Personalmanagement zwischen Wirtschaftlichkeits- und ...
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Bachelorstudiengang<br />
An der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg<br />
<strong>Personalmanagement</strong> <strong>zwischen</strong> <strong>Wirtschaftlichkeits</strong>- <strong>und</strong><br />
Humanitätsprinzip<br />
Das betriebliche Vorschlagwesen: Nutzen <strong>und</strong> Ausgestaltung eines<br />
effektiven Ideenmanagements<br />
SoSe 2005<br />
Eingereicht bei: Dr. Georg Volk<br />
Vorgelegt von: Serjoscha Gerhard
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Einleitung ................................................................................................................. 2<br />
2. Begriffsdefinition <strong>und</strong> –abgrenzung ........................................................................ 3<br />
2.1. Idee, Invention <strong>und</strong> Innovation......................................................................... 3<br />
2.2. Betriebliches Vorschlagwesen (BVW) ............................................................. 3<br />
2.3. Verbesserungsvorschlag (VV).......................................................................... 4<br />
2.4. Ideenmanagement <strong>und</strong> Innovationsmanagement............................................... 5<br />
3. Effektives BVW – was kann das bedeuten?............................................................. 6<br />
3.1. Gr<strong>und</strong>legender Zielkonflikt.............................................................................. 6<br />
3.2. Wirtschaftliche Ziele........................................................................................ 7<br />
3.3. Humanitäre Ziele ............................................................................................. 8<br />
3.4. Feststellbarkeit von Leistung bei einem BVW.................................................. 8<br />
4. Ideenträger Mensch............................................................................................... 10<br />
5. Rahmenbedingungen schaffen............................................................................... 12<br />
5.1. Anpassung <strong>und</strong> Konkurrenz ........................................................................... 12<br />
5.2. Unternehmenskultur <strong>und</strong> -führung.................................................................. 15<br />
6. Der Innovationsinstrumenten-Mix......................................................................... 17<br />
6.1. Die Rolle des BVW im Innovationsinstrumente-Mix...................................... 17<br />
6.2. Problemfindung <strong>und</strong> Kreativitätstechniken..................................................... 18<br />
6.3. Communities of Innovation............................................................................ 19<br />
6.4. Qualitätszirkel................................................................................................ 20<br />
6.5. Kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) <strong>und</strong> KAIZEN ........................ 20<br />
6.6. Technisches Wissensmanagement.................................................................. 21<br />
7. Innovationsmanagement: Phasen, Prozesse, Instrumente, Methoden ..................... 22<br />
8. Ausgestaltung des BVW ....................................................................................... 23<br />
8.1. Mitbestimmung durch den Betriebsrat............................................................ 23<br />
8.2. Traditionelles oder zentrales Modell............................................................... 24<br />
8.3. Teammodell................................................................................................... 26<br />
8.4. Vorgesetztenmodell ....................................................................................... 27<br />
8.5. Einreichergemeinschaften .............................................................................. 29<br />
9. Wissens- <strong>und</strong> Lernbarrieren .................................................................................. 30<br />
10. Anreiz- <strong>und</strong> Belohnungssysteme ........................................................................... 35<br />
10.1. Materielle <strong>und</strong> immaterielle Anreize ............................................................. 35<br />
10.2. Vertrauen <strong>und</strong> Reputation als Schlüsselkategorien......................................... 36<br />
10.3. Prämienberechtigte........................................................................................ 37<br />
10.4. Prämienberechnung....................................................................................... 37<br />
11. Nutzen .................................................................................................................. 39<br />
12. Quellenverzeichnis................................................................................................ 41<br />
13. Anhang ................................................................................................................. 44<br />
13.1. Kommentierte Musterbetriebsvereinbarung für ein zentrales BVW ............... 44<br />
13.2. Musterbetriebsvereinbarung für ein dezentrales BVW................................... 49<br />
1
1. Einleitung<br />
Das Thema dieser Arbeit ist „Das betriebliche Vorschlagwesen: Nutzen <strong>und</strong> Ausgestaltung eines<br />
effektiven Ideenmanagements“. Das Thema wird aus einer dem Seminar zugr<strong>und</strong>e liegenden<br />
Perspektive betrachtet <strong>und</strong> untersucht. „<strong>Personalmanagement</strong> im Spannungsfeld <strong>zwischen</strong> Hu-<br />
manitäts- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftlichkeits</strong>prinzip“ ist damit auch Betrachtungs- <strong>und</strong> Vorgehensmaßstab<br />
für die Anlage der Hausarbeit. Betriebliches Vorschlagwesen wird vor allem als Möglichkeit des<br />
<strong>Personalmanagement</strong>s untersucht. Aus dieser Perspektive ergibt sich dann, dass auch die im be-<br />
trieblichen Vorschlagwesen vorhandene Spannung <strong>zwischen</strong> einer Gestaltung nach dem Huma-<br />
nitäts- <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftlichkeits</strong>prinzip in dieser Arbeit eine hervorgehobene Rolle spielt.<br />
Aus dieser komplexen Gr<strong>und</strong>situation ergeben sich mehrere der Arbeit zugr<strong>und</strong>e liegende Leit-<br />
fragen: Was kann ein effektives Ideenmanagement sein? Welchen Anteil hat darin ein betriebli-<br />
ches Vorschlagswesen? Welche Rolle spielt es? Was sind potenzielle Nutzenfelder, die ein Be-<br />
trieb aus einem BVW ziehen kann? Was wären daraus folgende mögliche Ausgestaltungen eines<br />
BVW <strong>und</strong> eines (umgebenden) Ideenmanagements?<br />
Ausgehend von einer Definition <strong>und</strong> Abgrenzung der wichtigsten Begriffe wird überlegt, was ein<br />
effektives betriebliches Vorschlagwesen sein kann, wo also die Ziele liegen. Gr<strong>und</strong>element jedes<br />
Innovationsprozesses ist der im Unternehmen handelnde Mensch. Dieser wird als Ideenträger<br />
dargelegt. Daran schließt sich die Frage an, welche Bedingungen im Unternehmen für die Entfal-<br />
tung der Ideenpotenziale des Menschen im Unternehmen besonders günstig sind <strong>und</strong> wo Barrie-<br />
ren liegen können. Beides sind Faktoren, die bei einer Ausgestaltung berücksichtigt werden müs-<br />
sen. Davon ausgehend, dass Ideenmanagement mehr bedeutet <strong>und</strong> mehr kann als rein Ideen <strong>und</strong><br />
Verbesserungen sammeln, wird eine Einordnung von betrieblichen Vorschlagswesen in einen<br />
Innovationsinstrumente-Mix vorgenommen. Erst an dieser Stelle, wenn der Rahmen für eine<br />
Ausgestaltung eines betrieblichen Vorschlagswesens deutlich ist, werden Beispiele für die Aus-<br />
gestaltung auch genannt <strong>und</strong> konkretere Vorschläge für Anreize gemacht. Zusammenfassend<br />
wird am Schluss noch einmal resümiert, was Nutzenaspekte sein können <strong>und</strong> wie diese mit der<br />
Ausgestaltung zusammenhängen.<br />
Am Ende wird deutlich geworden sein, dass ein betriebliches Vorschlagwesen nur dann seine<br />
Nutzenpotenziale ausreizt, wenn es ganzheitlich in den Betrieb integriert wird <strong>und</strong> als Teil eines<br />
umfassenden Programms, z.B. eines Ideenmanagements begriffen <strong>und</strong> umgesetzt wird. Die Aus-<br />
2
arbeitungen <strong>und</strong> Argumentationen folgen dabei eher der Seite des Humanitätsprinzips. Dabei<br />
wird vom Autor ein kulturwissenschaftlich inspiriertes Verständnis eines komplexen Menschen<br />
als Menschenbild zugr<strong>und</strong>e gelegt. Betriebliches Vorschlagswesen nicht losgelöst vom restlichen<br />
Betriebsgeschehen zu betrachten ist dabei Anliegen dieser Arbeit.<br />
2. Begriffsdefinitionen <strong>und</strong> -abgrenzungen<br />
2.1 Idee, Invention <strong>und</strong> Innovation<br />
Die Innovation unterscheidet sich von Invention <strong>und</strong> Idee wesentlich dadurch, dass Innovationen<br />
umgesetzte, also verwirklichte Ideen sind. Die Idee ist im hier zugr<strong>und</strong>e liegenden Verständnis<br />
der neue Gedanke oder Vorstellung, auch eine Absicht. Zum Umgang <strong>und</strong> zur „industriellen<br />
Produktion von Ideen“, sowie zur differenzierteren Betrachtung verschiedener Arten von Ideen<br />
eignet sich Schnetzler (2004). Eine Invention ist eine Erfindung. Eine Innovation wiederum lässt<br />
sich verstehen als „planvolle, zielgerichtete Erneuerung bestehender sozialer Systeme durch<br />
Anwendung neuer Ideen <strong>und</strong> Techniken; Erzeugung <strong>und</strong> Einführung neuer Produkte, Produkti-<br />
onsmethoden, Organisationsformen in der Wirtschaft“ (Brockhaus 2004: 207). Eine Umfassende<br />
Sammlung von Begriffsdefinitionen zur Innovation findet sich bei Hauschildt (1993: 5).<br />
Eine Innovation geht also über den Status einer Idee oder Invention hinaus. Sie bezieht im Ge-<br />
gensatz zur Idee auch deren Umsetzung mit ein (vgl. etwa de Pay 1989: 132). Im Weiteren wird<br />
es vor allem um Ideen <strong>und</strong> teilweise Invention gehen <strong>und</strong> nicht so sehr um die Wege deren späte-<br />
rer (konkreter) Umsetzung. Neuerungen werden hier sowohl als Produkt-, Verfahrens- <strong>und</strong> Sozi-<br />
alneuerungen betrachtet.<br />
Der Werdegang [...] erstreckt sich idealtypisch auf<br />
1. Wissen, Erkenntnis [, Idee; Anm. d. V.]<br />
2. Erfindung (Invention)<br />
3. Neuerung (Innovation)<br />
4. Übernahme von Neuerungen (Adoption)<br />
5. Verbreitung von Neuerungen (Diffusion). (Bierfelder 1994: 39)<br />
Zu einer allgemeineren Diskussion des „Neuen“ <strong>und</strong> wann etwas als neu gelten kann vergleiche<br />
auch Liebl (2000). Hier wird dargelegt, wie das Neue immer aus einer Veränderung des beste-<br />
henden resultiert. Das genuin Neue gibt es demnach nicht.<br />
2.2 Betriebliches Vorschlagwesen (BVW)<br />
Mit Thom (1996: 19) lässt sich das BVW einleitend folgendermaßen beschreiben:<br />
3
Ein gut funktionierendes BVW, heute oft nur Vorschlagwesen (VW) genannt, ist ein Instrument zur<br />
wirtschaftlichen <strong>und</strong> menschengerechten Betriebsführung. Es hilft den Verantwortlichen für die Be-<br />
triebsführung unter anderem bei ihren Bemühungen um:<br />
- Rationalisierung <strong>und</strong> <strong>Wirtschaftlichkeits</strong>verbesserung,<br />
- Motivation <strong>und</strong> Entwicklung der Mitarbeiter <strong>und</strong><br />
- Permanente Innovation in kleinen Schritten. (Hervorhebung im Original)<br />
Diese Definition hebt stark die Bedeutung der Betriebsführung hervor.<br />
Ausführlicher wird das BVW beschrieben als<br />
ein organisatorisch <strong>und</strong> ablaufmäßig festgelegtes Verfahren, welches dazu dient, Ideen der Mitarbeiter<br />
eines Unternehmens (zur Verbesserung von Arbeitsabläufen, Qualität, Anlagen, Vorrichtungen, Orga-<br />
nisation, Formularen, zur Erhöhung von Arbeitssicherheit, Unfallschutz, Ansehen des Unternehmens,<br />
zur Verringerung von Kosten, Materialverbrauch, Zeitaufwand), die nicht zur eigentlichen Ar-<br />
beitsaufgabe zählen,<br />
- systematisch zu sammeln<br />
- auf Anwendbarkeit zu prüfen<br />
- bei Nichteignung für eine befriedigende Ablehnungsbegründung zu sorgen,<br />
- bei Eignung die Einführung der Verbesserung forciert zu betreiben sowie<br />
- eingeführte Verbesserungen eines Einsenders (oder mehrerer Einsender) angemessen <strong>und</strong> un-<br />
ter Berücksichtigung der steuerlichen Vorteile völlig getrennt vom eigentlichen Arbeitsent-<br />
gelt zu prämieren. (Breisig 1990: 562, nach Schuler 1984)<br />
Hier kommt die zentrale Bedeutung des Mitarbeiters klarer hervor <strong>und</strong> es wird ein Einblick in<br />
der traditionellen Aufbau von BVW gegeben. Ergänzend dazu gilt folgendes: „Vorschläge kön-<br />
nen sich inhaltlich auf alle Leistungserstellungs-, Leistungsverwertungs- <strong>und</strong> Humanisierungs-<br />
aufgaben erstrecken.“ (Diensberg 1997: 111)<br />
2.3 Verbesserungsvorschlag (VV)<br />
Ein Verbesserungsvorschlag ist das Gr<strong>und</strong>element des BVW.<br />
An einen Verbesserungsvorschlag (VV) werden folgende Anforderungen gestellt [...]:<br />
- er soll eine möglichst präzise dargestellte Lösung zur Verbesserung eines gegenwärtigen Zu-<br />
standes enthalten, d.h. konkret beschreiben, was verbesserungswürdig ist <strong>und</strong> konstruktiv<br />
aufzeigen, wie die Verbesserung vorgenommen werden kann (freilich wird der Reifegrad der<br />
Ausarbeitung in praxi unterschieldich sein);<br />
- er muss für den vorgesehenen betrieblichen Anwendungsbereich eine nutzbringende (z.B.<br />
kostenreduzierende, sicherheitsverbessernde, umweltschützende, unfallverhütende, prestige-<br />
steigernde) Neuerung darstellen;<br />
- er wird nur dann materiell anerkannt (prämiiert), wenn er nicht unmittelbares Ergebnis aus<br />
der Erfüllung der zugewiesenen Stellenaufgaben des Einreichers ist, sondern eine über den<br />
4
Rahmen des Arbeitsvertrages hinausgehende (freiwillige) Sonderleistung darstellt. (Thom<br />
1996: 26)<br />
Als Faustregel kann auch folgendes gelten:<br />
Kann ein Mitarbeiter, ohne seinen Vorgesetzten zu fragen, seine Idee selbstständig umsetzen, dann<br />
handelt es sich hierbei um einen nicht prämierfähigen Vorschlag. Gr<strong>und</strong>: Aufgabenstellung.<br />
Kann ein Mitarbeiter seine Idee dagegen erst nach Zustimmung seines Vorgesetzten umsetzen, oder<br />
dies wird durch eine andere Person erledigt, dann handelt es sich um einen prämierfähigen Vorschlag.<br />
Oder einfacher ausgedrückt: Je niedriger ein Einreicher in der Endgeldskala angesiedelt ist, desto eher<br />
handelt es sich um einen prämierfähigen Vorschlag. (Packheiser 2005)<br />
2.4 Ideenmanagement <strong>und</strong> Innovationsmanagement<br />
Das Management von Ideen <strong>und</strong> Innovationen bezieht über das BVW hinausgehende Schritte<br />
mit in den Prozess ein. Es ist damit umfassender. Es ist nicht „passive Ideensammelstelle“, was<br />
dem BVW häufig vorgeworfen wird, sondern will Instrumente wie das BVW aktiv in einen<br />
ganzheitlich im Unternehmen verankerten Prozess von der Sichtung eines Problems, über die<br />
Ideengenerierung bis hin zur Innovation <strong>und</strong> deren Umsetzung einbeziehen. Dazu gehört auch<br />
die anschließende Verwaltung der Neuerungen im Sinne eines Wissensmanagements. Ideenma-<br />
nagement bleibt vom gr<strong>und</strong>sätzlichen Begriff her auf die ersten Phasen des beschriebenen Pro-<br />
zesses beschränkt <strong>und</strong> wird in dieser Arbeit auch entsprechend verwendet. In der Literatur wird<br />
Ideenmanagement häufig sehr viel umfassender begriffen <strong>und</strong> bezieht teilweise Prozessstufen<br />
wie das Patentwesen mit ein (z.B. Thom 2003: 20) oder es wird synonym zum BVW verwendet.<br />
Innovationsmanagement hingegen fokussiert zumeist eine rein technische Perspektive, die Sozi-<br />
alinnovationen nicht berücksichtigt. Bei Bierfelder heißt es dazu: „Die Innovationstheorie be-<br />
schäftigt sich überwiegend mit der ökonomischen Nutzung technischer Erfindungen“ (1994: 39;<br />
vgl. auch Hauschildt 1993). Genauso wie eine Abgrenzung der Begriffe Idee, Invention <strong>und</strong> In-<br />
novation nicht immer klar <strong>und</strong> gleich ist, existiert dieses Problem ebenso beim Management die-<br />
ser Neuerungen. Da in dieser Arbeit der Status bis zur Umsetzung diskutiert werden soll, <strong>und</strong><br />
auch Sozialinnovationen mit einbezogen werden, wird hier der Terminus des Ideenmanagements<br />
verwendet. Ideenmanagement wird als Begriff verwendet, wann immer es darum geht das In-<br />
strument des BVW im Gesamtunternehmen zu verorten. Dieses Ideenmanagement weiter auf ein<br />
Innovationsmanagement auszuweiten <strong>und</strong> diese beiden zu einer Linie zu verbinden wäre Aufga-<br />
be einer weiteren Arbeit. Insofern wird auf den Begriff des Innovationsmanagements weitestge-<br />
hend verzichtet. Wenn er Verwendung findet, so allerdings nicht mit einer Beschränkung auf<br />
soziotechnische oder technische Sichtweise.<br />
5
3. Effektives BVW – was kann das bedeuten?<br />
Die Effektivität eines BVW wird im Folgenden aus der Perspektive von Unternehmen diskutiert,<br />
genauer gesagt: des Unternehmers oder des Managements. Betriebsrats- (vgl. Breisig 1990) <strong>und</strong><br />
Mitarbeiterinteressen (monetäre Entlohnung, korrekte Vorschlagsbearbeitung, Sicherung von<br />
Rechten <strong>und</strong> Schutz vor Nachteilen, Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentfaltung) (vgl. Diens-<br />
berg 1997: 120) werden im Rahmen einer Effektivitätsbeurteilung nicht miteinbezogen.<br />
3.1 Gr<strong>und</strong>legender Zielkonflikt<br />
Bereits in der kurzen eingangs von Thom angeführten Definition von BVW werden zwei gr<strong>und</strong>-<br />
sätzliche Ziele von BVW deutlich: wirtschaftliche <strong>und</strong> menschengerechte Betriebsführung. Zwar<br />
werden von anderen Autoren wesentlich differenziertere Ziele aufgeführt, doch lassen diese sich<br />
zumindest grob unter die beiden von Thom genannten Punkte subsummieren. Nun stellt sich<br />
deshalb die Frage, ob angesichts der Einführung von BVW als Instrument der Rationalisierung,<br />
dieses auch gleichzeitig eine adäquate Anwendung als Personalentwicklungsinstrument finden<br />
kann. Rationalisierung wird anerkanntermaßen im Normalfall kaum zur Motivierung von Mitar-<br />
beitern beitragen. Breisig (1990: 584) nennt sogar mögliche Nachteile hinsichtlich der Motivati-<br />
on, die aus einem BVW entstehen können. Unter anderem sind dies „Leistungsverdichtung, Ab-<br />
gruppierung, Versetzung oder im Extremfall sogar Freisetzung von Beschäftigten“, die ihr tacit<br />
knowledge über BVW dem Unternehmen zur Verfügung gestellt haben.<br />
