de<br />

4 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


UPDATE SAUERSTOFFTHERAPIE 2010<br />

Nächtliche Hypoxie bei COPD<br />

MARITTA ORTH ET AL.*, MANNHEIM<br />

<strong>Die</strong> wissenschaftliche und<br />

klinische Bedeutung isolierter<br />

nächtlicher Hypoxämien<br />

bei COPD soll im<br />

Folgenden anhand der nachstehenden<br />

Aspekte besprochen werden:<br />

� Epidemiologie,<br />

� Pathophysiologie,<br />

� Klinische Auswirkungen.<br />

Epidemiologie<br />

Schon bei am Tage normoxämen<br />

Patienten mit COPD treten in mehr<br />

als 30 % pathologische nächtliche<br />

Sauerstoffentsättigungen auf. In<br />

einer eigenen Untersuchung an 178<br />

Patienten mit COPD wiesen am<br />

Tage normoxäme Patienten (PaO2 > 60 mmHg) in 36,5 % eine t90<br />

> 30 % auf. Ähnliche Ergebnisse<br />

konnten auch Casanova et al. belegen.<br />

Bei 38 % der untersuchten<br />

COPD-Patienten (n = 88, stabile<br />

Phase der COPD, PaO2 60–<br />

70 mmHg, 24h-Langzeitpulsoximetrie)<br />

fand sich eine t90 > 30 %,<br />

davon 50 % in der Nacht. <strong>Die</strong><br />

Als nächtliche Hypoxien werden im Schlaf auftretende<br />

Sauerstoffentsättigungen bei am Tage normoxämen<br />

Patienten bezeichnet. <strong>Die</strong>se Entsättigungen sind nicht<br />

durch Apnoen bedingt. Es existieren zwei Definitionen der<br />

nächtlichen Sauerstoffentsättigungen. Zum einen ist das<br />

die so genannte „t90“. Hierunter wird die Zeitdauer der<br />

Entsättigungen unter 90 Sättigungsprozent in Prozent der<br />

Gesamtmesszeit verstanden. Überschreitet diese mehr als<br />

30 % der Gesamtmesszeit, so liegt eine nächtliche Hypoxie<br />

vor. Eine nächtliche Hypoxie ist weiterhin gegeben, wenn<br />

die Sauerstoffsättigung ≤ 85 % <strong>für</strong> über fünf Minuten der<br />

Gesamtmesszeit beträgt.<br />

Patienten mit nächtlichen Entsättigungen<br />

wiesen bereits am Tage im<br />

Vergleich zu den Nicht-Entsättigern<br />

signifikant niedrigere PaO2- Werte und höhere PaCO2-Werte auf.<br />

Pathomechanismen der<br />

nächtlichen Entsättigungen<br />

<strong>Die</strong> Hypoventilation ist Haupt -<br />

ursache der nächtlichen Hypoxien<br />

bei COPD. Becker et al. konnten<br />

eine deutliche Abhängigkeit von<br />

den Schlafstadien belegen: Im Non-<br />

REM-Schlaf sinkt das Atemminu-<br />

tenvolumen bedingt durch die<br />

Reduktion der Atemzugvolumens<br />

um 21 %, im REM-Schlaf um 39 %<br />

im Vergleich zum Wachzustand.<br />

<strong>Die</strong> unmittelbaren Folgen sind ein<br />

signifikanter Abfall des PaO 2 und<br />

ein Anstieg PaCO 2 . „Prädiktoren“<br />

<strong>für</strong> die nächtlichen Sauerstoffentsättigungen<br />

sind der Tages-PaCO 2 -<br />

Wert und die Sauerstoffsättigung<br />

am Tag. Patienten, bei denen der<br />

PaCO 2 unter 43 mmHg beträgt,<br />

haben keine nächtlichen pathologischen<br />

Sauerstoffentsättigungen, im<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 5<br />

Prof. Dr.<br />

Maritta Orth


Fortsetzung<br />

Nächtliche<br />

Hypoxie bei<br />

COPD<br />

Gegensatz zu Patienten mit einem<br />

Tages-PaCO2-Wert ≥ 43 mmHg.<br />

Patienten mit einer Sauerstoffsättigung<br />

≥ 95 % im Wachzustand weisen<br />

keine pathologischen nächtlichen<br />

Sauerstoffentsättigungen<br />

auf, im Gegensatz zu den Patienten,<br />

bei denen die Tagessauerstoffsättigung<br />

≤ 93 % beträgt.<br />

Klinische Auswirkungen<br />

Nachfolgend werden die klinischen<br />

Auswirkungen unter folgenden<br />

Aspekten erläutert:<br />

� Pulmonal arterielle Hypertonie,<br />

� Mortalität,<br />

� Schlafarchitektur,<br />

� Lebensqualität.<br />

Pulmonal arterielle Hypertonie<br />

und Mortalität<br />

<strong>Die</strong> Auswirkungen der nächtlichen<br />

Hypoxämie auf die Entstehung der<br />

pulmonal arteriellen Hypertonie<br />

(PAH) werden in der Literatur sehr<br />

kontrovers beurteilt. Boyson et al.<br />

wiesen nach, dass eine akut induzierte<br />

Hypoventilation zu signifikanten<br />

Abfällen der Sauerstoffsättigung<br />

und einem relevanten<br />

Anstieg des pulmonal arteriellen<br />

Druckes (PAP) führt. Ergebnisse,<br />

die dies im Langzeitverlauf belegten,<br />

stammen aus der Arbeitsgruppe<br />

von Fletcher et al. Von<br />

38 COPD-Patienten mit nächtlichen<br />

Hypoxien (SaO 2 < 90 % <strong>für</strong><br />

≥ 5 Min. + SaO 2 min ≤ 85 %)<br />

erhielten 19 eine nächtliche Sauerstofftherapie<br />

(3 l O 2 /min.). In<br />

einem Beobachtungszeitraum von<br />

drei Jahren ließ sich bei den Patienten,<br />

die keine O 2-Therapie erhielten,<br />

ein signifikanter Anstieg des<br />

mittleren PAP nachweisen, der bei<br />

den mit Sauerstoff therapierten<br />

Patienten nicht eintrat. Levi-Valensi<br />

et al. wiesen bei am Tage normox -<br />

ämen COPD-Patienten (PaO 2 60–<br />

70 mmHg) signifikant höhere mittlere<br />

pulmonal arterielle Druckwerte<br />

bei den Patienten mit einer t90<br />

über 30 %. Im Gegensatz hierzu<br />

bestätigte Chaouat diese Ergebnisse<br />

in mehreren Studien nicht. In<br />

einer Gruppe von COPD-Patienten<br />

mit und ohne nächtliche Entsättigungen<br />

(Definitionskriterium t90)<br />

waren keine Unterschiede der Entwicklung<br />

des PAP über einen zwei-<br />

jährigen Beobachtungszeitraum<br />

und keine Unterschiede der Mortalität<br />

über einen sechsjährigen<br />

Beobachtungszeitraum festzustellen.<br />

Auch die Applikation von<br />

Sauer stoff bei nächtlichen Entsättigern<br />

(t90 ≥ 30 %) in einer prospektiv<br />

randomisierten Studie er -<br />

gab über einen Beobachtungszeit -<br />

raum von zwei Jahren keine Unterschiede<br />

zwischen behandelten und<br />

unbehandelten Patienten im Hinblick<br />

auf den PAP respektive die<br />

Überlebenszeit. Letztendlich verbleiben<br />

hier offene Fragen, vordringlich<br />

die, ob die Beobachtungszeiträume<br />

schlussendlich lang<br />

genug sind, um definitiv über die<br />

Entstehung einer pulmonalen<br />

Hypertonie und über die Mortalität<br />

der Patienten Aussagen treffen<br />

zu können.<br />

Schlafprofil<br />

Patienten mit COPD weisen eine<br />

im Vergleich zu den Normwerten<br />

deutlich gestörte Schlafarchitektur<br />

im Sinne einer signifikanten Re -<br />

duktion des REM- und Tiefschlafanteils<br />

auf. Mittels nächtlicher<br />

Sauer stoffgabe kann eine signifikante<br />

Besserung des Schlafprofils<br />

im Sinne einer Zunahme des REMund<br />

Tiefschlafanteils erzielt werden.<br />

Sandek et al. wiesen in einer<br />

Studie, in der Patienten mit COPD<br />

im Abstand von einem Jahr jeweils<br />

eine Polysomnographie erhielten,<br />

eine deutliche Abhängigkeit der<br />

Schlafstadienwechsel von der<br />

nächt lichen Sauerstoffsättigung<br />

nach, ebenso nahm im Verlauf von<br />

einem Jahr bei COPD-Patienten<br />

das Schlafstadium 1 signifikant ab<br />

und das REM-Schlafstadium signifikant<br />

zu, also genau jenes Stadium,<br />

in dem bei COPD-Patienten vorzugsweise<br />

Hypoventilationen auftreten.<br />

Lebensqualität<br />

<strong>Die</strong> Datenlage hinsichtlich der<br />

Beeinflussung der Lebensqualität<br />

bei Patienten mit isolierten nächtlichen<br />

Hypoxämien ist sehr be -<br />

grenzt. In einer eigenen placebokontrollierten,<br />

randomisierten,<br />

Cross-over-Studie wurden 24 Pa -<br />

tienten in der stabilen Phase der<br />

COPD (Tagesnormoxämie: PaO 2<br />

62,7 ± 4,9 mmHg, t90 55,5 ±<br />

33,4 %) mittels eines Sauerstoffkonzentrators<br />

<strong>für</strong> jeweils sechs<br />

Wochen entweder mit Raumluft<br />

oder Sauerstoff versorgt. Als<br />

Lebensqualitätsinstrumente wurden<br />

der SF-36, das Nottingham<br />

Health Profile sowie der Saint<br />

George’s Respiratory Question -<br />

naire (SGRQ) angewandt. <strong>Die</strong><br />

Ergebnisse lassen sich wie folgt<br />

zusammenfassen: Sowohl unter<br />

Placebo als auch unter O2-Gabe konnte eine Besserung nahezu aller<br />

abgefragten Dimensionen erzielt<br />

werden. <strong>Die</strong>s spricht <strong>für</strong> einen<br />

hohen Placeboeffekt. Der Vergleich<br />

Placebo/Verum erbrachte lediglich<br />

im Hinblick auf die Besserung der<br />

Schlafprobleme im SGRQ einen<br />

signifikanten Unterschied zwischen<br />

beiden Therapieformen.<br />

Zusammenfassung<br />

Mehr als 30 % der am Tage normoxämen<br />

Patienten mit COPD leiden<br />

unter pathologischen nächtlichen<br />

Sauerstoffentsättigungen.<br />

Wesentliche pathophysiologische<br />

Ursachen sind die im Tiefschlaf<br />

sowie insbesondere im REM-Schlaf<br />

auftretenden nächtlichen Hypoventilationen.<br />

Inwieweit sich die<br />

isolierte nächtliche Hypoxie auf die<br />

Entstehung einer PAH bzw. auf die<br />

Mortalität auswirken, wird kontrovers<br />

diskutiert und bedarf<br />

sicherlich vor diesem Hintergrund<br />

einer profunden weiteren Forschung,<br />

die längere Zeiträume<br />

umfassen muss. <strong>Die</strong>s gilt ebenso <strong>für</strong><br />

die Beeinflussung der Lebensqualität<br />

durch nächtliche Hypoxien.<br />

* M. Orth, 1 A. Kommer, 1 Wolfram Stark, 1<br />

K. Rasche2 1 Theresienkrankenhaus Mannheim<br />

2 HELIOS Klinikum Wuppertal<br />

Literatur bei den Verfassern<br />

Korrespondenzadressse:<br />

Prof. Dr. Maritta Orth<br />

Theresienkrankenhaus und<br />

St. Hedwig-Klinik GmbH<br />

Medizinische Klinik III<br />

Pneumologie, Pneumologische Onkologie,<br />

Allergologie, Schlaf- und Beatmungs -<br />

medizin<br />

Bassermannstraße 1, 68165 Mannheim<br />

Maritta.Orth@ruhr-uni-bochum.de<br />

6 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


PULMONAL ARTERIELLE HYPERTONIE<br />

Praktisches Management nach<br />

aktuellen Leitlinien<br />

MARIUS M. HOEPER, HANNOVER<br />

<strong>Die</strong> 2009 gemeinsam von der European Society of Cardiology (ESC) und<br />

der European Respiratory Society (ERS) herausgegebenen Leitlinien zur<br />

Diagnostik und Therapie der pulmonalen Hypertonie unterscheiden sich<br />

in zentralen Punkten von älteren Leitlinien. <strong>Die</strong> vielleicht wichtigste<br />

Neuerung ist die Formulierung von Thera pie zielen <strong>für</strong> Patienten mit<br />

pulmonal arterieller Hypertonie (PAH).<br />

Entscheidend ist die Festlegung<br />

solcher Therapieziele<br />

<strong>für</strong> die Steuerung der Therapie,<br />

insbesondere <strong>für</strong> die<br />

Entscheidung, ob und wann eine<br />

Kombinationstherapie erforderlich<br />

wird. <strong>Die</strong> in den Leitlinien vorgegebenen<br />

Therapieziele basieren auf<br />

Parametern mit gut dokumentierter<br />

prognostischer Bedeutung bei<br />

Abb. 1: Therapiealgorithmus PAH ERS/ESC 2009.<br />

Patienten mit PAH. <strong>Die</strong>se Parameter<br />

lassen sich in drei Gruppen<br />

unterteilen:<br />

� Zeichen der klinischen Instabilität<br />

(Symptome der Rechtsherzinsuffizienz,Krankheitsprogression,<br />

Synkopen),<br />

� Parameter der körperlichen<br />

Belastbarkeit (Verbesserung und<br />

Stabilisierung der WHO-/NYHA-<br />

Klasse, 6-Minuten-Gehstrecke,<br />

Spiroergometrie) sowie<br />

� Parameter der Rechtsherzfunktion<br />

(BNP bzw. NT-proBNP,<br />

Rechtsherzfunktion in der Echokardiographie<br />

sowie in der invasiven<br />

Diagnostik).<br />

Es ist nicht erforderlich, sämtliche<br />

Parameter bei jeder Patientenvorstellung<br />

zu überprüfen. Primär<br />

muss sichergestellt werden, dass die<br />

Erkrankung nicht progredient ist.<br />

Bei klinisch stabilen Patienten mit<br />

befriedigendem Therapieergebnis<br />

genügen in der Regel die Durchführung<br />

eines Belastungstests sowie<br />

die Evaluation der Rechtsherz-<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 7


