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6. Jahrgang September 2011 - Spix eV

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mittelbar nach dem Abtransport aus Bedburg-Hau<br />

ermordet worden. …<br />

„Meine Eltern waren damals hier im Pflegedienst tätig.<br />

Sie haben mir erzählt, dass die Klinik von heute auf<br />

morgen fast leer war, “ so der Sohn von Augenzeugen,<br />

der heute als Pfleger in Bedburg arbeitet. Ein<br />

anderer Zeitzeuge, jetzt im Ruhestand, berichtet, man<br />

habe wohl gewusst, was mit den abtransportierten<br />

Menschen passieren würde. Man sei jedoch entlastet<br />

und sogar stolz darauf gewesen sagen zu können:<br />

„Bei uns ist keiner ermordet worden, hier in Bedburg<br />

ist keiner umgekommen“. (Bedburger Rundschau, Mai<br />

1993, S. 44-60).<br />

Jan überlebt<br />

Warum hat Jan überlebt? Die Eintragungen in den<br />

Jahren 1940 – 45 zeigen, dass er einmal wegen zunehmender<br />

Wahnhaftigkeit nicht mehr in der Schlosserei,<br />

sondern nur noch in der Kolonne einsetzbar<br />

war, sich ein anderes Mal sogar aufbrausend gegen<br />

Pfleger verhielt und deswegen zur sogenannten Bettbehandlung<br />

gezwungen wurde, dem ununterbrochenen<br />

Verweilen im Bett. Damit war sein Leben in Gefahr.<br />

Er erholte sich jedoch nach kurzer Zeit und<br />

konnte wieder in der Schlosserei arbeiten, wo er besonders<br />

qualifizierte Arbeiten verrichtete: „fleißiger<br />

Arbeiter, hilft dem Heizungsmonteur. Geht alleine zur<br />

Arbeit“ (Abb. 14). Er überlebte, weil er für den Klinikbetrieb<br />

gebraucht wurde.<br />

Nach dem Krieg ist die Versorgungslage für alle miserabel,<br />

viele Menschen hungern. Jan erkrankt im April<br />

1946 akut an Tuberkulose mit starkem Bluthusten.<br />

Allein am 17. Mai verliert er dadurch 1 Liter Blut und<br />

gerät in einen lebensbedrohlichen Zustand. Unter intravenöser<br />

Behandlung mit den damals neu entwickelten<br />

antibiotischen Medikamenten erholt er sich<br />

allmählich. Einige Monate später ist er wieder gesund,<br />

unter anderem erkennbar an der Normalisierung seiner<br />

Gewichtskurve (Abb.15).<br />

Anfang der 50er Jahre geht die Verantwortung für<br />

Psychiatriepatienten von der Gemeinde auf den Landkreis<br />

über. Die Kreisbehörden entscheiden auch, ob<br />

und wieviel Taschengeld zur Verfügung gestellt wird.<br />

Jan bekommt 1953 erstmals ein monatliches Taschengeld<br />

von 10 DM bewilligt (Abb. 16). Ein Jahr<br />

später wird die Zuständigkeit der neuen überregionalen<br />

Behörde „Landschaftsverband Rheinland“ übertragen.<br />

Diese Reform bedeutet für Jan, dass er nur noch<br />

8 DM monatlich erhält.<br />

<strong>Spix</strong>-Info 53

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