Klar ist zumindest, dass ein primär auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtetes BVW nicht sosehr die<br />
Situation <strong>und</strong> Bedürfnisse der Arbeitnehmer berücksichtigen wird, sondern vor allem darauf be-<br />
dacht ist rational gut zu funktionieren. Dass ein gutes Betriebsklima <strong>und</strong> hierfür positive VV<br />
langfristig ebenso positive Auswirkungen auf die Wirtschaftlichkeit haben können wird allzu oft<br />
nicht berücksichtigt. Zwar geben fast durchweg alle Autoren an, dass humanitäre Zielsetzungen<br />
zunehmend in den Vordergr<strong>und</strong> rücken würden, in der Praxis scheint diese Aussage dann aber<br />
wieder revidiert zu werden, wie anschließend zugegeben wird (vgl. stellvertretend Diensberg<br />
1997: 119). Entgegen den Beteuerungen wird BVW also nach wie vor anhand von Kennzahlen<br />
in seiner Effektivität beurteilt. Humanitäre Ziele, als so genannte weiche Faktoren, lassen sich in<br />
ihren Auswirkungen aber nur schwer oder gar nicht mittels Kennzahlen erfassen. Was sie trotz<br />
alles good will wieder in der Versenkung verschwinden lässt.<br />
6
In dieser Arbeit wird die gr<strong>und</strong>sätzliche Annahme getroffen, dass humanitäre Ziele <strong>und</strong> damit<br />
ein BVW in humanitärer Ausrichtung langfristig eine höhere Effektivität <strong>und</strong> positive Gewinne<br />
für das Unternehmen garantieren, als kurzfristige Orientierung an betrieblichen Kennzahlen.<br />
3.2 Wirtschaftliche Ziele<br />
Priorität haben beim BVW nach wie vor wirtschaftliche Ziele. Dazu gehören die Rationalisie-<br />
rung von Unternehmensabläufen, also <strong>Wirtschaftlichkeits</strong>verbesserung, Produktivitätssteigerung<br />
<strong>und</strong> die Steigerung des Qualitätsbewusstseins. Die Unternehmungsleitungsinteressen liegen bei<br />
vielen anwendungsreifen Vorschlägen, geringen Kosten <strong>und</strong> schneller Stiftung hohen Nutzens.<br />
Das lässt sich beispielsweise durch Kostensenkungen durch Einsparung an Material <strong>und</strong> Energie,<br />
Reduzierung von Leerlauf- <strong>und</strong> Arbeitszeiten, Qualitätsverbesserung, Verringerung von Fehlern<br />
<strong>und</strong> Ausschuss, Optimierung von Arbeitsabläufen, Erhöhung der Arbeitssicherheit, Verbesse-<br />
rung des Umwelt- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzes erreichen.<br />
Die weiter genannten Ziele (Personalentwicklung, Innovationsförderung, Marktstellung sichern)<br />
haben nur insofern Bedeutung, als sie als Zwischenziel dem Fernziel Wirtschaftlichkeit dienlich<br />
sind. Ein BVW als Instrument der Personalführung wird, wenn es sich nicht selbst trägt im Un-<br />
ternehmen einen schweren Stand haben. Genauso ist die Innovationsförderung immer eine Inno-<br />
vationsförderung im Sinne der Produkt- <strong>und</strong> Prozesswirtschaftlichkeit. Es sollen Marktstellung<br />
<strong>und</strong> Wettbewerbsfähigkeit gesichert werden. Wirtschaftlichkeit bleibt auch bei den anderen Ziel-<br />
setzungen immer implizites Ziel. Letztendlich lässt sich Handeln im Unternehmen auf das Ziel<br />
der Realisierung von (maximalen) Gewinnen reduzieren (oder auf generelles Überleben, je nach<br />
zugr<strong>und</strong>e gelegter Organisationstheorie). Die verschiedenen Zielsetzungen von BVW können<br />
also nicht losgelöst voneinander betrachtet werden <strong>und</strong> es bleibt aufgr<strong>und</strong> dieser Vernetzung<br />
auch häufig beim Lippenbekenntnis zum Personalentwicklungsziel. Trotzdem bleibt Wirtschaft-<br />
lichkeit ein „globales Ziel“ (Dörner 1989: 76), das andere Unterziele erlaubt. Insofern sollten die<br />
Abhängigkeiten der an das BVW gestellten Ziele untereinander klar sein, um nicht sich gegen-<br />
seitig ausschließende Zielsetzungen gleichzeitig zu verfolgen. Es handelt sich also um eine<br />
Mehrfachzielsetzung mit dem Hauptziel Wirtschaftlichkeit unter zunehmende Bedeutung des<br />
Faktors Mensch (vgl. Diensberg 1997: 119f.).<br />
Die standardmäßig zur Messung der Effizienz zugr<strong>und</strong>e gelegten Kriterien sind Kennzahlen:<br />
o Beteiligungsquote (Anteil eingereichter VV je 100 Teilnahmeberechtigte);<br />
o Annahmequote (Prozentsatz angenommener VV der eingereichten VV);<br />
o Durchführungsquote (Prozentsatz durchgeführter VV der angenommenen VV);<br />
7
o Nutzen-Kosten-Relation (z.B. Verhältnis von Netto-Einsparungen zu Gesamtkosten des<br />
BVW; Relation von Einsparungen zum Investitionsaufwand durchgeführter VV);<br />
o Einsatzbreite der VV (bereiche bzw. Objekte, auf die sich die VV beziehen, z.B. Verbesse-<br />
rung von Produkten, Unfallverhütung, Produktionsverfahren, Umweltschutz; die betriebs-<br />
übergreifende statistische Erfassung ist hier unzureichend; aus Zuordnungsproblemen wären<br />
auch Mehrfachzuordnungen zu erwarten). (ebd.: 125)<br />
Weitere als Indikatoren dienende Kennzahlen sind demnach: Anzahl der Mehrfacheinreicher,<br />
Anteil von Gruppenvorschlägen, Einsenderstruktur, Anteil patenfähiger VV <strong>und</strong> Bearbeitungs-<br />
dauer (vgl. ebd.).<br />
3.3 Humanitäre Ziele<br />
Der zweite große Zielkomplex sind die humanitären Ziele. In diesem Sinne wird BVW als In-<br />
strument der Personalführung genutzt. Unterziele sind hier z.B. Persönlichkeitsentfaltung, Ver-<br />
besserung der sozialen Beziehungen (Betriebsklima) <strong>und</strong> Förderung unternehmerischen Denkens<br />
<strong>und</strong> Handelns, Förderung der Selbstständigkeit, Erhöhung der Motivation, Teamentwicklung,<br />
Förderung von tätigkeits- oder sogar abteilungsübergreifender Zusammenarbeit (vgl. Diensberg<br />
1997: 119f. <strong>und</strong> üstra 2003). Es wird allgemein davon ausgegangen, dass sich eine Verbesserung<br />
in diesen Bereichen positiv auf die Arbeitsleistung der Beschäftigten auswirkt. Als Personalfüh-<br />
rungsinstrument könnte dem BVW eine Rolle für die Personalentwicklungsentscheidung zufal-<br />
len. Diese Möglichkeit wird in der Praxis allerdings kaum genutzt (vgl. Thom 1996: 34). Thom<br />
bemerkt dazu auch: „Hierfür müssen allerdings zunächst geeignete Kriterien entwickelt werden,<br />
um nicht die Chancengleichheit zu gefährden.“ (ebd.). Obwohl die Nutzung dieser Option noch<br />
nicht erfolgt ist doch zu sehen, dass „für den Ausbau des BVW in diese Richtung ein gewisser<br />
Konsensus vorliegen dürfte“ (ebd.). Breisig kritisiert hier, dass eine solche Praxis zur „Anhei-<br />
zung der Konkurrenz“ <strong>zwischen</strong> den Mitarbeitern führen könne <strong>und</strong> die Freiwilligkeit der Teil-<br />
nahme dann nicht mehr gegeben sei, da Teilnehmer vor Nicht-Teilnehmern <strong>und</strong> Moderatoren vor<br />
einfachen Teilnehmern „die Nase vorn haben“ (Breisig 1990: 444).<br />
3.4 Feststellbarkeit von Leistung bei einem BVW<br />
Sobald über die Forderung der Wirtschaftlichkeit mit wirtschaftlichen Effizienzindikatoren <strong>und</strong><br />
der Selbstkostentragung eines BVW hinaus das Ziel der Beteiligung möglichst vieler Mitarbeiter<br />
fokussiert wird, werden längerfristige wirtschaftliche Ziele angestrebt, d.h. das Wirtschaftlichkeit<br />
isoliert kaum feststellbar bleibt. Die oben angeführten Indikatoren können keinesfalls die Aus-<br />
wirkungen des Personalführungsinstrumentes BVW erfassen.<br />
8
Thom schlägt vor die Mitarbeiter bezogene BVW-Effizienz mit weiteren Kennzahlen zu berech-<br />
nen: „Reduktion von Unfällen durch Unfallverhütungs-VV, die Verringerung von Fluktuations-<br />
<strong>und</strong> Abwesenheitsraten in bestimmten Betriebsbereichen infolge von gezielten Betriebsklima-<br />
<strong>und</strong> Humanisierungs-VV, veranlasste Personalentwicklungsmaßnahmen für Arbeitnehmer mit<br />
(konstant) reger <strong>und</strong> qualifizierter BVW-Beteiligung [...], Zahl <strong>und</strong> Struktur der VV-Einreicher<br />
[...], Betriebszugehörigkeitsdauer, Geschlecht <strong>und</strong> Nationalität“ (1996: 37).<br />
Durch die Erweiterung auf langfristige <strong>und</strong> indirekte Ziele ist die Leistungsfähigkeit eines BVW<br />
kaum messbar, geringe Kennzahlwerte können auch auf Betriebsproblemen des Rahmens beru-<br />
hen (Widerstände im Unternehmen, Unbekanntheit des BVW, Art der Arbeitsorganisation). Bei<br />
einem BVW handelt es sich um ein ins Unternehmen eingeb<strong>und</strong>enes Beziehungsgeflecht, d.h.<br />
eindimensionale Effizienzmaßstäbe helfen nicht weiter (vgl. Diensberg 1997: 126). „Eine klare<br />
Isolierung sowie eine genaue Quantifizierung des durch die einzelnen Aktionsparameter erziel-<br />
ten Erfolges ist nicht möglich; komplexe Beziehungen (Interdependenzen) erschweren das bezif-<br />
fern der ohnehin nur schwer messbaren Wirkungszusammenhänge. Trotz dieser methodologi-<br />
schen Einwände kann das Management nicht auf die Kennzahlen des BVW verzichten. Derartige<br />
Effizienzberechnungen sind – wenn auch nicht über jeden Zweifel erhaben – als Orientierungs-<br />
größen unentbehrlich.“ (Thom 1996: 38).<br />
Es kann nicht ausbleiben zu registrieren, dass Thom lediglich eine Effizienz von BVW errechnen<br />
will. Es kann allerdings nicht darum gehen ein lokales Optimum in der Institution BVW zu er-<br />
zeugen, sondern darum eine für die gesteckten Ziele effektive Organisation zu entwickeln. Dazu<br />
gehört klar eine Verfolgung der beiden Hauptziele Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Humanisierung. Eine<br />
Effektivität muss unterschiedlich beurteilt werden, je nachdem welches Ziel als primär betrachtet<br />
wird. Für die Beurteilung dieser Effektivität können dann Kennzahlen eine Hilfestellung geben,<br />
sie können eine qualitative Situationsbewertung aber nicht ersetzen <strong>und</strong> kommen nicht ohne die-<br />
se aus.<br />
Da in dieser Arbeit die humanitären Ziele in den Mittelpunkt gestellt werden erfolgt auch die<br />
Auswahl der Aktionsparameter anders, als bei einer, wirtschaftliche Ziele in den Mittelpunkt<br />
stellenden, Arbeit. Effektivität wird hier also immer daran gemessen werden, was BVW zu einer<br />
Humanisierung der Arbeitsverhältnisse beitragen kann. Es wird also angenommen, dass es eine<br />
generelle Ausrichtung des BVW an wirtschaftlichen Zielen <strong>und</strong> Parametern gibt <strong>und</strong> Entwick-<br />
lungsbedarf vor allem in Bereichen der Personalführung <strong>und</strong> Integration des BVW in den Ge-<br />
samtbetrieb besteht.<br />
9
4. Ideenträger Mensch<br />
Das BVW betrachtet den Mitarbeiter als Träger von Ideen <strong>und</strong> als „Engpassfaktor“ (Diensberg<br />
1997: 39) im Innovationsprozess. Wir befinden uns hier im Bereich des Managements „innerer<br />
Wissenspotentiale“ (Schüppel 1996: 197 ff.). Schüppel empfiehlt für die Generierung einer Ü-<br />
bersicht die Erstellung einer Wissenslandkarte, in der benötigtes <strong>und</strong> vorhandenes Wissen als<br />
Meta-Wissen expliziert wird. So kann über Wissenspotentiale reflektiert werden. In ein solches<br />
Instrument ließe sich auch das BVW einordnen. Der Mitarbeiter ist dabei Träger von Ideen oder<br />
„relevanten Wissensbausteinen“ (Schüppel 1996: 197).<br />
Im Sinne eines Managements von „inneren Wissenspotentialen“ ist das BVW ein Vehikel für<br />
eine „Wissenslogistik“ (ebd. 205). Notwendig ist es besonders dann, wenn im Betrieb ansonsten<br />
nur vertikale Kommunikationsstrukturen vorherrschen <strong>und</strong> besonders effektiv, wenn durch<br />
Gruppenvorschlagwesen ein aktiver Austausch <strong>zwischen</strong> den Mitarbeitern geschaffen wird. Als<br />
Vorteile solcher Gruppenzusammenarbeit <strong>und</strong> des dadurch vonstatten gehenden Wissensaustau-<br />
sches nennt Schüppel, dass die einzelnen Sichtweisen <strong>und</strong> Wissensbasen der Beteiligten unmit-<br />
telbar aufeinander treffen, die verschiedenen Realitätsauffassungen des Tiefen-Wissens authen-<br />
tisch artikuliert werden können, ein Verständnis für die Sichtweise des jeweils anderen aufgebaut<br />
(Reziprozität), die begrenzte Lösungsmächtigkeit einzelner Wissensbasen im Gruppenkontext<br />
erhöht <strong>und</strong> die Umsetzung von getroffenen Entscheidungen durch die Beteiligung an der Ent-<br />
scheidungsfindung inhaltlich <strong>und</strong> zeitlich verbessert wird (vgl. ebd. 206).<br />
Beachtet werden muss hier auch, dass knowledge sharing nur horizontal funktioniert. Vertikal<br />
kann es in klassischen Unternehmensstrukturen lediglich zu knowledge forwarding kommen.<br />
Insofern bieten Gruppenarbeiten die (einzige) Möglichkeit diese Wissenspotentiale auszuschöp-<br />
fen.<br />
Gr<strong>und</strong>legend am Ansatz des BVW ist der Gedanke, dass der Mitarbeiter am Arbeitsplatz am<br />
besten weiß, was es an Problemen <strong>und</strong> Schwierigkeiten gibt <strong>und</strong> welche Änderungsmöglichkei-<br />
ten angebracht sind. Dieses Wissen soll genutzt werden. Dieses Wissen wird in der Literatur<br />
häufig als Kreativitätspotential im Sinne eines „Könnens“ betrachtet (vgl. Thom 1996: 45). Nun<br />
lässt sich diese Zuordnung zur reinen Könnenssphäre aber in Zweifel ziehen. Vielmehr kann das<br />
von den Mitarbeitern eingesetzte Wissen als „Produktionswissen“ (Breisig 1990: 561) also<br />
Handlungswissen im Allgemeinen bezeichnet werden. Mitarbeiter eignen sich das für die Einrei-<br />
10
chung von VV notwendige Wissen im Arbeitsprozess an. Demnach kann davon ausgegangen<br />
werden, dass prinzipiell die Voraussetzung des Könnens allein durch das Arbeiten erfüllt wird.<br />
Das BVW lässt aber häufig keine VV aus dem Gebiet des eigenen Arbeitsplatzes zu – mit einer<br />
Tendenz zur Veränderung. Gerade bei Gruppenvorschlagwesen wird diese Unterscheidung aber<br />
erschwert <strong>und</strong> hier Möglichkeiten für weitere VV geöffnet.<br />
Betrachtet man Innovationsprozesse auf der Basis von Mitarbeiterwissen, das persönliches Wis-<br />
sen ist <strong>und</strong> damit „implizites“ (Schüppel 1996: 197) oder tacit knowledge, ergibt sich eine neue<br />
Perspektive. Tacit knowledge ist eben Handlungswissen, es ist „expressed through action-based<br />
skills. It cannot be reduced to rules and recipes. Thus, it is hard to formalise, to record or even to<br />
articulate.“ (Spiliopoulou 2004). Gleichzeitig ist es „the basis of creativity and innovation“<br />
(ebd.). Um es möglichst gut <strong>und</strong> breit nutzbar zu machen muss es expliziert, d.h. in objektbasier-<br />
te (Produkte, technische Zeichnungen) oder prozessbasierte (Workflowprozesse, Normen, Re-<br />
geln) „knowledge assets“ (ebd.) übertragen werden. Bislang nutzt BVW diesen Ansatz wenig<br />
(zum Management expliziten Wissens ver-<br />
gleiche Schüppel 1996: 255ff. <strong>und</strong> den<br />
knowledge konversion cycle von Nonaka &<br />
Takeuchi 1995). In der Literatur wird Krea-<br />
tivität zumeinst nicht als „angeboren“ be-<br />
trachtet, sondern als die Fähigkeit „neuartige<br />
Zweck-Mittel-Verknüpfungen“ (Hauschildt<br />
1993: 241) aus zwei (oder mehr) Bekannten<br />
zu verbinden. Die von Thom so genannten<br />
„Fähigkeitsbarrieren“ bekommen mit dieser<br />
Interpretation einen neuen Charakter <strong>und</strong><br />
ermöglichen andere, vor allem sozialpsycho-<br />
logische, Ansatzpunkte.<br />
knowledge konversion cycle von Nonaka & Takeuchi<br />
1995. Wikipedia A.<br />
Das Verständnis von tacit knowledge basiertem BVW unterstützt zudem die Verbindung von<br />
BVW mit kontinuierlichen Verbesserungsprozessen (KVP) <strong>und</strong> KAIZEN-Ansätzen zu einem<br />
umfassenderen Ideenmanagement. Der Ansatz stellt die Wandlung von der großen Invention<br />
zum KVP in den Mittelpunkt der Betrachtung. Eben für solche KVP ist tacit knowledge die<br />
Gr<strong>und</strong>lage. In dieser Konsequenz wäre ein Ideenmanagement sogar einem betrieblichen Wis-<br />
11
sensmanagement unterzuordnen, dass Wissen Mitarbeiter basiert betrachtet <strong>und</strong> von diesen aus-<br />
gehend Wissen für das Unternehmen explizit zur Verfügung stellt.<br />
Ein solcher Ansatz muss aber auch voraussetzen, dass BVW nicht als „genehmigtes Mitdenken“<br />
(Diensberg 1990: 113) nur in einem gewissen vorgegebenen Rahmen, Verwendung finden soll.<br />
Es darf nicht eingesetzt werden, um Fehler des Systems zu kaschieren <strong>und</strong> eine formale Rück-<br />
versicherung des Managements Gelegenheit zum Mitdenken gegeben zu haben, sein. Wird ver-<br />
sucht die Unzuständigkeit der Mitarbeiter durch Belohnung zu kaschieren, so ist ein am Mitar-<br />
beiter als Ideenträger ausgerichtetes BVW fehlgegangen.<br />
5. Rahmenbedingungen schaffen<br />
In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Faktor Mensch <strong>und</strong> dem Humanisierungsaspekt. Dafür<br />
sollen Rahmenbedingungen dargestellt werden, die für dafür förderlich sind.<br />
Strukturelle Erklärungen sind so wichtig, weil nur sie zu den tiefen Ursachen des Verhaltens vor-<br />
stoßen <strong>und</strong> dadurch Veränderungen der Verhaltensmuster möglich machen. Die Struktur erzeugt<br />
das Verhalten, deshalb kann eine Veränderung der gr<strong>und</strong>legenden Strukturen neue Verhaltens-<br />
muster hervorbringen. In diesem Sinn sind strukturelle Erklärungen in sich generativ. Da die<br />
Struktur in menschlichen Systemen außerdem die ‚operativen Regeln’ der Entscheidungsträger in<br />
diesem System mit einschließt, führt eine Umgestaltung unserer Entscheidungsprozesse zu einer<br />
Umgestaltung der Systemstruktur. (Senge 1990: 70)<br />
Es gilt das BVW in eine Gesamtkonzeption einzubinden <strong>und</strong> ganzheitlich im Unternehmen zu<br />
betrachten. In diesem Zusammenhang gilt es die Gr<strong>und</strong>voraussetzungen für ein gutes oder im<br />
Sinne dieser Arbeit „effektives“ BVW zu klären. BVW kann sein Leistungspotenzial als Perso-<br />
nalführungsinstrument nur unter bestimmten Rahmenbedingungen entfalten. Diese organisatio-<br />
nalen Rahmenbedingungen sollen im Folgenden diskutiert werden.<br />
Thom unterscheidet in der nebenstehenden Grafik <strong>zwischen</strong> unmittelbaren <strong>und</strong> mittelbaren Akti-<br />
onsparametern. Ausgehend von den Randbedingungen soll hier der Einsatz der mittelbaren Ein-<br />
flussmöglichkeiten auf die BVW-Effektivität untersucht werden. Thom hat seine Grafik zwar auf<br />
die Effizienz eines BVW ausgelegt, die Aktionsparameter können aber auch für eine Effektivi-<br />
tätsausrichtung nützlich sein. Dies gilt insbesondere für die von Thom als ‚Randbedingungen’<br />
<strong>und</strong> ‚mittelbare Aktionsparameter’ bezeichneten Größen. Hier können Zieldefinitionen <strong>und</strong><br />
Gr<strong>und</strong>lagen geschaffen werden. Eine Beschäftigung mit verschiedenen ‚unmittelbaren Aktions-<br />
parametern’ erfolgt später gesondert.<br />
Damit das BVW nicht das Ansehen einer sozialen (Hilfs-)Einrichtung erhält, sondern Aufnahme<br />
in das Instrumentarium der Betriebsführung findet, sollte schon in den Ziel- <strong>und</strong> Strategieformu-<br />
12
