Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes Jänner 2009 • Jahrgang 61 ...
Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes Jänner 2009 • Jahrgang 61 ...
Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes Jänner 2009 • Jahrgang 61 ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Fachartikel<br />
Jäger und<br />
Disziplinarrecht<br />
Wildern hat (wilde) Folgen<br />
Dr. Hermann Tscharre<br />
Disziplinaranwalt<br />
Der Zeitgeist hat das<br />
Wildern entdeckt<br />
Es rückt damit einmal mehr in den Blickpunkt<br />
der Öffentlichkeit. Wilderermuseum,<br />
Wildererausstellung, Wilderersendungen im<br />
ORF und ein wieder entflammter Wildererkult<br />
bezeugen dies. Dazu beispielsweise das<br />
<strong>Tiroler</strong> Lan<strong>des</strong>museum-Ferdinandeum zur<br />
derzeit dort laufenden Wildererausstellung<br />
(Zitat): „In der aktuellen Ausstellung wird<br />
versucht, dieses auch heute noch brisante<br />
Thema, das viele Menschen im Land bewegt,<br />
aufzugreifen. Das Wildern wird dabei in seiner<br />
kontroversiellen Bedeutung beleuchtet<br />
und aufgearbeitet. Von der Legendenbildung<br />
bis zur lustvollen Gesetzesüberschreitung<br />
und bis hin zu Machtdemonstrationen reicht<br />
die Palette der präsentierten Geschichte.“<br />
Wildern romantisch verklärt – und die<br />
Folgen? Gewildert wird heute nach wie vor,<br />
nur zum Teil kommt es ans Tageslicht, die<br />
Dunkelziffer ist bedeutend. Es scheint mir<br />
daher geboten, die juristischen Folgen <strong>des</strong><br />
Wilderns in Erinnerung zu rufen.<br />
Folgen nach dem Österreichischen<br />
Strafgesetz<br />
Der Wilderer kommt zunächst mit dem Österreichischen<br />
Strafgesetz in Konflikt. Im<br />
nachstehenden werden die einschlägigen<br />
Paragraphen <strong>des</strong> Strafgesetzbuches (StGB)<br />
in der derzeit gültigen Fassung zitiert.<br />
(Dabei erfasst der Gesetzgeber sowohl<br />
Eingriffe in das fremde Jagdrecht als auch<br />
in das fremde Fischereirecht. Für unsere<br />
Betrachtung steht naturgemäß der Eingriff<br />
in das fremde Jagdrecht im Vordergrund.)<br />
Eingriff in frem<strong>des</strong> Jagd- und Fischereirecht:<br />
§ 137. Wer unter Verletzung fremden<br />
Jagd- oder Fischereirechts dem Wild nachstellt,<br />
fischt, Wild oder Fische tötet, verletzt<br />
oder sich oder einem Dritten zueignet oder<br />
sonst eine Sache, die dem Jagd- oder Fischereirecht<br />
eines anderen unterliegt, zerstört,<br />
beschädigt oder sich oder einem Dritten<br />
zueignet, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs<br />
Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen<br />
zu bestrafen.<br />
Wer den Gesetzestext genau liest, stellt<br />
fest, dass nicht nur das „klassische Wildern“,<br />
nämlich das Erlegen von Wild in<br />
einem fremden Revier von Strafe bedroht<br />
ist, sondern dass die Strafandrohung viel<br />
weiter reicht. Strafbar ist es zum Beispiel<br />
auch, dem Wild nachzustellen; weiters sind<br />
strafbar das Zerstören, Beschädigen oder<br />
sich Zueignen anderer Sachen als Wild, die<br />
dem Jagdberechtigten zustehen, wie Fallwild<br />
(Straßenverkehr!) oder Abwurfstangen<br />
oder Eier <strong>des</strong> jagdbaren Federwil<strong>des</strong>.<br />
Schwerer Eingriff in frem<strong>des</strong> Jagd- oder<br />
Fischereirecht: § 138. Mit Freiheitsstrafe bis<br />
zu drei Jahren ist zu bestrafen, wer die Tat<br />
1. an Wild, an Fischen oder an anderen<br />
dem fremden Jagd- oder Fischereirecht<br />
unterliegenden Sachen in einem 3 000 Euro<br />
übersteigenden Wert,<br />
2. in der Schonzeit oder unter Anwendung<br />
von Eisen, von Giftködern, einer elektrischen<br />
Fanganlage, eines Sprengstoffs, in<br />
einer den Wild- oder Fischbestand gefährdenden<br />
Weise oder an Wild unter Anwendung<br />
von Schlingen,<br />
3. in Begleitung eines Beteiligten (§ 12) begeht<br />
und dabei entweder selbst eine Schußwaffe<br />
bei sich führt oder weiß, daß der Beteiligte<br />
eine Schußwaffe bei sich führt oder<br />
4. gewerbsmäßig begeht.<br />
Diese Gesetzesbestimmung bezieht sich auf<br />
besonders qualifizierte (schwerwiegende)<br />
Eingriffe in ein frem<strong>des</strong> Jagd- oder Fischereirecht,<br />
was sich im erhöhten Strafrahmen<br />
ausdrückt. Die nächste Strafbestimmung<br />
regelt einen Sonderfall <strong>des</strong> Wilderns:<br />
Verfolgungsvoraussetzung: § 139. Begeht<br />
der Täter den Eingriff in frem<strong>des</strong> Jagdrecht<br />
an einem Ort, wo er die Jagd, oder den Eingriff<br />
in frem<strong>des</strong> Fischereirecht an einem Ort,<br />
wo er die Fischerei in beschränktem Umfang<br />
ausüben darf, so ist er wegen der nach den<br />
§§ 137 und 138 strafbaren Handlungen nur<br />
mit Ermächtigung <strong>des</strong> Jagd- oder Fischereiberechtigten<br />
zu verfolgen.<br />
Diese Bestimmung bedarf einer Erläuterung:<br />
Im Allgemeinen ist der Eingriff in<br />
ein frem<strong>des</strong> Jagdrecht ein sogenanntes „Offizialdelikt“,<br />
das heißt, es wird von Amtswegen<br />
durch die staatlich berufenen Organe<br />
verfolgt, sobald sie hiervon Kenntnis<br />
erlangen. Nach Kenntnisnahme beginnt die<br />
Strafverfolgung, ohne dass etwa derjenige,<br />
14 Jagd in TiRol 01/<strong>2009</strong>