Zwischen Schein und Sein – Selbsturteilevon Schweizer <strong>BWL</strong>-Studierenden im VergleichAlle Jahre wieder beurteilen Studierende sich und ihre jeweiligen Universitäten, was zu teilweiseinteressanten Ergebnissen führt: So sind <strong>Bern</strong>er <strong>BWL</strong>-Studierende verantwortungsbewusst undstehen häufig schon während des Studiums mit zumindest einem Bein im Berufsleben. St. GallerStudierende denken dagegen bereits in der Ausbildung an die Karriere und identifizieren beisich schon während dieser Führungsqualitäten. Von Simon HaagWas kommt heraus, wenn <strong>BWL</strong>-Studierende derUniversitäten <strong>Bern</strong>, St. Gallen und Zürich sich selbstund ihre Alma Mater bezüglich Qualität der Ausbildungoder der Dozierenden beurteilen? Nun, umeines gleich vorwegzunehmen, gewisse Vorurteile,wie dass Bescheidenheit in der Ostschweiz eherunnötige Zierde ist, werden bestätigt. Andererseitssind sich <strong>Bern</strong>er und St. Galler Studierende dochnicht so unähnlich, wie sich vermuten liesse. Dieszeigt die neueste Ausgabe des Universum GraduateSurveys, das alljährlich Studierende aus aller Weltum ein Urteil über sich selbst, ihre Universität undüber präferierte Arbeitgeber bittet.Wer sind die Besten im ganzen Land?Im Unterschied zu anderen Umfragen werden dieTeilnehmer des Universum Graduate Surveys auchaufgefordert, sich selbst zu beurteilen. Dies haben337 <strong>Bern</strong>er, 57 Zürcher und 139 St. Galler Wirtschaftsstudierendebereitwillig gemacht und dabeigleich ein (Vor-)Urteil bestätigt: Rund acht vonzehn Wirtschaftsstudierende aus St. Gallen sehensich im Vergleich mit <strong>Bern</strong> und Zürich als dieTop-Performer schlechthin und bewerten ihre Leistungenauf einer Zehnerskala mit den Noten 7bis 9. Die schlechten oder vielleicht die etwas bescheidenerenStudierenden kommen dagegenaus <strong>Bern</strong> und Zürich, die ihre universitäre Arbeitgrossmehrheitlich mit den Noten 5 bis 7 beurteilen.So generös wie die Ostschweizer ihre eigenenFähigkeiten beurteilen, werten sie auch die Qualitätihrer Kaderschmiede. Mehr als die Hälfte derBefragten sind mit der Universität St. Gallen sehrzufrieden und loben vor allem deren Reputationsowie die Qualität der Ausbildung. Erstaunlicherweiseist aber nur rund ein Viertel der St. Galler<strong>BWL</strong>er mit den Dozenten am meisten zufrieden.Mit dem Studentenleben und dem universitärenUmfeld sind die St. Galler, in markantem Unterschiedzu <strong>Bern</strong>, ebenfalls nur bedingt glücklich. Sosind in <strong>Bern</strong> 29 Prozent mit ersterem zufrieden,währenddem dieser Wert unter den St. Gallern nurneun Prozent beträgt. Mit dem universitärenUmfeld ist in <strong>Bern</strong> fast jeder zweite der Befragtenzufrieden im Vergleich zu den Ostschweizern, woselbiges nur gerade für acht von 100 Studierendengilt. Wie die Zürcher honorieren auch die <strong>Bern</strong>erdie Leistungen der Dozenten mit sehr guten Noten(45 Prozent in <strong>Bern</strong>, 32 Prozent in Zürich).Die Praktiker und die InternationalenVielleicht liegt es an der hohen Zufriedenheit mitdem universitären Umfeld, dass nur jeder Fünfteder <strong>Bern</strong>er <strong>BWL</strong>er ein Semester im Ausland studierthat. Im Vergleich dazu haben 31 Prozent derZürcher und sogar 41 Prozent der St. Galler ein Auslandssemesterabsolviert. Als erklärende Variablekann für diesen Sachverhalt die hohe, parallel zumStudium verfolgte Berufstätigkeit der <strong>Bern</strong>er<strong>BWL</strong>er genannt werden. So gibt fast die Hälfte der<strong>Bern</strong>er Befragten an, berufstätig zu sein respektivegewesen zu sein. Im Unterschied dazu betragendie Werte für die Absolventen der Hochschulen inZürich und St. Gallen nur 33 und 42 Prozent. Praktikasind dagegen vor allem in <strong>Bern</strong> (52 Prozent)und St. Gallen (64 Prozent) beliebt, während nurgerade 41 Prozent der befragten Zürcher angeben,ein solches absolviert zu haben.Ehrgeizig sind sie fast alleBei