lierungen allen Unternehmensmitgliedern verständlich gemacht werden [...], dass ein BVW-<br />
Engagement im Interesse der Entwicklung des Betriebes <strong>und</strong> jedes einzelnen Mitarbeiters sehr<br />
willkommen ist <strong>und</strong> entsprechende Anerkennung erfährt. Gestützt wird dieses Signal an die Mit-<br />
arbeiter durch eine innovationsförderliche Gestaltung der Organisationsstruktur <strong>und</strong> des Füh-<br />
rungsstils [...]. (Thom 1996: 123)<br />
Bezugsrahmen zur Erklärung der BVW-Effizienz (Quelle: Thom 1996: 122)<br />
Eine ausführlichere Beschäftigung mit diesen Gr<strong>und</strong>lagen der Organisationstheorie ist sinnvoll,<br />
da der Mensch der „Engpassfaktor“ (Diensberg 1997: 39) im BVW ist – es bringt nichts an<br />
Punkten nach Veränderung zu streben, die nicht systemkritisch sind <strong>und</strong> an denen sich Verbesse-<br />
rungen nicht auswirken, weil an anderen Stellen der Systemdurchsatz geringer ist <strong>und</strong> nur<br />
scheinbare Mehrkapazitäten geschaffen werden.<br />
5. 1 Anpassung <strong>und</strong> Konkurrenz<br />
Die das BVW nutzende Organisationsentwicklung ist hier auf den Gr<strong>und</strong>annahmen der Kontin-<br />
genztheorie (Anpassung der Organisation an das Umfeld) basierend, wonach „bei ständigen Ver-<br />
änderungen der Umwelt (wenn also sich verändernde Technologie <strong>und</strong> Marktbedingungen neue<br />
Probleme <strong>und</strong> Anforderungen hervorbringen) offene <strong>und</strong> flexible Management- <strong>und</strong> Organisati-<br />
onsformen notwendig sind“ (Morgan 1997:66). Hervorstechend ist bei dieser Herangehensweise<br />
die Unterscheidung in mechanische <strong>und</strong> organische Organisationsformen. Demnach ist die güns-<br />
tigste Organisationsform von der Veränderungsgeschwindigkeit <strong>und</strong> –stärke der Umwelt abhän-<br />
gig. Es lässt sich festhalten, dass „effektive Organisation von der Entwicklung zusammenhän-<br />
gender Beziehungen innerhalb der Struktur abhängt, weiterhin vom Alter, von der Größe <strong>und</strong> der<br />
13
Technologie eines Unternehmens <strong>und</strong> den Bedingungen des Industriezweiges, in dem es tätig<br />
ist“ (ebd. 75). Eine Kunstseidenfabrik hat demnach einen geringeren Innovationsbedarf als etwa<br />
eine Elektronikfirma. Je größer der Anpassungsbedarf durch sich verändernde Umweltbedingun-<br />
gen ist, desto organischer <strong>und</strong> offener sollte die Organisationsstruktur sein. Demnach macht es<br />
also keinen Sinn pauschal offene <strong>und</strong> gering hierarchisch strukturierte Unternehmen mit partizi-<br />
pativem Führungsstil zu fordern, sondern dies muss von der Umgebung <strong>und</strong> der Konkurrenz des<br />
jeweiligen Betriebes abhängig gemacht werden. Zur Einordnung eignet sich z.B. die knowledge<br />
map nach Tiwana. Mit ihrer Hilfe lässt sich der Stand des Unternehmens gegenüber der Konkur-<br />
renz bestimmen <strong>und</strong> Bedarf an innovativem Wissen feststellen.<br />
Market<br />
leader<br />
Innovator<br />
The knowledge of the company<br />
innovative<br />
advanced<br />
core<br />
core advanced innovative<br />
The knowledge of the competitor(s)<br />
Knowledge map nach Tiwana 2000 zitiert nach Spiliopoulou 2004<br />
Aus der Sicht des BVW jedoch sind offene Kommunikation <strong>und</strong> flache Hierarchien Hilfreich.<br />
Beim BVW geht es gerade um den Umgang mit Wissen, vor allem neuen <strong>und</strong> innovativen Ideen.<br />
Zumindest dieser Teil des Betriebes als Subsystem benötigt also organische Strukturen, um effi-<br />
zient arbeiten zu können. Die Funktionalität eines BVW ist wesentlich abhängig von seiner An-<br />
passungsfähigkeit <strong>und</strong> dem freien Umgang mit Wissen. Dies wird durch bürokratische Struktu-<br />
ren gehemmt <strong>und</strong> ein freier Wissensfluss verhindert. Zu Matrixorganisationsformen hingegen<br />
schreibt beispielsweise Morgan, dass sie „flexibles, innovatives <strong>und</strong> anpassungsfähiges Verhal-<br />
ten“ (Morgan 1997: 78) fördern. Sie bieten darüber hinaus die „Möglichkeit, die Grenzen des<br />
Spezialistentums zu überwinden.“ Dies sind genau die Voraussetzungen, die für die Nutzung<br />
innovativer Wissenspotentiale/tacit knowledge fördernd wirken.<br />
Capable competitor<br />
Straggler<br />
Risky<br />
player<br />
14
Morgan hat zur Kongruenz <strong>und</strong> Inkongruenz von Organisationssubsystemen ein Profil von Or-<br />
ganisationsmerkmalen erarbeitet, mit dem sich verdeutlichen lässt, ob die einzelnen Organisati-<br />
onssubsysteme zueinander <strong>und</strong> zu den Anforderungen des Umfeldes passend gestaltet sind. Für<br />
die Anforderungen eines dynamischen <strong>und</strong> unvorhersehbaren Umfeldes benennt er die passen-<br />
den Merkmale als (vgl. ebd. 86):<br />
Organisationssubsystem Merkmal<br />
Strategisch Aktive Erschaffung eines Lernsystems<br />
Technologisch Komplexe Rollen, die hohes Unterscheidungsvermögen erfordern<br />
Menschlich/kulturell Selbstverwirklichende Arbeitseinstellung<br />
Strukturell Organisch<br />
Management Demokratisch (Theorie Y)<br />
Wenn aber eine ganzheitliche Einbettung des BVW in das Unternehmen gefordert wird, dann<br />
muss dies auch dessen Gr<strong>und</strong>anpassung berücksichtigen <strong>und</strong> darf nicht allein von den Bedürfnis-<br />
sen des BVW ausgehen. Wenn die Umwelt eines Unternehmens also im Gegenteil zu den eben<br />
aufgeführten Parametern eine mechanische Organisationsform erfordert, dann kann ein klassi-<br />
sches <strong>und</strong> traditionell ausgestaltetes BVW durchaus passender sein als der Versuch ein zweites<br />
<strong>und</strong> komplett anders strukturiertes Subsystem einzuführen <strong>und</strong> parallel zu etablieren. An dieser<br />
Stelle verlassen wir die Betrachtung solcher Fälle <strong>und</strong> widmen uns im weiteren Verlauf der Ar-<br />
beit organisch strukturierten Unternehmen. Das bedeutet nicht, dass mechanische Organisationen<br />
keinen Bedarf an BVW hätten, sondern lediglich, dass die Ausgestaltung dort bereits etablierten<br />
Strukturen folgen kann.<br />
5.2 Unternehmenskultur <strong>und</strong> -führung<br />
Die Unternehmenskultur als soziales System des Unternehmens beruht auf geteilten Werten <strong>und</strong><br />
Normen, Ritualisierungen des Handelns, verleiht damit Handlungen Sinn <strong>und</strong> Bedeutungen, ih-<br />
ren Ausdruck findet sie in Kommunikation (vgl. Baecker 1999: 3367ff.) <strong>und</strong> Betriebsklima.<br />
Gr<strong>und</strong>lage der Unternehmenskultur ist das kollektive Gedächtnis des Unternehmens, also die<br />
erinnerte Geschichte. Sie wird ständig durch die Handlungsträger im Unternehmen neu geschaf-<br />
fen <strong>und</strong> weiterentwickelt. „Kultur ist keineswegs etwas, das sozialen Gegebenheiten aufoktroy-<br />
iert wird, sie entwickelt sich vielmehr während einer sozialen Interaktion.“ (Morgan 1997: 179)<br />
Die Innovationsbereitschaft stellt im Rahmen der Unternehmungskultur einen eigenständigen<br />
Wert dar. Mit der Verankerung der Innovationsbereitschaft in der Unternehmungskultur erhält<br />
diese ein dynamisches Element, das Veränderungen in den relevanten Umsystemen antizipiert<br />
15
<strong>und</strong> zur Weiterentwicklung der Unternehmungskultur anregt [...], d.h. die existierenden Werte<br />
werden regelmäßig hinterfragt, <strong>und</strong> es wird damit einer Verkrustung entgegengewirkt. Um dies<br />
zu erreichen, müssen die Mitarbeiter lernen, dass die Innovationsbereitschaft eine wesentliche<br />
Tugend des Systems ist <strong>und</strong> als eigener Wert akzeptiert wird. Die Organisation wird folglich als<br />
ein lernfähiges System aufgefasst. (Corsten 1989: 13)<br />
Bei der Unternehmenskultur handelt es sich zwar prinzipiell um gemeinsame Werte, allerdings<br />
kommt dem Management als Urheber <strong>und</strong> Initiator solcher Werte eine besondere Rolle zu. Es ist<br />
in der Lage Werte vorzugeben, die erst noch zu gemeinsamen Werten entwickelt werden (vgl.<br />
Breisig 1990: 526). Das Management hat diese führende Rolle in der Schaffung von Unterneh-<br />
menskultur inne, da es im Beziehungsgeflecht der Interaktionen eine wichtige Stellung ein-<br />
nimmt. Es ergibt sich eine Vorbildfunktion der Führungskräfte: „Unweigerlich scheinen doch die<br />
Einstellungen <strong>und</strong> Visionen der Führungsspitze einen bedeutenden Einfluss auf das Ethos <strong>und</strong><br />
das Bedeutungssystem zu haben, von dem die gesamte Organisation geprägt ist.“ (Morgan 1997:<br />
178).<br />
Aus den oben mit Morgan dargelegten Ausführungen über organische Unternehmensstrukturen<br />
ergibt sich unter anderem, dass BVW als Personalführungsinstrument nicht sinnvoll ist, wenn<br />
dabei von den Führungskräften ein auf der Theorie X nach McGregor beruhendes Menschenbild<br />
zugr<strong>und</strong>e gelegt wird. Theorie X als pessimistisches Menschenbild mit Schlussfolgerung von<br />
klar autoritärer Führung passt nicht zu einer organischen Organisationsstruktur. Theorie Y hin-<br />
gegen geht von Spieltrieb <strong>und</strong> Kreativität der Mitarbeiter aus (vgl. McGregor 1960). Ein solches<br />
Verständnis sollte einer Führung zugr<strong>und</strong>e liegen, wenn sie BVW erfolgreich einsetzen will.<br />
Aus dieser Gr<strong>und</strong>einstellung gegenüber den Mitarbeitern sollte ein Führungsstil folgen, der Of-<br />
fenheit, Kommunikation <strong>und</strong> Partizipation unterstützt. Dies zeigt sich z.B. im kooperativen Füh-<br />
rungsstil nach Lewin oder in den drei am meisten an Kooperation ausgerichteten Führungsstilen<br />
nach Tannenbaum <strong>und</strong> Schmidt, die kooperative autoritären Führungsstilen gegenüber stellen:<br />
o Vorgesetzter zeigt das Problem, erhält Lösungsvorschläge <strong>und</strong> entscheidet<br />
o Vorgesetzter gibt Grenzen an <strong>und</strong> fordert die Gruppe auf zu entscheiden<br />
o Vorgesetzter gestattet den Mitarbeitern in systembedingten Grenzen zu handeln<br />
Vroom <strong>und</strong> Yetton wiederum unterscheiden verschiedene Arten der Mitarbeiterpartizipation, von<br />
denen wiederum die Formen 3-5 passend erscheinen.<br />
16
o Partizipationsform III: Diskussion des Entscheidungsproblems mit einzelnen Mitglie-<br />
dern, Aufnahme von Ideen, Entscheidung des Vorgesetzten<br />
o Partizipationsform IV: Diskussion in Gruppensitzung, Aufnahme von Ideen Entschei-<br />
dung des Vorgesetzten<br />
o Partizipationsform V: Diskussion in Gruppensitzung, Vorgesetzter ist Moderator,<br />
Gruppe entscheidet<br />
Senge unterscheidet allerdings noch einmal <strong>zwischen</strong> partizipativer Offenheit als symptomati-<br />
sche Lösung des Problems <strong>und</strong> reflexiver Offenheit (1990: 339). Bei partizipativer Offenheit<br />
dürfen zwar alle Mitreden, aber keiner hört dem anderen zu. Ideen, Vorschläge <strong>und</strong> Diskussio-<br />
nen müssen also auch reflexiv eingeb<strong>und</strong>en werden, um ein Klima wirklicher Offenheit im Be-<br />
trieb zu schaffen. Hilfsmittel dazu können Freiheit <strong>und</strong> Fehlertoleranz, Dialog, Reflexion <strong>und</strong><br />
Erk<strong>und</strong>en sein (vgl. ebd. 333ff.).<br />
Ihre Äußerung müssen diese Ansätze <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>sätze z.B. in Unternehmensleitlinien <strong>und</strong> dem<br />
alltäglichen Umgang der Mitar-<br />
beiter <strong>und</strong> der Führungskräfte<br />
untereinander <strong>und</strong> miteinander<br />
finden.<br />
6. Innovationsinstrumente-<br />
Mix<br />
6.1 Die Rolle des BVW im Inno-<br />
vationsinstrumenten-Mix<br />
Die verschiedenen Innovationsin-<br />
strumente sind wie die nebenste-<br />
hende Grafik darstellt eng mit<br />
dem BVW verknüpft. BVW bildet<br />
für viele spätere Vorgänge die<br />
Basis. Es ist „Ideenlieferant“ <strong>und</strong><br />
„Ideenbank“. Erst mit dem Inno-<br />
vationsinstrumente-Mix kann<br />
Innovationsinstrumente-Mix. Quelle: Thom 1996: 128<br />
17
auch eine Umsetzung der Ideen in Angriff genommen werden. Der Innovationsinstrumente-Mix<br />
betrachtet also den kompletten Prozess vom Problem über die Idee bis zur umgesetzten Innovati-<br />
on.<br />
Ideenmanagement lässt sich als Weiterentwicklung des BVW mittels der Zusammenfassung<br />
(auch in organisatorischer Hinsicht) aller betrieblichen Aktivitäten im Bereich des BVW, der<br />
Qualitätszirkel, Wertanalyse <strong>und</strong> des Patentwesens verstehen (vgl. Thom 1996: 127 <strong>und</strong> Thom<br />
2003). Auf einige der Instrumente soll hier kurz eingegangen werden.<br />
6.2 Problemfindung <strong>und</strong> Kreativitätstechniken<br />
Verortung der Instrumente eines Innovationsinstrumente-Mixes<br />
PE: Personalentwicklung<br />
GPO: Geschäftsprozessoptimierung<br />
HRM: Human Resource Management<br />
LO: Lernende Organisation<br />
WissM: Wissensmanagement<br />
Linke Seite/Einzelmaßnahmen: ‚Insuläres’<br />
Ideenmanagement<br />
Rechte Seite/kontinuierlicher Prozess:<br />
Stragegisch-integratives Ideenmanagement<br />
Quelle: H. Willke 1997 nach Alten 2003<br />
Um zu einer Ideengenerierung zu gelangen muss zuerst ein Problem offenbar werden. Teilweise<br />
werden Innovationsmanagement <strong>und</strong> Kreativitätstechniken fast ausschließlich unter der Perspek-<br />
tive der Problemfindung, -aufdeckung <strong>und</strong> -analyse betrachtet. Dabei handelt es sich dann aller-<br />
dings weder um Innovationen noch um wirkliche Kreativitätstechniken. Einen vor allem auf Pra-<br />
xisleitfäden aufgebautes Buch (für Selbstständige mit Klein(st)unternehmen <strong>und</strong> anderweitig<br />
Interessierte, Anm. d. V.) ist Heinold (1989). Eine umfassende Sammlung von Problemanalyse-<br />
<strong>und</strong> –lösungstechniken findet sich bei Higgins <strong>und</strong> Wiese (1996). Wobei letzteres teilweise recht<br />
skurrile Ansichten von Kreativitätstechniken aufzeigt: „Hören Sie Musik!“ <strong>und</strong> „Schlafen Sie<br />
darüber / Träumen Sie davon“. Die sogenannten ‚Kreativitätstechniken’ leisten zwar keinen kre-<br />
ativen Sprung, sie sind als Problemlösungstechniken aber gut geeignet. Hier befinden wir uns im<br />
18
Bereich derjenigen, die immer noch glauben Brainstorming wäre eine Kreativitätstechnik (, dass<br />
es auch anders geht beweist Schnetzler 2004).<br />
6.3 Communities of Innovation<br />
Ein sinnvolles Instrument, um starke <strong>und</strong> langwierige Innovationsprozesse zu beschleunigen sind<br />
Communities of Innovation (CoI). Hier treffen Mitarbeiter freiwillig <strong>und</strong> selbstorganisiert aus Inte-<br />
resse an einem Thema zusammen <strong>und</strong> entwickeln im informellen Erfahrungsaustausch Ideen zu<br />
neuen Produkten, Methoden <strong>und</strong> Prozessen. (Schloen/Rüger 2004: 24)<br />
CoI dienen dem Austausch von implizitem Erfahrungswissen. Implizites Wissen ist personenge-<br />
b<strong>und</strong>en <strong>und</strong> beruht im Wesentlichen auf subjektiven Einsichten <strong>und</strong> Einstellungen. Es ist deshalb<br />
schwer beschreibbar <strong>und</strong> schwer zu explizieren. Wie bereits festgestellt worden ist, hat implizites<br />
Wissen ein hohes Innovationspotenzial.<br />
Die Randbedingungen nach Schloen <strong>und</strong> Rüger für CoI sind:<br />
- Das persönliches Interesse am Thema <strong>und</strong> am Erfahrungsaustausch, d.h. intrinsisch moti-<br />
viertes Engagement.<br />
- Ein hoher Selbstorganisationsgrad (prinzipiell Hierarchiefrei)<br />
- Der Aufbau von Vertrauen <strong>zwischen</strong> den Community-Mitgliedern<br />
- Die freiwillige Teilnahme<br />
Die für den Erfolg wichtigen Faktoren <strong>und</strong> Aktionsparameter des Managements sind:<br />
- erfahrene Mitarbeiter als Community-Leiter identifizieren <strong>und</strong> motivieren.<br />
- Vertrauensbildung <strong>zwischen</strong> den Community-Mitgliedern unterstützen.<br />
- Im Unternehmen bekannt machen, erfolgreiche Beispiele kommunizieren<br />
- Die notwendigen (zeitlichen) Freiräume gewähren.<br />
- (Teil-)Ergebnisse mit den operativen Prozessen im Unternehmen verknüpfen.<br />
Obwohl die Teilnahme an CoI freiwillig ist, so sind sie doch ergebnisorientiert. Es besteht Be-<br />
richtspflicht der Initiatoren gegenüber dem Management <strong>und</strong> es werden gemeinsame Zielverein-<br />
barungen getroffen. Dafür erhalten die Teilnehmer Arbeitszeit <strong>und</strong> andere Ressourcen für ihr<br />
Engagement innerhalb der CoI.<br />
CoI ähneln sehr stark informellen Vorschlagsgruppen des BVW <strong>und</strong> Qualitätszirkeln, sie sind<br />
allerdings über die Arbeitszeit anrechenbar <strong>und</strong> etwas strukturierter. Letztendlich sind sie ein<br />
Hybrid <strong>zwischen</strong> formeller <strong>und</strong> informeller Vorschlagsgruppe, mit Konzentration auf den Um-<br />
setzungsprozess.<br />
19
„Eine direkte Messung, welchen Nutzen eine Community of Innovation dem Unternehmen<br />
bringt, ist weiterhin nur schwer durchführbar <strong>und</strong> liefert im Zweifelsfall nur Scheingenauigkeiten<br />
oder sogar falsche Resultate.“ (ebd. 28) CoI beweisen ihren Nutzen, wie auch auf Personalmana-<br />
gement ausgerichtetes BVW, eher durch indirekte Faktoren als durch klar definierbare Kennzah-<br />
len.<br />
6.4 Qualitätszirkel<br />
Eine Kombination von Einreichergemeinschaften bzw. –gruppen mit Qualitätszirkeln (QZ)<br />
scheint sinnvoll, da beide – besonders, wenn man die Entwicklungen hin zum KAIZEN berück-<br />
sichtigt, sich zunehmend ähneln <strong>und</strong> Überschneidungen aufweisen. QZ sind allerdings im Ge-<br />
gensatz zu Vorschlagsgruppen des BVW zumeist formell strukturiert <strong>und</strong> nicht zwangsläufig<br />
freiwillig. (Zum Konzept der QZ vgl. Breisig 1990: 423-475, Diensberg 1997: 141ff. <strong>und</strong> Thom<br />
1996: 117-120, 124.)<br />
6.5 Kontinuierliche Verbesserungsprozesse (KVP) <strong>und</strong> KAIZEN<br />
Die aus Japan stammende Philosophie der kontinuierlichen, kleinsten Verbesserung (am eigenen<br />
Arbeitsplatz), des KAIZEN ist eine Verbesserung in kleinen Schritten, die nicht die große Neue-<br />
rung fokussiert, sondern eine ständige Verbesserung in allen Bereichen anstrebt.<br />
Kaizen ist prozessorientiert. Das setzt eine Abkehr von der reinen Ergebnisorientierung ab. Im Zuge<br />
dieser Umgestaltung des Unternehmens muss jeder einzelne Prozess analysiert werden. Die Hin-<br />
wendung zur Prozessorientierung muss von der Leitung vorgelebt <strong>und</strong> von den Mitarbeitern nach-<br />
vollzogen werden. Nur dann ist sichergestellt, dass jeder Mitarbeiter die von ihm durchgeführten<br />
Prozesse selbständig auf eventuelle Fehler überwacht <strong>und</strong> auf der Basis seiner Prozesskenntnis wei-<br />
tere Verbesserungen initiiert. So können langsam <strong>und</strong> in vielen einzelnen Schritten die Prozesse ver-<br />