Fortsetzung<br />

Praktisches<br />

Management<br />

nach aktuellen<br />

Leitlinien<br />

Abb. 2: Prognostische Parameter bei PAH.<br />

funktion mit einem der genannten<br />

Verfahren.<br />

<strong>Die</strong> Höhe des pulmonal arteriellen<br />

Drucks, unabhängig davon, ob<br />

echokardiographisch abgeschätzt<br />

oder invasiv ermittelt, spielt <strong>für</strong> die<br />

prognostische Beurteilung von<br />

Patienten mit PAH und somit <strong>für</strong><br />

therapeutische Entscheidungen<br />

praktisch keine Rolle.<br />

Bei PAH im funktionellen Stadium<br />

NYHA II oder III empfehlen<br />

die aktuellen Leitlinien zunächst<br />

eine Monotherapie. In der Regel<br />

werden in diesen Krankheitsstadien<br />

Endothelin-Rezeptor-An tago -<br />

nisten oder Phosphodiesterase-5<br />

(PDE-5)-Inhibitoren eingesetzt.<br />

Je nach klinischer Situation sollte<br />

im weiteren Verlauf in etwa dreimonatigen<br />

Abständen überprüft<br />

werden, ob die Therapieziele<br />

erreicht werden. Sollte dies nicht<br />

der Fall sein, wird eine Therapieerweiterung<br />

im Sinne einer Kombinationstherapie<br />

empfohlen. Bei<br />

PAH-Patienten, die sich in der<br />

WHO-/NYHA-Klasse IV vorstellen,<br />

kann auch primär eine Kombinationstherapie<br />

erwogen werden.<br />

<strong>Die</strong>ses Vorgehen hat sich in der klinischen<br />

Praxis bereits weitgehend<br />

durchgesetzt, wobei die in den Leitlinien<br />

genannten Therapieziele der<br />

individuellen Situation des Patienten<br />

angepasst werden müssen.<br />

Fazit<br />

<strong>Die</strong> aktuellen Leitlinien zur Diag -<br />

nostik und Therapie der pulmonalen<br />

Hypertonie legen zum ersten<br />

Mal Therapieziele wie z. B. Besserung<br />

und Stabilisierung der WHO-<br />

/NYHA-Klasse mindestens auf<br />

WHO-/NYHA-Klasse II oder<br />

Besserung der Hämodynamik <strong>für</strong><br />

Patienten mit pulmonal arterieller<br />

Hypertonie zur Steuerung der Therapie<br />

fest.<br />

In etwa dreimonatigen Abständen<br />

soll die Zielerreichung überprüft<br />

werden. Sollten die Therapieziele<br />

nicht erreicht werden, wird<br />

eine Therapieerweiterung im Sinne<br />

einer Kombinationstherapie empfohlen.<br />

Literatur beim Verfasser<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. Marius M. Hoeper<br />

Medizinische Hochschule Hannover<br />

Abteilung Pneumologie<br />

Carl-Neuberg-Straße 1<br />

30625 Hannover<br />

8 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


MECHANISCHE SEKRETMOBILISATION UND -ELEMINATION<br />

High frequency chest wall oscillation<br />

(HFCWO)<br />

UTA BRÜCKNER, DONAUSTAUF<br />

Durch gezielte Atemphysiotherapie<br />

soll der Pa -<br />

tient bei der Bewältigung<br />

seiner Sekretproblematik<br />

unterstützt werden. In der Atemtherapie<br />

werden dabei Geräte eingesetzt,<br />

die effektiv Sekret aus den<br />

Atemwegen lösen und mobilisieren<br />

sollen. <strong>Die</strong>se Geräte, so genannte<br />

oszillierende PEP- (Positiv Exspiratory<br />

Pressure) Systeme, z. B. Flutter<br />

® oder Acapella ® , verändern<br />

durch endobronchiale Oszillation<br />

die Fließeigenschaften des Sekretes<br />

und erleichtern somit das Abhusten.<br />

<strong>Die</strong>se Form der Atemtherapie<br />

erfordert eine aktive Mitarbeit des<br />

Patienten, kann aber selbständig,<br />

unabhängig von einer Hilfsperson,<br />

durchgeführt werden. Eine Methode<br />

die in den Vereinigten Staaten<br />

bereits in vielen Mukoviszidose-<br />

Zentren etabliert ist, ist die<br />

HFCWO (High Frequency Chest<br />

Wall Oscillation). Dabei werden<br />

extrathorakal mechanische Oszillationen<br />

am Thorax appliziert, um so<br />

Bei vielen chronisch entzündlichen oder akuten Erkran -<br />

kungen der Atem wege ist die Sekretretention eine schwer -<br />

wiegende Komplikation. Ver mehrte Krankenhausaufenthalte,<br />

häufig begleitet von einer Verschlechterung des<br />

gesamten Krankheitsbildes, können die Folge sein.<br />

Sekret aus den Atemwegen zu<br />

lösen.<br />

<strong>Die</strong>se Therapieform kann auch<br />

ohne eine aktive Mitarbeit des<br />

Patienten durchgeführt werden.<br />

Tab. 1: Evidenzgrad von physikalischen<br />

Maßnahmen bei COPD-Patienten (nach<br />

Steier J, Petro W. Pneumologie 2002;<br />

56:388-396).<br />

Atemübungen B<br />

atemerleichternde Körperstellungen C<br />

Lippenbremse B<br />

Drainagelagerung B<br />

Huffing C<br />

PEP-Maskenatmung B<br />

Vibrationsmassage/Perkussionen C<br />

Autogene Drainage B–C<br />

Flutter (VRP1Desitin®)/RC-Cornet® A<br />

Besonders bei Patienten mit neurologischen<br />

Erkrankungen und beim<br />

beatmeten Patienten kann das von<br />

großem klinischem Nutzen sein.<br />

Prinzip der Sekretmobilisation<br />

<strong>Die</strong> Frage über die Effektivität der<br />

Atemphysiotherapie zur Sekretmobilisation<br />

lässt immer noch viele<br />

Fragen offen. Zum einem liegt es<br />

daran, dass uneinheitliche Techniken<br />

und Hilfsmittel in der Atemtherapie<br />

angewendet werden. Und<br />

zum anderen werden in den Studien<br />

zu geringe Fallzahlen und<br />

uneinheitlichen Messmethoden be -<br />

mängelt.<br />

J. Steier hat in einem Artikel Studien<br />

miteinander verglichen, die<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 9<br />

Uta Brückner


Fortsetzung<br />

High frequency<br />

chest wall<br />

oscillation<br />

(HFCWO)<br />

den Evidenzgrad von physikalischen<br />

Maßnahmen bei Patienten<br />

mit COPD anzeigen (Tab. 1).<br />

<strong>Die</strong> mechanische Sekretolyse<br />

besteht aus mehreren Faktoren. <strong>Die</strong><br />

Hauptprinzipien bestehen im We -<br />

sentlichen in der Verringerung der<br />

Viskosität und Elastizität des Sekretes.<br />

Dadurch werden die Fließeigenschaften<br />

des Sekrets verändert,<br />

es kann besser mobilisiert werden.<br />

Durch die forcierte Exspiration<br />

kommt es zum Abscheren des an<br />

der Wand anhaftenden Sekrets und<br />

dadurch zum Transport in die zentralen<br />

Atemwege. B. McCarren hat<br />

die physiologischen Mechanismen<br />

zur Verbesserung der Sekretclearance<br />

in einer Studie dargestellt:<br />

� Zunahme der absolut „peak<br />

exspiratory flow rate“ (PEFR) –<br />

Beförderung des Sekrets Richtung<br />

Oropharynx,<br />

� Zunahme der Turbulenzen des<br />

Exspirationsflusses – Verstärkung<br />

des ringförmigen Mukustransports<br />

bei PEFR/PIFR über 1,1,<br />

� Verbesserung des Sekrettrans -<br />

ports durch Viskositätsabnahme<br />

und Zunahme des exspiratorischen<br />

Flusses durch Oszillationen<br />

(Bereich 3–17 Hz/Optimum<br />

12–17Hz),<br />

� Hustenstimulation durch me -<br />

cha nische Stimulation der Atemwege.<br />

High Frequency Chest Wall<br />

Oscillation – HFCWO<br />

Bei der so genannten High Frequency<br />

Chest Wall Oscillation oder<br />

kurz HFCWO handelt es ich um<br />

eine Technik bei der extrathorakal<br />

Oszillationen appliziert werden.<br />

<strong>Die</strong>se Oszillationen übertragen sich<br />

auf die Atemwege. Dadurch werden<br />

kleine Hustenstöße imitiert,<br />

das Sekret wird verflüssigt und in<br />

die zentralen Atemwege mobilisiert.<br />

<strong>Die</strong> Effekte der HFCWO<br />

wurden bereits 1986 in einer Studie<br />

erörtert. Bei der Untersuchung<br />

von narkotisierten, paralysierten<br />

und spontan atmenden Hunden<br />

konnte eine verbesserte Sekretmobilisation<br />

aus der Trachea und aus<br />

den peripheren Atemwegen nachgewiesen<br />

werden. <strong>Die</strong> Oszillationen<br />

lagen im Bereich zwischen 3,5<br />

und 8 Hz.<br />

Abb.: The Vest® – System zur Freihaltung<br />

der Atemwege.<br />

Piquet veröffentlichte ein Jahr<br />

später eine Studie in der zwölf<br />

Patienten mit schwerer, stabiler<br />

COPD eingeschlossen waren. <strong>Die</strong><br />

Oszillationen (5 Hz) wurden bei<br />

dieser Untersuchung aus Komfortgründen<br />

nur in der Exspirationsphase<br />

verabreicht. Der arterielle<br />

PCO2 nahm deutlich ab, und es<br />

kam zum Anstieg des arteriellen<br />

PO2 . Eine Abnahme der Atemfrequenz<br />

während der 15-minütigen<br />

Behandlung war ebenso zu beobachten.<br />

The Vest®<br />

Das Hilfsmittel The Vest ® – System<br />

zur Freihaltung der Atemwege<br />

(HILL-ROM4349 Corporate Road<br />

Charlestown, SC 29405 USA) hat<br />

auch in Deutschland mittlerweile<br />

Interesse erweckt. The Vest ® (Abb.)<br />

besteht aus mehreren Teilen: einer<br />

aufblasbare Weste oder ein aufblasbaren<br />

Brustgurt. <strong>Die</strong> Weste kommt<br />

vorzugsweise beim sitzenden Pa -<br />

tienten zum Einsatz, während der<br />

Gurt beim liegenden, immobilen<br />

Patienten eine bessere Anwendung<br />

findet. <strong>Die</strong> Weste oder der Gurt<br />

werden mit zwei Luftschläuchen an<br />

den so genannten Impulsgenerator<br />

angeschlossen.<br />

Im ersten Schritt der Behandlung<br />

wird am Impulsgenerator ein<br />

Druck von 1–10 gewählt. <strong>Die</strong><br />

Weste wird dadurch mit Luft gefüllt,<br />

wodurch ein gleichmäßiger An -<br />

pressdruck am Thorax erhalten<br />

werden soll. Im zweiten Schritt<br />

werden die Oszillation, wählbar<br />

zwischen 5 und 20 Hz, eingestellt.<br />

Der Impulsgenerator baut in kurzen<br />

zeitlichen Folgen Druck auf und ab,<br />

wodurch kleine Hustenstöße imitiert<br />

werden. Das Sekret wird verflüssigt<br />

und mundwärts transportiert.<br />

Eine Behandlungseinheit soll<br />

15–20 min nicht unterschreiten<br />

und soll öfters am Tag durchgeführt<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> Anwendungsmöglichkeiten<br />

von The Vest ® sind breit gefächert<br />

(Tab. 2). TheVest ® wird in den Vereinigten<br />

Staaten vorzugsweise bei<br />

Patienten mit Mukoviszidose eingesetzt,<br />

und wird gerne als begleitende<br />

Maßnahme zur Physiotherapie<br />

gesehen. <strong>Die</strong> meisten Studien<br />

und Fallbeispiele fanden daher mit<br />

Mukoviszidose-Patienten statt. In<br />

einer Studie konnte nach der<br />

Behandlung mit HFCWO gezeigt<br />

werden, dass mehr Sekret mobilisiert<br />

werden kann als bei Drainagelagerungen<br />

in Verbindung mit<br />

manuellen Vibrationen und Perkussionen.<br />

Van der Schans entgegen<br />

schreibt, dass die konventionelle<br />

Atemtherapie genauso effektiv ist<br />

Tab. 2: Anwendungsmöglichkeiten von The Vest®.<br />

Indikationen Kontraindikationen Relative<br />

Kontraindikationen<br />

Mukoviszidose Nicht stabile Kopf- Kürzlich erfolgter Eingriff<br />

Halsverletzungen an der WS<br />

Bronchiektasen Aktive Blutungen mit<br />

hämodynamischer Instabilität<br />

Bronchopleurale Fistel<br />

Asthma Große Pleuraergüsse/<br />

Empyeme<br />

COPD Aufgeblähtes Abdomen<br />

Pneumonie Bronchospasmen<br />

Andauernde Beatmungs- Osteoporose oder<br />

pflichtigkeit Osteomyelitis der Rippen<br />

Neuromuskuläre<br />

Erkrankungen<br />

Hautemphysem<br />

10 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


wie alternative Methoden. An dieser<br />

Stelle muss bemerkt werden,<br />

dass in Deutschland Physiotherapeuten,<br />

die speziell in der Atemtherapie<br />

ausgebildet sind, jeden<br />

Patienten sehr individuell behandeln.<br />

Während in Amerika die<br />

Physiotherapie – die CPT (Chest<br />

Physiotherapy) zum großen Teil aus<br />

Drainagelagerung in Verbindung<br />

mit Vibrationen/Perkussionen be -<br />

steht. Manuelle Vibrationen oder<br />

Perkussionen werden in Deutschland<br />

nur noch selten angewendet.<br />

Bei den extrathorakal applizierten<br />

Oszillationen ist die Eindringtiefe<br />

letztlich nicht bekannt. <strong>Die</strong><br />

Elastizität des knöchernen Thorax<br />

spielt hier eine Rolle. Ebenso hängt<br />

die Wirksamkeit von der Dicke der<br />

Fett- und Muskelschichten ab. Das<br />

lufthaltige Lungengewebe vermindert<br />

die Schwingungen und das<br />

Sekret kann nicht effektiv gelockert<br />

werden.<br />

<strong>Die</strong> Erfahrung hat gezeigt, dass<br />

erwachsene CF-Patienten, die jahrelang<br />

ihre Techniken (z. B. Autogene<br />

Drainage und/oder endo -<br />

bronchiale oszillierenden PEP-Systeme)<br />

selbständig durchführen,<br />

TheVest ® gerne testen, aber auf<br />

Dauer nicht annehmen. Viele sehen<br />

in der Weste eine zu passive Maßnahme<br />

und lehnen sie daher ab.<br />

Auch sei das Gerät zu laut und zu<br />

unhandlich. Ebenso wird die Notwendigkeit<br />

einer Stromquelle be -<br />

mängelt. Einige Patienten lehnten<br />

die Weste ab, weil sie sich zu eingeengt<br />

fühlten und die Autogene<br />

Drainage (AD) in Kombination mit<br />

der Weste nicht durchgeführt werden<br />

konnte. Auch das Auftreten<br />

von Kopfschmerzen und Übelkeit<br />

wurde beklagt. Patienten die eine<br />

latente Therapiemüdigkeit aufweisen,<br />

nehmen The Vest ® als Alter -<br />

native zur aktiven Mitarbeit sehr<br />

gerne an.<br />

Patienten mit schwerer COPD<br />

und Emphysem fühlen sich zu stark<br />

eingeengt und geben an, nicht mehr<br />

durchatmen zu können.<br />

Interessant könnte der Einsatz<br />

beim schwerkranken Patienten<br />

unter nicht invasiver oder invasiver<br />

Beatmung werden. <strong>Die</strong> Kombination<br />

aus PEEP/CPAP und Oszillationen<br />

könnte das Sekretmanagement<br />

eventuell positiv unterstützen.<br />

Ausreichende Daten liegen<br />

noch nicht vor. Leider ist die An -<br />

wendung der HFCWO bei Intensivpatienten<br />

aufgrund der Kontraindikationen<br />

nur bedingt möglich.<br />

Ein weiteres Einsatzgebiet <strong>für</strong><br />

die HFCWO ist die Behandlung<br />

von neurologischen Krankheitsbildern.<br />

Bei einer zunehmenden<br />

Schwäche der Atemmuskulatur<br />

kann es dazu kommen, dass die<br />

oben genannten oszillierenden<br />

PEP-Systeme nicht mehr adäquat<br />

einsetzbar sind und an Bedeutung<br />

verlieren. An dessen Stelle könnte<br />

dann die Therapie mit The Vest ®<br />

treten. In einer von Howard B.<br />

Panitch durchgeführten Studie bei<br />

Kindern mit Tetraplegie kam es<br />

nach der Behandlung zu einer deutlichen<br />

Zunahme der Sekretmenge.<br />

In einer Studie mit ALS-Patienten<br />

wurde beobachtet, dass die<br />

Abnahme der FVC verlangsamt<br />

wurde.<br />

<strong>Die</strong> Weste hat in Deutschland<br />

bereits eine Heil- und Hilfsmittelnummer.<br />

Ob tatsächlich Kosten<br />

und Krankenhausaufenthalte auf<br />

Dauer reduziert werden können,<br />

bleibt weiterhin fraglich. Studien<br />

über Langzeiteffekte sowie Aus -<br />

sagen über die Verbesserung der<br />

Lebensqualität und Reduktion der<br />

Mortalität fehlen nach wie vor.<br />

Literatur bei der Verfasserin<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Uta Brückner<br />

