Das große Ziel vor Augen - Deutscher Fechter-Bund eV
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Kinderfechtbüchern (Ich lerne, Ich trainiere Fechten, Meyer &<br />
Meyer Verlag, Aachen) geschaffen wurden. Die Orientierungskomponente<br />
schließt die <strong>Ziel</strong>e der Trainingstätigkeit, ihre Planung<br />
und Prognose ein. Der Trainer muss dem <strong>Fechter</strong> nicht nur bewusst<br />
machen, was wie auszuführen ist, sondern auch, warum gerade<br />
diese Übung und keine andere gefordert wird, warum es notwendig<br />
ist, gerade diese und keine andere Art und Weise ihrer Ausführung<br />
einzuhalten. Der Grad der Sinnerfassung der <strong>Ziel</strong>e und Aufgaben<br />
hängt von den altersbedingten Möglichkeiten und vom<br />
Ausbildungsstand der <strong>Fechter</strong> ab.<br />
In den ersten Trainingsetappen bilden sich elementare Vorstellungen<br />
und Kenntnisse heraus. Hier helfen die Kinderfechtbücher,<br />
richtiges und möglichst vollständiges Grundwissen zu vermitteln. Sie<br />
entlasten den Trainer weitestgehend von dieser Aufgabe, wie beispielsweise<br />
bei den Erläuterungen zu den Anforderungen an einen<br />
guten <strong>Fechter</strong> (siehe Buch 2, S. 40ff.) In der Folgezeit erfassen die<br />
<strong>Fechter</strong> immer tiefer das Übungssystem und werden zu aktiven<br />
Helfern des Trainers bei der Bestimmung der Aufgaben und der<br />
Wege zu ihrer eigenen Vervollkommnung. Dabei muss sich der<br />
Trainer - wie bereits oben erwähnt - <strong>vor</strong> allem an das Bewusstsein<br />
der <strong>Fechter</strong> wenden und sie nicht schlechthin als Ausführende seiner<br />
Forderungen, sondern als Subjekte der Tätigkeit begreifen und<br />
bewusst zu aktiver Mitarbeit, zu Initiativreichtum und einer positiven<br />
Grundhaltung zur Trainingstätigkeit anregen.<br />
Die Ausbildung und Erziehung der Nachwuchsfechter stellen schöpferische<br />
Prozesse dar. Die Ergebnisse hängen wesentlich davon ab,<br />
ob die <strong>Fechter</strong> die pädagogischen Ideen und Anschauungen ihres<br />
Trainers in die Tat umsetzen können. Dazu ist es nötig, eine völlige<br />
Übereinstimmung in den <strong>Ziel</strong>en von Trainer und <strong>Fechter</strong> zu erreichen,<br />
gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und eine wechselseitige,<br />
offene Beeinflussung zu gewährleisten. <strong>Das</strong> gelingt nur, wenn<br />
der Trainer im <strong>Fechter</strong> nicht den bloßen Vollstrecker seiner Ideen,<br />
sondern einen gleichberechtigten Partner sieht.<br />
<strong>Ziel</strong> und Prozess der sportlichen Ausbildung und Erziehung werden<br />
beeinflusst von spezifischen Besonderheiten des Trainings mit<br />
Kindern und Jugendlichen, die der Trainer in seiner Tätigkeit beachten<br />
muss.<br />
Erstens ist das der freiwillige Charakter der Tätigkeit.<br />
Der Trainer muss den Faktor der Freiwilligkeit ständig beachten.<br />
<strong>Das</strong> heißt, er muss an sich selbst sehr hohe Forderungen stellen,<br />
sowohl bei der Vorbereitung auf die Trainingseinheiten als auch bei<br />
der Kontaktaufnahme mit seinen <strong>Fechter</strong>n. Er muss in der Lage<br />
sein, ihre Sympathien zu erringen, damit sie, wenn sie einmal zu<br />
ihm gekommen sind, auch ,,bei der Stange bleiben“.<br />
Zweitens sind die Besonderheiten der Trainingsgruppe zu berücksichtigen.<br />
Sie unterscheidet sich von Lern- oder Arbeitsgruppen in der Schule<br />
durch die Heterogenität (Verschiedenartigkeit) der Zusammensetzung<br />
und die daraus erwachsende Kompliziertheit der<br />
,,Abstufung“ bei der Führung. Die Haupttätigkeit der jungen<br />