allen Unterschieden in der Selbstbeurteilungder eigenen Leistungen und jener der Universitätherrscht bezüglich einiger Charaktermerkmaledurchaus Übereinstimmung. So bezeichnen sich<strong>Bern</strong>er und Zürcher Studierende mit der gleichenrelativen Häufigkeit als analytisch denkend unddie St. Galler sind ebenso ehrgeizig wie die Bundesstädter.Die fleissigsten Studierenden sind dabeinicht, wie es die Selbsturteile hätten vermutenlassen, die St. Galler, sondern die Zürcher. Rundein Viertel der Zürcher bezeichnet sich als hartarbeitend, während sich in <strong>Bern</strong> und St. Gallen nur15 Prozent als derart fleissig bezeichnen.Stark von der Masse der befragten Studierendenheben sich die <strong>Bern</strong>er bezüglich ihres Verantwortungsbewusstseinsab. Fast die Hälfte dieserBefragten beschreibt sich dergestalt. Zudembezeichnet sich rund ein Fünftel der <strong>Bern</strong>er undder Zürcher als sozial eingestellte Persönlichkeiten,während das in St. Gallen nur gerade einer vonzehn Befragten von sich behauptet. Letzteresehen sich dagegen primär als Analytiker mitFührungsqualitäten, die effizient ihre Aufgabenerledigen.18<strong>BeWL</strong> 7/2007 Studium
Beratende St. Galler,verkaufende <strong>Bern</strong>er und ZürcherBezüglich der zwei beliebtesten Arbeitgeber unterallen Studierenden herrscht dagegen Einigkeit. Jededer drei Stichproben nennt auf den Plätzen einsund zwei dieser Hitliste die beiden GrossbankenUBS und Credit Suisse. Bezüglich der am stärkstenpräferierten Arbeitgeber fällt erneut die Heimatverbundenheitder <strong>Bern</strong>er auf. Mit der Swisscom,der Bundesverwaltung, der Nationalbank sowieder Swatch Group als auch der SBB stammt einViertel der beliebtesten 20 Arbeitgeber aus demselben Kanton. Innerhalb welcher Bereiche dieAbsolventen der verschiedenen Hochschulen tätigsein möchten, ist allerdings ziemlich verschieden.Während <strong>Bern</strong>er und Zürcher primär das Marketingals Tätigkeitsfeld nach Studienabschluss bevorzugen,zieht es die St. Galler eher ins InvestmentBanking oder in die Beratung. Rund die Hälfte derHSGler möchte einmal als Berater tätig sein.Entsprechend den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern,die von den Absolventen der drei Hochschulenbevorzugt werden, divergieren auchdie Lohnerwartungen. Rund 70 Prozent der befragtenSt. Galler erwarten mehr als 80’000 FrankenAnfangssalär, während bei den <strong>Bern</strong>ern undZürchern nur etwa 40 Prozent diesen Anspruchhegen. Auffallend ist, dass in Zürich fast ein Fünftelder Befragten bereit wäre, mit einem Gehaltzwischen 30’000 und 40’000 Franken ins Berufslebenzu starten. <strong>Bern</strong>er und St. Galler lassensich hingegen für dieses Lohnniveau kaum begeistern.Das Bild der imagebewussten St. Galler bestätigtsich auch bei genauerer Betrachtung der Kriterien,nach welchen in der Ostschweiz Arbeitgeberausgewählt werden. Die Reputation des Arbeitgebers,Erfolg im Markt sowie die Tatsache, dassnur die Besten rekrutiert werden, sind für dieSt. Galler beinahe so wichtig wie interessante Produkteund Dienstleistungen. Letzteres ist dagegenfür <strong>Bern</strong>er und Zürcher <strong>BWL</strong>-Studierende daswichtigste Entscheidungskriterium für die Wahldes künftigen Arbeitgebers.Die beliebtesten Arbeitgeberder <strong>Bern</strong>er WirtschaftsstudierendenRang2006Prozent2006Rang2005Prozent2005UBS 1 28 % 1 33 %Credit Suisse 2 24 % 2 24 %Nestlé 3 23 % 3 23 %IKRK (InternationalesKomitee vom Roten Kreuz)4 15 % 5 10 %Swisscom 5 13 % 4 11 %Bundesverwaltung 6 13 % 6 10 %Kuoni 7 12 % 19 6 %Swatch Group 7 12 % 21 6 %Coca-Cola 9 11 % – –PricewaterhouseCoopers 10 11 % 7 9 %SBB CFF FFS 10 11 % 11 8 %L’Oréal 12 11 % 11 8 %Ernst & Young 13 10 % 18 7 %Schweizerische Nationalbank 13 10 % 34 3 %SWISS (Swiss airlines) 15 9 % 21 6 %McKinsey & Company 16 9 % 9 9 %Lindt & Sprüngli 17 8 % – –Novartis 18 8 % 7 9 %IBM 19 7 % 10 9 %IKEA 20 7 % 16 7 %©2006 Universum Graduate Survey<strong>BeWL</strong> 7/2007 Studium19