Klinik Donaustauf<br />

Zentrum <strong>für</strong> Pneumologie<br />

Psychosomatische Medizin und<br />

Psychotherapie<br />

Ludwigstraße 68<br />

93093 Donaustauf<br />

uta_brueckner@web.de<br />

Med NEWS<br />

RNA-Interferenz erstmals erfolgreich eingesetzt<br />

Stilllegung von Genen funktioniert bei Erkrankungen der Atemwege<br />

Vor mehr als einem Jahrzehnt hatten Forscher<br />

entdeckt, dass RNA-Schnipsel bei<br />

Würmern zur Stilllegung von Genen eingesetzt<br />

werden können. 2006 wurden<br />

Andrew Fire und Craig Mello da<strong>für</strong> mit<br />

dem Nobelpreis ausgezeichnet. Jetzt<br />

wiesen Wissenschaftler des University of<br />

Tennessee Health Science Center<br />

(http://www.uthsc.edu) erstmals nach,<br />

dass die RNA-Interferenz (RNAi) auch<br />

bei menschlichen Krankheiten wirksam<br />

sein kann.<br />

Vielversprechende Ergebnisse<br />

Bei RNAi werden kurze RNA-Stränge<br />

Zellen hinzugefügt, um vorhandene<br />

RNA-Moleküle mit einer komplementären<br />

Sequenz zu zerstören. Gene nutzen<br />

RNA-Moleküle um Proteine herzustellen,<br />

daher legen diese Schnipsel die Gene still,<br />

die über die gleiche Sequenz verfügen.<br />

John DeVincenzo testete nun gemeinsam<br />

mit seinem Team die Fähigkeit von kurzen<br />

interferierenden RNA-Strängen<br />

(siRNA), Viren in den Atemwegen zu<br />

unterdrücken. Gerade in diesem Bereich<br />

sind die Zellen besonders bereit, RNA-<br />

Stücke aufzunehmen.<br />

85 gesunde Erwachsene erhielten ein<br />

Nasenspray, das entweder ein Placebo<br />

enthielt oder siRNA, die darauf ausgerichtet<br />

war, ein Gen des Respiratory-Syncytial-Virus<br />

(RSV) stillzulegen. <strong>Die</strong>ses<br />

Virus ist in Amerika die Hauptursache <strong>für</strong><br />

die Einlieferung von Kleinkindern ins<br />

Krankenhaus. Bei gesunden Erwachsenen<br />

ist es jedoch harmlos.<br />

Infektionen unter Kontrolle halten<br />

Das Spray sollte fünf Tage lang jeden Tag<br />

eingesetzt werden. Am zweiten Tag wurden<br />

alle Freiwilligen mit RSV infiziert.<br />

Am Tag 11 wiesen nur 44 % jener, die das<br />

RNAi-Spray erhalten hatten, Infektionen<br />

auf. Bei der Kontrollgruppe waren es<br />

71 %.<br />

RNAi kann eine Immunreaktion aus -<br />

lösen, die helfen könnte, Infektionen<br />

unter Kontrolle zu halten. Blutproben<br />

ergaben jedoch, dass das Risiko einer<br />

RSV-Infektion nicht von den Werten der<br />

Immunmoleküle abhing. Damit liegt<br />

nahe, dass die schützende Wirkung von<br />

RNAi auf das Stilllegen der Gene zurückzuführen<br />

ist.<br />

Das Team testet dieses Verfahren derzeit<br />

bei Patienten mit Lungentransplantationen.<br />

<strong>Die</strong>se sind auf Medikamente<br />

angewiesen, die das Immunsystem unterdrücken,<br />

und so eine RSV-Infektion tödlich<br />

machen können.<br />

Quelle: pressetext Nachrichtenagentur GmbH<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 11


Dr.<br />

Katrin Pilz<br />

Prof. Dr.<br />

Peter Dorow<br />

NEUROLOGISCHE ERKRANKUNGEN UND SCHLAFBEZOGENE ATMUNGSSTÖRUNGEN<br />

Narkolepsie<br />

KATRIN PILZ & PETER DOROW, BERLIN<br />

Epidemiologisch handelt es<br />

sich um eine seltene Erkrankung<br />

mit einer Prävalenz<br />

von 25–30/100.000 Einwohner.<br />

<strong>Die</strong>s betrifft in Deutschland<br />

ca. 35.000 Personen. <strong>Die</strong> Narkolepsie<br />

kann in jedem Alter auftreten.<br />

Es besteht ein Häufigkeitsgipfel<br />

zwischen dem 10. und 20.<br />

sowie dem 30. und 40. Lebensjahr.<br />

Symptome<br />

<strong>Die</strong> Narkolepsie ist charakterisiert<br />

durch die folgenden Symptome:<br />

� Tagesschläfrigkeit (ca. 95 %),<br />

� Kataplexie (ca.70–90 %),<br />

� Schlaflähmung (ca. 50 %),<br />

� hypnagoge und hypnopompe<br />

Halluzinationen (ca. 50 %),<br />

� automatisches Verhalten im<br />

Zustand der Schläfrigkeit,<br />

� gestörter Nachtschlaf.<br />

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt geht<br />

man davon aus, dass die Narkolepsie<br />

auf der Grundlage einer genetischen<br />

Prädisposition auftritt. Familiäres<br />

Auftreten ist selten. Welche<br />

Mechanismen genau die Ursache<br />

der Narkolepsie darstellen, ist derzeit<br />

unklar. Im Mittelpunkt der<br />

Forschung steht der Hypokretin-<br />

/Orexin-Stoffwechsel. Autoimmun -<br />

prozesse könnten eine Rolle spielen.<br />

Diagnose<br />

<strong>Die</strong> Diagnosesicherung erfolgt aufgrund<br />

der Anamnese. Eine übermäßige<br />

Tagesschläfrigkeit sollte<br />

<strong>Die</strong> Narkolepsie gehört zu den Hyper -<br />

somnien zentralen Ursprungs und wird<br />

nach ICSD-2 eingeteilt in eine Narkolepsie<br />

mit und ohne Kataplexie sowie in eine<br />

Narkolepsie durch körperliche Erkrankungen<br />

und eine nicht nähere (unspezifische)<br />

Narkolepsie. Sie ist gekennzeichnet durch<br />

einen unwiderstehlichen Schlafzwang zu<br />

unpassender Zeit.<br />

beinahe täglich <strong>für</strong> mindestens drei<br />

Monate auftreten. Zweiter Punkt<br />

sind die gesicherten Kataplexien in<br />

der Anamnese oder ein Nachweis<br />

von zwei oder mehr Sleep-onset-<br />

REM im MSLT, eine Reduktion der<br />

Schlaflatenz unter acht Minuten<br />

oder ein fehlendes Hypocretin-1<br />

im Liquor. Weiterhin sollten andere<br />

schlafmedizinische Erkrankungen<br />

als Ursache der Hypersomnie<br />

ausgeschlossen werden.<br />

<strong>Die</strong> Anamneseerhebung umfasst<br />

die spezielle Schlafanamnese, die<br />

insbesondere die Kataplexien um -<br />

fassen muss. Spezifische Fragebögen<br />

<strong>für</strong> die Narkolepsie sind beispielsweise<br />

die Ullanlinna-Skala.<br />

Zum differenzialdiagnostischen<br />

Aus schluss anderer Erkrankungen<br />

können die Epworth-Sleepiness-<br />

Scale sowie die Stanford-Sleepiness-Scale<br />

und Abend- und Morgenprotokolle<br />

genutzt werden. <strong>Die</strong><br />

Diagnostik erfolgt über die Polysomnographie.<br />

Hierbei sind die<br />

entscheidenden Kriterien:<br />

� verkürzte Einschlaflatenz,<br />

� verringerte REM-Latenz,<br />

� häufiges REM,<br />

� vermehrte Schlafeffizienz,<br />

� vermehrte Körperbewegung im<br />

Schlaf,<br />

� normale REM-Dauer.<br />

Der MSLT dient dem Nachweis<br />

von Sleep-onset-REM. Der MSLT<br />

ist positiv bei mindestens fünf Test-<br />

Untersuchungen mit dem Nach-<br />

weis von zwei SOREM sowie einer<br />

verringerten Einschlaflatenz von 8–<br />

10 Minuten.<br />

<strong>Die</strong> bildgebende Diagnostik<br />

dient derzeit nur zur Differenzialdiagnostik<br />

und zu Forschungs -<br />

zwecken.<br />

Laboruntersuchungen werden<br />

zur Bestimmung der HLA-Typisierung<br />

und des Hypocretin-Spiegels<br />

im Liquor durchgeführt.<br />

Differenzialdiagnostisch muss<br />

ein Schlafmangelsyndrom, die<br />

Schlafdeprivation, eine zirkadiane<br />

Schlafstörung, ein Medikamentenabusus,<br />

ein Restless-legs-Syn -<br />

drome, die idiopathische Hypersomnie,<br />

eine Epilepsie, ein Chronic<br />

Fatigue Syndrome, Depressionen,<br />

Prader-Willi-Syndrom oder Kleine-<br />

Levin-Syndrom ausgeschlossen<br />

wer den. <strong>Die</strong> Kataplexien können<br />

Epilepsien oder myoklonischen<br />

Anfällen ähnlich sein. Differenzialdiagnostisch<br />

ausgeschlossen sein<br />

müssen auch kardiale Erkrankungen<br />

wie orthostatische Dysregulation,<br />

kardiale Synkopen und vestibuläre<br />

Dysfunktionen.<br />

Therapie<br />

<strong>Die</strong> Therapie umfasst die nicht<br />

medikamentöse, die medikamentöse<br />

Therapie sowie die Therapie in<br />

besonderen Situationen.<br />

Bereits während der ersten<br />

Gespräche müssen nicht medikamentöse<br />

Therapiemethoden be -<br />

sprochen werden. Der erste Schritt<br />

da<strong>für</strong> ist die Aufklärung des Patienten<br />

und des sozialen Umfeldes. <strong>Die</strong><br />

Schlafstruktur muss besprochen<br />

werden. Verhaltensänderungen<br />

(Coping-Strategien) müssen erlernt<br />

werden. Wichtig ist <strong>für</strong> die Patienten<br />

ein regelmäßiger Schlafrhythmus<br />

mit dem Einhalten von Schlaf -<br />

episoden.<br />

12 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


Ein weiterer Punkt, der bereits in<br />

den ersten Gesprächen besprochen<br />

werden muss, ist die Unfallvermeidung,<br />

insbesondere im Straßenverkehr.<br />

Mit in Betracht zu ziehen ist<br />

die Ernährung, das körperliche<br />

Training, die Aufnahme von stimulierenden<br />

Getränken und das Vermeiden<br />

monotoner Tätigkeit.<br />

Im Mittelpunkt der medikamentösen<br />

Therapie steht die Reduktion<br />

der Beschwerdesymptomatik. Derzeit<br />

stehen in Deutschland drei<br />

Medikamente zur Therapie zur<br />

Verfügung. Das Modafinil ist das<br />

Medikament erster Wahl <strong>für</strong> die<br />

Reduktion der Hypersomnie und<br />

hierzu in mehreren Studien zugelassen.<br />

<strong>Die</strong> Nebenwirkungsrate von<br />

Modafinil ist gering. Natriumoxybat<br />

ist Mittel der ersten Wahl bei der<br />

Kombination aus Tagesmüdigkeit<br />

und Kataplexien. Es ist eine Kombination<br />

mit Modafinil möglich.<br />

RISIKOFAKTOR TABAKRAUCHEN<br />

Tabakrauch enthält weit über<br />

2000 schädliche Substanzen,<br />

von denen 90 von der<br />

IARC (International Agency<br />

for Research on Cancer) oder<br />

der DFG (Deutsche Forschungs -<br />

gemeinschaft) als kanzerogen klassifiziert<br />

wurden. Einige bekannte<br />

toxische Substanzen sind in der<br />

Tabelle aufgeführt.<br />

Tabakrauch verursacht eine Vielzahl<br />

von akuten wie auch chronischen<br />

gesundheitsschädlichen Ef -<br />

fekten wie Apoptose, Nekrose, In -<br />

flammation, Mutagenese, Karzinogenese,<br />

die an der Pathogenese<br />

oben genannter Tabak-assoziierter<br />

Erkrankungen beteiligt sind. Während<br />

chronische Effekte des Tabak -<br />

rauches auf das kardiovaskuläre<br />

System seit langem bekannt sind,<br />

wurde kürzlich deutlich, dass Tabak-<br />

Als dritte Medikamentengruppe ist<br />

in Deutschland das Methylphenidat<br />

zugelassen, das ebenso wie das<br />

Natriumoxybat der BtM-Pflichtigkeit<br />

unterliegt. Methylphenidat ist<br />

ein Arzneistoff mit stimulierender<br />

Wirkung, der neben der Anwendung<br />

bei der Narkolepsie auch zur<br />

Steigerung der Wirksamkeit von<br />

Antidepressiva eingesetzt wird. In<br />

Deutschland ist zur Behandlung<br />

der Kataplexie das Clomipramin<br />

als trizyklisches Antidepressivum<br />

zugelassen.<br />

Ein besonderes Augenmerk gilt<br />

der Narkolepsie in bestimmten<br />

Phasen des Lebens wie der Schule<br />

und der Ausbildung. <strong>Die</strong> Kinder<br />

mit Narkolepsie können häufig<br />

dem Unterricht nicht komplett folgen,<br />

verpassen durch die Hypersomnie<br />

Lerninhalte und bekommen<br />

eine schlechtere Ausbildungsmöglichkeit.<br />

rauch und Passivrauchbelastung<br />

auch akute Katastrophen wie den<br />

Herzinfarkt oder den Schlaganfall<br />

verursachen können.<br />

In deutschen Lehrbüchern wird<br />

häufig explizit Nikotin oder Nikotinabusus<br />

als Risikofaktor <strong>für</strong> die<br />

koronare Herzerkrankung und den<br />

Herzinfarkt genannt. <strong>Die</strong>s ist<br />

Ein weiterer Schwerpunkt bei<br />

der Narkolepsie ist die Teilnahme<br />

am Straßenverkehr. <strong>Die</strong> Fahrtauglichkeit<br />

ist individuell zu beurteilen.<br />

Auszugehen ist davon, dass<br />

Patienten in ihren wachen Phasen<br />

durchaus in der Lage sind, ihr Auto<br />

zu fahren.<br />

Abschließend lässt sich feststellen,<br />

dass bezüglich der Ursache und<br />

auch der medikamentösen Therapie<br />

der Narkolepsie weitere Untersuchungen<br />

notwendig sind.<br />

Literatur bei den Verfassern<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. Katrin Pilz<br />

