THEME DU MOIS Integration ist nicht erst seit der Minarett-Initiative von 2009 ein Thema. Integration als Weg zur Völkerverständigung ist auch bei <strong>Rotary</strong> von zentraler Bedeutung und sorgt für Gesprächsstoff. So etwa an Distriktsseminaren wie am Fachseminar «Integration und Vielfalt» des D2000 oder in Gesprächsrunden an Abendanlässen wie im RC Zürich-Oberland. Foto: Thinkstock. ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN SEPTEMBRE 2012 18
<strong>Rotary</strong> – Brückenbauer zur Völkerverständigung? Zum Beispiel Muslime in der <strong>Schweiz</strong> Vor zwei Jahren gab ein Fachseminar im Distrikt 2000 den Anstoss, sich in den Clubs mit Integration und Vielfalt auseinanderzusetzen. Die ein Jahr zuvor angenommene Minarett-Initiative sorgte nicht nur damals, sondern auch heute noch immer wieder für Gesprächsstoff im In- und Ausland. Im vergangenen März führte der RC Zürich-Oberland einen Abendanlass zum Thema «Islam in der <strong>Schweiz</strong>» durch. Gesprächsgast war die Präsidentin des Interreligiösen Think Tanks Amira Hafner-Al-Jabij, diskutiert wurde über den Islam an sich sowie über die Muslime in der <strong>Schweiz</strong>, vor allem aber über deren Integration. Und hier könnte auch <strong>Rotary</strong> eine wichtige Rolle spielen, wie die Zusammenfassung und persönliche Betrachtung des Gesprächsleiters Rot. Christoph Vollenweider zeigt. «<strong>Rotary</strong> Clubs basieren auf Toleranz und Freundschaft, die zu pflegen ist. Somit ist die Freundschaft mit Personen, die anders sind als man selbst, die zentrale Idee von <strong>Rotary</strong>» – ein Ausschnitt aus dem Impulsreferat, mit dem Rot. Fredy Zeier vor bald zwei Jahren ein Fachseminar für Rotarier im Distrikt 2000 Muslime in der <strong>Schweiz</strong> Während es 1970 in der <strong>Schweiz</strong> gerade mal 16 300 Muslime gab, lebten gemäss Volkszählung im Jahr 2000 rund 310 000 Muslime in der <strong>Schweiz</strong>. Genauere und aktuellere Daten gibt es nicht. Schätzungen gehen aber davon aus, dass heute 450 000 Muslime in der <strong>Schweiz</strong> leben, was einem Bevölkerungsanteil von knapp 6 % entspricht. Während der Zuwachs in den 70er- und 80er-Jahren vor allem auf die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte durch die <strong>Schweiz</strong>er Wirtschaft zurückzuführen ist, kamen in den 90er-Jahren Muslime vor allem als Flüchtlinge aus den Konfliktregionen im Balkan. Die Volkszählung von 2000 zeigt, dass etwa 75 % aller in der <strong>Schweiz</strong> lebenden Muslime aus dem Balkan und der Türkei stammen. Neueste Schätzungen gehen sogar von knapp 90 % aus. Dabei besassen im Jahr 2000 11,75 % der hier lebenden Muslime das <strong>Schweiz</strong>er Bürgerrecht. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass Muslime im Vergleich zur Gesamtbevölkerung jung sind und vorwiegend in städtischen Gebieten leben. eröffnete. Einen ganzen Seminartag lang wurde über «Integration und Vielfalt in den <strong>Rotary</strong> Clubs» referiert und diskutiert. Unter Vielfalt sollte nicht nur die berufliche, geschlechtliche oder demografische verstanden werden, sondern auch andere Bereiche, so etwa ethnische Herkunft, Rasse, körperliche Voraussetzungen (Behinderung), sexuelle Orientierung und Religion. Es wurde im Plenum festgestellt, dass etwa der Ausländeranteil in den Clubs bei Weitem nicht die <strong>Schweiz</strong>er Bevölkerungsstruktur widerspiegelt. Betrachtet man die Vertretung von Muslimen, ist die Diskrepanz wohl noch grösser – und wird zunehmend grösser. Vielfalt <strong>Rotary</strong>s Integration wird im öffentlichen Leben immer wieder, zu Teil heftig diskutiert. <strong>Rotary</strong> ist prädestiniert, mit seinem weltoffenen und von Toleranz geprägten Charakter eine Vorreiterrolle spielen zu können. Die nachfolgende, teilweise persönlich gefärbte Betrachtung des Verfassers anhand der Situation der Muslime in der <strong>Schweiz</strong> soll stellvertretend auch für andere Minderheiten zu Diskussionen rund um die Aufgabe der Völkerverständigung in den <strong>Rotary</strong> Clubs anregen. Sechs Prozent der <strong>Schweiz</strong>er Bevölkerung Die Muslime stellen mit rund 450 000 Personen (sechs Prozent der Gesamtbevölkerung) die grösste religiöse Minderheit der <strong>Schweiz</strong> dar. Seit einigen Jahren wird in der <strong>Schweiz</strong> vermehrt über den Islam und den Umgang mit den Muslimen diskutiert. Im Zuge der Minarett-Initiative verschärfte sich diese Diskussion, die immer wieder in Polemik ausartete. In weiten Kreisen der Bevölkerung ist ein recht tief sitzendes Unbehagen gegenüber dem Islam und den Muslimen spürbar, welches zweifellos auch dadurch entsteht, dass man wenig über die Muslime und ihre Religion weiss und ihnen pauschal mangelnde Integrationsbereitschaft unterstellt. Unser Bild wird zudem durch die islamistisch motivierten Ter - ror akte in verschiedenen Teilen der Welt zusätzlich negativ besetzt. Gesprächsthema bei <strong>Rotary</strong> Nicht nur wie erwähnt auf Distriktsebene, auch in den Clubs wird diskutiert. So etwa im RC Zürich-Oberland: Um sich ein Bild über dieses vielschichtige Thema zu machen, hatte der Club zu einem Islamabend für Mitglieder und Partner eingeladen. Mit Amira Hafner-Al-Jabij (siehe Kästchen) konnte eine Persönlichkeit gewonnen werden, die in beiden Kulturen zu Hause ist und bereit war, offen und breit über das Thema zu reden und auf alle Fragen und auch auf die herrschenden Vorurteile einzugehen. Das sachliche und unaufgeregte, aber spannende ROTARY SUISSE LIECHTENSTEIN SEPTEMBRE 2012 19