<strong>Fechter</strong> im Training besteht im Lernen und Trainieren des Fechtens.<br />
Als Mitglieder von Trainingsgruppen gehen sie Verpflichtungen ein,<br />
NACHWUCHSTRAINER<br />
die fast ausschließlich in der außerschulischen Zeit erfüllt werden<br />
müssen. In den Trainingsgruppen kommen nicht nur <strong>Fechter</strong> unterschiedlicher<br />
Schulen, sondern auch unterschiedlichen Alters mit differenzierendem<br />
Ausbildungsstand zusammen. Deshalb ist es für<br />
den Zusammenschluss der Gruppen und für die Entwicklung einer<br />
guten psychologischen Atmosphäre in ihr u. a. unerlässlich, dass<br />
der Trainer über ein hohes Niveau an kommunikativen Fähigkeiten<br />
(Sozialkompetenz) verfügt.<br />
Die Kenntnisse, die sich die jungen <strong>Fechter</strong> aneignen, werden <strong>vor</strong>rangig<br />
durch den Fechttrainer vermittelt, weil sie am Beginn des<br />
Lern- und Trainingsprozesses der direkten sportlichen Erfahrung nur<br />
schwer zugänglich sind. Deshalb sind die im Trainingsprozess durch<br />
unmittelbare persönliche Erfahrungen gewonnenen Kenntnisse<br />
besonders bedeutungsvoll. Sie müssen konsequent genutzt und<br />
ausgewertet, auf die theoretische Erkenntnisgrundlage bezogen<br />
und verallgemeinert werden.<br />
Ein optimal organisierter Trainingsprozess schließt die zielstrebige<br />
Vermittlung theoretischer Erkenntnisse ebenso ein wie die<br />
Gewinnung unmittelbarer Erfahrungen und deren theoretische<br />
Verarbeitung.<br />
Die Effektivität des gesamten Ausbildungsprozesses, aber auch<br />
jeder einzelnen Trainingseinheit hängt deshalb wesentlich vom<br />
langfristigen <strong>Ziel</strong>, aber auch vom <strong>Ziel</strong> der be<strong>vor</strong>stehenden<br />
Trainingseinheit und davon ab, inwieweit die <strong>Fechter</strong> das <strong>Ziel</strong><br />
begreifen und den Sinn der Aufgaben erfassen. Besondere<br />
Bedeutung gewinnt dieses Vorgehen für <strong>Fechter</strong>, die manchmal keinen<br />
Sinn in bestimmten Übungen oder Aufgaben sehen und nur<br />
„herumfechten“ wollen.<br />
Lern- und Trainingsziele werden entweder<br />
* bei der Übernahme von übertragenen Aufgaben durch den<br />
Fechttrainer gebildet (sie werden übernommen) oder<br />
* werden als eigenständige Entscheidung im Zusammenhang mit<br />
selbst gestellten Aufgaben gebildet (vergleiche Buch 1, S. 19 und<br />
Buch 2, S. 28).<br />
Der Trainer stellt eine ganz bestimmte Aufgabe, die das Kind löst<br />
oder die Kinder kommen dazu, selbstständig sich das eine oder<br />
andere <strong>Ziel</strong> zu stellen. Es hat ja gelernt, dass es z. B. durch zusätzlich<br />
Technik- und Konditionsübungen zu Hause seine Leistung steigern<br />
kann. <strong>Ziel</strong>e können sich auch auf ein mehr oder weniger<br />
umfassendes „<strong>Ziel</strong>objekt“ ausrichten. Zum Beispiel auf die Teilnahme<br />
am nächsten Turnier, auf ein anzustrebendes Resultat, auf<br />
eine neue „Kaderstufe“ usw. Mit diesen „weiteren“ <strong>Ziel</strong>en schließen<br />
sie die „kürzeren“ oder“ kleineren“ <strong>Ziel</strong>e ein.<br />
Wenn es gelingt, bei den Kindern Lernziele von Beginn an auszubilden,<br />
so lernen sie nicht nur, erkannte Lernziele umzusetzen, sondern<br />
auch, sie zunehmend selbstständig zu bilden.<br />
Vom Grad der Bewusstheit der Lernziele, vom Grad der<br />
Selbstständigkeit des <strong>Ziel</strong>bildungsprozesses hängen Qualität und<br />
Intensität der Lern- und Trainingstätigkeit und damit ihre Ergebnisse<br />
ganz wesentlich ab.<br />
Berndt Barth<br />
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