DRK Kliniken Berlin | Mitte<br />

Pneumologisches und Schlafmedizinisches<br />

Zentrum<br />

Drontheimer Straße 39–40<br />

13359 Berlin<br />

k.pilz@drk-kliniken-berlin.de<br />

Nikotinabusus versus Tabakkonsum<br />

STEFAN ANDREAS, GÖTTINGEN<br />

Über die Hälfte der regelmäßigen Zigarettenraucher<br />

sterben an den Folgen des Rauchens. <strong>Die</strong> mittlere Lebens -<br />

erwartung der Raucher ist um zehn Jahre reduziert. In<br />

Deutschland ist das Rauchen die häufigste Einzelursache<br />

<strong>für</strong> Krankheit und vorzeitigen Tod. Tabakrauch ist der<br />

wesentliche Risikofaktor <strong>für</strong> bösartige Neubildungen<br />

insbesondere der Lunge und die COPD. Auch <strong>für</strong> das<br />

Asthma bronchiale, infektiöse Erkrankungen wie Pneu mo -<br />

nie oder Tuberkulose und die überwiegende Zahl der interstitiellen Lun -<br />

generkrankungen ist Tabakrauchen ein wichtiger Risikofaktor. Weiter ist<br />

Tabakrauch ein wesentlicher Risikofaktor <strong>für</strong> kardiovaskuläre Erkrankun -<br />

gen wie die koronare Herzerkrankung und den akuten Myokard infarkt.<br />

falsch, da die schädliche Wirkung<br />

des Zigarettenrauchens eindeutig<br />

auf den Tabakrauch zurückzuführen<br />

ist. Es gibt zwar experimentelle Da -<br />

ten, die einen ungünstigen Effekt<br />

von Nikotin möglich erscheinen<br />

lassen. In verschiedenen großen<br />

Metaanalysen ist die Nikotin -<br />

ersatztherapie in der Therapie des<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 13<br />

Prof. Dr.<br />

Stefan Andreas


Fortsetzung<br />

Nikotinabusus<br />

versus Tabak -<br />

konsum<br />

Tabakkonsums jedoch ausgesprochen<br />

sicher und effektiv. Z. B.<br />

konnte eine randomisierte kontrollierte<br />

Studie an 584 Patienten mit<br />

dokumentierten kardialen Erkrankungen<br />

unter einer zehnwöchigen<br />

Therapie mit Nikotinpflaster im<br />

Vergleich zu Placebo eine tendenzielle<br />

Abnahme von schweren kardialen<br />

Endpunkten (Tod, Herz -<br />

infarkt, Krankenhausaufnahme…)<br />

zeigen.<br />

Wenngleich die o. g. schädlichen<br />

Wirkungen des Zigarettenkonsums<br />

durch den Tabakrauch und nicht<br />

durch das Nikotin verursacht werden,<br />

ist festzuhalten, dass Nikotin<br />

die Eigenschaften einer Droge aufweist.<br />

Beim Menschen und im Tiermodell<br />

werden kurzfristige Gefühle<br />

des Wohlbefindens, Anxiolyse,<br />

Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit,<br />

Unterdrückung von<br />

Nervosität und die Dämpfung des<br />

Hungergefühls durch die Wirkung<br />

von Nikotin vermittelt. Nikotin<br />

wirkt über das „Belohnungszentrum“<br />

des Gehirns, den Nucleus<br />

accumbens. <strong>Die</strong> Relevanz und Permanenz<br />

dieser biologischen Alterationen<br />

des zentralen Belohnungssystems<br />

wird z. B. durch folgende<br />

Publikation verdeutlicht: Bereits<br />

das Rauchen einer einzigen Zigarette<br />

im Alter von elf Jahren führt<br />

auch noch nach drei Jahren zu einer<br />

Verdopplung des adjustierten rela-<br />

ANKÜNDIGUNG<br />

Tagungsort:<br />

Convention Center Deutsche<br />

Messe Hannover<br />

Veranstalter:<br />

AKM Allergiekongress und<br />

Marketing GmbH<br />

Röntgenstraße 6a<br />

53177 Bonn-Bad Godesberg<br />

GF: Dr. Ulrich Kümmel<br />

Tel.: 0228 93397-30<br />

Fax: 0228 93397-31<br />

ulrich.kuemmel@<br />

allergiekongress.de<br />

Tab.: Eine Auswahl bekannter toxischer<br />

Substanzen im Tabakrauch.<br />

Substanz im<br />

Tabakrauch<br />

Auch zu finden in…<br />

Azeton Farbentferner<br />

Ammoniak Chemische Reinigung<br />

Arsen Rattengift<br />

Cadmium Auto-Batterien<br />

Formaldehyd Formalin<br />

Toluen Lösungsmittel<br />

tiven Risikos einen regelmäßigen<br />

Tabakkonsum zu beginnen. <strong>Die</strong>se<br />

Wirkung war bei Mädchen ausgeprägter<br />

als bei Jungen. <strong>Die</strong> starke<br />

Suchtwirkung des Nikotins zeigt<br />

sich auch daran, dass der überwiegende<br />

Anteil der Raucher (etwa<br />

90 %) versucht, das Rauchen zu<br />

beenden, dies ohne Hilfe jedoch<br />

lediglich in etwa 3–5 % gelingt.<br />

Professionelle Tabakentwöhnungsprogramme<br />

mit psychosozialer und<br />

medikamentöser Unterstützung<br />

erreichen hingegen langfristige<br />

Erfolgsraten von 30–40 %.<br />

Im Gegensatz zu diesen eindeutigen<br />

Befunden, glaubt ein großer<br />

Teil der in Deutschland befragten<br />

Medizinstudenten, Ärzte und<br />

Patienten, dass der freie Willen (im<br />

Gegensatz zur medikamentösen<br />

Therapie oder Tabakentwöhnungsprogrammen)<br />

die effektivste<br />

Methode zur Tabakentwöhnung<br />

darstellt. <strong>Die</strong>se Fehlwahrnehmung<br />

8. bis 11. September 2010<br />

5. Deutscher Allergiekongress 2010<br />

27. Tagung der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Allergologie und klinische Immunologie<br />

33. Kongress des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen<br />

13. Jahrestagung der Gesellschaft <strong>für</strong> Pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin<br />

Kongresspräsident:<br />

Prof. Dr. Thomas Werfel, Hannover<br />

Kongresssekretariat:<br />

Prof. Dr. Ulrike Raap<br />

Klinik <strong>für</strong> Dermatologie,<br />

Venerologie und Allergologie<br />

m. S. Pneumologie und<br />

Immunologie<br />

Ricklinger Straße 5<br />

30449 Hannover<br />

Tel.: 0<strong>51</strong>1 9246-450<br />

Fax: 0<strong>51</strong>1 9246-440<br />

hannover2010@allergiekongress.de<br />

mag durch den oben diskutierten<br />

Begriff des Nikotinabusus, der eine<br />

schädliche Wirkung des Nikotins<br />

impliziert, begünstigt werden.<br />

Zusammenfassung<br />

Insgesamt ist festzuhalten, dass der<br />

Tabakrauch im Gegensatz zum<br />

Nikotin <strong>für</strong> eine Vielzahl von<br />

Erkrankungen verantwortlich zu<br />

machen ist. Das im Tabakrauch enthaltene<br />

Nikotin hingegen verursacht<br />

eine Abhängigkeit, die medikamentös<br />

z. B. mit Nikotinersatztherapie<br />

oder Vareniclin erfolgreich<br />

behandelt werden kann.<br />

<strong>Die</strong>se medikamentöse Therapie ist<br />

effektiv und ausgesprochen sicher.<br />

Der noch oft gebrauchte Begriff<br />

„Nikotinabusus“ leitet daher fehl.<br />

<strong>Die</strong>ser Begriff sollte nicht verwendet<br />

und durch den inhaltlich korrekten<br />

und international gebräuchlichen<br />

Begriff Tabakkonsum oder<br />

Tabakrauch ersetzt werden.<br />

Literatur beim Verfasser<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. Stefan Andreas<br />

Lungenfachklinik Immenhausen<br />

Pneumologische Lehrklinik<br />

der Universität Göttingen<br />

Robert-Koch-Straße 3<br />

34376 Immenhausen<br />

sandreas@lungenfachklinik-immenhausen<br />

Kongressorganisation und<br />

Auskunft:<br />

FLASKAMP AG<br />

Marieke Fiona Wittneben<br />

Klosterstraße 64<br />

10179 Berlin<br />

Tel.: 030 46006-707<br />

Fax: 030 46006-770<br />

allergiekongress@flaskamp.de<br />

Internet:<br />

www.allergiekongress.de<br />

14 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


MULTIRESISTENTE TUBERKULOSE<br />

Ist die Zeitbombe bereits gezündet?<br />

ROBERT LODDENKEMPER, BERLIN<br />

Ursache hier<strong>für</strong> ist vor<br />

allem die dramatische<br />

Zunahme der Resistenzen<br />

gegenüber den zur<br />

Verfügung stehenden TB-Medikamenten,<br />

hinzu kommt die enge Verbindung<br />

zwischen AIDS und Tuberkulose<br />

in einigen Regionen der<br />

Welt.<br />

Nach den jüngsten Zahlen der<br />

WHO sind 2008 9,4 (8,9–9,9)<br />

Millionen Menschen neu an einer<br />

TB erkrankt. Für das Jahr 2007<br />

schätzt die WHO, dass bereits mehr<br />

als eine halbe Million davon eine<br />

multiresistente (MDR)-TB haben,<br />

definiert als Resistenz gegenüber<br />

mindestens den beiden wichtigsten<br />

Antibiotika, Isoniazid (INH) und<br />

Rifampicin (RMP). Zwischen 5<br />

und 20 % dieser Fälle dürften sogar<br />

eine extensive Resistenz (XDR-TB)<br />

haben, d. h. auch schon gegenüber<br />

den wichtigsten Zweitrang-Medikamenten.<br />

Vereinzelt sind auch<br />

schon XXDR-Tuberkulosefälle verzeichnet<br />

worden, bei denen fast<br />

keine Medikamente mehr wirken.<br />

Neben den erheblich schlechteren<br />

Behandlungsmöglichkeiten bei<br />

diesen Patienten, meist lässt sich<br />

eine Heilung nur in 40–60 % erreichen,<br />

bedeutet dies auch, dass die<br />

Gefahr der Ansteckung mit diesen<br />

resistenten Erregern erheblich<br />

zunimmt. Betroffen sind vor allem<br />

27 Länder, davon allein 15 in der<br />

Europa-Region der WHO, die 85 %<br />

der Fälle mit MDR-TB ausmachen.<br />

Zahlenmäßig führend sind aufgrund<br />

ihrer großen Bevölkerung<br />

Indien mit 131.000 und China mit<br />

112.000 Fällen, an dritter Stelle<br />

liegt die Russische Föderation mit<br />

43.000. Bis November 2009 hatten<br />

57 Länder mindestens einen Fall<br />

von XDR-TB beobachtet.<br />

Allerdings ist Voraussetzung <strong>für</strong><br />

Vor hundert Jahren, am 27. Mai 1910, ist Robert Koch,<br />

der Entdecker des Tuberkulose-Erregers, gestorben. An<br />

das Datum seines berühmten Tuberkulose-Vortrags am<br />

24. März 1882 wird jährlich mit dem Welttuberkulosetag<br />

gedacht. Schon zu seinen Lebzeiten nahm die Tuber kulose -<br />

sterblichkeit um etwa die Hälfte ab. Mitte des vorigen<br />

Jahrhunderts wurden die ersten Tuberkulosemedikamente<br />

eingeführt, und Anfang der 1980er Jahre glaubten viele,<br />

dass die Tuberkulose (TB) so gut wie besiegt sei. Heute müssen wir fest -<br />

stellen, dass die derzeitige Entwicklung der globalen TB-Situation auf<br />

eine Katastrophe hin zusteuern könnte.<br />

das Auffinden von Resistenzen,<br />

dass diese im Labor auch diagnostiziert<br />

werden können – und diese<br />

Möglichkeit fehlt in vielen einkommensschwachen<br />

Ländern. <strong>Die</strong><br />

Laborkapazität und -qualität zu<br />

verbessern, ist daher eine der dringendsten<br />

Maßnahmen, um zukünftig<br />

die Resistenzsituation in den<br />

Griff zu bekommen. Denn nur,<br />

wenn man die Resistenzlage kennt,<br />

kann überhaupt erfolgreich behandelt<br />

werden.<br />

Risikofaktoren <strong>für</strong> eine MDR-<br />

/XDR-Tuberkulose sind antituberkulotische<br />

Vorbehandlungen, Herkunft<br />

aus MDR-/XDR-TB-Hoch -<br />

prävalenzregionen oder Kontakt zu<br />

MDR-/XDR-Tuberkulosepatien ten,<br />

Gefängnisaufenthalte und wahrscheinlich<br />

auch die HIV-Koinfektion.<br />

Fehlerhafte Medikamentenverordnung,Therapie-Adhärenzprobleme,<br />

Resorptionsstörungen<br />

oder mangelnde Medikamentenqualität<br />

können Resistenzen begünstigen,<br />

die meisten Faktoren wären<br />

also vermeidbar.<br />

<strong>Die</strong> Behandlungskosten <strong>für</strong> eine<br />

MDR-TB sind 10–100 Mal höher<br />

als <strong>für</strong> eine nicht resistente Tuberkulose.<br />

<strong>Die</strong> direkten Krankheitskosten<br />

<strong>für</strong> die Behandlung einer<br />

XDR-TB in Deutschland betragen<br />

bis zu EUR 170.000 pro Patient.<br />

Dringend zu fordern sind eine<br />

einfachere und sicherere Diagnostik<br />

einschließlich einer raschen und<br />

verlässlichen Resistenzbestimmung,<br />

besser wirksame Medikamente<br />

mit kürzeren Behandlungszeiten<br />

und ein verbesserter Infektionsschutz.<br />

Große Hoffnung wird<br />

auf neue Impfverfahren gelegt,<br />

diese sind bislang aber nur im Stadium<br />

der Entwicklung.<br />

Nur ein rasches und international<br />

konzertiertes Handeln kombiniert<br />

mit verstärkten Forschungsanstrengungen<br />

sowie der Unterstützung<br />

betroffener Länder wird<br />

vor einer Situation schützen, die<br />

selbst mit den Mitteln des 21. Jahrhunderts<br />

nicht mehr bewältigt werden<br />

kann.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. Dr. hc. Robert Loddenkemper<br />

Deutsches Zentralkomitee zur<br />

Bekämpfung der Tuberkulose (DZK)<br />

Stralauer Platz 34<br />

10243 Berlin<br />

rloddenkemper@dzk-tuberkulose.de<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 15<br />

