26.11.2012 Aufrufe

Wikipress 1: Wikipedia - Chaosradio

Wikipress 1: Wikipedia - Chaosradio

Wikipress 1: Wikipedia - Chaosradio

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Geschichte der <strong>Wikipedia</strong><br />

Wie jede gute Erfindung ist die <strong>Wikipedia</strong> vor allem eine graduelle Verbesserung<br />

vorheriger Konzepte und die Zusammenführung schon vorhandener<br />

Ideen. Zunächst ist das die Idee einer Enzyklopädie, also der<br />

Versuch das gesamte Wissen der Welt zu sammeln und jedermann zugänglich<br />

zu machen.<br />

Eine ganz kurze Geschichte der Enzyklopädien<br />

Abgesehen von den weitgehend verloren gegangenen Nachschlagewerken<br />

der Antike reicht die Geschichte der Enzyklopädien zurück bis in das 18.<br />

Jahrhundert: Unter der Leitung von Denis Diderot und Jean d’Alembert<br />

erschien in Frankreich zur Zeit der Aufklärung die Encyclopédie, ausgeschrieben<br />

L’Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des sciences, des arts<br />

et des métiers, in 28 Bänden. Die Arbeit an dieser Enzyklopädie dauerte<br />

mehr als 20 Jahre, nämlich von 1751 bis 1772. Bereits in den Jahren 1768<br />

bis 1771 wurde das englische Pendant der Encyclopédie – die Encyclopædia<br />

Britannica – von der »Society of Gentlemen in Scotland«, also einer<br />

Gesellschaft vornehmer Herren aus Schottland, in ihrer ersten Auflage<br />

herausgegeben. Sehr schnell wurde jedoch klar, dass eine Enzyklopädie,<br />

die für sich beansprucht, das gesamte Wissen der Welt zu sammeln, deutlich<br />

umfangreicher werden muss als die erste Ausgabe von 1772: Bis zum<br />

Jahr 1832 wuchs die französische Encyclopédie auf eine Gesamtausgabe<br />

von 166 Bänden.<br />

Im Jahr 1808 erwarb Friedrich Arnold Brockhaus auf der Leipziger Buchmesse<br />

das noch unvollständige »Conversationslexikon mit vorzüglicher<br />

Rücksicht auf die gegenwärtigen Zeiten« von Renatus Gotthelf Löbel und<br />

Christian Wilhelm Franke und gab nur wenig später zwischen 1812 und<br />

1820 die zweite Auflage des »Brockhaus in 10 Bänden« heraus. Damals<br />

konnte man Inhalte dauerhaft nur in gedruckter Form – also als Buch<br />

– zur Verfügung stellen, was nicht nur der Verbreitung einige Beschränkungen<br />

auferlegte, sondern auch dem Umfang. Bücher waren und sind<br />

teuer, und sie sind auch nur bis zu einer gewissen physischen Größe und<br />

einem gewissen Seitenumfang handhabbar. Ein Buch mit 1.000 Seiten<br />

ist dick und schwer und kann die Lesefreude trüben, denn man kann es<br />

kaum stets bei sich tragen oder über einen längeren Zeitraum in der Hand<br />

halten.<br />

Außerdem hat das Medium Buch noch eine weitere Beschränkung:<br />

Man kann nicht alles Wissen der Menschheit drucken, denn erstens ver-<br />

mehrt und verändert sich das Wissen ständig, zweitens waren (und sind<br />

auch heute noch) die Druckzeiten eines großen Buches viel zu lang, um auf<br />

jede Neuerung sofort reagieren zu können, und drittens ist auch dem Buch<br />

mit der maximal möglichen Seitenzahl irgendwann eine physische Grenze<br />

gesetzt, ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Faktoren: Eine Enzyklopädie,<br />

die niemand bezahlen kann, wird wohl auch nicht gedruckt<br />

werden. Schon an der Anzahl der Bände der historischen Enzyklopädien,<br />

aber auch an den modernen als Buch erscheinenden Werken, wird deutlich,<br />

dass das Buch zwar ein wundervolles Medium ist, um Information<br />

zu verbreiten, es aber im Gegenzug nicht ressourcenschonend ist. So hat<br />

zum Beispiel die aktuelle gedruckte Encyclopædia Britannica mittlerweile<br />

32 Bände und der im Jahr 2005 erscheinende neue Brockhaus wird es auf<br />

30 gedruckte Bände bringen.<br />

Was also lag näher, als auch der Enzyklopädie mit den Mitteln der modernen<br />

Medien ein ganz neues Gesicht zu geben?<br />

<strong>Wikipedia</strong> ist ein Wiki<br />

Zu der klassischen Idee der Enzyklopädien zur Sammlung von Wissen<br />

kommt die Idee, in gemeinsamer Arbeit ein solches Werk zu erstellen:<br />

Schon im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland zwei große Projekte, die<br />

nur durch die gemeinsame Arbeit vieler interessierter Menschen wachsen<br />

und gelingen konnten. Zu Beginn jenes Jahrhunderts unternahmen<br />

die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm den Versuch, die Kindermärchen<br />

ihrer Zeit zu sammeln und aufzuschreiben. Ihnen war klar, dass dieses<br />

Projekt ohne fremde Hilfe nicht gelingen konnte, und so baten sie Familienangehörige<br />

und Freunde, ihnen bei der Suche zu helfen und die von<br />

den Märchenerzählern gehörten Geschichten aufzuschreiben und ihnen<br />

zuzusenden. Das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm entstand ab<br />

dem Jahr 1838 auf ganz ähnliche Weise: Die Brüder warben aktiv um<br />

Schriftsteller, die ihnen auf jeweils einzelnen Blättern ein Wort mit seiner<br />

Bedeutung und der jeweiligen Fundstelle per Post zusenden sollten. Für<br />

die Germanisten, die sich der Erforschung des Grimmschen Werkes widmen,<br />

wäre es übrigens ein Segen, wenn die Brüder Grimm schon damals<br />

mit »Mediawiki« (der Software, die der <strong>Wikipedia</strong> zugrunde liegt) hätten<br />

arbeiten können: Die Versionsgeschichten der einzelnen Märchen und die<br />

Genese der Artikel des Deutschen Wörterbuchs würden uns hochinteressante<br />

Einblicke in das Entstehen dieser beiden großen Werke bieten.<br />

Schon die Brüder Grimm klagten bei ihrer selbst gewählten Aufgabe<br />

über die Arbeit, die es machte, die eingehenden Beiträge für ihr Wörter-<br />

18 19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!