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Bergische Blätter - Bergische Universität Wuppertal

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<strong>Wuppertal</strong>: Bühnen I<br />

Aus der Realität herausgespielt<br />

Eine glanzvolle Premiere der „Arabella“ im <strong>Wuppertal</strong>er Opernhaus<br />

Arabella möchte so sein, wie sie ist. Aber<br />

alle Freier, die um sie werben, verlangen<br />

eine andere Persönlichkeit – so spürt sie es<br />

wohl in ihrer eigenen unsteten Koketterie. Nur<br />

der eine, der aus der fernen „Walachei“ in die<br />

Schauwelt Wiens der 1890er Jahre hineingerät,<br />

allein von ihrem Bildnis angelockt, der vollkommen<br />

Fremde, dem kann sie sich versprechen.<br />

Mandryk aber blickt ihr im pathetisch<br />

sich steigernden Schlussbild der Oper nicht<br />

nach, als sie die Treppe heraufeilt, sondern versenkt<br />

sich in das Bildnis in seinen Händen.<br />

Bild und Wirklichkeit – das Libretto<br />

von Hugo von Hofmannsthal für die letzte<br />

gemeinsam mit Richard Strauss geschriebene<br />

Oper ist als Faschingskomödie geplant, versagt<br />

aber in der bitteren Konsequenz das erlösende<br />

Lachen – so wirkt die grandiose <strong>Wuppertal</strong>er<br />

Aufführung der berühmten Oper in der Regie<br />

von Georg Köhl.<br />

Die Menschen im alten, abgetakelten<br />

Habsburger Reich spielen sich an den Rand des<br />

Abgrunds. Nicht nur das Vermögen, die eigenen<br />

Ländereien, die Tugenden der Ehrlichkeit,<br />

sondern alles, was einst Rang und Wert hatte,<br />

wird in den Hotelzimmern auf Gewinn oder<br />

Verlust gesetzt – der Verlust ist unvermeidbar.<br />

Der Realitätsverlust, die Entfernung vom<br />

„wirklichen“ Leben macht wie eine Krankheit<br />

die Menschen zu den Gefangenen des eigenen<br />

Spiels, die Wunschbilder der Sehnsucht verstellen<br />

den Blick.<br />

Gastregisseur Köhl gibt der <strong>Wuppertal</strong>er<br />

Inszenierung ein historisches Kolorit: Kostüme<br />

und Ausstattung folgen unseren Vorstellungen<br />

vom ausgehenden 19. Jahrhundert. Die Personen<br />

selbst sind zeittypisch angelegt, manchmal<br />

bis an die Grenze des Trivialen. So schneit<br />

es im letzten Akt sanft auf die Unschuld der<br />

Arabella, wechselt das Bühnenlicht von wohl-<br />

fühligen, warmen Rottönen zum kalten<br />

Weiß-Grau der Todesvisionen, in denen die<br />

früh verstorbene erste Ehefrau als haluzinierte<br />

Vision herumgeistert.<br />

Auch die zauberhaft glissandierend jodelnde<br />

und mit ihrem Peitschchen tanzende Fiakermilli<br />

(Elena Fink) entfesselt nicht den Ball zur Orgie,<br />

sondern kitzelt nur wenig das Kinn des verzweifelten<br />

Mandryka.<br />

Die Aufführung in dem klug durchdachten<br />

Bühnenbild von Peter Werner lenkt unsere<br />

Aufmerksamkeit damit ganz auf das Musikgeschehen<br />

– der eigentlichen Bühne dieses<br />

Seelendramas, das in den traumhaft irisierenden<br />

Klängen und den fesselnden Melodien die Tragödie<br />

der menschlichen Sehnsüchte ausbreitet.<br />

In der Leitung von Hilary Griffiths erreicht<br />

das Spiel des Sinfonieorchesters <strong>Wuppertal</strong> mit<br />

den vielen feinen Instrumentalsoli, Gesang von<br />

Solisten und Chor ein wahres Gesamtkunstwerk<br />

aus Musik und innerer Handlung.<br />

In den Stimmen reinster Poesie verweben<br />

sich die von Banu Bökes Arabella und Dorothea<br />

Brandts Zdenka. Einfühlsam charakterisiert Kay<br />

Stiefermann den Mandryka, komödiantisch<br />

Michael Tews den Grafenvater. Der grandiose<br />

Jubel des Premierenpublikums für diese starke<br />

Leistung des riesigen Ensembles ist verdient.<br />

GISELA SCHMOECKEL<br />

06.2011 <strong>Bergische</strong> <strong>Blätter</strong> 19<br />

Kultur<br />

Foto: <strong>Wuppertal</strong>er Bühnen/Sonja Rothweiler

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