Prof. Dr. Dr. h.c.<br />

Robert<br />

Loddenkemper


Sonderbericht<br />

EPIGENETISCHE TESTS ERÖFFNEN NEUE WEGE IN DER KREBSDIAGNOSTIK<br />

Epi proLung: eine neue Diagnosehilfe <strong>für</strong><br />

Patienten mit Verdacht auf Lungenkrebs<br />

Bis heute spielen Tumormarker in der Diagnostik des Lungenkrebses nur<br />

eine sehr geringe Rolle. Das könnte sich nun ändern: Der <strong>für</strong> das 2. Quartal<br />

2010 angekündigte Epi proLung BL Reflex-Test, der m SHOX2, einen in<br />

Bronchial lavage-Proben hochspezifischen Tumormarker <strong>für</strong> das Lungen -<br />

karzinom, identifiziert, könnte in Zukunft dazu beitragen, dass zuvor nicht<br />

gesicherte Lungenkrebsfälle schneller und eindeutiger diagnostiziert<br />

werden können.<br />

<strong>Die</strong> Etablierung zuverlässiger<br />

molekularer Biomarker<br />

im klinischen Alltag<br />

der Krebsfrüherkennung<br />

steht erst an ihrem Anfang. Zwar<br />

haben die immensen Fortschritte in<br />

der Grundlagenforschung zu einem<br />

verbesserten Verständnis der<br />

grundlegenden Prozesse und in der<br />

Folge auch zu einer Vielfalt von<br />

publizierten Tumormarkern mit<br />

guten Ergebnissen in der Forschung<br />

geführt. <strong>Die</strong> große Herausforderung<br />

besteht jedoch darin, diese <strong>für</strong><br />

die klinische Praxis nutzbar zu<br />

machen. Einer der wesentlichen<br />

Engpässe ist dabei deren klinische<br />

Validierung. Mit dem hochspezifischen<br />

Tumormarker Epi proLung,<br />

dessen europäische Markteinführung<br />

noch in der ersten Hälfte diesen<br />

Jahres erwartet wird, steht nun<br />

bald ein vielversprechender innovativer<br />

Biomarker, der sich als epigenetischer<br />

Test die spezifischen<br />

DNA-Methylierungsmuster von<br />

Tumorzellen zu Nutze macht, be reit<br />

<strong>für</strong> die klinische Anwendung.<br />

Diagnostische Lücke bei<br />

Lungenkrebs<br />

Lungenkrebs stellt mittlerweile in<br />

Deutschland sowohl <strong>für</strong> Männer<br />

als auch <strong>für</strong> Frauen die dritthäufigste<br />

Krebserkrankung dar. Bei etwa<br />

14 % aller Krebsneuerkrankungen<br />

der Männer handelt es sich um<br />

Lungenkrebs, während er bei<br />

Frauen 7 % aller bösartigen Neubildungen<br />

ausmacht. <strong>Die</strong> ungünstige<br />

Prognose führt bei Männern zu<br />

einem Anteil von 26 % und bei<br />

Frauen von 12 % an den Krebssterbefällen<br />

(1). Damit ist Lungenkrebs<br />

in Deutschland die häufigste<br />

tumorbedingte Todesursache bei<br />

Männern und die dritthäufigste bei<br />

Frauen. Im Jahr 2006 leben mit<br />

Lungenkrebs in Deutschland ins -<br />

gesamt 63.000 Personen, davon<br />

Abb.: Der Epi proLung BL Reflex-Test kann in Zukunft dazu beitragen, dass zuvor nicht gesicherte Lungenkrebsfälle schnell und<br />

eindeutig identifiziert werden können. Foto: Epigenomics AG.<br />

16 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


20.000 Frauen, bei denen in den<br />

fünf Jahren zuvor Lungenkrebs<br />

diagnostiziert wurde (5-Jahres-<br />

Prävalenz) und auf jeden dieser<br />

Krankheitsfälle kommen weitere<br />

3–5 Verdachtsfälle. <strong>Die</strong>s führte<br />

allein im Jahr 2000 zu über<br />

200.000 Bronchoskopien in<br />

Deutsch land, von denen 95 %<br />

allein aufgrund von Tumorverdacht<br />

erfolgten (2).<br />

Bei bis zu 50 % der Patienten mit<br />

Verdacht auf Lungenkrebs kann<br />

jedoch in der klinischen Routine<br />

das Vorhandensein eines bösartigen<br />

Tumors zum Zeitpunkt der ersten<br />

Bronchoskopie nicht durch eine<br />

zytologische oder histologische<br />

Untersuchung bestätigt werden (3).<br />

Für den Patienten bedeutet dies<br />

weitere belastende, ggf. invasive<br />

Untersuchungen und eine quälende<br />

Wartezeit bis zur endgültigen sicheren<br />

Diagnosestellung, und da diese<br />

eine unabdingbare Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> eine Behandlung darstellt, auch<br />

bis zur Einleitung der eigentlich<br />

keinen Aufschub duldenden Therapie.<br />

Mit Epi proLung soll diese<br />

diagnostische Lücke geschlossen<br />

werden. Als Unterstützung der<br />

Diagnose könnte ein solcher additiver<br />

Test die diagnostische Ab -<br />

klärung bei Patienten mit einem<br />

Verdacht auf Lungenkrebs be -<br />

schleunigen und letztendlich auch<br />

Kosten sparen helfen, wie Dr.<br />

Volker Liebenberg, Epigenomics<br />

AG, Berlin, ausführte.<br />

Epi proLung – additiv zur Zytologie<br />

bei Verdacht auf Lungenkrebs<br />

Epi proLung ist ein in-vitro-dia -<br />

gnostischer Test (IVD) zur Untersuchung<br />

der bronchialen Spülflüssigkeit<br />

(Lavage) und basiert auf der<br />

Detektion von methylierter DNA<br />

des SHOX2-Gens ( m SHOX2).<br />

Über die biologische Funktion des<br />

SHOX2-Gens (short stature homeobox-2)<br />

ist bislang nur wenig<br />

DNA-Methylierung und Epigenetik<br />

Der Begriff Epigenetik beschreibt vererbbare Chromosomen-Modifikationen,<br />

die nicht auf Veränderungen der DNA-Sequenz beruhen. Über<br />

die Methylierung bestimmter DNA-Basen vererben Zellen so z. B. die<br />

Kontrolle über das Ablesen ihrer Gene. Im Allgemeinen führt eine DNA-<br />

Methylierung über noch nicht vollständig aufgeklärte Mechanismen<br />

zur Inaktivierung der betroffenen Gene. So genannte „stumme“ Gene<br />

sind häufig hypermethyliert, aktive Gene hingegen hypomethyliert.<br />

Jeder Zelltyp hat einen einzigartigen DNA-Methylierungs-„Finger -<br />

abdruck“, der sich im Rahmen normaler epigenetischer Prozesse, aber<br />

auch bei einer Vielzahl von Erkrankungen verändert. Abnorme Methylierungsmuster<br />

findet man gehäuft in Tumoren.<br />

bekannt – ob oder in welcher Beziehung<br />

es zur Tumorentstehung<br />

steht, ist noch vollkommen offen.<br />

Frühere Studien hatten jedoch<br />

gezeigt, dass m SHOX2 ein hochspezifischer<br />

Biomarker <strong>für</strong> Lungenkrebs<br />

ist, wenn er in Bronchiallavage-Proben<br />

mittels Real-Time-<br />

PCR bestimmt wird. So konnten in<br />

einer Studie etwa 55 % aller histologischen<br />

Lungenkrebstypen bei<br />

über 475 Patienten mit einem Lungenbefund<br />

und Verdacht auf Lungenkrebs<br />

(257 Krebsfälle, 218 Fälle<br />

ohne maligne Lungen erkrankung)<br />

zuverlässig mit nahezu keinen<br />

falsch-positiven Test ergebnissen<br />

erkannt werden (99 % Spezifität).<br />

Ins besondere bei Plat ten epithel -<br />

karzi no men lag die Sensitivität<br />

mit 71 % bei gleicher Spezifität<br />

noch deutlich höher. Hervorzu -<br />

heben ist zudem, dass es sich bei<br />

dieser Studienpopulation um einen<br />

Teil der Screeningpopulation des<br />

„Liverpool Lung Projects“ handelte<br />

und mehr als ein Drittel der in<br />

der Studie gemessenen Bron chial -<br />

lavage-Pro ben (93/257) von Patienten<br />

stammten, in denen sich der<br />

Lungenkrebs noch in den frühen<br />

Stadien I und II befand, also jenen<br />

Stadien, die in der derzeitig gängigen<br />

klinischen Praxis noch erheblich<br />

unterdiagnostiziert werden. Gerade<br />

Patienten in frühen Stadien könnten<br />

jedoch von einer frühzeitigen<br />

Therapie profitieren.<br />

Am Ende des Tages<br />

<strong>Die</strong> Bestimmung von m SHOX2 in<br />

Bronchiallavage-Proben verbessert<br />

die Sensitivität der bronchoskopisch<br />

gewonnenen Zytologie entscheidend.<br />

m SHOX2 erspart dem<br />

Patienten durch eine Ergänzung<br />

der diagnostischen Zytologie möglicherweise<br />

zusätzliche Unter -<br />

suchungen, Tumoren können früher<br />

und damit mit besserer Prognose<br />

erkannt und therapiert werden. <strong>Die</strong><br />

Einführung des Bronchiallavagetests<br />

<strong>für</strong> Lungenkrebs als CE-ge -<br />

kennzeichnetes IVD-Produkt unter<br />

dem Markenamen Epi proLung BL<br />

Reflex Assay in den europäischen<br />

Markt steht kurz bevor.<br />

Literatur:<br />

(1) Krebs in Deutschland 2005/2006. Häufigkeiten<br />

und Trends. 7. Ausgabe. Robert<br />

Koch-Institut (Hrsg) und die Gesellschaft<br />

der epidemiologischen Krebsregister in<br />

Deutschland e. V. (Hrsg). Berlin, 2010.<br />

(2) Markus A et al. Bronchoskopie in Deutschland:<br />

Querschnitterhebung an 681 Institutionen.<br />

Pneumologie 2000; 54: 499-507.<br />

(3) Roth K. et al. Predictors of diagnostic yield<br />

in bronchoscopy: a retrospective cohort<br />

study comparing different combinations of<br />

sampling techniques. BMC Pulm Med<br />

2008; 8: 2.<br />

* Quelle: Pressekonferenz der Epigenomics AG<br />

„Epigenetische Tests eröffnen neue Wege in de<br />

Krebsdiagnostik – Innovative Biomarker zur<br />

Diagnose von Lungen- und Darmkrebs“ anlässlich<br />

des 29. Deutschen Krebskongresses vom<br />

24. bis 27. Februar 2010 in Berlin<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 17


Prof. Dr.<br />

Albert Nienhaus<br />

Sonderbericht<br />

EIN UPDATE:<br />

Diagnose der latenten Tuberkulose-Infektion<br />

mit dem Interferon-� Release Assay<br />

ALBERT NIENHAUS, HAMBURG<br />

Das Wissen über und die praktische Erfahrung mit dem<br />

Interferon-� Release Assay (IGRA) haben in den letzten<br />

beiden Jahren rasant zugenom men. Das spiegelt sich<br />

sowohl in der Überarbeitung bestehender Empfeh lungen<br />

zum Einsatz der IGRAs als auch in der wachsenden Anzahl<br />

von Empfehlungen wider. In einer systematischen Meta -<br />

analyse aus dem Jahr 2010 betrug die Sensitivität der<br />

IGRAs 84–89 % und die Spezifität 86–99 %. <strong>Die</strong> Ergebnisse<br />

der Hamburger Progressions-Studie zum Risiko der Ent wick lung einer<br />

aktiven Tuberkulose nach engem Kontakt zu einem Tuber kulose-Patienten<br />

wurden mittlerweile von einer britischen Studie be stätigt. Das dort beob -<br />

achtete Progressionsrisiko war mit 17 % leicht höher als die 15 %, die in<br />

der Hamburger Studie beobachtet wurden. Aufgrund des hohen Progres -<br />

sionsrisikos <strong>für</strong> enge Kontaktpersonen bei einem positiven Testergebnis<br />

sind die IGRAs trotz der höheren Kosten des einzel nen Tests kosteneffektiver<br />

als das Screening mit dem THT (Tuberkulin-Hauttest) allein oder mit<br />

dem THT als erstem Test in einem zweistufigen Testverfahren.<br />

Ohne frühzeitige Identifizierung<br />

von Patienten<br />

mit aktiver Tuberkulose<br />

sowie Behandlung der<br />

latenten Tuberkulose-Infektion<br />

(LTBI) wird auch in Ländern mit<br />

niedriger Inzidenz die Tuberkulose<br />

über viele Jahrzehnte hinweg nicht<br />

eliminierbar sein. Mit dem IGRA<br />

steht ein Bluttest zur Verfügung,<br />

der <strong>für</strong> die Diagnose einer LTBI<br />

valide und gleichzeitig praktikabel<br />

ist. Damit sei eine wesentliche Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> das Erreichen des<br />

