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Wikipress 1: Wikipedia - Chaosradio

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Warum, so werden Sie fragen, sollte ich mich als Wissenschaftler oder<br />

guter Kenner einer Materie an der <strong>Wikipedia</strong> beteiligen, wenn jeder dahergelaufene<br />

Besserwisser meine Artikel ändern und verunstalten kann?<br />

Diese Besorgnis ist berechtigt, theoretisch könnte ein Vandale einen guten<br />

Eintrag verunstalten, und wir wollen auch nicht leugnen, dass so etwas<br />

ab und zu geschieht. Da aber jede – vor allem jede anonyme – Änderung<br />

an einem Artikel von einer Reihe von <strong>Wikipedia</strong>nern begutachtet wird,<br />

findet sich innerhalb kurzer Zeit immer jemand, der diese Änderung wieder<br />

rückgängig macht. Alte Fassungen sind nicht verloren, sondern jede<br />

Änderung wird gespeichert und kann leicht auch noch nach Wochen oder<br />

Monaten wiederhergestellt werden. Es kommt natürlich auch vor, dass eine<br />

verfälschende Änderung übersehen wird. Wir vertrauen darauf – und damit<br />

sind wir bisher gut gefahren – das irgendwann einmal ein Leser diese<br />

falsche Information erkennt und korrigiert.<br />

Es ist natürlich klar, dass das Konzept des gemeinsamen Arbeitens mit<br />

Menschen, die man gar nicht kennt und deren fachliche Kompetenz man<br />

nicht einschätzen kann, gewöhnungsbedürftig ist: Damit hatten wohl alle<br />

<strong>Wikipedia</strong>ner anfangs ein wenig Schwierigkeiten. Man gewöhnt sich aber<br />

sehr schnell an den Gedanken, dass ein Artikel – wenn er erst einmal in<br />

der <strong>Wikipedia</strong> steht – nicht mehr der »eigene« Artikel ist, sondern von<br />

allen bearbeitet werden kann. Man sollte nicht darauf bestehen, dass der<br />

Wortlaut vollständig erhalten bleibt: Das wird er in keinem Fall, weil immer<br />

wieder ein anderer Bearbeiter an dem Artikel »feilen« wird – so ist es<br />

schließlich auch gedacht. Bei inhaltlichen Differenzen steht jederzeit die<br />

Diskussionsseite des Artikels zur Verfügung, auf der man sich mit den<br />

anderen Bearbeitern austauschen kann. Es ist besser, sich in einer Diskussion<br />

zu einigen, als stur die Änderungen eines anderen rückgängig zu<br />

machen.<br />

<strong>Wikipedia</strong> baut darauf, dass jeder einschätzen kann, wann jemand anderes<br />

Besseres geleistet hat, und diesem dann den Vorrang gewährt. Wenn<br />

also Halbwissen oder Falsches eingetragen wird, dann gehen wir davon<br />

aus, dass es erkannt und korrigiert wird. Dieses Prinzip funktioniert bisher<br />

erstaunlich gut. In der <strong>Wikipedia</strong> ist das Bessere des Guten Feind!<br />

Ganz grundsätzlich wird oft die Frage gestellt, was denn Laien bei der<br />

Schaffung einer Enzyklopädie verloren hätten. Können und sollten denn<br />

nicht nur Wissenschaftler an einem solchen Projekt mitarbeiten? Der Ansatz,<br />

den die <strong>Wikipedia</strong> verfolgt, ist ein anderer. Wir denken, dass viele<br />

Leute etwas wissen, das wert ist, in eine Enzyklopädie aufgenommen zu<br />

werden. Herkömmliche Enzyklopädien sind gezwungen, Inhalt und Um-<br />

fang zu beschränken, um rentabel zu sein. <strong>Wikipedia</strong> kennt keine solchen<br />

Beschränkungen. Das heißt nicht, dass bei uns alles geschrieben werden<br />

darf (siehe auch im Kapitel »Was <strong>Wikipedia</strong> nicht ist«), aber warum sollten<br />

beispielsweise seriös und solide geschriebene Artikel zur Geschichte einzelner<br />

deutscher Dörfer außen vor bleiben? Darüber weiß der Lehrer der<br />

dortigen Schule, der Heimatforschung als Hobby betreibt, vielleicht besser<br />

Bescheid als der Historiker, der dieses Dorf nur als temporäres Quartier<br />

der napoleonischen Truppen kennt.<br />

<strong>Wikipedia</strong> ist auf beide angewiesen: den Wissenschaftler, der exzellente<br />

Artikel zu den Themen seines Spezialgebiets schreibt, und den begeisterten<br />

Amateur, der mit viel Liebe zum Detail auch die Gebiete abdeckt,<br />

für die man keine wissenschaftliche Ausbildung benötigt.<br />

Mit der Entstehung und Reifung einer Enzyklopädie ist auch Arbeit<br />

verbunden, die nicht direkt darin besteht, Wissen beizutragen, und deshalb<br />

auch von Laien durchgeführt werden kann. Banale Beispiele dafür<br />

sind zum Beispiel die Korrektur von Rechtschreibfehlern oder die Unterteilung<br />

langer Artikel in kürzere Abschnitte; etwas aufwändiger ist die<br />

Organisation von Artikeln in Kategorien und das Zusammenfügen und<br />

Entfernen von Dopplungen. Solche Aufgaben werden oft und gerne von<br />

Laien übernommen, die zum entsprechenden Fach nichts anderes beizutragen<br />

haben.<br />

<strong>Wikipedia</strong> trifft grundsätzlich keine Entscheidung, welcher theoretische<br />

oder wissenschaftliche Ansatz in einem Thema als der richtige<br />

und wahre anzusehen ist. Wir fühlen uns der Regel verpflichtet, in der<br />

Darstellung einen neutralen Standpunkt (siehe dazu Kapitel »Neutraler<br />

Standpunkt«) zu wahren. Kontroversen sollten sachlich präsentiert werden<br />

und jeder wichtige Standpunkt sollte, zusammen mit den Argumenten,<br />

mit denen er üblicherweise begründet wird, erwähnt werden. Wenn<br />

sich Vertreter unterschiedlicher Ansätze über einen Artikel uneins sind,<br />

werden sie sich auf einen Kompromiss einigen müssen, der beide Seiten<br />

zufrieden stellt. Keine Richtung besitzt ein Exklusivrecht.<br />

Natürlich können sich in der <strong>Wikipedia</strong> Fehler eingeschlichen haben,<br />

aber die Erfahrung hat gezeigt, dass Texte, die von etlichen Benutzern beobachtet<br />

und gegebenenfalls überarbeitet werden, meist weniger Fehler enthalten<br />

als solche, die nur von einer kleinen Redaktion bearbeitet wurden.<br />

An dieser Stelle ist es auch angebracht, ein wenig ausführlicher darauf<br />

einzugehen, was die <strong>Wikipedia</strong> nicht ist oder nicht sein sollte. Wie wir<br />

schon schrieben, gibt es in der <strong>Wikipedia</strong> kontrovers diskutierte Themen,<br />

an denen sich die Geister hinsichtlich ihrer »enzyklopädischen Relevanz«<br />

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