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HÖRSPIELE - WDR.de

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Vertraute erscheinen, <strong>de</strong>r längst Vergessene ist immer<br />

noch da. Wünsche und Fiktionen heben Einsamkeiten<br />

auf und reale Anwesenheit kann zugleich die größte<br />

Entfernung be<strong>de</strong>uten.<br />

Jürgen Becker, geboren 1932 in Köln, war u. a. Lektor im<br />

Rowohlt Verlag und Leiter <strong>de</strong>s Suhrkamp-Theater-Verlags.<br />

1975-93 leitete er die Hörspielabteilung <strong>de</strong>s Deutschlandfunks.<br />

Er schreibt Lyrik, Prosa und Hörspiele, wofür<br />

er mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet wur<strong>de</strong>.<br />

Am 10. Juli wird er 80 Jahre alt.<br />

Amore mio infinito<br />

Matteo, geboren am<br />

12. Juli 1972, ist<br />

von Aldo Nove<br />

Angestellter in einer<br />

aus <strong>de</strong>m Italienischen<br />

Firma für Kühltheken.<br />

von Steve J. Klimchak<br />

Über sein Leben hat er<br />

Bearbeitung und Regie:<br />

vier Sachen zu sagen:<br />

Fabian von Freier<br />

1. Chiara, 1982. Ein<br />

Produktion: wdr 2005/54’<br />

Mädchen, „wie es je<strong>de</strong>r<br />

21. Juli Sa 15:05 wdr 3<br />

Hügel sich als Sonne<br />

wünschte“.<br />

2. Maria, 1985, die<br />

wortlos seine Hän<strong>de</strong> hielt, als er von seiner sterben<strong>de</strong>n<br />

Mutter erzählte.<br />

3. Silvia, 1987. Der erste Kuss, im Kino, während draußen<br />

alles wartete, Menschen und Geschichten, Heimweg<br />

und Hausaufgaben „und all die Worte, die noch zu<br />

sagen waren. Und die Jahre, die noch fehlten.“<br />

4. die Frau hinter <strong>de</strong>r Burger-Theke, am Tag seiner letzten<br />

Examensprüfung. Die Liebe auf <strong>de</strong>n ersten Blick,<br />

<strong>de</strong>r er spontan sagte, dass die Mayo bei Burghy „viel<br />

besser sei und dass sie sehr run<strong>de</strong> Augen habe“.<br />

In und zwischen diesen Liebesgeschichten ist das ganze<br />

Leben. Alles davon.<br />

Und „bevor etwas, das zum Bersten mit Zustimmung<br />

angefüllt war, ganz leise zerplatzte, habe ich zu ihr<br />

gesagt, Amore mio infinito“.<br />

Aldo Nove, geboren 1967 in Varese, trat literarisch<br />

zunächst als einer <strong>de</strong>r „Kannibalen“ in Erscheinung, so<br />

benannt nach <strong>de</strong>r Anthologie „Gioventù Cannibale“. Sein<br />

letzter, autobiografischer Roman „La mia vita oscena“<br />

(2010) erzählt die Geschichte von „Amore mio infinito“<br />

als Biografie ihres Autors weiter.<br />

Ferdinand Kriwet 70<br />

Kriwets Prosadichtung<br />

ROTOR von 1961 ist die<br />

Rotoradio<br />

unaufhörliche Re<strong>de</strong><br />

von Ferdinand Kriwet eines namenlosen Ich.<br />

Regie: <strong>de</strong>r Autor<br />

Der Endlostext lässt<br />

Produktion: dkultur/wdr viele Lesarten zu.<br />

2012/ca. 40’<br />

Kriwet selbst hat sich<br />

an eine Auswahl und<br />

28. Juli Sa 15:05 wdr 3<br />

neue Zusammenfügung<br />

gewagt. Mit fünf<br />

jungen Schauspielern wer<strong>de</strong>n extrahierte Textteile<br />

rhythmisch überlagert, chorisch arrangiert o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

Re<strong>de</strong>fluss <strong>de</strong>monstrierend collagiert. Ein Annäherungsversuch<br />

an das eigene Erstlingswerk von vor<br />

50 Jahren. „Erinnerung übt sich ein, nicht um Gedächtnis<br />

aufzubauen, son<strong>de</strong>rn um <strong>de</strong>n Verlauf von Re<strong>de</strong>, ihre<br />

eigentümliche haltlose Dauer zu ermöglichen. Eine<br />

Erinnerung um <strong>de</strong>r puren Re<strong>de</strong>dimension willen.“<br />

(Notizen beim Lesen, Franz Mon 1961).<br />

Veit<br />

Ferdinand Kriwet, geboren am 3. August 1942 in<br />

Düsseldorf, ist Schriftsteller und international ausgezeichneter<br />

Mixed Media-Künstler. Seine Radioarbeiten<br />

wie „One Two Two“ o<strong>de</strong>r „Apollo America“ zählen zu <strong>de</strong>n<br />

Klassikern <strong>de</strong>s Neuen Hörspiels.<br />

von Thomas Harlan<br />

Regie: Bernhard Jugel<br />

Produktion: br 2011/55’<br />

4. August Sa 15:05 wdr 3<br />

„Ich bin <strong>de</strong>r Sohn<br />

meiner Eltern. Das ist<br />

eine Katastrophe. Die<br />

hat mich bestimmt.“<br />

Diese Aussage von<br />

Thomas Harlan, Sohn<br />

von Veit Harlan, <strong>de</strong>m<br />

Regisseur <strong>de</strong>s antisemitischen Films „Jud Süss“, fasst<br />

kurz und prägnant zusammen, was ihn sein Leben lang<br />

bewegte und quälte: unendliche Schuld und unendliche<br />

Scham. Bis zu seinem Tod hat Thomas Harlan immer<br />

aufs Neue versucht, sich dieses „seines Erbes“ zu<br />

entledigen, es analysierend abzustreifen. Dann aber,<br />

vier Tage ununterbrochen diktierend, sein letzter Brief,<br />

ein Brief an <strong>de</strong>n Vater: „Sage, Vater, sage nicht, es<br />

könne niemand die Verantwortung für die Taten eines<br />

Dritten übernehmen. Es kann.“ Thomas Harlans „Veit“<br />

ist ein Vermächtnis, das <strong>de</strong>n Finger tief in die <strong>de</strong>utsche<br />

Wun<strong>de</strong> legt. Es ist ein Klagegesang, aber auch Mitgefühl.<br />

Es ist das unermüdliche Pochen auf die Wahrheit,<br />

eine unbarmherzige Bilanz. Und am En<strong>de</strong> ein Geständnis:<br />

„Ich habe Dich geliebt. Lass mich Dein Sohn sein,<br />

Dein ältester, lass mich. Dein Sohn.“ Spät eingestan<strong>de</strong>n,<br />

nachgetragen ist diese Liebe. Liebe als Hoffnung: Denn<br />

sie allein verän<strong>de</strong>rt die Welt, zum Guten.<br />

Thomas Harlan, geboren 1929 in Berlin, starb im Oktober<br />

2010. Er war Schriftsteller und Regisseur. Seine Recherchen<br />

über die Massenmor<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Nationalsozialisten führten<br />

zu zahlreichen Strafverfahren gegen Kriegsverbrecher<br />

wdr hörspielprogramm 45

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