Ziels Elimination der Tuberkulose<br />

in Deutschland gegeben, lautete<br />

das übereinstimmende Fazit der<br />

drei Referenten auf dem Symposium<br />

„TB-Infektion: IGRA als<br />

neuer Standard“.<br />

Blick zurück in die Zukunft<br />

Fast hundert Jahre lang wurde die<br />

Tuberkulose-Infektion mit dem<br />

Tuberkulin-Hauttest (THT) diag -<br />

nostiziert. <strong>Die</strong>ser Test hat aber<br />

mehrere Nachteile: Er reagiert<br />

auch auf die BCG-Impfung, wie -<br />

derholtes Testen führt zu Booster-<br />

Reaktionen und zum Ablesen des<br />

Testes ist ein zweiter Arztbesuch<br />

notwendig. <strong>Die</strong> Verwendung des<br />

THT zur Diagnose einer LTBI sei<br />

„wie mit der Pferdekutsche auf<br />

einer Autobahn zu fahren“, so Prof.<br />

Luca Richeldi aus Modena, Italien,<br />

in seinem Vortrag „Blick zurück<br />

in die Zukunft – eine Vision<br />

der Tuberkulose-Infektionsdiagnose<br />

und -kontrolle in der Zukunft“<br />

auf dem IGRA-Symposium.<br />

<strong>Die</strong> IGRAs verwenden TB-Antigene,<br />

die spezifisch <strong>für</strong> den Mycobacterium<br />

tuberculosis (MTB)-<br />

Komplex sind. <strong>Die</strong> zellgebundene<br />

Immunreaktion auf diese Antigene<br />

wird ex-vivo beobachtet; ein Boostereffekt<br />

tritt also nicht mehr auf.<br />

Kreuzreaktionen mit der BCG-<br />

Impfung bestehen ebenfalls nicht.<br />

Da es keinen Goldstandard <strong>für</strong> die<br />

Diagnose einer LTBI gibt, wird in<br />

Studien als Surrogat die Sensitivität<br />

der IGRAs bei der Diagnose der<br />

aktiven Tuberkulose verwendet.<br />

<strong>Die</strong> Spezifität der IGRAs hingegen<br />

wird in nicht exponierten Kollektiven<br />

bestimmt. <strong>Die</strong>se Studien wurden<br />

in einer systematischen Metaanalyse,<br />

die in der Fachzeitschrift<br />

„CHEST“ im April 2010 erschien,<br />

zusammengefasst (1). Berücksichtigt<br />

wurden lediglich Studien, welche<br />

die kommerziell zur Verfügung<br />

stehenden IGRAs der neuesten<br />

Generation verwendeten: Quanti -<br />

FERON ® -TB Gold (QFT) und<br />

T-SPOT ® .TB. Basierend auf jeweils<br />

mehr als 600 Patienten mit gesicherter<br />

Tuberkulose betrug die Sensitivität<br />

des QFT 84 % und diejenige<br />

des T-SPOT ® .TB 89 %. Damit<br />

sei die Sensitivität der IGRAs deutlich<br />

höher als diejenige des THT,<br />

sagte der Erstautor der Studie,<br />

Priv.-Doz. Dr. Roland <strong>Die</strong>l, während<br />

des Symposiums. <strong>Die</strong> Spezifität<br />

des QFT war mit 99 %<br />

deutlich höher als diejenige des<br />

T-SPOT ® .TB mit 86 %.<br />

Diagnose frischer Infektionen bei<br />

engen Kontaktpersonen mit IGRA<br />

<strong>Die</strong> wichtigste Indikation <strong>für</strong> die<br />

IGRAs ist die Diagnose frischer<br />

Infektionen bei engen Kontaktpersonen.<br />

In der Hamburger Progressionsstudie<br />

aus dem Jahr 2008 entwickelten<br />

15 % aller Personen mit<br />

engen Kontakten zu TB-Patienten<br />

und einem anschließend positiven<br />

QFT eine aktive Tuberkulose in -<br />

ner halb von zwei Jahren (2). <strong>Die</strong>jenigen,<br />

die aufgrund des positiven<br />

QFT eine Chemoprävention<br />

durch führten, entwickelten ebenso<br />

wie die Kontaktpersonen, die negativ<br />

im QFT waren, keine Tuberkulose.<br />

<strong>Die</strong>se Ergebnisse wurden nun<br />

in einer britischen Untersuchung<br />

enger Kontaktpersonen bestätigt.<br />

Mehr als 20 Personen mit engem<br />

Kontakt zu TB-Patienten und<br />

einem positiven QFT entwickelten<br />

innerhalb von zwei Jahren eine<br />

aktive Tuberkulose. <strong>Die</strong> Progressionsrate<br />

betrug bei den nicht<br />

behandelten Kontaktpersonen<br />

18 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


17 % und bei denjenigen, die eine<br />

Chemoprävention durchführten<br />

nach einem positiven QFT 2 %.<br />

Keine der über 2000 engen Kontaktpersonen<br />

mit negativem QFT<br />

habe eine aktive Tuberkulose entwickelt,<br />

fasste der Leiter der Studie<br />

die Ergebnisse auf einem IGRA-<br />

Symposium in Birmingham im<br />

März 2010 zusammen (3). Man<br />

darf also auf die endgültige Publikation<br />

dieser Ergebnisse sehr ge -<br />

spannt sein.<br />

Gute medizinische Praxis orientiert<br />

sich zunehmend an Leitlinien<br />

und Empfehlungen. In 17 Ländern<br />

gibt es bereits Empfehlungen zur<br />

Verwendung von IGRAs beim<br />

Tuberkulose-Screening. Bisher<br />

wur den die IGRAs überwiegend<br />

zur Überprüfung eines positiven<br />

THT empfohlen. In den USA hat<br />

das Center for Disease Control<br />

(CDC) seine Empfehlungen in diesem<br />

Jahr überarbeitet. Nun sollen<br />

die IGRAs bei Personen mit einer<br />

BCG-Impfung und bei Personen,<br />

deren Erscheinen zum Ablesen des<br />

THT als unsicher angesehen wird,<br />

eingesetzt werden. Für alle anderen<br />

Kontaktpersonen können in<br />

den USA weiterhin entweder der<br />

THT oder die IGRAs verwendet<br />

werden. Für Großbritannien ist<br />

eine ähnliche Überarbeitung der<br />

Empfehlungen des National Institute<br />

for Health and Clinical Excellence<br />

(NICE) zu erwarten. Hier<br />

wurde bereits in der ersten Empfehlung<br />

von 2006 neben dem zweistufigen<br />

Vorgehen bei Patienten<br />

oder Kontakten mit geringer Compliance<br />

die direkte Durchführung<br />

der IGRAs empfohlen. In der<br />

Schweiz werden in der demnächst<br />

erwarteten überarbeiteten Empfehlung<br />

von der SUVA (Unfallver -<br />

sicherung) <strong>für</strong> Beschäftigte im<br />

Gesundheitsdienst primär die<br />

IGRAs empfohlen, wobei ein zweistufiges<br />

Vorgehen mit IGRA nach<br />

positivem THT weiterhin möglich<br />

ist. Für Beschäftigte, die Kontakt zu<br />

TB-Patienten oder infektiösem<br />

Material haben und daher regelmäßig<br />

untersucht werden, wird der<br />

Einsatz des THT aufgrund des<br />

Boostereffektes bei wiederholter<br />

In-vivo-Testung explizit nicht mehr<br />

empfohlen.<br />

IGRA vor immunsuppressiven<br />

Therapien<br />

Immunsuppressive Therapien er -<br />

höhen das Risiko <strong>für</strong> die Reaktivierung<br />

einer alten Tuberkulose bzw.<br />

erhöhen die Wahrscheinlichkeit der<br />

Progredienz einer LTBI zu einer<br />

aktiven Tuberkulose. Deshalb empfiehlt<br />

das Deutsche Zentralkomitee<br />

(DZK) vor der Vergabe von TNFalpha-Antagonisten<br />

die Durchführung<br />

eines IGRA und eine Chemoprävention,<br />

wenn der IGRA positiv<br />

ausgefallen ist. In der bisherigen<br />

S3-Leitlinie Psoriasis wird lediglich<br />

empfohlen, vor der Vergabe von<br />

Biologica eine Tuberkulose auszuschließen.<br />

In der <strong>für</strong> dieses Jahr<br />

erwarteten Überarbeitung der S3-<br />

Leitlinie werden IGRAs als Methode<br />

der Wahl <strong>für</strong> die Diagnose einer<br />

LTBI empfohlen. <strong>Die</strong>ses Favorisieren<br />

der IGRAs gegenüber einem<br />

zweistufigen Vorgehen mit dem<br />

THT als erstem Test wird mit der<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 19


Fortsetzung<br />

Diagnose der<br />

latenten<br />

Tuberkulose-<br />

Infektion mit<br />

dem Interferon-�<br />

Release Assay<br />

höheren Sensitivität des einstufigen<br />

Vorgehens und somit mit der besseren<br />

Kosten-Effektivität dieser<br />

Strategie begründet. <strong>Die</strong>se Einschätzung<br />

beruht auf einer deutschen<br />

Kosten-Nutzen-Analyse, die<br />

<strong>für</strong> einen positiven IGRA ein Progressionsrisiko<br />

von 15 % über zwei<br />

Jahre unterstellt. Bei diesem Progressionsrisiko<br />

war die alleinige<br />

Verwendung der IGRAs trotz des<br />

höheren Preises <strong>für</strong> den einzelnen<br />

Test im Vergleich zum THT kostengünstiger<br />

als Screeningstrategien,<br />

die den IGRA erst nach einem<br />

positiven THT einsetzen (4).<br />

Zusammenfassung<br />

Noch verbleiben einige offene Fragen:<br />

Wenige Erfahrungen bestehen<br />

bisher beim Einsatz des IGRA bei<br />

Med NEWS<br />

Gerade <strong>für</strong> Patienten mit COPD gab es in<br />

den vergangenen Jahrzehnten nur wenige<br />

Fortschritte in der Therapie. Um die<br />

Forschung zu diesen chronischen Atemwegserkrankungen<br />

zu fördern, hat das<br />

Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung und Forschung<br />

(BMBF) Anfang 2009 das Kompetenznetz<br />

Asthma und COPD gegründet.<br />

„<strong>Die</strong> krankheitsbezogenen Kompetenznetze<br />

des BMBF haben die Aufgabe,<br />

hervorragende Wissenschaftler zu vernetzen<br />

und die Expertise zu bündeln“,<br />

sagte Dr. Marianne Kordel-Bödigheimer,<br />

Deutsches Zentrum <strong>für</strong> Luft- und Raumfahrt.<br />

„Gerade bei Erkrankungen, die<br />

häufig auftreten und mit einer hohen<br />

gesundheitlichen Belastung einhergehen,<br />

können so die Forschungsergebnisse<br />

schneller <strong>für</strong> den Patienten zur Verfügung<br />

stehen.“<br />

Am 15. März 2010 trafen sich Lungenexperten<br />

aus Marburg, Heidelberg<br />

und Hannover zu ihrer ersten wissenschaftlichen<br />

Tagung des Kompetenznetzes<br />

in der Medizinischen Hochschule Hannover<br />

(MHH). „Ziel des gesamten Netzwerks<br />

ist die Weiterentwicklung von Prävention,<br />

Diagnostik und Therapie von<br />

Asthma und COPD. Darüber hinaus soll<br />

eine Forschungsplattform <strong>für</strong> obstruktive<br />

Lungenerkrankungen aufgebaut werden,<br />

Kleinkindern und bei immunsupprimierten<br />

Patienten. <strong>Die</strong> bisherigen<br />

Daten sind zwar vielversprechend,<br />

müssen aber noch besser<br />

unterlegt werden. Zusammenfassend<br />

kann dennoch festgestellt<br />

werden, dass IGRAs bereits heute<br />

beim TB-Screening die Methode<br />

der Wahl sind. Auch in der Klinik<br />

gibt es keine Indikation <strong>für</strong> den<br />

THT, <strong>für</strong> die nicht auch die sensitiveren<br />

und spezifischeren IGRAs<br />

eingesetzt werden können.<br />

Kontakt:<br />

Prof. Dr. Albert Nienhaus<br />

Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf<br />

Institut <strong>für</strong> Versorgungsforschung in der<br />

Dermatologie und bei Pflegeberufen<br />

a.nienhaus@uke.uni-hamburg.de<br />

die vom Zellkultursystem über Tier -<br />

modelle bis zu Patientenkohorten inklusive<br />

Biomaterialien reicht“, betonte Prof.<br />

Dr. Claus Vogelmeier, Philipps Universität<br />

Marburg, Sprecher des Kompetenz -<br />

netzes. Das Kompetenznetz ist in zwei<br />

Verbünde gegliedert: Asthma-MRI (Magnet<br />

Resonanz Imaging) und Cosyconet.<br />

Der Verbund Asthma-MRI beschäftigt<br />

sich mit der radiologischen Bildgebung in<br />

der Diagnostik von Asthma und COPD.<br />

„<strong>Die</strong> Etablierung der strahlungsfreien<br />

Magnetresonanztomographie zur bildgebenden<br />

strukturellen und funktionellen<br />

Diagnostik bei Asthma und COPD ist ein<br />

besonderer Schwerpunkt innerhalb des<br />

Kompetenznetzes und darüber hinaus.<br />

Damit wollen wir eine gezielte Auswahl<br />

einer wirksamen Therapie, eine gut messbare<br />

Kontrolle des Therapieerfolgs und<br />

eine verbesserte Abschätzung der Prog -<br />

nose erreichen“, erklärte Prof. Dr. Hans-<br />

Ulrich Kauczor, Universität Heidelberg,<br />

Sprecher des Verbundes Asthma-MRI.<br />

Der Verbund Cosyconet untersucht<br />

den Zusammenhang zwischen COPD<br />

und anderen Erkrankungen wie Osteo -<br />

porose oder Herz-Kreislauf-Erkran -<br />

kungen, die überproportional häufig bei<br />

COPD-Patienten auftreten.<br />

„Kern ist der Aufbau eines nationalen<br />

Literatur:<br />

(1) <strong>Die</strong>l R, Loddenkemper R, Nienhaus A. Evidence-based<br />

comparison of Commercial<br />

Interferon-� Release Assays for detecting<br />

active TB – a metaanalysis. CHEST 2010;<br />

137(4):952-68<br />

(2) <strong>Die</strong>l R, Loddenkemper R, Meywald-Walter<br />

K, Niemann S, Nienhaus A. Predictive value<br />

of a whole blood IFN-� assay for the development<br />

of active TB disease. Am. J. Respir.<br />

Crit Care Med. 2008; 177:1164-1170<br />

(3) Woltmann G. Single Step IGRA testing in<br />

TB contacts – predictive value. Präsentation<br />

auf dem IGRA Echo Symposium am 3.<br />

März 2010 in Birmingham, GB<br />

(4) <strong>Die</strong>l R, Schaberg T, Loddenkemper R,<br />

Welte T, Nienhaus A. Enhanced cost-benefit<br />

analysis of strategies for LTBI screening<br />

and INH chemoprevention in Germany.<br />

Respir Med 2009; 103(12):1838-53<br />

Quelle: Cellestis-Satelliten-Symposium „Diagnose<br />

der latenten Tuberkulose-Infektion mit<br />

dem Interferon-� Release Assay – Ein Update“<br />

im Rahmen des <strong>51</strong>. Kongresses der Deutschen<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Pneumologie und Beatmungsmedizin<br />

e. V. (DGP), Hannover, 18. März 2010<br />

Gefährliche Atemnot: Kompetenznetz Asthma und COPD erforscht bessere Diagnose und Therapie<br />

Schwerpunkte liegen auf bildgebenden Verfahren und klinischen<br />

Studien<br />

Trockener Husten, schweres Atmen bis zum Erstickungsgefühl, Enge in der Brust: Bei vielen Patienten mit Asthma oder COPD<br />

lösen diese Symptome Panik bis zur Todesangst aus. <strong>Die</strong> chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) hat sich in den vergangenen<br />

Jahren zu einer Volkskrankheit entwickelt: Nahezu 15 % der Deutschen leiden an der Erkrankung. Bezüglich der Mortalität<br />

wird die Erkrankung im Jahr 2020 Platz drei in der Todesursachenstatistik einnehmen. Beim Asthma bronchiale sind etwa<br />