bessert <strong>und</strong> damit auch die Qualität des Endproduktes gesteigert werden. Dieser Prozess muss sich<br />
immer wiederholen, nur dann funktioniert Kaizen. (Wikipedia B)<br />
KVP sind also vor allem im Sinne eines Qualitätsmanagements ausgerichtet <strong>und</strong> nutzbar.<br />
Das BVW im Sinne dieser Managementtradition einzusetzen hat in der Vergangenheit zuge-<br />
nommen. Teilweise wird diese Zusammenstellung des Ideenmanagements als „europäische Va-<br />
riante“ bezeichnet, da sie den „Gruppengeist“ nicht bereits voraussetze, sondern dem westlichen<br />
Individualismus <strong>und</strong> der Bereitschaft zum Wettbewerb entgegenkomme (vgl. DIB et al.: 5).<br />
20
Im Zuge dieser Veränderungen wurde auch mit der traditionellen Regel, dass VV aus dem eige-<br />
nen Arbeitsplatzbereich nicht prämiert werden, vielfach gebrochen. Die in<strong>zwischen</strong> häufigere<br />
Anerkennung von, zur eigenen Tätigkeit gehörenden, VV ist auch der zunehmend schwieriger<br />
werdenden Abgrenzung, vor allem bei Gruppenvorschlägen, geschuldet.<br />
6.6 Technisches Wissensmanagement<br />
Technisches Wissensmanagement dient vornehmlich zur datenbankbasierten Speicherung <strong>und</strong><br />
Bearbeitung von VV <strong>und</strong> zur einfacheren Handhabung des BVW (bzw. umfassender: des Infor-<br />
mationsflusses im Unternehmen). Die Daten aus einem BVW können in eine integrierte Informa-<br />
tionsverarbeitung mit eingegeben werden um so Synergieeffekte aus bereichsübergreifender Da-<br />
tennutzung zu ziehen <strong>und</strong> Kennzahlen für das Unternehmen zu berechnen, die ohne diese ge-<br />
sammelten Daten nicht berechenbar wären. Das BVW kann mit Hilfe des technischen Wissens-<br />
managements effizienter gemacht werden, z.B. kann bereits bei der Eingabe eines neuen VV<br />
aufgezeigt werden, wenn dieser bereits eingespeist wurde oder insgesamt die Bearbeitungszeit<br />
gesenkt werden.<br />
Beispielsweise werden Eingangsbestätigungen, Aufforderungen zur Bewertung an einzelne Gutach-<br />
ter oder an Evaluierungsausschüsse <strong>und</strong> Mitteilungen an die einreicher ausgegeben. Bei Termin-<br />
überschreitungen können die Gutachter automatisch erinnert werden. Im Zentrum eines solchen Sys-<br />
tems steht ein Vormerkspeicher, der nach dem Eintreffen des betrieblichen Verbesserungsvorschlags<br />
eröffnet <strong>und</strong> in dem jeder Bearbeitungsschritt festgehalten wird. Durch Auswertung des Vormerk-<br />
speichers erhalten Führungskräfte Hinweise auf betriebliche Schwachstellen, die in der Mitarbeiter-<br />
schaft bekannt sind. (Mertens 2004: 265).<br />
Gut geeignet ist eine solche Form der Datenerfassung auch, um die Verwaltung der VV bei ei-<br />
nem dezentralen BVW zu gewährleisten, etwa dem Vorgesetztenmodell. So kann der Zugriff auf<br />
alle VV gewährleistet werden oder eine zentrale Kontrolle erfolgen.<br />
Die Daten der VV können dann bei ihrer Weiterentwicklung den anschließenden Stellen des I-<br />
deen- <strong>und</strong> Innovationsmanagements zur Verfügung gestellt <strong>und</strong> auf ihre Patentfähigkeit über-<br />
prüft werden. So kann auch ohne die entsprechende Sachkenntnis des bearbeitenden Mitarbeiters<br />
eine entsprechende Meldung des Systems bei in Frage kommenden VV an die zuständigen Be-<br />
triebsstellen weitergeleitet werden.<br />
21
Mitarbeiter Input von Lieferanten, K<strong>und</strong>en usw.<br />
7. Innovationsmanagement: Phasen, Prozesse, Instrumente, Methoden*<br />
Problem Idee Invention Innovation<br />
KAIZEN/<br />
KVP<br />
TQM<br />
Problemlösungstechniken <br />
Communities<br />
of<br />
practise<br />
Vorantreiben des Prozesses durch Promotoren (Fach-, Macht<strong>und</strong><br />
Prozesspr.)<br />
Quelle/Senke<br />
Prozess/Werkzeug<br />
>Konvergenter Prozess<br />
< Divergenter Prozess<br />
Kreativitätstechniken<br />
BVW<br />
QZ<br />
Nutzenprüfung <br />
Communities<br />
of Innovation <br />
Problemlösungstechniken<br />
F & E<br />
Projekt management<br />
Produktplanung<br />
& -<br />
entwicklung<br />
Patentwesen <br />
Marktchancen<br />
bewerten<br />
Begleitender Informationsfluss durch technisches Wissensmanagement/integrierte<br />
Informationsverarbeitung<br />
Markteinführung<br />
Produkt-, Verfahrens<br />
<strong>und</strong> Sozialinnovationen<br />
> < > <<br />
* ohne Anspruch auf Vollständigkeit<br />
22
8. Ausgestaltung des BVW<br />
An dieser Stelle werden die Arten <strong>und</strong> verschiedenen Modelle der Ausgestaltung von BVW be-<br />
trachtet. Die Implementierung eines BVW ist eine Daueraufgabe – Ideenfindung <strong>und</strong> Verbesse-<br />
rungen müssen zum kontinuierlichen Prozess werden. Es bedarf einer Routine im Kreativsein.<br />
Dazu bedarf es Institutionen des BVW, also ein formelles BVW. Informelle Arten des Vor-<br />
schlagswesens finden sich vor allem in kleineren Unternehmen, werden hier aber nicht weiter<br />
thematisiert. Die Organisation wird nach verschiedenen Modellen (zentral, dezentral, mit <strong>und</strong><br />
ohne Gruppenvorschläge) getrennt in ihrem Ablauf <strong>und</strong> Aufbau dargestellt. Den Beschreibungen<br />
der Modelle sind zu diesem Zweck Ablaufschemata beigestellt. Die Ausführungen folgen den<br />
Argumentationen von Thom (1996) <strong>und</strong> den Modellen, die das Deutsche Institut für Betriebwirt-<br />
schaft (www.dib.de, DIB A, B <strong>und</strong> C) aufgestellt hat.<br />
8.1 Mitbestimmung durch den Betriebsrat<br />
Generell soll diesem Abschnitt vorweg gestellt werden, dass auf Gr<strong>und</strong>lage von § 87 Abs. 1<br />
BetrVG ein mitspracherecht des Betriebsrates besteht.<br />
Mitbestimmungspflichtig ist<br />
1. Definition des VV<br />
2. Aufbau <strong>und</strong> allgemeine Organisation des BVW<br />
3. Ausgestaltung des Einreichungsverfahrens<br />
4. Festlegung der Teilnehmer/innen<br />
5. Prämienregelung <strong>und</strong> Bewertungsmaßstäbe<br />
Mitbestimmungsfrei ist hingegen<br />
1. Schutzfähige Arbeitnehmererfindungen<br />
2. Bestellung der Organmitglieder<br />
3. Entscheidung über das Budget für das BVW<br />
4. Festlegung der Prämienhöhe<br />
5. Prämiengewährung für nicht genutzte VV<br />
6. Festlegung der Prämienhöhe im Einzellfall<br />
7. Einbeziehung leitender Angestellter<br />
(Mitbestimmungspflichtige <strong>und</strong> freie Bereiche nach Alten 2003)<br />
Diese mit dem Betriebsrat gemeinsam vorgenommene Ausgestaltung des BVW muss in einer<br />
Betriebsvereinbarung festgehalten werden. Beispiele für Betriebsvereinbarungen (nach dem<br />
zentralen <strong>und</strong> nach dem dezentralen Modell) finden sich im Anhang.<br />
23
Es empfiehlt sich aber, auch über die Notwendigkeit der Mitsprache auf gesetzlicher Gr<strong>und</strong>lage<br />
hinaus, den Betriebsrat frühzeitig <strong>und</strong> umfassend mit einzubinden, da dies Vertrauen schafft <strong>und</strong><br />
förderlich für die Unternehmenskultur ist. Thom konstatiert bei einer gelungenen Einbindung des<br />
Betriebsrates einen positiven Einfluss auf die VV <strong>und</strong> deren Anzahl (vgl. Thom 1996: 86). Be-<br />
rücksichtigt werden muss dabei auch, dass es andernfalls auch zu einem gr<strong>und</strong>legenden Interes-<br />
sensgegensatz aufgr<strong>und</strong> von mentalen Modellen <strong>zwischen</strong> Arbeitgebern <strong>und</strong> Arbeitnehmern<br />
kommen kann. Die hierbei auftauchenden Probleme werden z.B. von Breisig diskutiert (1990:<br />
561ff.).<br />
8.2 Traditionelles oder zentrales Modell<br />
Zentral für das Funktionieren dieses Modells<br />
ist die Unterstützung durch das Topmana-<br />
gement (was nicht heißt, dass dies bei den<br />
anderen Modellen nicht auch wichtig wäre),<br />
betont wird dies z.B. bei Thom (1996: 79).<br />
Die Aufbauorganisation des zentralen Mo-<br />
dells verläuft parallel zur eigentlichen Un-<br />
ternehmenshierarchie. Dies kann vorteilhaft<br />
sein, weil so Konflikte in den normalen Hie-<br />
rarchieebenen umgangen werden, führt aber<br />
auch zu einem sehr stark formalisierten<br />
BVW.<br />
Einreicher sind normalerweise ausschließ-<br />
lich aus unteren Hierarchieebenen zugelas-<br />
sen. Eine Einreichung erfolgt bei diesem,<br />
Zentrales BVW. Quelle: DIB C<br />
wie auch den anderen Modellen, schriftlich oder mündlich beim BVW-Beauftragten.<br />
Knotenpunkt des zentralen BVW ist der BVW-Beauftragte. Er ist entweder hauptamtlich oder<br />
nebenamtlich für diese Aufgabe angestellt. Zuständig ist er für die Werbung für das BVW, die<br />
Sammlung der VV, eine Weiterleitung der VV zu den zuständigen Prüfungsorganen <strong>und</strong> für die<br />
Realisierung, er erstellt die BVW Statistiken <strong>und</strong> überwacht die Einhaltung einer Betriebsverein-<br />
barung, gesetzlicher sowie tariflicher Bestimmungen. Er sollte neben der Fach- <strong>und</strong> Sozialkom-<br />
24
petenz Interessenneutralität <strong>und</strong> Unabhängigkeit mitbringen <strong>und</strong> die Akzeptanz von Unterneh-<br />
mensführung <strong>und</strong> Belegschaft haben (vgl. Thom 1996: 91).<br />
Die BVW-Beauftragten sind gewöhnlich an Linien- oder Stabsorganisation angeschlossen.<br />
Thom diskutiert darüber hinaus auch die unterschiedlichen Auswirkungen, die daraus folgen, den<br />
BVW-Beauftragten in verschiedene hierarchische Ebenen einzubinden (Personalabteilung, Fach-<br />
abteilung, oberes Management, vgl. ebd. 91–94).<br />
Die zweite wichtige Position in der Aufbauorganisation haben die Fachgutachter inne. Sie sind<br />
nicht festgelegte Personen, sondern dies kann gr<strong>und</strong>sätzlich jede fachlich geeignete Person sein.<br />
Ihre Aufgabe ist es, auf Anfrage des BVW-Beauftragten, Gutachten über den VV zu erstellen.<br />
Wichtig ist an dieser Stelle vor allem die Bearbeitungsdauer. Sie sollte möglichst gering sein,<br />
damit eine schnelle Realisierung der VV erfolgen kann. Bemängelt wird hier das Problem der<br />
psychologischen Barrieren <strong>und</strong> eine Ablehnung der VV aus diesem Gr<strong>und</strong>e, dem ist aktiv entge-<br />
gen zu wirken.<br />
Die VV werden mit den Gutachten vom BVW-Beauftragten an die Prüfungs- <strong>und</strong> Bewertungs-<br />
kommission übergeben. Sie prüft gr<strong>und</strong>sätzlich, ob der VV zum Arbeitsbereich des Einreichers<br />
gehört <strong>und</strong> damit überhaupt prämierfähig ist. Die Kommission legt die Prämien fest <strong>und</strong> leistet<br />
eine Überprüfung des Gutachtens. Sie fällt einen Beschluss über Annahme oder gegebenenfalls<br />
Ablehnung des VV. Die Annahme oder Ablehnung ist gr<strong>und</strong>sätzlich eine freie Entscheidung des<br />
Unternehmers <strong>und</strong> es gibt keine Verpflichtung zur Annahme eines von der Kommission ange-<br />
nommenen VV.<br />
Um Transparenz <strong>und</strong> Mitbestimmung zu erhöhen <strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> förderlicher Wirkungen auf die<br />
Annahme des BVW in der Belegschaft hat sich eine Tendenz zur paritätischen Besetzung aus<br />
Arbeitnehmern <strong>und</strong> Arbeitgebern in der Kommission bemerkbar gemacht. Letztendlich ist auch<br />
eine Überwachung, ob ein VV der Zustimmung anderer Gremien bedarf, Aufgabe der Kommis-<br />
sion. Ein BVW darf nicht dazu missbraucht werden andere Unternehmensgremien zu umgehen.<br />
Hinzuzufügen ist letztendlich noch eine Rekursstelle für das Beschwerdemanagement. Sie ist<br />
teilweise identisch mit der Kommission, vor allem in kleineren Unternehmen, was problematisch<br />
sein kann, da Mitarbeiter unter Umständen ihre VV als nicht angemessen gewertet empfinden.<br />
Die Rekursstelle kann zuvor abgelehnte VV entweder endgültig ablehnen oder für eine neue Be-<br />
urteilung zurückgeben.<br />
25
Starre Abläufe, Formularschlacht, großer Verwaltungsaufwand, zähe Entscheidungsprozesse,<br />
anonyme VV führen zu Misstrauen (vgl. Loquenz GmbH) <strong>und</strong> Schwierigkeiten bei der Entloh-<br />
nung durch Anonymität – das sind die standardmäßig vorgebrachten Argumente gegen ein zent-<br />
ral organisiertes BVW. Diese Probleme werden mit dezentralen Ausgestaltungen des BVW ver-<br />
sucht auszuschließen oder zumindest zu vermindern.<br />
Kontrovers diskutiert wird der Gr<strong>und</strong>satz der Anonymität. Auf der einen Seite heißt es immer<br />
wieder er sei lediglich Symptombekämpfung, Misstrauen würde institutionalisiert, aber nicht<br />
behoben, der Ansatz müsse bei der Unternehmenskultur liegen. Andererseits verteidigt Breisig<br />
beispielsweise die Anonymitätswahrung, da nur so das Vertrauen der Mitarbeiter gewährleistet<br />
sei, bei umstrittenen VV keine Nachteile zu erleiden. Es ist zudem unwahrscheinlich, dass sich<br />
eine soweit offene Unternehmenskultur aufbaut, dass ohne Ängste <strong>und</strong> Ressentiments jeder VV<br />
eingereicht werden kann. Die Option des anonymen VV sollte also offen bleiben.<br />
8.3 Teammodell<br />
Der Aufbau des Teammodells ist prinzipiell<br />
vergleichbar mit dem zentralen BVW bzw.<br />
baut darauf auf. Anstatt eine Dezentralisie-<br />
rung über die Vorgesetzten alleine durchzu-<br />
führen nutzt es aus Mitarbeitern <strong>und</strong> Vorge-<br />
setzten zusammengesetzte Ideenteams.<br />
Eine neue <strong>und</strong> innovative Organisationsform<br />
für ein modernes Ideenmanagement ist das<br />
"Team-Modell", auch "Moderatorenmodell"<br />
genannt. Im Mittelpunkt der Ideenbewertung<br />
<strong>und</strong> Ideenumsetzung stehen hier dezentrale "I-<br />
deen-Teams". Die Ideen-Teams können anhand der Aufbauorganisation oder anhand von themati-<br />
schen Zusammenhängen gebildet werden <strong>und</strong> setzen sich aus mehreren Mitarbeitern einer Arbeits-<br />
gruppe bzw. Abteilung, einer Führungskraft sowie einem speziell geschulten Moderator zusammen.<br />
Die einzelnen Team-Moderatoren sind selbst wiederum Mitarbeiter aus den Arbeitsgruppen.<br />
Ideen werden bei dem organisatorisch nächstgelegenen Ideen-Team eingereicht, welches dann für die<br />
Umsetzung des Verbesserungsvorschlags zuständig ist. Durch die Mitgliedschaft einer Führungskraft<br />
in den Ideen-Teams ist die Entscheidungsfähigkeit des Ideen-Teams bzgl. Umsetzung <strong>und</strong> Prämierung<br />
gegeben. Die Gruppenmitglieder des Ideen-Teams sind für die Umsetzung der Ideen verantwortlich.<br />
(Quelle: DIB A 2005)<br />
Teammodell. Quelle: DIB A 2005<br />
26
8.4 Vorgesetztenmodell<br />
Das Vorgesetztenmodell variiert relativ stark vom traditionellen Modell. Es gibt kein zentrales<br />
BVW, an das der Einreicher seine Idee gibt. Die Aufbauorganisation ist um die Position des<br />
Vorgesetzten erweitert. Das Vorgesetztenmodell nutzt also die im Unternehmen vorhandene Hie-<br />
rarchiestruktur, anders als das zentrale BVW. Das BVW hat also eine Einbindung in die Hierar-<br />
chie, bei gleichzeitiger Verflachung der-<br />
selben zur Folge, allerdings in Form<br />
einer Hierarchie mit ‚informellem Cha-<br />
rakter’. Daraus kann für die Führungs-<br />
kräfte ein Rollenkonflikt <strong>zwischen</strong> sei-<br />
nem Verhalten als Vorgesetztem <strong>und</strong><br />
dem Verhalten als Ideencoach folgen.<br />
Der Mitarbeiter kann hierdurch verunsi-<br />
chert werden. Eine reine Behauptung<br />
eines Hierarchieabbaus kann sich nega-<br />
tiver auf die Unternehmenskultur <strong>und</strong><br />
das Betriebsklima auswirken, als eine<br />
formelle Hierarchie. Die Nutzung des<br />
BVW zur Sondierung für gute Mitarbei-<br />
ter <strong>und</strong> deren potenziellen Beförderung<br />
kann zu Ressentiments gegenüber dem BVW führen. Gleichzeitig ist, wenn sich solche Vorstel-<br />
lungen aufbauen, auch die Freiwilligkeit nicht mehr gegeben. Es kommt zur Erzeugung eines<br />
Leistungs- <strong>und</strong> Teilnahmedrucks. Vertrauen ist f<strong>und</strong>amentale Voraussetzung für das Gelingen<br />
dieses Modells. Die Kennzahl der Häufigkeit der Inanspruchnahme des indirekten Wegen (also<br />
nicht über den Vorgesetzten, sondern anonym an die Organe des BVW) erlaubt Schlussfolgerun-<br />
gen über das Innovationsklima <strong>und</strong> die Mitarbeiter-Vorgesetzten-Beziehung im Allgemeinen.<br />
Während beim zentralen BVW vor allem das zentrale Management als Promotor fungiert funkti-<br />
oniert das Vorgesetztenmodell nur, wenn die Vorgesetzten hinter dem BVW stehen <strong>und</strong> dies<br />
aktiv promoten.<br />
Vorgesetztenmodell. Quelle: DIB B 2005<br />
Die stärkere Einbindung der Führungskräfte in das BVW hat den Vorteil, dass damit der Einfluss<br />
des Managements auf die Unternehmenskultur steigt. Es kann in der Zusammenarbeit <strong>und</strong> der<br />
27
Kommunikation mit den Mitarbeitern gemeinsame Wertebildung stattfinden <strong>und</strong> Unternehmens-<br />
kultur gelebt werden. Das Vorgesetztenmodell ist gut geeignet für die Nutzung als Führungsin-<br />
strument. Mit Einreichergemeinschaften können z.B. Zielvereinbarungsgespräche durchgeführt<br />
werden.<br />
Unterschiede zum zentralen BVW ergeben sich zudem in der Ablauforganisation. Vom Vorge-<br />
setztenmodell gibt es verschiedene Varianten, teilweise mit noch weiter reichenden Kompeten-<br />
zen zur Entscheidung <strong>und</strong> Prämierung der VV beim Vorgesetzten. Eine Variante ist es auch, eine<br />
Nutzung des Vorgesetztenmodells nur bei bereichsinternen VV vorzunehmen <strong>und</strong> ansonsten die<br />
Nutzung eines zentralen BVW vorzuziehen. Dies ist vor allem für große Unternehmen interes-<br />
sant (vgl. Thom 1996: 77).<br />
Wesentlicher Vorteil des Vorgesetztenmodells ist seine Dezentralität. Daraus ergeben sich ver-<br />
schiedene positive Auswirkungen gegenüber einer zentralen Ausgestaltung:<br />
- weniger Mehrfachnennungen<br />
- bessere Qualität der VV durch Besprechung <strong>und</strong> Bewertung der Vorschläge vor Ort<br />
- Direktbewertung <strong>und</strong> Prämierung durch den Vorgesetzten<br />
- Schlankere Strukturen des BVW<br />
- Weniger Verwaltungsaufwand<br />
- Direkte Rückmeldungen<br />
- Zügige <strong>und</strong> direkte Umsetzung der Ideen (vgl. Loquenz GmbH)<br />
Insgesamt kann dies mehr Transparenz schaffen. Dafür müssen die Bewertungskriterien aber<br />
offen gelegt <strong>und</strong> einheitlich durch die Vorgesetzten angewandt werden.<br />
Problematisch beim Vorgesetztenmodell bleibt die Einbindung des Betriebsrates, da die Arbeit-<br />
nehmervertretung nur bei VV eingeb<strong>und</strong>en wird, die vom Vorgesetzten nicht direkt entschieden<br />
werden können. Die schnellere Umsetzung geht deshalb zu Lasten der Mitbestimmung. Als<br />
nächster Problempunkt ergibt sich, dass der Vorgesetzte zur Ideensammelstelle verkommen<br />
kann, wenn es keine wirkliche Besprechung der Ideen gibt, sondern lediglich eine Aufnahme <strong>und</strong><br />
Entscheidung. Dies wäre nicht im Sinne des Vorgesetztenmodells. Es will ausdrücklich die Zu-<br />
sammenarbeit <strong>zwischen</strong> Vorgesetzten <strong>und</strong> Mitarbeiter fördern <strong>und</strong> Instrument eines kooperativen<br />
