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magazin für intermodalen transport und logistik - Schiffahrt und ...

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Kein chemischer Fingerabdruck von Schiffen bei Gewässerverunreinigung<br />

Heiße Spuren auf dem Wasser?<br />

Die Situation ist jeder Hafen- oder<br />

Schleusenverwaltung bekannt: Im<br />

Hafen-/Schleusenbecken ziehen sich<br />

Ölschlieren oft über viele Meter an<br />

der Wasseroberfläche entlang. Ein<br />

unmittelbarer Verursacher dieser<br />

Gewässerverunreinigung, deren<br />

Beseitigung nicht unerhebliche<br />

Kosten auslösen kann, lässt sich<br />

indes häufig nicht feststellen.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> dieser Beweisnot<br />

glaubte mancher Kostenträger, aber<br />

auch manche Staatsanwaltschaft, die<br />

mit der Ermittlung betraut wurde,<br />

den ständig steigenden naturwissenschaft -<br />

lichen Fortschritt <strong>für</strong> eigene Zwecke nutzbar<br />

machen zu können: So wurden durch die<br />

Wasserschutzpolizei neben der Sicherstellung<br />

von Ölfilmproben Bilgenproben aller in der<br />

Nähe stillliegenden bzw. die Ölstelle zuvor<br />

passierenden Schiffe gezogen. Diese Proben<br />

wurden dann einem chemischen Untersu -<br />

chungs amt zur Verfügung gestellt, wo die<br />

jeweiligen Gasöl-Wassergemische eingehen -<br />

den gaschromatographischen Untersu -<br />

chungen unterzogen wurden. Ergab dann<br />

eine Schiffsprobe eine überwiegende Iden -<br />

tität der charakteristischen Inhaltsstoffe mit<br />

der Ölfilmprobe, schien der Übeltäter fest -<br />

zustehen <strong>und</strong> der Weg <strong>für</strong> eine straf- bzw.<br />

kostenrechtliche Zuordnung gebahnt.<br />

In der juristischen Wirklichkeit erweisen sich<br />

diese, ihrerseits wieder kostenträchtigen<br />

Zuordnungsversuche als nicht tragfähig. So<br />

hat zuletzt das <strong>Schiffahrt</strong>sgericht Regensburg<br />

(Beschluss vom 12.6.2007, Az.: 23 Ds 131 Js<br />

90616/07) in Übereinstimmung mit der stän -<br />

digen Rechtsprechung der <strong>Schiffahrt</strong>sober -<br />

gerichte (OLG Köln ZfB 1992, SaS 1368; OLG<br />

Karlsruhe ZfB 1979, 295) erneut bestätigt,<br />

dass die naturwissenschaftliche Feststellung<br />

einer "mit an Sicherheit grenzender Wahr -<br />

scheinlichkeit" identischen Ölprobe als<br />

Kausalitätszuord nung unter keinen Um -<br />

ständen aus reicht.<br />

Da nämlich an den<br />

Bunkersta tionen be -<br />

kannter maßen nur<br />

wenige ver schie de ne<br />

Öl sorten gehan delt<br />

würden, lasse sich<br />

nicht aus schließen,<br />

dass die Bilgen flüs -<br />

sigkeiten mehrerer<br />

Schiffe weit gehend<br />

aus den gleichen In -<br />

haltsstoffen bestün -<br />

den <strong>und</strong> deshalb bei<br />

der Untersuchung zu<br />

gleichen Ergeb nis -<br />

sen führen. Eine in<br />

der Bilge vorhan de -<br />

ne schiffsspezifische<br />

Beimengung sei<br />

ganz gering <strong>und</strong><br />

erlaube ebenso we -<br />

nig eine Zuord nung.<br />

Auf der straf recht -<br />

lichen Ebene kommt<br />

somit nur ein Frei -<br />

spruch des be tref -<br />

fenden Schiffs füh -<br />

rers in Betracht.<br />

Interessant ist, dass<br />

diese Argumentation<br />

auch auf der zivil<strong>und</strong><br />

öffentlich recht -<br />

lichen Ebene durch -<br />

RECHT & SCHIFFFAHRT<br />

Dr.Dr. Thor v.<br />

Waldstein ist Socius<br />

der Kanzlei<br />

v. Waldstein &<br />

Holland, Mannheim<br />

(www.rawaho.de)<br />

schlägt: So hat das OLG Karls ruhe (VersR<br />

1977, 566) einen Anscheins beweis dahin -<br />

gehend abgelehnt, ein gas chromatographisch<br />

jedenfalls teilweise identisches Ölgemisch<br />

neben einem Bin nenschiff erlaube einen<br />

Anschein dahin gehend, dass der Ölfilm von<br />

dem Schiff stammt. In dem jüngst durch das<br />

Schiff fahrtsgericht Regensburg entschiedenen<br />

Fall hat außerdem die zuständige Stadt ver -<br />

waltung unter Berufung auf die Begrün dung<br />

des <strong>Schiffahrt</strong>sgerichtes auch den erlassenen<br />

Kostenbescheid aufgehoben.<br />

Die Rechtsprechung erteilt also solchen<br />

naturwissenschaftlichen Beweisführungen<br />

ohne Zeugen – oder zusätzlichen Sachbeweis<br />

eine klare Absage. Die chemische Zusam -<br />

mensetzung der Maschinenraumbilge ist kein<br />

Fingerabdruck des Binnenschiffs, erst recht<br />

verbieten sich Vergleiche mit einer DNA-<br />

Probe oder ähnlichem. Nach wie vor sind<br />

daher herkömmliche Kausalitätszuord -<br />

nungen, etwa das mittels Luftfotographien<br />

vom Hubschrauber aus festgestellte "Hinter -<br />

herziehen" einer Ölspur durch ein fahrendes<br />

Binnenschiff, aber auch eine konkrete Öl -<br />

austrittsstelle an einem stilliegenden Schiff,<br />

die sich auf die Wasserlinie fortsetzen lässt,<br />

unumgänglich. Erfreulicherweise haben in<br />

den letzten Jahren solche Vorgänge ganz<br />

erheblich abgenommen, da die Umwelt -<br />

sensibilität in der Binnenschiffahrt deutlich<br />

zugenommen hat.<br />

Rechtsanwalt Dr. Dr. Thor v. Waldstein ❑<br />

33<br />

MAGAZIN FUR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK<br />

8/2007

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