5 % der Erwachsenen und 10 % der Kinder betroffen.<br />

Registers von 3000 COPD-Patienten,<br />

deren Befunde mit anderen Registern verglichen<br />

werden sollen“, sagte Prof. Dr.<br />

Tobias Welte, MHH, Projektleiter der<br />

Cosyconet-Kohortenstudie. „Wir untersuchen,<br />

wie häufig diese anderen Erkrankungen<br />

auftreten und prüfen den möglichen<br />

Zusammenhang zwischen systemischer<br />

Entzündung und der Lungenerkrankung.“<br />

Außerdem werden die Auswirkungen<br />

auf Morbidität, Mortalität<br />

und Kosten evaluiert.<br />

Das Kompetenznetz wird zunächst <strong>für</strong><br />

drei Jahre mit insgesamt 7,5 Millionen<br />

Euro gefördert. Geplant sind drei weitere<br />

Förderphasen bis zum Jahr 2021, in<br />

denen die Arbeit fortgeführt und ausgebaut<br />

werden soll.<br />

Geschäftsstelle Kompetenznetz<br />

Asthma und COPD:<br />

Dr. Maike Schnoor<br />

Philipps-Universität Marburg<br />

Klinik <strong>für</strong> Innere Medizin<br />

mit Schwerpunkt Pneumologie<br />

Baldingerstraße 1<br />

35043 Marburg<br />

schnoorm@staff.uni-marburg.de<br />

Quelle: MHH<br />

20 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


24 Stunden anhaltende Bronchodilatation bei schnellem Wirkeintritt<br />

COPD-Therapie mit erstem LABA24<br />

Das 24h-LABA Onbrez und<br />

das Anticholinergikum Spiriva<br />

sind beides 24 Stunden<br />

wirksame Bronchodilatatoren,<br />

die auf unterschiedlichen<br />

Wirkprinzipien beruhen:<br />

Indacaterol aktiviert den Sympathikus<br />

wohingegen Tiotropium<br />

den Parasympathikus<br />

deaktiviert. Dennoch zeichnen<br />

sich beide Substanzen<br />

durch eine starke 24 Stunden<br />

anhaltende bronchienerweiternde<br />

Wirkung aus, die zu<br />

einer Verringerung der Dys -<br />

pnoe und darüber hinaus zu<br />

einer Verbesserung der<br />

Lebensqualität von COPD-<br />

Patienten führt.<br />

Starke Bronchodilatation<br />

und gleichzeitig schneller<br />

Wirkeintritt<br />

Prof. Dr. Tobias Welte, Hannover,<br />

konnte auf dem DGP<br />

anhand der Ergebnisse der<br />

INTIME-Studie (INdacaterol<br />

and TIotropium: Measuring<br />

Efficacy) mit 169 Patienten<br />

zeigen, dass Indacaterol<br />

gegenüber Tiotropium mindestens<br />

gleichwertig ist. In<br />

einem verblindeten Crossover-Vergleich<br />

war der Trough<br />

FEV 1 -Wert (Forciertes exspiratorisches<br />

Volumen in einer<br />

Sekunde) nach 14 Tagen Indacaterol-Therapie<br />

mit 50 ml<br />

nummerisch höher als bei mit<br />

Tiotropium 18 µg behandelten<br />

Patienten und die statistische<br />

Nicht-Unterlegenheit mit<br />

p = 0,043 bewiesen. Zudem<br />

konnte durch Indacaterol<br />

bereits fünf Minuten nach<br />

Inhalation der FEV 1-Wert um<br />

130 ml ausgehend vom Ausgangswert<br />

erhöht werden,<br />

durch Tiotropium dagegen<br />

nur um 60 ml (1).<br />

„Indacaterol muss sich an<br />

dem bisherigen Standard Tiotropium<br />

messen lassen, zeigt<br />

sich jedoch in ersten klini-<br />

schen Studien mindestens<br />

ebenbürtig gegenüber Tiotropium.<br />

Denn bei einer zumindest<br />

gleichwertig starken Wirkung<br />

kann Indacaterol mit<br />

einem wesentlich schnelleren<br />

Wirkeintritt punkten. Patienten<br />

mit einer schweren<br />

COPD-Symptomatik profitieren<br />

zudem von der Kombination<br />

beider Wirkprinzipien, da<br />

diese sich ergänzen und zu<br />

einer nochmaligen Steigerung<br />

der Bronchienerweiterung<br />

führen (4). Erst durch die Verfügbarkeit<br />

von zwei 24 Stunden<br />

wirksamen Produkten<br />

beider Wirkprinzipien kann<br />

dieser positive Effekt sinnvoll<br />

in der Therapie genutzt werden.<br />

Ich bin gespannt, wie sich<br />

das erste LABA24 in der täglichen<br />

Praxis bewährt“, resümierte<br />

er.<br />

Eine Überlegenheit von<br />

Indacaterol gegenüber Placebo<br />

zeigen darüber hinaus auch<br />

die Daten der INDORSE-Studie<br />

(INdacaterol: Doubleblind<br />

One-yeaR Safety Evaluation),<br />

einer Verlängerungsstudie<br />

der INHANCE-Studie.<br />

An 414 Patienten konnte auch<br />

nach 52 Wochen die signifikante,<br />

klinisch relevante Verbesserung<br />

des Trough-FEV 1 -<br />

Wertes nachgewiesen werden,<br />

trotz Reduktion der Bedarfsmedikation.<br />

<strong>Die</strong> Exazerbationsrate<br />

war nach einem Jahr<br />

unter Indacaterol gegenüber<br />

Placebo signifikant reduziert<br />

(3).<br />

24 Stunden anhaltende<br />

Verbesserung des<br />

bronchodilatatorischen Effekts<br />

In der INLIGHT-2-Studie<br />

(INdacaterol: efficacy evaLuation<br />

usInG 150 micrograms<br />

doses witH COPD paTients-2)<br />

mit 998 Patienten wurde Indacaterol<br />

150 µg einmal täglich<br />

mit Salmeterol 50 µg zweimal<br />

täglich verglichen. Indacate rol<br />

verbessert den bronchodilatatorischen<br />

Effekt über 24 Stunden<br />

und auch der allgemeine<br />

Gesundheitsstatus ist, gemessen<br />

mit dem SGRQ-Gesamt -<br />

score, signifikant besser als<br />

unter Salmeterol. Durch Indacaterol<br />

ergaben sich dabei signifikant<br />

mehr Tage ohne Notfallmedikation<br />

über 26 Wochen:<br />

60 % mit Indacaterol<br />

gegenüber 42 % mit Placebo<br />

(p < 0,001) und 55 % mit<br />

Salmeterol (p < 0,05). <strong>Die</strong><br />

Lebensqualität wurde anhand<br />

des SGRQ (in Woche 12) festgehalten<br />

und durch Indacate -<br />

rol um klinisch signifikante<br />

6,2 Punkte versus Placebo<br />

(p < 0,001) bzw. 2,1 Punkte<br />

versus Salmeterol (p < 0,05)<br />

verbessert (5). „Mit Indacate -<br />

rol wird eine ultralange Wirkdauer<br />

mit einem schnellen<br />

Wirkeintritt von nur fünf<br />

Minuten und einer gegenüber<br />

bisherigen Substanzen stärkeren<br />

Wirkung vereint“, sagt Dr.<br />

Lothar Färber, Chief Scientific<br />

Officer der Novartis Pharma<br />

GmbH. „Wir sehen daher<br />

klare Vorteile <strong>für</strong> Patienten<br />

durch eine Behandlung mit<br />

Indacaterol.“<br />

Neben dem FEV 1 kann<br />

durch die Behandlung mit<br />

Indacaterol auch die inspiratorische<br />

Kapazität verbessert<br />

werden. <strong>Die</strong> auf dem DGP<br />

vorgestellten Ergebnisse der<br />

INTEGRAL-Studie (INdacaterol:<br />

Twenty four hours Efficacy<br />

duration usinG salmete-<br />

Rol as Active controL)<br />

machen deutlich, dass Indacaterol<br />

hinsichtlich der inspiratorischen<br />

Kapazität nach<br />

einer 14-tägigen Behandlung<br />

sowohl Placebo als auch Salmeterol<br />

überlegen ist. <strong>Die</strong><br />

INTEGRAL-Studie ist eine<br />

Cross-over-Studie mit drei<br />

Behandlungsperioden mit<br />

Aktuelles AUS DER INDUSTRIE<br />

Indacaterol (Onbrez ® Breezhaler ® ), der erste langwirksame Beta2-Rezeptoragonist mit einer Wirkdauer von 24 Stunden (LABA24),<br />

ist mindestens so effektiv wie der bisherige Goldstandard Spiriva ® (Tiotropium) (1). <strong>Die</strong>s zeigen neue Studienergebnisse, die auf<br />

dem diesjährigen DGP-Kongress vorgestellt wurden.<br />

Indacaterol und sowohl Placebo<br />

als auch „Open-Label“ Salmeterol<br />

als Vergleichssubstanz<br />

(2). Im Vorfeld bestätigten<br />

Beier et al. anhand einer Single-Dose-Open-Label-Studie<br />

eine signifikante Verbesserung<br />

der inspiratorischen Kapazität,<br />

die der von Formoterol<br />

überlegen war (p < 0,05) (6).<br />

Langzeitsicherheitsdaten<br />

bestätigen gute<br />

Verträglichkeit von Indacaterol<br />

<strong>Die</strong> Daten zu sowohl 150 µg<br />

als auch 300 µg Indacaterol<br />

zeigen insgesamt ein gutes<br />

Sicherheits- und Verträglichkeitsprofil.<br />

Auch nach einem<br />

Jahr befindet sich das Nebenwirkungsprofil<br />

auf Placebo-<br />

Niveau. <strong>Die</strong> Daten der<br />

INDORSE-Studie bestätigen<br />

auch nach 52 Wochen Indacaterol<br />

eine gute Sicherheit<br />

und Verträglichkeit. Es zeigten<br />

sich keine klinisch bedeutenden<br />

kardiovaskulären Effekte.<br />

Bei einem kleinen Patientenkollektiv<br />

kam es zu einem postinhalativen<br />

Husten, der nur<br />

kurz anhielt und keine Auswirkungen<br />

auf die Effektivität<br />

oder Therapietreue hatte (3).<br />

Literatur:<br />

(1) Vogelmeier et al. Chest 2009;<br />

136:4S-5S<br />

(2) LaForce et al. Chest 2009;<br />

136:94S<br />

(3) Rennard et al. Chest 2009;<br />

136:95S<br />

(4) Tashkin et al. Journal of Chronic<br />

Obstructive Pulmonary<br />

Disease 2009; 6:17-25<br />

(5) Kornmann et al. Chest 2009;<br />

136:152S<br />

(6) Beier et al. Pulm Pharmacol<br />

Ther. 2009; 22(6):492-6<br />

Quelle: Novartis-Satelliten-Sym -<br />

posiums „COPD Therapie 2.0“ im<br />

Rahmen des <strong>51</strong>. Kongresses der<br />

Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Pneumologie<br />

und Beatmungsmedizin e.<br />

V. (DGP), Hannover, 18. März<br />

2010<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 21


Sonderbericht<br />

EINE INTERDISZIPLINÄRE DISKUSSION:<br />

Exponierte Studienendpunkte<br />

beim Alpha-1-Antitrypsin-Mangel<br />

ROLAND BUHL1 , THOMAS KÖHNLEIN2 , JULIA LEY-ZAPOROZHAN3 ,<br />

GRATIANA STEINKAMP4 , KARL WEGSCHEIDER5 <strong>Die</strong> Wahl geeigneter Studienendpunkte spielt eine zentrale Rolle bei der<br />

Planung klinischer Prüfungen. In einer interdisziplinären Diskussion<br />

zwischen Experten aus Pneumologie, Radiologie und Biometrie wurden<br />

Möglichkeiten und Schwierigkeiten erörtert, wie die Wirksamkeit von Me -<br />

dikamenten speziell bei seltenen Lungenerkrankungen wie dem Alpha-1-<br />

Antitrypsin-Mangel nachgewiesen werden kann.<br />

Endpunkte bei den COPD-Studien<br />

TORCH und UPLIFT<br />

In den placebokontrollierten, doppelblinden<br />

TORCH- und UPLIFT-<br />

Studien wurden 6000 bzw. 8000<br />

COPD-Patienten über drei bzw.<br />

vier Jahre untersucht. Gegenüber<br />

Placebo geprüft wurden die<br />

Behandlung mit Tiotropium in der<br />

UPLIFT-Studie bzw. die Therapie<br />

mit Salmeterol, Fluticason oder der<br />

Kombination beider Substanzen in<br />

der TORCH-Studie. Endpunkte<br />

waren die jährliche Änderung der<br />

FEV1 und die Gesamtmortalität.<br />

Selbst mit dieser großen Zahl<br />

von Studienteilnehmern war es<br />

schwierig, statistisch signifikante<br />

Vorteile der Therapiegruppen im<br />

Vergleich zu Placebo nachzuweisen.<br />

Jährliche Änderungen von 50<br />

bis 100 ml FEV1 sind an der Grenze<br />

dessen, was zuverlässig gemessen<br />

werden kann. Für die Auswertung<br />

der Mortalität in der TORCH-Studie<br />

wurde eigens eine Kommission<br />

geschaffen, um sicher zu gehen,<br />

dass der Patient „an“ und nicht<br />

„mit“ COPD verstorben ist. Tatsächlich<br />

waren nach Ansicht der<br />

Experten nur 40 % der insgesamt<br />

911 Todesfälle sicher oder wahrscheinlich<br />

auf die COPD zurückzuführen.<br />

Interpretation nicht signifikanter<br />

p-Werte<br />

<strong>Die</strong> Ergebnisse dieser Studien lösten<br />

zahlreiche Diskussionen aus. Im<br />

Editorial zur TORCH-Studie heißt<br />

es sinngemäß, die Studie habe ihr<br />

Ziel verfehlt, weil der p-Wert <strong>für</strong><br />

die Mortalität nicht bei 0,050, sondern<br />

bei 0,052 gelegen hat. Jede<br />

klinische Studie sei ein Glücksspiel,<br />

und im Fall von TORCH hätte man<br />

Pech gehabt und dieses Spiel nicht<br />

gewonnen.<br />

<strong>Die</strong>se Bewertung zeugt von<br />

einem mangelnden Verständnis der<br />

Bedeutung der statistischen Signifikanz.<br />

Der p-Wert ist ein Maß <strong>für</strong> die<br />

Sicherheit, mit der man die gefundenen<br />

Effekte glauben kann. Ob<br />

diese Sicherheit sich in p-Werten<br />

von 0,050 oder 0,052 ausdrückt,<br />

spielt <strong>für</strong> die Interpretation der<br />

Ergebnisse keine Rolle. Wie Austin<br />

Hill 1965 zum Umgang mit „negativen“<br />

Studien schrieb, ist alle Wissenschaft<br />

zwangsläufig unvollständig<br />

und vorläufig. Forscher seien<br />

grundsätzlich verpflichtet, das vorhandene<br />

Wissen nutzen, selbst<br />

wenn es mit einer gewissen Unsicherheit<br />

behaftet ist.<br />

FEV1 als Studienendpunkt beim<br />

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel<br />

In Analogie zur COPD war auch in<br />

den meisten Studien zum Alpha-1-<br />

Antitrypsin (AAT)-Mangel die<br />

FEV1 der primäre Endpunkt. Auswertungen<br />

von Patientendaten aus<br />

Deutschland, Dänemark, Holland<br />

und aus den USA ergaben einen<br />

geringeren jährlichen Verlust an<br />

FEV1 , wenn mit AAT substituiert<br />

wurde. Insbesondere mittelgradig<br />

erkrankte Patienten mit einer Ausgangs-FEV1<br />

von 31–65 % des Solls<br />

profitierten von der Therapie.<br />

Allerdings handelt es sich teilweise<br />

um Auswertungen von Patienten -<br />

registern oder um Studien mit<br />

einem Design, das heutigen Anforderungen<br />

nicht mehr standhält.<br />

Nach den Erfahrungen aus den<br />

beiden großen COPD-Studien<br />

publizierte die FDA neue Richt -<br />

linien zur Entwicklung von Medikamenten<br />

bei chronisch obstruktiven<br />

Lungenerkrankungen. Erstmals<br />

werden bildgebende Verfahren<br />

wie die Lungendichte-Messung<br />

im HRCT als akzeptabel angesehen,<br />

speziell <strong>für</strong> Patienten mit<br />

AAT-Mangel.<br />

Thorakale Computertomographie<br />

und Lungendichtemessung<br />

(Densitometrie)<br />

<strong>Die</strong> hochauflösende thorakale<br />

Com putertomographie gewinnt in<br />

der Diagnostik obstruktiver Lungenerkrankungen<br />

zunehmend an<br />

Bedeutung. Durch Aufnahmen in<br />

In- und Exspiration lassen sich Be -<br />

reiche mit Air trapping besonders<br />

gut identifizieren.<br />

Mit spezieller Software kann die<br />

Dichte des Lungengewebes automatisch<br />

gemessen werden. Für<br />

jedes einzelne vom CT aufgezeichnete<br />

volumetrische Pixel (Voxel)<br />

wird die Dichte bestimmt und in<br />

Hounsfield Einheiten (HU) ausgedrückt.<br />

Luft entspricht –1000 und<br />

Wasser 0 Hounsfield Einheiten. In<br />

emphysematösen Bezirken ist die<br />

Lungendichte geringer als –950 HU.<br />

Am häufigsten wird zur Dichtemessung<br />

der Emphysem-Index<br />

bestimmt. Er gibt den prozentualen<br />

Anteil der Volumeneinheiten<br />

(Voxel) an, die annähernd der<br />

Dichte von Luft entsprechen, mit<br />

Grenzwerten von –910 oder –950<br />

HU. <strong>Die</strong> zweite Möglichkeit be -<br />

22 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010


Abb.: EXACTLE-Studie: Ergebnisse der Lungendichte-Messung mit (gelb) und ohne (weiß)<br />