Führungsstils sein.<br />
Es empfiehlt sich also eine Abwägung der Vorteile <strong>und</strong> Nachteile <strong>und</strong> ein problembewusster<br />
Umgang mit dem Vorgesetztenmodell. Das Teammodell ist hier vergleichbar, es bindet zwar<br />
28
einerseits mehr Personal, kann andererseits aber mehr Mitbestimmung gewährleisten. Die beiden<br />
Ansätze der Dezentralisierung haben großes positives Potenzial <strong>und</strong> sollten mit der gegebenen<br />
Vorsicht umgesetzt werden.<br />
8.5 Einreichergemeinschaften<br />
Sollte [...] der Führungsstil kooperativ ausgerichtet sein, die Unternehmensorganisation Teamarbeit<br />
vorsehen <strong>und</strong> die Teamfähigkeit der Mitarbeiter einen hohen Stand erreicht haben, ist die Förderung<br />
eines nach gruppenpsychologischen Gr<strong>und</strong>sätzen arbeitenden Vorschlagssystems erfolgversprechend.<br />
(Thom 1996: 106)<br />
Das traditionelle Vorschlagwesen<br />
setzt auf die Kreativität jedes ein-<br />
zelnen Mitarbeiters. [...] Sinnvollere<br />
<strong>und</strong> - dadurch, dass sie in der<br />
Gruppe bereits einen Konsens ge-<br />
f<strong>und</strong>en haben – besser umsetzbare<br />
Vorschläge – können jedoch dann<br />
erreicht werden, wenn Verbesse-<br />
rungsmöglichkeiten nicht nur von<br />
einzelnen kreativ denkenden Mitar-<br />
beitern eingereicht werden, sondern<br />
innerhalb von Arbeitsgruppen erar-<br />
beitet <strong>und</strong> dort diskutiert werden.<br />
(DIB et al: 12)<br />
Als Beispiel werden QZ genannt.<br />
Durch die Arbeit in Kleingruppen<br />
kann folgendes erreicht werden:<br />
- Entwicklung neuer Ideen<br />
- Einbeziehung der Mitarbeiter,<br />
Förderung der Unterneh-<br />
menskultur<br />
- Förderung eines kooperativen<br />
Führungsstils<br />
- Erhöhte Motivation, verbesserte Arbeitszufriedenheit<br />
- Kosteneinsparungen durch verbesserte Arbeitsabläufe<br />
- Einsparungen von Material, Energie, verbesserter Umweltschutz<br />
- Erhöhte Wettbewerbsfähigkeit durch verbesserte Produkte<br />
- Stärkere K<strong>und</strong>enorientierung<br />
29
- Lernen am Arbeitsplatz<br />
- Weniger Konflikte (DIB et al: 14)<br />
Die Zusammensetzung der Gruppen Einreichergemeinschaften) kann formell oder informell er-<br />
folgen. Zu der Unterscheidung der Auswirkungen gibt die obige Grafik (Thom 1996: 116) Auf-<br />
schluss. Themen <strong>und</strong> Sitzungszeiten verschwimmen allerdings zunehmend <strong>zwischen</strong> den ver-<br />
schiedenen Vorschlagsgruppen. Die obige Trennung nach Thom ist zu strikt, in der Praxis wer-<br />
den eher fließende Übergänge zu erwarten sein.<br />
9. Wissens- <strong>und</strong> Lernbarrieren<br />
Barrieren, die das Weitergeben von Wissen oder die Entstehung neuer Ideen verhindern oder<br />
bereits im Keim ersticken müssen über <strong>Personalmanagement</strong>maßnahmen <strong>und</strong> Organisationsent-<br />
wicklung abgebaut werden, um eine Innovationsfähigkeit zu schaffen. Dies ist ein langfristiger<br />
Prozess, der auf Veränderungen der Rahmenbedingungen beruht. Anhand der Barrieren lassen<br />
sich Schwierigkeiten <strong>und</strong> Problemfelder bei der Einführung <strong>und</strong> Durchführung eines BVW iden-<br />
tifizieren <strong>und</strong> zuordnen. Dies erleichtert einen Sachgerechten Umgang <strong>und</strong> eine Ursachen be-<br />
kämpfende <strong>und</strong> nicht symptomatische Lösung.<br />
Als Ausgangspunkt lassen sich die drei Gr<strong>und</strong>bedingungen Wollen, Können <strong>und</strong> Dürfen nennen.<br />
Daraus folgen die Wollensbarrieren, Fähigkeitsbarrieren <strong>und</strong> Funktionalbarriere (Corsten 1989:<br />
12). Bei Thom findet sich zusätzlich Risikobarrieren (Thom 1996: 46), allerdings nicht die Funk-<br />
tionalbarrieren. Den bei Thom<br />
genutzten Barrieren fügt Diens-<br />
berg noch die Informationsbar-<br />
rieren hinzu (Diensberg 1997:<br />
133). In den späteren Ausfüh-<br />
rungen werden die Barrieren<br />
dieser Autoren zu einer Über-<br />
sicht ergänzt (s.u.).<br />
Allen Barrieren ist gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
gemeinsam, dass sie potenzielle<br />
Abwehrroutinen. Quelle: Senge 1990: 309.<br />
sich verstärkende Abwehrroutinen sind. Der wahrgenommene Bedarf an neuem Wissen <strong>und</strong><br />
Verhalten führt aufgr<strong>und</strong> der als Bedrohung wahrgenommenen Lernlücke zu einer Abwehrrouti-<br />
30
ne. Dies bedeutet, dass entgegen dem Bedarf kein Lernprozess stattfindet. Gleichzeitig wird da-<br />
mit eine gr<strong>und</strong>sätzliche Lösung des Problems verhindert, da die notwendige Erforschung <strong>und</strong><br />
Veränderung nicht oder unzureichend durchgeführt werden. Selbst wenn dies passiert, so gibt es<br />
hier eine zeitliche Verzögerung, bis eine merkbar positive Wirkung eintritt. Damit bleibt die<br />
wahrgenommene Lernlücke <strong>und</strong> diese Wiederum führt zu Abwehrroutinen. Der Gesamtkreislauf<br />
kann sich so positiv verstärken <strong>und</strong> zu einem Nicht-Lernen führen (vgl. Senge 1990: 309). Auf-<br />
gr<strong>und</strong> dieser Gefahr bedürfen Barrieren einer besonderen Beachtung bei der Gestaltung von Ab-<br />
läufen des BVW.<br />
Schüppel erklärt weit umfassender die Auswirkungen <strong>und</strong> die unterschiede verschiedener Barrie-<br />
ren. An dieser Stelle muss es reichen eine Übersicht zu geben um ein allgemeines Verständnis zu<br />
geben, wichtig ist die sehr viel differenziertere Unterteilung, um genauere Ansatzpunkte zu er-<br />
halten. Schüppel unterteilt in vier Arten von Lern- <strong>und</strong> Wissensbarrieren.<br />
o Individuelle Wissens- <strong>und</strong> Lernbarrieren beeinträchtigen den personenbezogenen Wissens-<br />
transfer <strong>und</strong> führen zu einer suboptimalen Ausschöpfung der Wissensbasis.<br />
o Kollektive Wissens- <strong>und</strong> Lernbarrieren beeinträchtigen den personenbergreifenden Wissens-<br />
transfer <strong>und</strong> führen zu einer suboptimalen Ausschöpfung der Wissensbasis einer Gruppe bzw.<br />
beeinträchtigen den gruppenübergreifenden Wissenstransfer <strong>und</strong> führen zu einer suboptimalen<br />
Ausschöpfung der Wissensbasis einer Organisation.<br />
o Strukturelle Wissens- <strong>und</strong> Lernbarrieren beeinträchtigen den Wissenstransfer im Unterneh-<br />
men durch die jeweils spezifische Ausprägung der strukturellen Bedingungen im Unternehmen.<br />
o Politisch-kulturelle Wissens- <strong>und</strong> Lernbarrieren beeinträchtigen den Wissenstransfer im Un-<br />
ternehmen durch die im Unternehmen gewachsenen Doktrinen <strong>und</strong> die durch kulturelle Soziali-<br />
sation aufgebauten Restriktionen. (Mittelmann 2002, Hervorhebung d. A.)<br />
Die Tabelle nach Mittelmann (2002, nach Schüppel 1996) ordnet die einzelnen Barrieren den<br />
verschiedenen Bereichen zu.<br />
Barrieren Strukturelle Kulturelle<br />
Individuelle o Verbildung<br />
o Intrapsychische Konflikte<br />
o Emotional-motivationaler Aktivierungsgrad<br />
o Individualität <strong>und</strong> Vergangenheitsorientierung<br />
o Wahrnehmungs-, Verarbeitungs- <strong>und</strong> Lern-<br />
kapazität<br />
kollektive o Vertikal, horizontal <strong>und</strong> lateral wirksame<br />
Informationsfilter<br />
o Spezialisierung <strong>und</strong> Zentralisierung<br />
o Machtverteilung <strong>und</strong> Partizipationsregeln<br />
o Kooperationskonflikte<br />
o Defensive Routinen<br />
o Kollektiver Rollenzwang<br />
o Partizipationsregeln <strong>und</strong> Ansichtsdifferenzen<br />
o Aberglauben an bestimmte Ursache-<br />
Wirkungsbeziehungen<br />
o Kulturell bedingte Wahrnehmungsverzerrung<br />
o Hemmende Prägungen aufgr<strong>und</strong> von Mythen,<br />
Tradition <strong>und</strong> "Gruppendenken"<br />
o Dysfunktionale Folgen kultureller Diversität<br />
o Überbetonung einer Einheitskultur<br />
31
Im Folgenden wird versucht die verschiedenen Ansätze von Thom, Diensberg, Corsten <strong>und</strong><br />
Schüppel in einer Tabelle zusammenzufassen. Diese gibt eine Übersicht über die gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />
Barrieren, die Merkmale <strong>und</strong> Indikatoren sowie differenziertere Barrieren nach Schüppel. Zudem<br />
werden zusätzlich Instrumente genannt, die für eine Veränderung genutzt werden können. Dabei<br />
werden die Kategorien der verschiedenen Autoren zusammengeführt <strong>und</strong> wo dies nötig ist er-<br />
gänzt. Trotzdem erhebt die Tabelle weder Anspruch auf Vollständigkeit noch ist sie eine umfas-<br />
sende Darstellung. Möglich <strong>und</strong> für die praktische Umsetzung nötig wäre eine Beziehung der<br />
Abhängigkeiten beim Ideenmanagement (Thom 2003) mit den einzelnen Barrieren von Schüp-<br />
pel. So könnten konkrete Schritte zur Veränderung angegangen werden.<br />
32
Barriere Merkmale Indikatoren Barrieren nach Schüppel Instrumente/Maßnahmen<br />
Informationsbarrieren <br />
Fähigkeitsbarrieren <br />
Willensbarrieren<br />
mangelnde Kenntnis<br />
des betrieblichen Geschehens<br />
Mitarbeiter machen keine VV für andere<br />
Bereiche, nur sehr beschränkte VV<br />
Fehlendes Systemdenken,<br />
begrenzte Wahrnehmungs-,<br />
verarbeitungs- <strong>und</strong> Lernkapazität,<br />
Vertikal, horizontal<br />
<strong>und</strong> lateral wirksame Informationsfilter<br />
Job-Enlargement, Job-<br />
Enrichment, Fortbildung, Informationspolitik,<br />
Jobrotation,<br />
Bereichsübergreifende Teams<br />
Mangelnde Kenntnis Keine Nutzung, viele Rückfragen, fal- dito. Werbung für das BVW, Wett-<br />
des BVW<br />
sche Nutzung, falsche Erwartungen<br />
bewerbe, etc.<br />
Denkschwierigkeiten<br />
Aberglauben an bestimmte Personelle Maßnahmen: Aus-<br />
(Kreativitätsmangel)<br />
Ursache-<br />
wahl innovativer Mitarbeiter,<br />
Wirkungsbeziehungen Wissensvermittlung, organisatorische<br />
Maßnahmen: interne <strong>und</strong><br />
externe Kooperation, Veränderung<br />
der Gruppenstruktur<br />
a) Kritiklosigkeit Keine kritische Einstellung zum Betriebsgeschehen<br />
(“Betriebsblindheit“)<br />
b) Einfallslosigkeit Kritikfähigkeit ohne konstruktive VV Keine Motivationale AktivierungArtikulationsschwie-<br />
Präferenz für mündliche oder schriftliche<br />
rigkeiten<br />
VV-Abgabe<br />
Gleichgültigkeit ge- Mangelnde Bereitschaft zu kreativer Emotional-motivationaler Allgemeine Maßnahmen zur<br />
genüber dem Betriebs- Mitarbeit, geringe Identifikation mit der Aktivierungsgrad<br />
Schaffung einer innovationsgeschehen<br />
Berufstätigkeit<br />
fre<strong>und</strong>lichenUnternehmungskultur, Partizipation, Gestaltung<br />
des Anreizsystems, Informationspolitik<br />
Ressentiments gegen- Gr<strong>und</strong>sätzlicher ideologischer Interes- Machtverteilung <strong>und</strong> Partizi- dito.<br />
über dem Betrieb sensgegensatz zum Arbeitgeber (Auspationsregeln, Defensive<br />
beutungsfurcht), misstrauen gegen das Routinen, Kulturell bedingte<br />
Innovationsmanagement aufgr<strong>und</strong> konkreter<br />
schlechter Erfahrungen (Ideen-<br />
Wahrnehmungsverzerrung<br />
33
Barriere Merkmale Indikatoren Barrieren nach Schüppel Instrumente/Maßnahmen<br />
Risikobarrieren <br />
Funktionalbarriere<br />
diebstahl etc.)<br />
Änderungswiderstand Mangelnde Bereitschaft, VV unvoreingenommen<br />
zu prüfen <strong>und</strong> an ihrer<br />
schnellen Realisierung mitzuwirken<br />
Furcht vor materiellen<br />
Nachteilen aus VV<br />
Furcht vor ideellen<br />
Nachteilen aus VV<br />
Organisationsstruktur<br />
verhindert VV<br />
Furcht vor: Einkommensverlusten,<br />
Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust, Statusdenken<br />
Furcht vor Kollegen: Konformitätsdruckerwartung,<br />
Einschätzung vorschlagsfreudiger<br />
Kollegen, Furcht vor bzw. der<br />
Vorgesetzten; Verhaltend er Vorgesetzten:<br />
erwartete Vorgesetztenreaktion, von<br />
Vorgesetzten gewünschter Einreichungsweg<br />
für VV (Dienstweg), Blamagefurcht<br />
nach ‚oben’ <strong>und</strong> ‚unten’, Einschätzung<br />
eines Vorgesetzten mit vielen<br />
kreativen Mitarbeitern durch seine Un-<br />
tergebenen<br />
Klima des Misstrauens, des Ich-<br />
Denkens, komplizierte Einreichung, etc.<br />
Dysfunktionale Folgen kultureller<br />
Diversität, Machtverteilung<br />
<strong>und</strong> Partizipationsregeln,<br />
Kooperationskonflikte,<br />
Defensive Routinen<br />
Machtverteilung <strong>und</strong> Partizipationsregeln<br />
Defensive Routinen, Kollektiver<br />
Rollenzwang<br />
Spezialisierung <strong>und</strong> Zentralisierung,<br />
Hemmende Prägungen<br />
aufgr<strong>und</strong> von Mythen,<br />
Tradition <strong>und</strong> "Gruppendenken",<br />
Dysfunktionale Folgen kultureller<br />
Diversität,<br />
Überbetonung einer Einheitskultur<br />
dito.<br />
Klima des Vertrauens schaffen,<br />
Strukturell im BVW festlegen,<br />
dass MA keine Nachteile er-<br />
leiden darf durch VV<br />
Mitbestimmung, Teamarbeit,<br />
Vertrauensbasis schaffen, offene<br />
Kommunikation, Gleichberechtigung<br />
Innovationsfördernde Organisationsstrukturen<br />
schaffen mit<br />
organisatorischen Maßnahmen,<br />
situatives Ermöglichen (Diensberg<br />
1997: 136)<br />
34
10. Anreiz- <strong>und</strong> Belohnungssysteme<br />
Ein anderer Weg über monetäre bzw. teilweise auch über nicht-monetäre Anreize das Wissen der ein-<br />
zelnen Organisationsmitglieder zu mobilisieren, ist die Einführung eines betrieblichen Vorschlagswe-<br />
sens oder eines entsprechenden Ideenwettbewerbs. Mit diesen personalwirtschaftlichen Instrumenten<br />
sind Einrichtungen gemeint, die die Mitarbeiter zu Vorschlägen hinsichtlich der eigenen oder fremden<br />
Arbeitsabläufe anspornen sollen. (Schüppel 1996: 203)<br />
Schüppel betont in seiner kurzen Zusammenfassung, dass die Mitarbeiter durch das BVW zu VV<br />
angespornt werden sollen. Für diesen Ansporn ist ein Anreizsystem nötig. Die Mitarbeiter wer-<br />
den für ihr Engagement belohnt. Anreize <strong>und</strong> Belohnungen können generell auf drei Arten erfol-<br />
gen: monetär/materiell, sozial oder immateriell. Die Ausgestaltung eines Anreizsystems kann in<br />
dieser Arbeit nur andiskutiert werden.<br />
10.1 Materielle <strong>und</strong> immaterielle Anreize<br />
Monetäre Anreize sind etwa Geld, Sachwerte <strong>und</strong> Beteiligung z.B. in Form von Aktien. Monetä-<br />
re Belohnungen sind einfach <strong>und</strong> deutlich zu kommunizieren sowie vergleichbar gerecht zu ver-<br />
teilen, da sie sehr gut vergleichbar sind.<br />
Soziale Anreize werden innerhalb der Beziehungsgruppe in täglichen Interaktionen beeinflusst<br />
<strong>und</strong> entziehen sich der direkten Einflussnahme durch den Unternehmer. Inwieweit dies als An-<br />
reiz fungiert ergibt sich vor allem aus der Art der Unternehmenskultur. Wenn Mitarbeit <strong>und</strong><br />
Auszeichnung sowie Kreativität anerkannt sind kann Erfolg auf diesem Gebiet zu einer hohen<br />
sozialen Anerkennung führen <strong>und</strong> damit auch zum sozialen Anreiz werden.<br />
Immaterielle Anreize können Aus- <strong>und</strong> Weiterbildung, Job Enrichment, Partizipationsmöglich-<br />
keiten, verbesserte Informationsversorgung (Corsten 1989: 17) <strong>und</strong> Anerkennung (durch Vorge-<br />
setzen oder andere Betriebsrepräsentanten, öffentliche Belobigung, Bekanntmachung in Perso-<br />
nalzeitschriften oder auf Betriebsversammlungen, schnelle Umsetzung) sein.<br />
Die persönliche Anerkennung wird verstärkt, wenn der Einreicher über seine Belobigung <strong>und</strong> die Rea-<br />
lisierung seines VV hinaus eine Förderung in seiner persönlichen Entwicklung im Berufsleben erfährt,<br />
etwa durch Bildungs- <strong>und</strong> Stellenbesetzungsmaßnahmen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht sind sol-<br />
che Folgemaßnahmen der Personalentwicklung allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn sie auch be-<br />
trieblichen Bedarf entsprechen [...]. Bildungsmaßnahmen sind dementsprechend als Investitionen <strong>und</strong><br />
nicht als Ausdruck der Belohnung zu konzipieren. (Thom 1996: 73)<br />
35
Eine Trennung von materiellen <strong>und</strong> immateriellen Anreizen gestaltet sich schwierig, z.B. im Fall<br />
einer Beförderung bedeutet dies sowohl eine Statusverbesserung als auch ein höheres Gehalt.<br />
Die Schwierigkeiten, die sich aus einer Einbindung des BVW in die Personalentwicklung erge-<br />
ben wurden bereits angeführt. Der in der Literatur vorherrschende Tenor lässt sich mit Corsten<br />
zusammenfassen:<br />
„Es wird unterstellt, dass tendenziell den immateriellen Anreizen bei der Ideengenerierung eine<br />
hohe Bedeutung beizumessen ist, die Innovationsbereitschaft der Mitarbeiter zu fördern, wäh-<br />
rend materiellen Anreizen im Rahmen der Ideenumsetzung eine höhere Bedeutung zukommt.“<br />
(Corsten 1989: 18) „Der Ausdruck der persönlichen Anerkennung wirkt häufig stärker als die<br />
Gewährung von Prämien.“ (DIB et al: 21)<br />
10.2 Vertrauen <strong>und</strong> Reputation als Schlüsselkategorien<br />
Problematisch an Anreizsystemen ist, dass sie den Wettbewerb unter den Mitarbeitern fördern<br />
<strong>und</strong> damit unter Umständen eine Unternehmenskultur, die auf Vertrauen basiert <strong>und</strong> die für das<br />
BVW förderlich ist, unterwandern.<br />
Im Hinblick auf die Funktion, Systempotenzial für Komplexität zu erhöhen, ist Vertrauen rational.<br />
Ohne Vertrauen sind nur sehr einfache, auf der Stelle abzuwickelnde Formen menschlicher Koopera-<br />
tion möglich, <strong>und</strong> selbst individuelles Handeln ist viel zu störbar, als dass es ohne Vertrauen über den<br />
sicheren Augenblick hinaus geplant werden könnte. Vertrauen ist unentbehrlich, um das Handlungs-<br />
potenzial eines sozialen Systems über diese elementaren Formen hinaus zu steigern. Ganz neue Arten<br />
von Handlungen, vor allem solche, die nicht unmittelbar befriedigen <strong>und</strong> daher künstlich motiviert<br />
werden müssen, werden in einem System möglich, das Vertrauen aktivieren kann. Durch Vertrauen<br />
gewinnt ein System Zeit, <strong>und</strong> Zeit ist die kritische Variable auf den Aufbau komplexer Systemstruktu-<br />
ren. Die Befriedigung von Bedürfnissen kann vertagt <strong>und</strong> doch sichergestellt werden. Instrumentelles,<br />
an Fernwirkungen orientiertes Handeln kann institutionalisiert werden, wenn der Zeithorizont eines<br />
Systems durch Vertrauen entsprechend ausgedehnt wird. (Luhmann 2000 zitiert nach Alten 2003)<br />
Vertrauen aber ist nach Wilms (2005) die Basis für Reputation <strong>und</strong> diese wiederum ein geeigne-<br />
ter Mechanismus, um Informationsasymmetrien zu begegnen <strong>und</strong> Menschen dazu zu bewegen<br />
Wissen mit anderen zu Teilen.<br />
Reputation eignet sich als direkte Bedürfnisbefriedigung, im Gegensatz zu Geld, welches als<br />
Tauschmittel nur Ersatzbefriedigung ist. Reputation baut zudem auf der als stärker zu beurteilen-<br />