AAT-Substitution (Prolastin®) nach 12–30 Monaten Therapie.<br />

steht darin, die Häufigkeitsverteilung<br />

der gemessenen Voxelwerte in<br />

einem Histogramm zu analysieren.<br />

Dann beschreibt die 15. Perzentile<br />

den Wert, den 15 % aller Voxel<br />

unterschreiten. Beim Em physem ist<br />

die 15. Perzentile in Richtung –<br />

1000 Hounsfield Einheiten (Luft)<br />

verschoben.<br />

Lungendichtemessung beim<br />

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel<br />

Bereits 1999 publizierte die<br />

Arbeitsgruppe um Dirksen Studiendaten<br />

zur Lungendichtemessung<br />

beim AAT-Mangel. Verglichen<br />

wurde der Verlauf der Lungendichte<br />

mit und ohne AAT-Substitutionstherapie.<br />

Mit der 15. Perzentile<br />

als Endpunkt ergab sich ein<br />

etwas geringerer Verlust der Lungendichte<br />

bei den substituierten<br />

Patienten im Vergleich zu Placebo<br />

(p = 0,07), allerdings waren die<br />

Patientenzahl und damit die statistische<br />

Power zu gering, um ein eindeutiges<br />

Ergebnis zu liefern.<br />

EXACTLE-Studie<br />

Der Nutzen der Densitometrie als<br />

Studienendpunkt wurde in der<br />

aktuellen EXACTLE-Studie systematisch<br />

untersucht. 77 Patienten<br />

mit schwerem AAT-Mangel erhielten<br />

über die Studiendauer mehrere<br />

thorakale CT-Untersuchungen,<br />

und zwar zu Beginn, nach 12, nach<br />

24 und zum Teil auch nach 30<br />

Monaten. Mit dieser Bildgebung<br />

wurde die Progression des Emphysems<br />

quantifiziert. <strong>Die</strong> Hälfte der<br />

Patienten wurde mit AAT behandelt,<br />

die andere Hälfte erhielt Plazebo.<br />

Der densitometrische Zielparameter<br />

15. Perzentile zeigte zwar in<br />

beiden Behandlungsgruppen einen<br />

Verlust an Lungengewebe, unter<br />

AAT war der Abfall jedoch geringer<br />

als unter Placebo. Somit er -<br />

brachte die Densitometrie einen<br />

klaren Hinweis <strong>für</strong> die Wirkung der<br />

AAT-Therapie. Auffällig war auch,<br />

dass die Unterschiede zwischen Placebo<br />

und Verum mit zunehmender<br />

Behandlungsdauer größer wurden<br />

(Abb.).<br />

Densitometrie als Endpunkt<br />

<strong>Die</strong> Densitometrie erfüllt viele Kriterien<br />

der Endpunktwahl: Sie ist<br />

spezifisch, interpretierbar, sensitiv<br />

und robust. Seit die FDA Surrogat-<br />

Parameter wie die Bildgebung als<br />

validen Endpunkt betrachtet, ist<br />

die Densitometrie auch als zulassungsrelevant<br />

anzusehen.<br />

Der in der EXACTLE-Studie<br />

beobachtete Vorteil durch die AAT-<br />

Behandlung hinsichtlich der Be -<br />

einflussung der Abnahme der Lungendichte<br />

und damit der Emphysemprogression<br />

ist als klinisch<br />

relevanter Effekt zu bewerten, und<br />

er liegt zusätzlich außerhalb des<br />

Zufallsbereichs.<br />

Spezielle Herausforderungen bei<br />

seltenen Erkrankungen<br />

Bei seltenen Erkrankungen wie<br />

dem AAT-Mangel sind Planung<br />

und Durchführung klinischer Prü-<br />

fungen komplizierter als bei häufigen<br />

Krankheiten wie der COPD. Es<br />

gibt insgesamt nur wenige Patienten,<br />

die <strong>für</strong> Studien infrage kommen.<br />

<strong>Die</strong>s liegt auch daran, dass die<br />

Rate nicht diagnostizierter Betroffener<br />

mit rund 90 % sehr hoch ist.<br />

Bei seltenen Erkrankungen kann<br />

die Auswertung des natürlichen<br />

Verlaufs aus Registern besonders<br />

wichtig werden, sofern die Datenqualität<br />

gut genug ist.<br />

Ausblick<br />

Zum Nachweis der Wirksamkeit<br />

der AAT-Substitution wird es keine<br />

große, placebokontrollierte Studie<br />

mit dem primären Endpunkt FEV1 geben. <strong>Die</strong> Progression des Lun -<br />

gen emphysems kann mit der CT-<br />

Densitometrie erfasst werden. In<br />

der EXACTLE-Studie reduzierte<br />

die Substitution mit AAT den densitometrisch<br />

gemessenen Verlust an<br />

Lungenparenchym. Für die zukünftige<br />

Entwicklung bestmöglicher<br />

Studienendpunkte ist eine interdisziplinäre<br />

Zusammenarbeit erforderlich.<br />

1 III. Medizinische Klinik, Schwerpunkt<br />

Pneumologie, Universitätsklinikum Mainz<br />

2 Klinik <strong>für</strong> Pneumologie, Medizinische<br />

Hochschule Hannover<br />

3 Pädiatrische Radiologie, Universitätsklinikum<br />

Heidelberg<br />

4 Medizinisch-wissenschaftliches<br />

Publizieren, Schwerin<br />

5 Institut <strong>für</strong> Medizinische Biometrie und<br />

Epidemiologie, Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf<br />

Quelle: Symposium der Talecris Biotherapeutics<br />

GmbH „Exponierte Studienendpunkte<br />

beim Alpha-1-Antitrypsin-Mangel: Eine interdisziplinäre<br />

Diskussion“ im Rahmen des <strong>51</strong>.<br />

Kongresses der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong><br />

Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V.<br />

(DGP), Hannover, 17. März 2010<br />

<strong>MedReview</strong> 04 ·2010 23


Aktuelles AUS DER INDUSTRIE<br />

Aktualisierte Leitlinien <strong>für</strong> pulmonal (arterielle) Hypertonie:<br />

Zielorientierte PAH-Therapie<br />

Seit 2009 gelten die neuen Leitlinien <strong>für</strong> die Diagnostik und Behandlung der pulmonalen Hypertonie (1, 2). Entwickelt wurden<br />

die evidenzbasierten Empfehlungen von der European Society of Cardiology (ESC) und der European Respiratory Society (ERS).<br />

Neben Änderungen an der Klassifikation und der Definition der PAH ist die wichtigste Forderung der Experten die nach einem<br />

zielorientierten Behandlungsansatz („Treat to Target“). So muss das Therapieziel <strong>für</strong> Patienten im Krankheitsstadium NYHA-Klasse<br />

III die Verbesserung in NYHA-Klasse II mit anschließender Stabilisierung sein. Kann dieses Ziel mit der Monotherapie nicht<br />

erreicht werden, sollten mehrere Wirkstoffe kombiniert werden.<br />

Der orale duale Endothelin-<br />

Rezeptor-Antagonist (ERA)<br />

Bosentan (Tracleer ® ) erhielt in<br />

den neuen Leitlinien den<br />

höchsten Empfehlungsgrad<br />

(1-A) zur Behandlung der pulmonal<br />

arteriellen Hypertonie<br />

(PAH) in den NYHA-Klassen<br />

II und III. Bosentan ist das am<br />

längsten zugelassene orale<br />

PAH-Medikament, das in<br />

einer Reihe klinischer Studien<br />

untersucht wurde. „Bosentan<br />

wurde bei PAH in vier randomisierten,placebokontrollierten<br />

Studien evaluiert. Dabei<br />

waren zwei dieser Studien so<br />

konzipiert, dass die Wirkung<br />

von Bosentan auch bei sehr<br />

speziellen Patientengruppen<br />

untersucht werden konnte: So<br />

wurden in die EARLY-Studie<br />

ausschließlich Patienten der<br />

NYHA-Klasse II aufgenommen<br />

und <strong>für</strong> die BREATHE-<br />

5-Studie Patienten mit Eisenmenger-Syndrom<br />

rekrutiert.<br />

Im Ergebnis zeigte das<br />

Bosentan-Studienprogramm je<br />

nach gewähltem Studienendpunkt<br />

eine signifikante Verbesserung<br />

der Belastungskapazität,<br />

der funktionellen<br />

Klasse, der Hämodynamik<br />

und der echokardiographischen<br />

Befunde. Außerdem<br />

konnte unter Bosentan-Therapie<br />

der Zeitraum bis zur klinischen<br />

Verschlechterung signifikant<br />

verlängert werden“,<br />

heißt es in den Leitlinien.<br />

Med NEWS<br />

Bosentan erfüllt<br />

Anforderungen an das<br />

Treat-to-Target-Konzept<br />

2010 – Year of the Lung<br />

Das Jahr 2010 ist vom Forum internationaler<br />

Lungengesellschaften (Forum of<br />

International Respiratory Societies –<br />

FIRS) zum „Year of the Lung“ ausgerufen<br />

worden. Das „Year of the lung“ soll die<br />

Bedeutung der Lungenkrankheiten stärker<br />

in den Fokus der Öffentlichkeit rücken.<br />

Hunderte Millionen von Menschen leiden<br />

unter Lungenkrankheiten wie Asthma,<br />

COPD, Lungenkrebs, Pneumonie,<br />

Auf der Grundlage des<br />

Bosentan-Studienprogramms<br />

konn ten sich die Autoren der<br />

Leitlinien überzeugen, dass<br />

Bosentan die Anforderungen<br />

an das Treat-to-Target-Kon -<br />

zept erfüllt. So verbesserten<br />

sich in der Zulassungsstudie<br />

BREATHE-1 (3) über 40 %<br />

der Patienten nach einer 16wöchigen<br />

Bosentan-Therapie<br />

von NYHA-Klasse III in<br />

NYHA-Klasse II. In der nur<br />

Patienten der NYHA-Klasse II<br />

einschließenden EARLY-Studie<br />

(4) zeigte sich nach sechsmonatiger<br />

Bosentan-Therapie<br />

bei 97 % der Patienten eine<br />

Beibehaltung oder Verbesserung<br />

der Funktionsklasse.<br />

Darüber hinaus wurde das<br />

Kombinationsverhalten von<br />

Bosentan mit anderen PAH-<br />

Medikamenten umfassend in<br />

Studien getestet, was dem<br />

erhöhten Stellenwert der<br />

Kombinationstherapie in den<br />

Leitlinien Rechnung trägt.<br />

Aktuell wird zurzeit im COM-<br />

PASS-Studienprogramm mit<br />

den Studien COMPASS 1, 2 und<br />

3 die Kombination von Bosen -<br />

tan mit dem PDE5-Hemmer<br />

Sildenafil bezüglich verschiedener<br />

Endpunkte evaluiert.<br />

<strong>Die</strong> Studie COMPASS 1 (5)<br />

untersucht die Veränderung<br />

des Gefäßwiderstands bei PAH-<br />

Patienten, die eine Bosentan-<br />

Therapie mit zusätzlicher<br />

Gabe von Sildenafil erhielten.<br />

COMPASS 2 und 3 evaluieren<br />

zum einen die Effekte der Kombination<br />

von Sildenafil und<br />

Bosentan versus Sildenafil-<br />

Monotherapie im Hinblick<br />

auf Morbidität und Mortali -<br />

tät, zum anderen die Verbesse -<br />

rung der Leistungs fähigkeit.<br />

Tab.: Einige der wichtigsten Therapieziele nach ESC/ERS-<br />

Leitlinien.<br />

• Verbesserung der NYHA-Klasse → NYHA I, II und Stabilisierung<br />

• Zunahme der 6-Minuten-Gehstrecke auf > 500 Meter<br />

(altersabhängig)<br />

• Normalisierung folgender hämodynamischer Parameter:<br />

Rechts-artrialer Druck (RAP) und Herzindex (CI)<br />

• Besserung bzw. Stabilisierung der laborchemischen und<br />

echokardiographischen Befunde, speziell der TAPSE und des<br />

Perikardergusses<br />

Influenza und Tuberkulose. Mehr als 10<br />

Millionen sterben jährlich daran. <strong>Die</strong><br />

Lungenkrankheiten verursachen weltweit<br />

19 % aller Todesfälle und 15 % der vorzeitigen<br />

Berentungen (Disability-adjusted<br />

life years). <strong>Die</strong> Öffentlichkeitskampagne<br />

soll um Unterstützung im Kampf gegen die<br />

Lungenkrankheiten werben und die Prävention,<br />

Diagnostik, Therapie und Forschung<br />

auf diesem Gebiet voran treiben.<br />

Frühe Diagnose und Behand -<br />

lungsziele sind das A und O<br />

<strong>Die</strong> Voraussetzung <strong>für</strong> den<br />

größtmöglichen Patientennutzen<br />

sind zum einen die frühestmögliche<br />

Diagnose der<br />

Patienten und eine rationale<br />

Therapie mit Wirkstoffen, die<br />

die „Treat-to-Target-Anforde -<br />

rungen“ erfüllen, so dass sich<br />

klar formulierte Behandlungsziele<br />

erreichen lassen. Laut<br />

Leitlinien sollte der klinische<br />

Status der Patienten alle drei<br />

bis sechs Monate reevaluiert<br />

werden. Das ermöglicht es<br />

Arzt und Patient, die Therapie<br />

jederzeit zu optimieren, so die<br />

Experten.<br />

Literatur:<br />

(1) Galiè N et al. Eur Heart J<br />

2009; 30:2493-2537<br />

(2) Galiè N et al. Eur Respir J<br />

2009; 34:1219-1263<br />

(3) Rubin LJ et al. NEJM 2002;<br />

346:896-903<br />

(4) Galiè N et al. The Lancet<br />

2008; 371:2093-2100<br />

(5) Grünig E et al. J Clin Pharmacol<br />

2009; 49:1343-52<br />

Quelle: Actelion-Satelliten-Sym -<br />

posium „Pulmonal arterielle Hy -<br />

pertonie und darüber hinaus – das<br />

Therapieziel zählt“ im Rahmen<br />

des <strong>51</strong>. Kongresses der Deutschen<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Pneumologie und<br />

Beatmungsmedizin e. V. (DGP),<br />

Hannover, 18. März 2010<br />

<strong>Die</strong>se globalen Ziele sind identisch mit<br />

denen der DGP und das Jahr 2010, in<br />

dem die DGP ihren 100. Geburtstag<br />

feiert, eignet sich hervorragend, um diese<br />

Forderungen in die Öffentlichkeit, die<br />

Politik und die Wissenschaft zu tragen.<br />

Quelle: Prof. Michael Pfeifer, Geschäftsführer<br />

der DGP<br />

24 <strong>MedReview</strong> 04 ·2010

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!