den intrinsischen Motivation auf. Zentrales Problem bleibt hier, dass monetäre <strong>und</strong> immaterielle<br />
Anreize sich nicht ergänzen, bzw. nicht linear in ihrer Wirkung addiert werden können oder so-<br />
gar gegeneinander wirken können. Eine gute Reputation kann allerdings durchaus auch einen<br />
geldwerten Vorteil bedeuten, etwa bei der bevorzugten Berücksichtigung bei einer anstehenden<br />
36
Beförderung. Die Anreizsysteme bei ebay <strong>und</strong> anderen Internetplattformen basieren teilweise<br />
komplett auf dem Prinzip der Reputation. Wer bei ebay gute Bewertungen bekommen hat kann<br />
mit höheren Verkaufspreisen rechnen. Es würde sich anbieten hier Möglichkeiten für eine Um-<br />
setzung dieses Ansatzes für eine BVW-Belohnung zu entwickeln.<br />
Beim Ausschließlichen Einsatz immaterieller Belohnungen für VV kann der Eindruck einer<br />
Ausbeutung der Mitarbeiterideen entstehen, was starke Ressentiments hervorrufen könnte. Die-<br />
ses Problem führt beispielsweise Breisig (1990) an. Sowohl Corsten 1989 als auch Thom 1996<br />
schlagen angesichts dieser Problemlage aufgr<strong>und</strong> seiner Flexibilität die Anwendung des ‚Cafete-<br />
ria-Ansatzes vor. Dies meint die freie Wahl der Belohnung aus einem Budget von materiellen<br />
wie immateriellen Auswahlmöglichkeiten.<br />
BVW wird durch das Anreizsystem zum Motivationsinstrument. Eintrittsbarrieren lassen sich<br />
durch Anreize überwinden. Thom nennt dies „beseitigen“ (74), das trifft aber nicht zu – Barrie-<br />
ren werden durch die Motivation nicht beseitigt. Dafür bedarf es eines strukturellen Ansatzes<br />
(dessen Möglichkeiten weiter oben diskutiert wurden).<br />
10.3 Prämienberechtigte<br />
Eine zu entscheidende Gr<strong>und</strong>frage ist, was entlohnt wird. Welche VV anerkannt werden, ob auch<br />
VV eigener Arbeitsplatz prämiert werden, <strong>und</strong> ob Einreichergemeinschaften erlaubt sind <strong>und</strong> wie<br />
in diesem Falle die Aufteilung der Prämien erfolgen soll.<br />
Insbesondere unter den Aspekten der <strong>Wirtschaftlichkeits</strong>verbesserung <strong>und</strong> Innovationsförderung sollte<br />
der Kreis der Prämienberechtigten sehr weit gezogen werden. Mit zunehmender Hierarchiestufe wird<br />
es einerseits immer schwieriger, den VV einer Führungskraft als echte Sonderleistung einzustufen. In<br />
dieser Ausweitung des prämienberechtigten Personenkreises liegt für das BVW andererseits die<br />
Chance, sich von den konkurrierenden <strong>und</strong> flankierenden Einrichtungen wie Lernstatt <strong>und</strong> Qualitäts-<br />
zirkeln in qualitativer Hinsicht abzusetzen. (Thom 1996: 66)<br />
Es werden zunehmend auch Führungskräfte als Einreicher akzeptiert <strong>und</strong> deren VV prämiert,<br />
allerdings nicht leitende Angestellte in ihrer engeren gesetzlichen Auslegung.<br />
Ein weiterer Ansatz kann es sein, Belohnungen nicht nur für die Einreicher, sondern auch für die<br />
schnelle <strong>und</strong> engagierte Bearbeitung durch Fachgutachter zu gewähren (Thom führt diese Praxis<br />
am Beispiel von Volkswagen an).<br />
10.4 Prämienberechnung<br />
Die Auszahlung von monetären Prämien ist nach wie vor die klassische Art der Belohnung für<br />
37
die Einreichung von VV. Diese Prämien sind ein Zusatzeinkommen zum Gehalt <strong>und</strong> sind mit der<br />
Anerkennung für erbrachte Sonderleistungen verb<strong>und</strong>en.<br />
Der Betrieb muss die Prämienhöhe verbindlich regeln, schon allein um eine gerechte Vergabe<br />
<strong>und</strong> Einheitlichkeit zu gewährleisten. Dabei sollte es eine Mindestprämie geben. Sie dient dazu<br />
den Verwaltungsaufwand zu begrenzen <strong>und</strong> beugt dem Eindruck vor, es würde lediglich ein<br />
„Trinkgeld“ gezahlt. Am anderen Ende ist aber kaum sinnvoll Höchstprämien festzulegen, da<br />
das Unternehmen aufgr<strong>und</strong> der normalerweise Anteilsmäßigen Verteilung der Einsparungen<br />
<strong>zwischen</strong> Unternehmen <strong>und</strong> Einreicher immer mindestens 50% der Einsparungen erhält (Emp-<br />
fehlung nach Thom 1996: 61f).<br />
Bei der Prämienvergabe wird in VV mit berechenbarem Nutzen <strong>und</strong> solche ohne direkt in Ein-<br />
sparung ausdrückbaren Nutzen (machen die Mehrheit der VV aus) unterschieden. Wenn der<br />
Nutzen berechenbar ist werden zumeist ca. 20-30% der Einsparungen aus dem ersten Jahr für<br />
den Einreicher als Prämie ausgezahlt (vgl. Thom 1996: 59f.). Diese durchschnittliche Prämien-<br />
höhe wird durchaus auch kritisch beurteilt: „Kaum einer Firma scheint es in den Sinn zu kom-<br />
men, dass <strong>zwischen</strong> Gewinn <strong>und</strong> Ausschüttung ein Missverhältnis bestehen könnte. Pressemittei-<br />
lungen der Unternehmen lesen sich gerade so, als würde das Füllhorn über die Arbeitnehmer<br />
ausgeschüttet.“ (Etzler 1986: 42 nach Breisig 1990: 587)<br />
Ebenso wie Belohnungen für Fachgutachter eine Ergänzung zum einfachen Kreis der Prämienbe-<br />
rechtigten sein können, stellt die Auszahlung von Prämien für nicht angenommene VV eine<br />
freiwillige Leistung des Unternehmens dar. Eine solche Vorgehensweise kann motivieren <strong>und</strong><br />
trägt dem Aufwand Rechnung, den es für Mitarbeiter bedeutet, VV zu erarbeiten.<br />
Die Bewertungskriterien für VV mit nicht quantifizierbaren Nutzen sind nach Thom (1996: 64,<br />
eigene Ergänzungen):<br />
- der geschätzte Nutzen für den Betrieb<br />
- der Fleiß, die Mühe, das Engagement des Vorschlagenden<br />
- die Originalität (der Neuigkeitsgehalt) des VV<br />
- die Vergleichbarkeit mit bereits prämierten VV, Prinzip der relativen Gerechtigkeit<br />
- die Werbewirksamkeit <strong>und</strong> Anreizwirkung für potenzielle BVW-Teilnehmer<br />
- Anwendungshäufigkeit<br />
- Bereichsgröße, für den der VV anwendbar ist (Arbeitsplatz, Abteilung etc.)<br />
- Gefahrenreduzierung bei Unfallverhütungs- <strong>und</strong> Umweltschutz-VV<br />
38
Die Ausgestaltung solcher Prämien kann im Anhang in den Musterbetriebsvereinbarungen be-<br />
trachtet werden. Letztendlich werden immaterielle Anreize nicht diskutiert <strong>und</strong> es kommt zu<br />
einer Beschränkung auf rein monetäre Belohnungen. Bei berechenbaren Verbesserungen werden<br />
dann zusätzlich darin enthaltene nicht berechenbare Verbesserungen nicht mit berücksichtigt.<br />
11. Nutzen<br />
Was im Falle eines BVW der Nutzen sein soll muss jedes Unternehmen für sich definieren. Auf<br />
einer Skala mit Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Humanität an den entgegen gesetzten Enden sind beide<br />
Extreme als Leitlinien für die Ausgestaltung denkbar. Je nachdem, wo ein BVW in seiner Aus-<br />
gestaltung angesiedelt wird, werden sich andere Nutzeneffekte ergeben. Ist das Ziel Nutzen aus<br />
dem BVW als Führungs- <strong>und</strong> Personalinstrument zu ziehen, so wird eine humane Ausgestaltung<br />
zu einem effektiven BVW führen. Soll ein BVW vor allem sich selbst tragen <strong>und</strong> sind wirt-<br />
schaftliche Ziele das Maß, so wird ein hoher Nutzen aus Unternehmersicht aus einer mechani-<br />
schen Ausgestaltung folgen. Diese Arbeit verfolgte vor allem eine Argumentation im Sinne des<br />
ersten Falles <strong>und</strong> belegt dazu auch die daraus folgenden Vorteile: Ein BVW als Führungsinstru-<br />
ment mit kooperativer Ausrichtung wird mehr <strong>und</strong> bessere VV generieren. Damit ist langfristig<br />
eine höhere Effizienz verb<strong>und</strong>en, als mit einem rein wirtschaftlich ausgerichteten BVW. Trotz-<br />
dem muss an dieser Stelle noch einmal betont werden, dass die Ausgestaltung eines BVW pas-<br />
send zur Unternehmenskultur <strong>und</strong> –struktur erfolgen sollte <strong>und</strong> nicht isoliert betrachtet werden<br />
kann. Erst im Rahmen einer ganzheitlichen Einbindung in das Unternehmen, auch im Zuge eines<br />
Ideen- <strong>und</strong> Innovationsmanagements, erhält ein BVW sein mögliches Maximum an Effektivität.<br />
Es kann zur gr<strong>und</strong>legenden <strong>und</strong> damit auch langfristigen <strong>und</strong> nachhaltigen Verbesserung der<br />
Unternehmenskultur führen. Mittels eines funktionierendes BVW kann dadurch dann, auch<br />
durch die Umsetzung des freigewordenen Innovationspotenzials, die Wettbewerbssituation ent-<br />
scheidend verbessert werden. Nicht durch einmalige Hau-Ruck-Aktionen, sondern kontinuier-<br />
lich.<br />
Um auch weiche Faktoren in der Zielsetzung erfassen zu können, sollten Möglichkeiten entwor-<br />
fen werden, diese zu bewerten <strong>und</strong> vor der Einführung ein Ist-Zustand erfasst werden. Mit Soll-<br />
Zielen <strong>und</strong> späteren Ist-Zustandserfassungen kann dann überprüft werden, ob das BVW positive<br />
Einflüsse hat. Dabei können Nutzeneffekte eines BVW häufig wohl kaum separiert erfasst wer-<br />
39
den. Das BVW steht in einem Beziehungsgeflecht. Diese Problematik muss berücksichtigt wer-<br />
den, wenn man sich für die Nutzung des BVW als <strong>Personalmanagement</strong>instrument entscheidet.<br />
Es bleibt verführerisch das BVW allein an wirtschaftlichen Kennzahlen auszurichten <strong>und</strong> damit<br />
den Sinn eines BVW vor Augen geführt zu bekommen. Dies ist in erster Instanz sicherlich einfa-<br />
cher, nutzt jedoch nicht die Möglichkeiten aus; ein BVW kann dazu dienen mehr Nutzen zu ge-<br />
nerieren, dieser lässt sich aber häufig nicht in Kennzahlen ausdrücken. Während sich eine An-<br />
zahl von Ideen zählen lässt, ist dies beim kritischen Mitdenken der Mitarbeiter bereits wesentlich<br />
schwieriger. Nichtsdestotrotz bleiben Kennzahlen wichtige Orientierungsmaßstäbe.<br />
Ein Nutzen <strong>und</strong> eine Effektivität erfolgen also aus einer klaren Zieldefinition. In ihrem Sinne<br />
sollte eine Ausgestaltung des BVW erfolgen. Es gibt nicht das eine BVW, das sich als Muster im<br />
Betrieb umsetzen ließe. Ein Kopieren von BVW-Strukturen alleine ist nicht ausreichend. Das<br />
Prinzip des BVW muss an den individuellen Betrieb angepasst werden.<br />
40
12. Quellenverzeichnis<br />
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[Stand 30.7.05]<br />
41
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produziert werden. Weinheim: WILEY-VCH.<br />
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43
13. Anhang<br />
13.1 Kommentierte Musterbetriebsvereinbarung für ein zentrales BVW<br />
Quelle: http://www.our-ideas.de/start.php?contid=34 [Stand 30.7.2005]<br />
Muster-Betriebsvereinbarung über das Ideenmanagement<br />
1. Teil Allgemeine Bestimmungen<br />
§ 1 Verbesserungsvorschläge<br />
§ 2 Teilnahmeberechtigte am Betrieblichen Vorschlagswesen<br />
§ 3 Einreichen des Verbesserungsvorschlages<br />
2. Teil Organisation des Betrieblichen Vorschlagswesens<br />
§ 4 Beauftragter für das Betriebliche Vorschlagswesen<br />
§ 5 Prüfungsausschuß<br />
3. Teil Bearbeitung der Verbesserungsvorschläge<br />
§ 6 Eingangsbestätigung<br />
§ 7 Vorbereitung<br />
§ 8 Verfahren im Prüfungsausschuß<br />
§ 9 Prioritäten<br />
4. Teil Bewertung <strong>und</strong> Prämierung<br />
§ 10 Vorschlagsprämie<br />
§ 11 Anerkennungsprämie<br />
§ 12 Weiterbearbeitung nach der Entscheidung<br />
§ 13 Verwirklichung des Verbesserungsvorschlages<br />
§ 14 Ergänzendes Prüfungsverfahren<br />
5. Teil Zusatzbestimmungen<br />
§ 15 Weitergabe an Dritte<br />
§ 16 Sperrfristen<br />
§ 17 Gewährleistungspflichten Dritter<br />
§ 18 Versuche<br />
§ 19 Anrechnung auf Erfindervergütungen<br />
§ 20 Salvatorische Klausel<br />
§ 21 Inkrafttreten <strong>und</strong> Kündigung der Betriebsvereinbarung<br />
Zwischen der Firma XY-GmbH <strong>und</strong> dem Betriebsrat der Firma XY-GmbH wird nachstehende Betriebsvereinbarung<br />
über das Ideenmanagement (Betriebliche Vorschlagswesen) geschlossen.<br />
1. Teil Allgemeine Bestimmungen<br />
Das Ideenmanagement (Betriebliche Vorschlagswesen) soll dazu dienen, durch die Mitarbeit <strong>und</strong> das Mitdenken der<br />
gesamten Belegschaft die Wirtschaftlichkeit sowie das gute Einvernehmen <strong>und</strong> die Arbeitssicherheit im Betrieb zu<br />
fördern. Es hat die Aufgabe, Ideen nutzbar zu machen <strong>und</strong> ihre angemessene Anerkennung zu sichern. Alle Begriffe<br />
"Beauftragter, Mitarbeiter" usw. beziehen sich sowohl auf Frauen als auch auf Männer.<br />
§ 1 Verbesserungsvorschläge<br />
Verbesserungsvorschläge sind Anregungen, die durch Umstellung <strong>und</strong> Änderung eine Verbesserung bestehender<br />
Methoden, eine höhere oder bessere Produktion, eine Vereinfachung des Arbeitsverfahrens, Ersparnisse von Arbeitszeit<br />
oder Material oder eine Erhöhung der Sicherheit anstreben. Dazu zählen auch Vorschläge, die der Zusammenarbeit,<br />
der Ordnung oder Sauberkeit im Betrieb dienen.<br />
Ein Verbesserungsvorschlag liegt jedoch nur dann vor, wenn<br />
* eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand erreicht wird,<br />
* seine Einführung rentabel ist oder die Sicherheit erhöht, Ges<strong>und</strong>heitsgefährdungen oder Umweltbelastungen verringert,<br />
das Firmenansehen steigert oder der guten Zusammenarbeit im Betrieb dient <strong>und</strong><br />
* ohne die Anregung des Einreichers diese Verbesserung nicht durchgeführt worden wäre.<br />
Der Vorschlag darf nicht lediglich einen bestehenden Zustand bemängeln, sondern muß eine Lösung des Problems<br />
enthalten. Als Verbesserungsvorschläge in diesem Sinne gelten nur solche Vorschläge, bei denen eine über den<br />
44
Rahmen des sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Aufgabenbereichs des Einreichers hinausgehende Leistung<br />
vorliegt. Der Aufgabenbereich ist abhängig von der Stellung des Einreichers; er umfaßt alle Tätigkeiten <strong>und</strong> Überlegungen<br />
des Mitarbeiters, die bei der Erfüllung seiner Aufgaben im Betrieb von ihm erwartet werden können. Ein<br />
Verbesserungsvorschlag im Sinne dieser Definition liegt nicht vor im Fall einer patent- oder gebrauchsmusterfähigen<br />
Erfindung oder eines technischen Verbesserungsvorschlages, der dem Betrieb eine ähnliche Vorzugsstellung<br />
einräumt wie ein gewerbliches Schutzrecht. In diesen Fällen ist das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen anzuwenden.<br />
§ 2 Teilnahmeberechtigte am Ideenmanagement<br />
Verbesserungsvorschläge können von allen Mitarbeitern, einschließlich der Auszubildenden, Praktikanten <strong>und</strong><br />
Werkstudenten, eingereicht werden.<br />
Kommentar zu § 2: Die Mitbestimmung des Betriebsrates erstreckt sich nicht auf ein Vorschlagswesen für leitende<br />
Angestellte im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG. Sie können allerdings durch gesonderte Vereinbarung mit dem Arbeitgeber<br />
in ein bestehendes Vorschlagswesen einbezogen werden.<br />
§ 3 Einreichen des Verbesserungsvorschlages<br />
Ein Verbesserungsvorschlag kann von einem einzelnen Mitarbeiter oder von mehreren Mitarbeitern gemeinsam<br />
(Gruppenvorschlag) beim Beauftragten für das Ideenmanagement schriftlich eingereicht oder mündlich vorgetragen<br />
werden. Hierdurch erklärt sich der Einreicher damit einverstanden, daß sein Vorschlag ausschließlich nach den<br />
Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung behandelt wird. Bestimmte Teile des Vorschlags können auf Wunsch<br />
des Einreichers anonym bearbeitet werden, soweit das Verfahren dies zuläßt. Ist der Verbesserungsvorschlag eine<br />
Diensterfindung, so wird der Erfinder durch die Einreichung nicht von seiner Meldepflicht nach § 5 des Gesetzes<br />
über Arbeitnehmererfindungen befreit.<br />
2. Teil Organisation des Betrieblichen Vorschlagswesens<br />
§ 4 Beauftragter für das Ideenmanagement<br />
Die Geschäftsleitung bestimmt einen Beauftragten für das Betriebliche Vorschlagswesen. Dieser bearbeitet die eingereichten<br />
Verbesserungsvorschläge <strong>und</strong> trägt die Verantwortung für ihre ordnungsgemäße Behandlung. Er hat<br />
insbesondere den Einreicher zu beraten; das persönliche Gespräch soll das Vertrauen zum Betrieblichen Vorschlagswesen<br />
fördern <strong>und</strong> dem Einreicher die Möglichkeit geben, seine Ideen näher zu erläutern.<br />
Kommentar zu § 4: Nach der Rechtsprechung des BAG (DB 1981, 1882) gehört die Bestellung der Organe für das<br />
Betriebliche Vorschlagswesen, etwa eines Beauftragten oder eines Prüfungsausschusses, zu den "Gr<strong>und</strong>sätzen über<br />
das Betriebliche Vorschlagswesen" gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG, die der Mitbestimmung des Betriebsrates<br />
unterliegen. Danach hat der Betriebsrat mitzubestimmen bei der Frage, ob überhaupt ein Beauftragter für das Ideenmanagement<br />
zu bestellen ist. Nicht dem Mitbestimmungsrecht unterliegt dagegen die Frage, durch wen <strong>und</strong> mit<br />
wem die Position des Beauftragten zu besetzen ist (BAG 16.03.1982, DB 1982, 1468).<br />
§ 5 Prüfungsausschuß<br />
Der Prüfungsausschuß setzt sich zusammen aus dem Vorsitzenden, der von der Geschäftsleitung benannt wird <strong>und</strong><br />
mit dem Beauftragten für das Betriebliche Vorschlagswesen personengleich sein kann, zwei weiteren ständigen<br />
Mitgliedern aus den für die Beurteilung der Vorschläge wichtigen Bereichen, die ebenfalls von der Geschäftsleitung<br />
bestimmt werden, sowie aus zwei vom Betriebsrat benannten Vertretern der Mitarbeiter. Der Prüfungsausschuß hat<br />
die Aufgabe, die ihm von dem Beauftragten für das Betriebliche Vorschlagswesen vorgelegten Verbesserungsvorschläge<br />
zu prüfen <strong>und</strong>, falls der Verbesserungsvorschlag zur Verwirklichung angenommen wird, der Geschäftsleitung<br />
eine Vorschlagsprämie vorzuschlagen.<br />
Kommentar zu § 5: Die gesetzliche Mitbestimmung des Betriebsrates bedeutet nicht zwingend, daß der Prüfungsausschuß<br />
mit derselben Anzahl von Vertretern der Geschäftsleitung <strong>und</strong> der Arbeitnehmer zu besetzen ist. Das<br />
BAG hat festgestellt, zwar entspreche die paritätische Besetzung des Prüfungsausschusses der gleichrangigen Beteiligung<br />
des Betriebsrates an der Organisation <strong>und</strong> am Verfahren des Betrieblichen Vorschlagswesens, die paritätische<br />
Besetzung sei aber nicht erforderlich (BAG, DB 1981,1882). Die Entscheidung darüber, ob ein Verbesserungsvorschlag<br />
angenommen <strong>und</strong> durchgeführt wird, trifft alleine die Geschäftsleitung (BAG, DB 1981,1882).<br />
3. Teil Bearbeitung der Verbesserungsvorschläge<br />
45
§ 6 Eingangsbestätigung<br />
Der Eingang eines Verbesserungsvorschlages wird schriftlich unter Hinweis auf die vom Einreicher anerkannten<br />
Bestimmungen dieser Betriebsvereinbarung bestätigt.<br />
§ 7 Vorbereitung<br />
Der Beauftragte für das Betriebliche Vorschlagswesen registriert die eingereichten Verbesserungsvorschläge mit<br />
dem Zeitpunkt des Eingangs <strong>und</strong> bringt sie gegebenenfalls in eine zweckmäßige Form. Er kann bei den fachlich<br />
zuständigen Abteilungen Stellungnahmen einholen <strong>und</strong> trifft alle Maßnahmen, die zur Vorbereitung der Prüfung<br />
durch den Ausschuß erforderlich sind.<br />
§ 8 Verfahren im Prüfungsausschuß<br />
Der Prüfungsausschuß schlägt der Geschäftsleitung die Annahme, Anerkennung oder Ablehnung der Verbesserungsvorschläge<br />
sowie im Falle der Annahme eine Vorschlagsprämie vor; für den Fall der Anerkennung empfiehlt<br />
er eine Anerkennungsprämie oder Sachzuwendung. Er beschließt mit Stimmenmehrheit. Er kann Sachverständige<br />
ohne Stimmrecht hinzuziehen. Die Teilnehmer an den Sitzungen des Ausschusses müssen den Inhalt der Beratungen<br />
vertraulich behandeln. Die Ergebnisse der Beratungen des Ausschusses werden in einer Niederschrift festgehalten,<br />
die von dem Vorsitzenden <strong>und</strong> zwei weiteren Mitgliedern des Ausschusses unterschrieben wird. Im Falle der Annahme<br />
muß diese Niederschrift bis zum Ablauf des fünften Jahres nach dem Jahr der Zuerkennung der Vorschlagsprämie<br />
aufbewahrt werden.<br />
§ 9 Prioritäten<br />
1. Falls zwei oder mehr Vorschläge dem Sinne nach übereinstimmen, kann nur der zuerst eingegangene angenommen<br />
werden.<br />
2. Will eine betriebliche Stelle die Priorität für einen Gedanken geltend machen, so weist sie diese gegenüber dem<br />
Prüfungsausschuß durch schriftliche Unterlagen nach; in diesem Falle findet eine weitere Prüfung <strong>und</strong> Beratung<br />
durch den Prüfungsausschuß nicht statt.<br />
3. Wird ein zunächst abgelehnter Vorschlag später durchgeführt, so behandelt der Prüfungsausschuß den Vorschlag<br />
unter Wahrung der Priorität des Einreichers erneut. Wenn ein später eingereichter Vorschlag gleichen oder ähnlichen<br />
Inhalts Anlaß für die Durchführung war, kann der Prüfungsausschuß auch eine Aufteilung der Prämie nach<br />
billigem Ermessen vorschlagen.<br />
Alternative:<br />
Wird ein zunächst abgelehnter Vorschlag später durchgeführt, so behandelt der Prüfungsausschuß den Vorschlag<br />
unter Wahrung der Priorität des Einreichers erneut. Ein zunächst abgelehnter Vorschlag bleibt, vom Datum der<br />
Eingangsbestätigung an gerechnet, zwei Jahre lang prämienberechtigt. Die Prämienberechtigung kann um weitere<br />
zwei Jahre verlängert werden, wenn der Vorschlag vor Auslaufen der ersten Schutzfrist erneut eingereicht, d.h.<br />
verlängert wird. Wird ein zunächst abgelehnter Vorschlag anläßlich eines gleichen oder ähnlichen Vorschlages<br />
durch einen weiteren Einreicher innerhalb der Schutzfrist doch durchgeführt, so bleibt die Priorität des ersten Einreichers<br />
erhalten. Die Anregung des Zweiteinreichers kann außerdem entsprechend gewertet werden.<br />
Kommentar zu § 9 Abs. 3: Die Regelung ermöglicht es dem Betriebsausschuß, die Prämie in Ausnahmefällen aufzuteilen.<br />
Das kann erforderlich sein, wenn ein früherer, abgelehnter Verbesserungsvorschlag letztlich doch durchgeführt<br />
wird <strong>und</strong> ein späterer Verbesserungsvorschlag eines anderen Einreichers mit gleichem oder ähnlichem Inhalt<br />
den Anstoß zu seiner Annahme gegeben hat. Durch die Teilung der Prämie kann die Leistung des Zweiteinreichers<br />
gebührend berücksichtigt werden.<br />
Die Alternative regelt das Prioritätsprinzip im Ideenmanagement durch Festlegung einer Schutzfrist für abgelehnte<br />
Verbesserungsvorschläge. Auf diese Weise wird vermieden, daß lange zurückliegende Vorschläge unbegrenzt prämienberechtigt<br />
bleiben <strong>und</strong> so weitere Initiativen von Mitarbeitern hemmen. Die Regelung vermeidet Billigkeitsentscheidungen<br />
<strong>und</strong> sorgt für mehr Rechtssicherheit im Ideenmanagement. In der Betriebsvereinbarung kann nur eine<br />
der beiden Möglichkeiten festgelegt werden.<br />
4. Teil Bewertung <strong>und</strong> Prämierung<br />
§ 10 Vorschlagsprämie<br />
1. Für Verbesserungsvorschläge, die zur Verwirklichung angenommen sind, erhalten die Einreicher eine Vorschlagsprämie.<br />
Ihre Höhe wird jeweils auf Vorschlag des Prüfungsausschusses von der Geschäftsleitung festgesetzt.<br />
46
2. Für Vorschläge, die eine berechenbare Ersparnis bringen, z.B. an Ausschuß, Betriebs- <strong>und</strong>/oder Hilfsstoffen,<br />
Energie, Reparatur- <strong>und</strong>/oder Wiederbeschaffungskosten, Zeit, errechnet sich die Prämie nach der Ersparnis im<br />
ersten Anwendungsjahr. Erfordert die Berechnung der Ersparnis einen unverhältnismäßigen Aufwand, so kann sie<br />
geschätzt oder die Vorschlagsprämie in entsprechender Anwendung des Abs. 3 ermittelt werden.<br />
3. Für Verbesserungsvorschläge, die keine berechenbare Ersparnis, jedoch einen sonstigen Vorteil bringen, insbesondere<br />
hinsichtlich der Arbeitssicherheit, Arbeitsplatzgestaltung, Qualitätsverbesserung usw., schlägt der Prüfungsausschuß<br />
die Vorschlagsprämie nach folgendem Stufenplan vor:<br />
Stufe l: hervorragend<br />
Stufe II: sehr gut<br />
Stufe III: gut<br />
Stufe IV: befriedigend<br />
Stufe V: genügend.<br />
4. Wird ein Verbesserungsvorschlag von mehreren Einreichern gemacht (Gruppenvorschlag), so erfolgt die Verteilung<br />
der Prämie nach dem von den Einreichern gewünschten Aufteilungsmaßstab, andernfalls wird die Prämie zu<br />
gleichen Teilen ausgezahlt.<br />
Kommentar zu § 10 Abs. 1: Die Höhe der zu gewährenden Vorschlagsprämie unterliegt ebensowenig der Mitbestimmung<br />
wie die finanzielle Gr<strong>und</strong>ausstattung des Betrieblichen Vorschlagswesens, der "Prämienetat", (BAG AP<br />
Nr. 1 <strong>und</strong> Nr. 2 zu § 87 BetrVG - Vorschlagswesen). Das Mitbestimmungsrecht umfaßt nach Auffassung des BAG<br />
jedoch die Aufstellung genereller Regelungen über die Bestimmung der zu gewährenden Vergütung. So hat der<br />
Betriebsrat mitzubestimmen, nach welchen Gr<strong>und</strong>sätzen <strong>und</strong> Methoden die Prämie bemessen werden soll, bei der<br />
Frage, wie der Nutzen eines Verbesserungsvorschlages zu ermitteln ist, sowie über die Gr<strong>und</strong>sätze für die Höhe <strong>und</strong><br />
Art der Prämie <strong>und</strong> über die Verteilung der Prämie bei Gruppenvorschlägen <strong>und</strong> darüber, wie eine Prämie für einen<br />
Verbesserungsvorschlag bestimmt werden soll, dessen Nutzen nicht zu ermitteln ist (BAG DB 1981, 1043). Bei der<br />
im Rahmen der vereinbarten Bewertungsgr<strong>und</strong>sätze zu treffenden Entscheidung über die Höhe der Prämie im Einzelfall<br />
hat der Betriebsrat allerdings kein Mitbestimmungsrecht. Unbeschadet dessen ist die Regelung der Prämienhöhe<br />
in einer - insoweit freiwilligen - Betriebsvereinbarung nicht ausgeschlossen. Um den Anreiz für die Einreichung<br />
von Verbesserungsvorschlägen zu erhöhen, kann für die Vorschlagsprämie eine Mindesthöhe festgelegt werden.<br />
Kommentar zu § 10 Abs. 2: Da der Betriebsrat über die Gr<strong>und</strong>sätze <strong>und</strong> Methoden mitzubestimmen hat, nach denen<br />
die Prämie bemessen werden soll, <strong>und</strong> darüber, wie der Nutzen eines Verbesserungsvorschlages zu ermitteln ist,<br />
bedürfen die Maßstäbe, nach denen der Nutzen eines Verbesserungsvorschlages <strong>und</strong> die Höhe der Vorschlagsprämie<br />
zu bestimmen ist, der Zustimmung des Betriebsrates. Über das Verhältnis der zu gewährenden Prämie zum Jahresnutzen<br />
eines Verbesserungsvorschlages, insbesondere über den konkreten Prozentsatz der Prämie, kann der Arbeitgeber<br />
frei entscheiden (BAG AP Nr. 1 <strong>und</strong> Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 - Vorschlagswesen). Das Mitbestimmungsrecht<br />
des Betriebsrates erstreckt sich lediglich auf die Bemessungsgr<strong>und</strong>lage für die Höhe der Vorschlagsprämie,<br />
also z.B. auf die Bestimmung, daß sich die Vorschlagsprämie an der erzielten Ersparnis auszurichten hat. Es empfiehlt<br />
sich daher, ggf. nach Beratung mit dem Prüfungsausschuß Maßstäbe zu entwickeln, nach denen sich die Höhe<br />
der Vorschlagsprämie aufgr<strong>und</strong> der Ersparnis während des ersten Anwendungsjahres bemißt. Die Vorschlagsprämie<br />
kann in diesem Fall in einem Prozentsatz der Ersparnis ausgedrückt werden; für die Beschäftigungsgruppen (z.B.<br />
Arbeiter, Meister, Ingenieure) können dabei unterschiedliche Prozentsätze in Betracht kommen. Die Höhe der Vorschlagsprämie<br />
kann mit einem konstanten Satz, z.B. 25 % bis 40 % der Jahresersparnis, festgelegt werden. Oft wird<br />
aber auch die Prämie je nach Umfang der Ersparnis gestaffelt, wobei der Prozentsatz mit dem Umfang der errechneten<br />
Ersparnis abnimmt. Eine Bestimmung über die Höhe der Vorschlagsprämie kann mit in die Betriebsvereinbarung<br />
über das Ideenmanagement aufgenommen werden. Wenn dies geschieht, handelt es sich insoweit um eine<br />
freiwillige Betriebsvereinbarung (vgl. Kommentar zu § 10 Abs. 1).<br />
Kommentar zu § 10 Abs. 3: In der Praxis werden häufig umfangreiche Punktsysteme zur Ermittlung der Vorschlagsprämie<br />
in diesen Fällen angewandt. Den Vorteilen einer solchen Methode steht auf der anderen Seite eine<br />
Erhöhung des Verwaltungsaufwandes gegenüber. Es empfiehlt sich, ggf. nach Beratung mit dem Prüfungsausschuß,<br />
den Bewertungsstufen bestimmte Geldbeträge zuzuordnen, die von Stufe l bis Stufe V abwärts gestaffelt sind <strong>und</strong><br />
die in der untersten Stufe nicht unter der nach § 11 vorgesehenen Anerkennungsprämie liegen sollten. Diese Geldbeträge<br />
können auch in die Betriebsvereinbarung über das Ideenmanagement aufgenommen werden. Wenn dies geschieht,<br />
handelt es sich insoweit um eine freiwillige Betriebsvereinbarung. Der Zustimmung des Betriebsrates bedarf<br />
alleine die Regelung, wie eine Prämie für einen Verbesserungsvorschlag bestimmt werden soll, dessen Nutzen<br />
nicht zu ermitteln ist, also im vorliegenden Fall die Normierung eines Stufenplanes für die Bewertung (BAG AP Nr.<br />
1 <strong>und</strong> Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 - Vorschlagswesen).<br />
§ 11 Anerkennungsprämie<br />
Für Vorschläge, die nicht durchgeführt werden, kann der Prüfungsausschuß eine Anerkennungsprämie oder eine<br />
Sachzuwendung vorschlagen, wenn die umsichtige <strong>und</strong> interessierte Mitarbeit des Einreichers anzuerkennen ist.<br />
47
Kommentar zu § 11: Für die Anerkennungsprämie kann sich die Festsetzung eines Mindest- wie eines Höchstbetrages<br />
empfehlen. Die Zahlung einer Anerkennungsprämie für nichtverwertete Verbesserungsvorschläge stellt aber<br />
eine Leistung dar, zu der der Arbeitgeber nicht über das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 12 BetrVG<br />
gegen seinen Willen verpflichte werden kann. Eine solche freiwillige Leistung steht wie auch sonst im freien Ermessen<br />
des Arbeitgebers (BAG AP Nr. 1 <strong>und</strong> Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 - Vorschlagswesen).<br />
§ 12 Weiterbearbeitung nach der Entscheidung<br />
Die Entscheidung über den Vorschlag wird dem Einreicher schriftlich bekanntgegeben. Eine Ablehnung ist zu begründen.<br />
Die Vorschlagsprämie oder Sachzuwendung wird in angemessener Form überreicht. Die Gewährung der<br />
Vorschlagsprämie oder Sachzuwendung wird der Belegschaft in geeigneter Weise bekanntgegeben. Der Einreicher<br />
kann wünschen, daß sein Name hierbei nicht genannt wird. Ist der Einreicher mit der Ablehnung seines Vorschlages<br />
nicht einverstanden <strong>und</strong> kann er bisher nicht berücksichtigte, wesentliche Gesichtspunkte geltend machen, so ist er<br />
berechtigt, innerhalb von drei Monaten nach Zugang des schriftlichen Bescheids die Durchführung eines zweiten<br />
Prüfungsverfahrens beim Beauftragten für das Betriebliche Vorschlagswesen zu beantragen, in welchem die Einspruchsgründe<br />
zu berücksichtigen sind.<br />
Kommentar zu § 12: Hier empfiehlt sich die Einschaltung des unmittelbaren Vorgesetzten.<br />
§ 13 Verwirklichung des Verbesserungsvorschlages<br />
Im Auftrage der Geschäftsleitung informiert der Beauftragte für das Betriebliche Vorschlagswesen die zuständigen<br />
betrieblichen Stellen über die erfolgte Annahme des Verbesserungsvorschlages <strong>und</strong> beobachtet dessen Durchführung.<br />
§ 14 Ergänzendes Prüfungsverfahren<br />
Treten bei der Durchführung innerhalb des ersten Anwendungsjahres wesentliche neue Gesichtspunkte auf, die bei<br />
der Entscheidung über die Höhe der Vorschlagsprämie nicht zugunsten des Einreichers berücksichtigt worden sind,<br />
so kann in seinem Interesse spätestens bis Ablauf des zweiten Anwendungsjahres ein ergänzendes Prüfungsverfahren<br />
eingeleitet werden. Dies gilt auch bei Verfahrensfehlern oder Fehlberechnungen.<br />
5. Teil Zusatzbestimmungen<br />
§ 15 Weitergabe an Dritte<br />
Verbesserungsvorschläge dürfen ohne Einverständnis der Geschäftsleitung nicht an Dritte weitergegeben werden.<br />
Die Geschäftsleitung kann dem Einreicher gestatten, seinen Verbesserungsvorschlag anderweitig zu verwerten.<br />
§ 16 Sperrfristen<br />
Beim Anlauf neuer Fertigungen werden von der Geschäftsleitung ggf. Sperrfristen festgelegt, während derer Vorschläge<br />
nicht entgegengenommen werden, die sich auf diese neuen Fertigungen beziehen. Die Dauer dieser Sperrfristen<br />
soll so kurz wie möglich bemessen sein.<br />
§ 17 Gewährleistungspflichten Dritter<br />
Vorschläge, die neue Einrichtungen oder Maschinen betreffen, werden nur dann entgegengenommen, wenn der<br />
Lieferant sein Einverständnis zur Durchführung des Verbesserungsvorschlages gibt oder die Haftung des Lieferanten<br />
nicht beeinträchtigt wird.<br />
§ 18 Versuche<br />
Soweit zur Erprobung neuer Gedanken im Hinblick auf künftige Verbesserungsvorschläge Versuche notwendig<br />
erscheinen, bedürfen diese der Zustimmung des sachlich zuständigen Vorgesetzten, die der Beauftragte für das Ideenmanagement<br />
einholt.<br />
§ 19 Anrechnung auf Erfindervergütungen<br />
Stellt sich bei einem Verbesserungsvorschlag heraus, daß ein Vergütungsanspruch nach dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen<br />
besteht, so kann eine nach dieser Betriebsvereinbarung gewährte Vorschlagsprämie auf die nach<br />
dem Gesetz über Arbeitnehmererfindungen zu gewährende Vergütung angerechnet werden.<br />
48
Kommentar zu § 19: Für den Vergütungsanspruch bei Arbeitnehmererfindungen kommen das Gesetz über die Arbeitnehmererfindungen<br />
vom 25.07.1957 (zuletzt geändert durch Gesetz vom 05.10.1994, BGBI. l, 2911) sowie die<br />
Richtlinien für die Vergütung von Arbeitnehmererfindungen im privaten Dienst vom 20.07.1959 (zuletzt geändert<br />
am 01.09.1983) zur Anwendung.<br />
Für Verbesserungsvorschläge kommt das Gesetz über Arbeitnehmererfindungen gemäß § 20 nur bei solchen technischen<br />
Verbesserungsvorschlägen zur Geltung, die dem Arbeitnehmer eine ähnliche Vorzugsstellung wie ein gewerbliches<br />
Schutzrecht gewähren.<br />
Die Verordnung über die steuerliche Behandlung von Prämien für Verbesserungsvorschläge vom 18.02.1957 ist am<br />
31.12.1988 außer Kraft getreten. Damit sind Prämien für Verbesserungsvorschläge voll zu versteuern. Sie sind auch<br />
beitragspflichtiges Entgelt im Sinne der sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften.<br />
§ 20 Salvatorische Klausel<br />
Sollten einzelne Bestimmungen dieser Vereinbarung ganz oder teilweise unwirksam oder <strong>und</strong>urchführbar sein oder<br />
werden, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen hiervon nicht berührt. Die Parteien werden die unwirksamen<br />
oder <strong>und</strong>urchführbaren Bestimmungen durch wirksame oder durchführbare Bestimmungen ersetzen, die dem<br />
von den Parteien beabsichtigten wirtschaftlichen Erfolg am nächsten kommen. Das gleiche gilt, soweit diese Vereinbarung<br />
eine nicht vorhergesehene Lücke aufweist.<br />
§ 21 Inkrafttreten <strong>und</strong> Kündigung der Betriebsvereinbarung<br />
Die Betriebsvereinbarung tritt am ............................ in Kraft. Sie kann mit einer Frist von .................... Monaten<br />
zum Jahresende gekündigt werden.<br />
Datum, Ort<br />
Geschäftsführung Betriebsrat<br />
13.2 Musterbetriebsvereinbarung für ein dezentrales BVW<br />
Quelle: http://www.our-ideas.de/start.php?contid=785 [Stand 30.7.2005]<br />
Richtlinien für ein Dezentrales Ideenmanagement<br />
1. Gr<strong>und</strong>sätze<br />
2. Organisation <strong>und</strong> Aufgaben<br />
2.1 Dezentrale BVW-Teams<br />
2.2. Der Beauftragte für das BVW<br />
2.3. BVW-Kommission<br />
2.4. Der Referent für das BVW<br />
3. Bearbeitung der Verbesserungsvorschläge<br />
3.1 Einreichen von Verbesserungsvorschlägen<br />
3.2 Bearbeiten von Verbesserungsvorschlägen durch das BVW-Team<br />
3.2.1 Unterrichtung über die Entscheidung des BVW-Teams<br />
3.2.2 Schutzfähigkeit des Vorschlags<br />
3.2.3 Neuheit des Vorschlags<br />
3.2.4 Durchführung von Verbesserungsvorschlägen<br />
3.2.5 Erhebungsbogen<br />
3.2.6 Statusbericht<br />
3.3 Einspruchsrechte<br />
3.3.1 Einspruchsrecht durch den Einreicher<br />
3.3.2 Einspruchsrecht bei Verstoß gegen BVW-Richtlinien<br />
4. Prämienberechnung<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>sätzliches<br />
4.2. Wert des Vorschlags<br />
4.2.1 Verbesserungsvorschläge mit feststellbarer Jahresersparnis bis 2.500 !<br />
4.2.2 Verbesserungsvorschläge mit feststellbarer Jahresersparnis über 2.500 !<br />
4.2.3 Verbesserungsvorschläge, deren Nutzen nicht nach einer Ersparnis bestimmt werden kann<br />
5. Auszahlung der Prämien<br />
5.1 Prämien für Verbesserungsvorschläge gem. 4.2.1 <strong>und</strong> 4.2.3<br />
5.2. Prämien für Verbesserungsvorschläge gem. 4.2.2<br />
49
6. Rationalisierungsschutz<br />
7. Berichtswesen, Statistik <strong>und</strong> Controlling<br />
8. Behandlung von Vorschlägen ehemaliger Mitarbeiter<br />
9. Schlußbestimmungen<br />
Das BVW hat in unserem Unternehmen eine über viele Jahrzehnte gewachsene Tradition. In den letzten Jahren hat<br />
sich jedoch gezeigt, daß das bisherige System sehr bürokratisch, unflexibel <strong>und</strong> damit nicht spontan genug war.<br />
Durch eine dezentrale Organisation des BVW sollen alle Verbesserungsvorschläge "vor Ort" eingereicht, besprochen<br />
<strong>und</strong> bewertet werden <strong>und</strong> damit die Bearbeitung <strong>und</strong> Umsetzung der Verbesserungsvorschläge erheblich beschleunigt<br />
werden. Eine hiermit verb<strong>und</strong>ene Vereinfachung des Prämiensystems <strong>und</strong> eine wesentlich schnellere<br />
Auszahlung der Prämien soll für die Mitarbeiter mehr Anreize bieten, sich noch stärker als bisher am BVW zu beteiligen.<br />
Daher werden<br />
<strong>zwischen</strong> der<br />
Muster AG<br />
- vertreten durch den Vorstand -<br />
<strong>und</strong> dem<br />
Gesamtbetriebsrat der Muster AG<br />
folgende<br />
Richtlinien für ein Dezentrales Ideenmanagement<br />
vereinbart:<br />
1. Gr<strong>und</strong>sätze<br />
Als Verbesserungsvorschlag im Sinne dieser Richtlinien gilt jede von einem Mitarbeiter (Im folgenden wird das<br />
Wort Mitarbeiter einheitlich sowohl für Mitarbeiterinnen als auch für Mitarbeiter benutzt.) oder mehreren Mitarbeitern<br />
gemeinsam vorgebrachte Idee, die zur Verbesserung eines bestehenden betrieblichen Zustandes führt. Hierzu<br />
zählen auch Ideen, die im Zusammenhang mit im Unternehmen eingeführten oder auf Teilbereiche von Organisationseinheiten<br />
beschränkten Reorganisations- <strong>und</strong> Verbesserungsprogrammen vorgeschlagen werden.<br />
Hinweise oder Anregungen, die von einem Mitarbeiter erwartet werden können, insbesondere wenn sie sich auf<br />
Themen beziehen, die in seinem Aufgabenbereich liegen oder zur Aufgabenstellung seiner Arbeitsgruppe gehören,<br />
sind keine prämienfähigen Verbesserungsvorschläge. Ein Verbesserungsvorschlag kann daher auch nicht vorliegen,<br />
wenn der einreichende Mitarbeiter selbst über die Durchführung seines Vorschlages entscheiden kann.<br />
Verbesserungsvorschläge können aus eigenen Ideen, aus selbst ausgearbeiteten Konstruktionen oder Verfahren<br />
bestehen, aber auch aus Hinweisen auf bereits bekannte, im konkreten Fall noch nicht angewandte Maßnahmen oder<br />
Verfahren. Ein Verbesserungsvorschlag setzt jedoch voraus, daß zumindest ein Lösungsweg aufgezeigt wird, der zu<br />
einer Verbesserung führt. Lediglich ein Hinweis auf vorhandene Mängel, notwendige Reparaturen oder eine allgemeine<br />
negative Kritik sind daher keine Verbesserungsvorschläge.<br />
Verbesserungsvorschläge sind in allen Bereichen des Unternehmens möglich <strong>und</strong> erwünscht. Sie können z. B. abzielen<br />
auf:<br />
o Verbesserung der Arbeitssicherheit, der Unfallverhütung, des Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Umweltschutzes,<br />
o Arbeitserleichterungen durch Änderungen der Arbeitsmittel oder des Arbeitsablaufs,<br />
o Qualitätsverbesserung,<br />
o Kostensenkung durch rationellere Fertigung <strong>und</strong> sparsameren Einsatz der Betriebsmittel <strong>und</strong> Rohstoffe,<br />
o Einsparung durch Änderungen von Verfahrensabläufen <strong>und</strong> Arbeitsmethoden.<br />
Die Standorte <strong>und</strong> Werke der Muster AG führen gemeinsam ein Dezentrales Betriebliches Vorschlagswesen ein.<br />
2. Organisation <strong>und</strong> Aufgaben<br />
2.1 Dezentrale BVW-Teams<br />
Ziel im dezentralen Vorschlagswesen ist, daß alle Vorschläge "vor Ort" eingereicht, besprochen <strong>und</strong> bewertet werden.<br />
Hierzu werden in den einzelnen Betriebsstätten vom Leiter der Betriebsstätte im Einvernehmen mit dem Betriebsrat<br />
nach der vorhandenen Organisationsstruktur mehrere BVW-Teams gebildet. Einem BVW-Team gehören<br />
jeweils an:<br />
o der Leiter der jeweiligen Betriebseinheit (Teamleiter)<br />
50
o ein Betriebsratsmitglied oder vom Betriebsrat benannter Mitarbeiter<br />
o sowie weitere fachk<strong>und</strong>ige Mitarbeiter<br />
o insbesondere ist - soweit nicht mit dem Teamleiter identisch - derjenige Vorgesetzte hinzuzuziehen, der eine<br />
Realisierung des Vorschlags <strong>und</strong> etwaige damit verb<strong>und</strong>ene Kosten zu verantworten hat.<br />
Das BVW-Team ist beschlußfähig, wenn wenigstens der Teamleiter, ein Vertreter des Betriebsrats <strong>und</strong> der betroffene<br />
Kostenverantwortliche anwesend sind. Kann sich das BVW-Team über einen Vorschlag nicht einigen, so wird<br />
dieser Vorschlag der BVW-Kommission vorgelegt.<br />
Die Beratung der Verbesserungsvorschläge ist öffentlich; insbesondere hat der Einreicher das Recht, an der Beratung<br />
seines Vorschlags teilzunehmen.<br />
2.2. Der Beauftragte für das BVW<br />
In jeder Betriebsstätte wird vom Leiter der Betriebsstätte im Einvernehmen mit dem örtlichen Betriebsrat ein örtlicher<br />
Beauftragter für das BVW benannt. Ihm obliegt es, in Abstimmung mit dem Referenten das BVW örtlich auszubauen<br />
<strong>und</strong> - ggf. auch durch betriebliche Sonderaktionen - zu fördern. Er sorgt für die korrekte <strong>und</strong> zügige Bearbeitung<br />
der eingereichten Vorschläge. Er berät <strong>und</strong> unterstützt die einzelnen BVW-Teams bei Auslegungsfragen <strong>und</strong><br />
ist in seiner Betriebsstätte für die Einhaltung dieser Richtlinien, die Verwaltung <strong>und</strong> Dokumentation aller Vorschläge<br />
sowie das Berichtswesen <strong>und</strong> das Controlling (Ziff. 6.) verantwortlich. Ferner übernimmt er die Funktion des<br />
Vorsitzenden der BVW-Kommission.<br />
2.3. BVW-Kommission<br />
In jeder Betriebsstätte wird vom Leiter der Betriebsstätte im Einvernehmen mit dem Betriebsrat eine paritätisch<br />
besetzte BVW-Kommission eingesetzt. Ihr gehören als Mitglieder an:<br />
o der Beauftragte für das BVW (Vorsitzender ohne Stimmrecht)<br />
o zwei von der Standortleitung benannte Mitarbeiter<br />
o zwei vom Betriebsrat benannte Mitarbeiter.<br />
Die BVW-Kommission wird einberufen, wenn sich ein BVW-Team trotz vorheriger Vermittlung <strong>und</strong> beratender<br />
Unterstützung durch den BVW-Beauftragten nicht über die Beurteilung eines Verbesserungsvorschlags einigt. Sie<br />
fungiert gegenüber den BVW-Teams einerseits als Kontrollorgan, andererseits als Schiedsstelle <strong>und</strong> Entscheidungsgremium<br />
bei nicht auszuräumenden Unstimmigkeiten. Die BVW-Kommission klärt ferner unter Einhaltung dieser<br />
Richtlinien Fragen, die für die Betriebsstätte von gr<strong>und</strong>sätzlicher Bedeutung sind. Darüber hinaus ist sie zuständig<br />
für die Bearbeitung von begründeten Einsprüchen (Ziff. 3.3).<br />
Die Beschlüsse der BVW-Kommission sind bindend.<br />
2.4. Der Referent für das BVW<br />
Er hat die Aufgabe, das BVW unternehmensweit auszubauen <strong>und</strong> zu fördern, sich in Abstimmung mit der Informatikabteilung<br />
um den Einsatz einer einheitlichen PC-Software zu kümmern, die Einhaltung dieser Richtlinien zu<br />
überwachen sowie die örtlichen Beauftragten zu beraten <strong>und</strong> zu unterstützen. Er hat das Recht, an den Besprechungen<br />
der örtlichen BVW-Teams <strong>und</strong> BVW-Kommissionen teilzunehmen. Er veröffentlicht unternehmensweit die<br />
prämierten Verbesserungsvorschläge <strong>und</strong> unterrichtet über solche Verbesserungen, die möglicherweise auch in<br />
anderen Betriebsstätten oder in anderen Zusammenhängen nutzbringend verwirklicht werden können. Er berichtet<br />
regelmäßig dem Vorstand über die Entwicklung <strong>und</strong> den Stand des BVW.<br />
3. Bearbeitung der Verbesserungsvorschläge<br />
3.1 Einreichen von Verbesserungsvorschlägen<br />
Verbesserungen können von jedem Mitarbeiter, unabhängig von seiner Stellung im Betrieb, vorgeschlagen werden.<br />
Verbesserungsvorschläge sind formlos schriftlich einzureichen oder mündlich beim Teamleiter oder einem Teammitglied<br />
des BVW-Teams zur Niederschrift vorzutragen. Jede Verbesserungsidee ist zuzulassen. Über jeden Vorschlag<br />
hat das BVW-Team begründet zu entscheiden. Es ist nicht zulässig, aufgr<strong>und</strong> des Ermessens eines Einzelnen<br />
Verbesserungsvorschläge zurückzuweisen.<br />
51
Der Einreicher erklärt sich ausdrücklich damit einverstanden, daß sein Vorschlag nach diesen Richtlinien behandelt<br />
wird <strong>und</strong> ausschließlich die Muster AG diese Idee nutzen darf. Wünscht der Einreicher seine Idee auch anderweitig<br />
zu verwerten, so hat er hierzu die schriftliche Zustimmung der Muster AG einzuholen.<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich sind auch Pensionäre, Aushilfen, Werkstudenten <strong>und</strong> Praktikanten berechtigt, sich am BVW zu beteiligen.<br />
3.2 Bearbeiten von Verbesserungsvorschlägen durch das BVW-Team<br />
Das BVW-Team entscheidet einstimmig über die Brauchbarkeit der Verbesserungsvorschläge <strong>und</strong> legt die Höhe der<br />
Prämie fest. Das Ergebnis wird im Erhebungsbogen (Ziff. 3.2.5) <strong>und</strong> im Statusbericht (Ziff. 3.2.6) dokumentiert.<br />
3.2.1 Unterrichtung über die Entscheidung des BVW-Teams<br />
Das BVW-Team hat dem Einreicher seine Entscheidung vor der Veröffentlichung im Statusbericht mitzuteilen <strong>und</strong><br />
die Entscheidungsgründe zu erläutern.<br />
3.2.2 Schutzfähigkeit des Vorschlags<br />
Nach diesen Richtlinien werden nur Verbesserungsvorschläge behandelt, für die Schutzrechte nicht erworben werden<br />
können, die also nicht patent- oder gebrauchsmusterfähig sind. Schutzfähige Erfindungen sowie Vorschläge, für<br />
die der Schutz eines Geschmacks- oder Gebrauchsmusters erworben werden kann, werden der Abteilung Patente<br />
gemeldet. Sie ist bei allen Zweifelsfragen über die Schutzfähigkeit eines Vorschlags einzuschalten.<br />
3.2.3 Neuheit des Vorschlags<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich können nur neue Verbesserungsvorschläge prämiert werden. Wurde ein Verbesserungsvorschlag<br />
bereits früher eingereicht, aber nicht durchgeführt, so müssen die hierfür maßgeblichen Gründe festgestellt werden.<br />
Gegebenenfalls ist die Entscheidung über den früher eingereichten Verbesserungsvorschlag zu revidieren.<br />
3.2.4 Durchführung von Verbesserungsvorschlägen<br />
Ist über einen Verbesserungsvorschlag abschließend positiv entschieden, wird die Prämie unverzüglich an den Einreicher<br />
ausbezahlt. Dies gilt auch dann, wenn die Verbesserung nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt<br />
umgesetzt werden kann.<br />
Der Leiter der Betriebsabteilung / Teamleiter des BVW-Teams hat darauf hinzuwirken, daß der prämierte Verbesserungsvorschlag<br />
möglichst zügig realisiert wird.<br />
3.2.5 Erhebungsbogen<br />
Im Erhebungsbogen (Anlage 1) werden alle bewertungsrelevanten Angaben zu den Verbesserungsvorschlägen erfaßt.<br />
Er dokumentiert den Beschluß des BVW-Teams <strong>und</strong> ist von mindestens zwei BVW-Team-Mitgliedern zu<br />
unterschreiben (Teamleiter / Kostenverantwortlicher <strong>und</strong> vom Betriebsrat benannter Mitarbeiter).<br />
3.2.6 Statusbericht<br />
Im Statusbericht (Anlage 2) werden alle dem BVW-Team vorliegenden Verbesserungsvorschläge nach ihrem Bearbeitungsstand<br />
mitarbeiterbezogen aufgeführt. Er wird mindestens einmal monatlich aktualisiert <strong>und</strong> an einem für<br />
jedermann zugänglichen Ort veröffentlicht.<br />
3.3 Einspruchsrechte<br />
3.3.1 Einspruchsrecht durch den Einreicher<br />
Ist ein Einreicher mit der Bewertung seines Vorschlags nicht einverstanden, so hat er das Recht, innerhalb von zwei<br />
Wochen nach Zugang der Entscheidung des BVW-Teams mündlich oder schriftlich bei der BVW-Kommission oder<br />
bei dem BVW-Beauftragten seinen begründeten Einspruch vorzubringen.<br />
3.3.2 Einspruchsrecht bei Verstoß gegen BVW-Richtlinien<br />
52
Wird bei einer Entscheidung in erkennbarer Weise gegen diese BVW-Richtlinien verstoßen, hat jeder Beteiligte das<br />
Recht <strong>und</strong> die Pflicht, die BVW-Gremien hierüber mündlich oder schriftlich zu informieren <strong>und</strong> seine begründeten<br />
Bedenken vorzubringen.<br />
4. Prämienberechnung<br />
4.1 Gr<strong>und</strong>sätzliches<br />
Das BVW-Team setzt unter Berücksichtigung der Gleichbehandlung aller Einreicher die Prämie fest. Die Anzahl<br />
der Einreicher hat keinen Einfluß auf die Prämienhöhe.<br />
Die Prämie wird nach dem Nutzen der Verbesserungsvorschläge ermittelt. Bei Vorschlägen, die zu einer finanziellen<br />
Ersparnis führen, gilt als Nutzen die geschätzte oder errechnete Jahresersparnis. Bei Vorschlägen, deren Nutzen<br />
nicht in einer geldwerten Ersparnis liegt, wird die Prämie nach dem Grad der Verbesserung <strong>und</strong> dem Umfang der<br />
Anwendung festgelegt.<br />
Ist der Einreicher Mitglied des BVW-Teams oder der BVW-Kommission, wirkt er bei der Bewertung seines Verbesserungsvorschlags<br />
nicht mit. Für diesen Fall kann ein Ersatzteilnehmer hinzugezogen werden.<br />
4.2. Wert des Vorschlags<br />
Für die maßgeblichen Kostenarten werden jeweils zu Beginn eines Geschäftsjahres betriebsstättenbezogene feste<br />
Verrechnungssätze gebildet (Beispiel, Anlage 3).<br />
4.2.1 Verbesserungsvorschläge mit feststellbarer Jahresersparnis bis 2.500 !<br />
Zur Prämienfindung wird der Wert des Vorschlags sachverständig <strong>und</strong> realitätsnah nach den Verhältnissen des Einzelfalls<br />
geschätzt. Gegenzurechnen sind die ungefähren Durchführungskosten, die direkt zuzuordnen sind.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der nach diesem Verfahren festgestellten Jahresersparnis werden Prämien nach folgender Staffel gezahlt:<br />
Jahresersparnis<br />
(grobe Schätzung)<br />
Prämie<br />
250 ! 20 !<br />
251 bis 750 ! 75 !<br />
751 bis 1.750 ! 150 !<br />
1.751 bis 2.500 ! 250 !<br />
4.2.2 Verbesserungsvorschläge mit feststellbarer Jahresersparnis über 2.500 !<br />
Die Errechnung der Jahresersparnis erfolgt durch Verfahrensvergleich oder <strong>Wirtschaftlichkeits</strong>berechnung anhand<br />
von Material-, Zeit-, Arbeits- oder Verfahrensstudien. Gegengerechnet werden nur die direkt zurechenbaren Kosten<br />
(ohne Gemeinkostenumlage) abzüglich des mit der Durchführung des Vorschlags verb<strong>und</strong>enen Aufwands (Umbau<br />
von Apparaturen, Bau von Vorrichtungen usw.).<br />
Kann die Jahresersparnis erst nach Realisierung des Verbesserungsvorschlags genau festgestellt werden, so ist sie<br />
vorläufig zu schätzen <strong>und</strong> ein Vorschuß auf die erwartete Prämie zu zahlen.<br />
Die Prämie beträgt 25 % der Jahresersparnis.<br />
4.2.3 Verbesserungsvorschläge, deren Nutzen nicht nach einer Ersparnis bestimmt werden kann<br />
Hier handelt es sich um Vorschläge zu Unfallverhütung, Umweltschutz, Werkssicherheit, Arbeitsplatzgestaltung u.ä.<br />
Bewertungsgr<strong>und</strong>lage ist die Bedeutung des Vorschlags für das Unternehmen bzw. die Bedeutung für den Anwen-<br />
53
dungsbereich. Die Höhe der Prämie wird unter Berücksichtigung objektiver Kriterien nach folgender Tabelle festgelegt:<br />
Jahresersparnis<br />
(Nutzungsgrad)<br />
Prämie<br />
minimal 20 !<br />
gering 75 !<br />
mittel 150 !<br />
groß / häufig 250 !<br />
Bei Vorschlägen, die die Arbeitssicherheit oder den Umweltschutz betreffen, hat das BVW-Team für seine Entscheidung<br />
die jeweils zuständige Fachkraft hinzuzuziehen.<br />
Außergewöhnlich herausragende Vorschläge, die für das Unternehmen von besonderer Bedeutung sind, können in<br />
Abstimmung <strong>zwischen</strong> den örtlich zuständigen BVW-Stellen, dem BVW-Referenten <strong>und</strong> dem Leiter der Betriebsstätte<br />
ausnahmsweise durch zusätzliche angemessene Sachgeschenke prämiert werden.<br />
5. Auszahlung der Prämien<br />
Die Prämien werden unmittelbar nach der Bewertung des Vorschlags vom Teamleiter des BVW-Teams <strong>und</strong> dem<br />
vom Betriebsrat benannten Mitarbeiter zur Übergabe bzw. Auszahlung angewiesen, unabhängig davon, zu welchem<br />
Zeitpunkt der Verbesserungsvorschlag abgeschlossen bzw. realisiert sein wird.<br />
5.1 Prämien für Verbesserungsvorschläge gem. 4.2.1 <strong>und</strong> 4.2.3<br />
Sachprämien sind dem Mitarbeiter auszuhändigen <strong>und</strong> entsprechend den Bestimmungen des § 8 Abs. 2 S. 9 EStG<br />
steuerfrei.<br />
Geldprämien werden mit der nächsten Entgeltabrechnung zur Auszahlung angewiesen. Die darauf anfallenden Steuern<br />
<strong>und</strong> Sozialabgaben werden vom Arbeitgeber getragen.<br />
5.2. Prämien für Verbesserungsvorschläge gem. 4.2.2<br />
Prämien, die sich aus einer Jahresersparnis von über 2.500 ! ergeben (4.2.2) werden mit der nächsten Entgeltabrechnung<br />
zur Auszahlung angewiesen. Die darauf anfallenden Steuern <strong>und</strong> Sozialabgaben hat der Einreicher zu<br />
tragen.<br />
Die Prämierung nach 4.2.2 muß mindestens einen Nettowert in Höhe von 250 ! ergeben.<br />
6. Rationalisierungsschutz<br />
Führen Verbesserungsvorschläge zu Personaleinsparungen, so sind den hiervon betroffenen Mitarbeitern im Rahmen<br />
der Muster AG-üblichen Möglichkeiten andere zumutbare Arbeitsplätze im Unternehmen / Konzern anzubieten<br />
mit dem Ziel, ihnen soweit wie möglich einen Arbeitsplatz zu erhalten. Hierzu sind ggf. auch angemessene Einarbeitungszeiten<br />
<strong>und</strong> Weiterbildungsmaßnahmen in Kauf zu nehmen <strong>und</strong> durchzuführen.<br />
7. Berichtswesen, Statistik <strong>und</strong> Controlling<br />
Mit der Einführung des Dezentralen Vorschlagswesens kommt der Berichterstattung eine besondere Bedeutung zu.<br />
Vor allem deshalb, weil die Prämie schon mit der positiven Entscheidung eines Vorschlags ausbezahlt wird <strong>und</strong> erst<br />
danach die Realisierung erfolgt. Über den Statusbericht, mit dem die eingereichten Vorschläge veröffentlicht werden,<br />
können die Mitarbeiter den Bearbeitungsstand verfolgen.<br />
Das Berichtswesen, die Erstellung von Statistiken <strong>und</strong> das Controlling des Dezentralen Vorschlagswesens obliegt<br />
dem BVW-Beauftragten. Er hat das Recht, an allen Besprechungen der BVW-Teams teilzunehmen, <strong>und</strong> den ungehinderten<br />
Zugang zu allen Bewertungsunterlagen. Er hat die Aufgabe, alle im Zusammenhang mit Verbesserungsvorschlägen<br />
relevanten Auswertungen zu erstellen. Er gibt erforderlichenfalls den Anstoß zur Realisierung von<br />
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prämierten <strong>und</strong> noch nicht umgesetzten Verbesserungsvorschlägen <strong>und</strong> unterrichtet monatlich den Leiter der Betriebsstätte<br />
über den aktuellen Stand.<br />
8. Behandlung von Vorschlägen ehemaliger Mitarbeiter<br />
Mitarbeiter, die vor der Bewertung eines von ihnen eingereichten Vorschlags aus dem Unternehmen ausscheiden,<br />
bleiben prämienberechtigt, es sei denn, das Arbeitsverhältnis wurde aus von ihnen zu vertretenden, verhaltensbedingten<br />
Gründen (insbesondere § 626 BGB) aufgelöst. Sie werden nach Abschluß des Bewertungsverfahrens durch<br />
den BVW-Beauftragten schriftlich informiert.<br />
Eine Prämie kann mit den finanziellen Forderungen des Unternehmens an den ehemaligen Mitarbeiter aufgerechnet<br />
werden.<br />
Bei Tod eines Mitarbeiters wird die Prämie an seine Erben ausgezahlt.<br />
9. Schlußbestimmungen<br />
Diese Betriebsvereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft <strong>und</strong> ist zunächst auf 24 Monate befristet, um<br />
Muster AG-weite Erfahrungen zu sammeln <strong>und</strong> die Durchführung unternehmensweit zu erproben. Rechtzeitig vor<br />
Ablauf der Jahresfrist werden die Parteien die gewonnenen Erkenntnisse miteinander erörtern mit dem Ziel, Verhandlungen<br />
über eine unbefristete Fortführung aufzunehmen.<br />
In den einzelnen Betriebsstätten findet diese Betriebsvereinbarung Anwendung, sobald die organisatorischen Voraussetzungen<br />
zur Einführung des Dezentralen Betrieblichen Vorschlagswesens geschaffen sind. Die Einführung<br />
wird begleitet von den hierzu erforderlichen Schulungsmaßnahmen der BVW-Teams.<br />
Es gehört zu den Aufgaben eines jeden Vorgesetzten, das BVW zu fördern. Die Mitarbeiter werden ermutigt, sich<br />
aktiv am BVW zu beteiligen.<br />
Ort, Datum<br />
Für den Gesamtbetriebsrat Muster AG<br />
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