«<strong>Bern</strong> hat mir gut getan»Sie sind der Inbegriff des Unternehmensberaters, die Beraterinnen und Berater von McKinsey.An der Spitze von McKinsey Schweiz steht mit Claudio Feser ein <strong>BWL</strong>-Absolvent der Universität<strong>Bern</strong>. Ein Gespräch mit dem 44-jährigen Basler über Helfersyndrome bei Beratern, die Charaktere,die bei McKinsey arbeiten, und seine Zeit in Griechenland. Von Simon HaagClaudio Feser, McKinsey liegt bei der aktuellenUmfrage von Universum nach den beliebtestenArbeitgebern der Schweiz auf dem achtenvon 15 Rängen. Wie häufig wurden Sie schonum Ihren Job benieden?Wir haben in der Tat einen beneidenswerten Job.Erstens lernt man in unserer Arbeit ständig dazu,so dass die Lernkurve steil bleibt. Zweitens hat manmit vielen, sehr spannenden Menschen zu tun,intern wie auch extern, und lernt auch ständigwieder neue interessante Leute kennen.Was macht für Sie den Reizvon McKinsey als Arbeitgeber aus?Aus meiner Sicht sind es drei Gründe: Erstens bietenwir unseren Leuten eine schnelle berufliche undpersönliche Entwicklung an. Weil sie zu Beginn ihrerKarriere in Projekten für unterschiedliche Industrienund Funktionen arbeiten, haben sie eine sehr breiteErfahrungsbasis für ihre weitere Karriere. Ergänzenderhalten unsere Mitarbeiter Trainings, Mentoringund werden gecoacht. Zweitens arbeiten wirbei Top-Unternehmen zusammen mit deren Spitzenmanagementan bedeutenden Problemen. Undschliesslich kann man sich bei uns ein extensivesinternationales Netzwerk aufbauen, das oft lebenslanghält. McKinsey ist de facto ein Sprungbrettfür die Corporate World. Sehr viele unserer Leuteerhalten regelmässig Jobangebote von Klienten.«McKinsey ist ein Sprungbrettfür die Corporate World.»Als Berater hilft man anderen Unternehmenund damit auch anderen Menschen. HabenBerater ein grosses Herz oder vielleicht sogarein Helfersyndrom?Von dieser Seite habe ich das noch nie betrachtet,aber vielleicht haben Sie Recht … Nein, im Ernst.Wir können tatsächlich unsere Aufgaben nichterledigen, wenn wir nicht auf das Gegenüber eingehenkönnen. Wenn wir Unternehmen beraten,geht es zuerst einmal darum, zu erkennen, was dasProblem ist, warum es besteht und wer davonbetroffen ist. Dies bedeutet, mit vielen Leuten zusprechen sowie zuhören und verstehen zu können.Das erfordert aber auch, mit anderenPersonen zusammenarbeiten zu können, dennLösungen können wir nur gemeinsam mit unserenKlienten erarbeiten.Hilfe im engeren Sinne leistet McKinsey jaauch, indem die Mitarbeitenden fünf Prozentihrer Arbeitszeit für Pro-Bono-Einsätze einsetzendürfen. Für was engagieren Sie sich?Weltweit unterstützen wir ganz unterschiedlichePro-Bono-Initiativen. Letztes Jahr waren wirbeispielsweise in den Wiederaufbau in Indonesiennach dem Tsunami involviert. Nutzniesser unsererPro-Bono-Einsätze müssen gemeinnützige Institutionensein, die eine spezifische Rolle in der Gesellschaftwahrnehmen, sei dies in den Bereichen Kultur,Sozialwesen, Entwicklungshilfe oder sonstwo. In diesem Zusammenhang war ich im letztenJahr in der Schweiz in zwei Projekte involviert, überdie wir ausnahmsweise und mit explizitem Einverständnisdes Klienten öffentlich reden können.Dabei handelt es sich um das Kloster Einsiedelnund das Verbier Musikfestival.«Bei McKinsey kommt es weniger auf denHintergrund als auf die Persönlichkeit an.»McKinsey hat aber auch den Ruf, ein sehrfordernder Arbeitgeber zu sein. Was fürPersonen mit welchen Eigenschaften suchtdenn McKinsey?Zuallererst müssen die «hard facts» stimmen.Bewerberinnen und Bewerber müssen einen ausgezeichnetenUniversitätsabschluss haben. Ausserdemsuchen wir Leute, die möglichst internationalePraktika oder Auslandssemester absolviert haben,da wir uns in einem sehr internationalen Umfeld bewegen.Wenn sie zusätzlich spannende ausseruniversitäreInteressen haben – ob sie jetzt ein Unternehmengegründet oder einen Verein geleitet haben,sportlich oder musisch interessiert sind –, machtuns auch dies hellhörig. Nebst Wirtschaftswissenschafternsuchen wir übrigens auch Naturwissenschafter,Ingenieure, Informatiker, Juristen undMediziner. Es kommt dabei weniger auf den Hintergrundals auf die Persönlichkeit an. Gerade diegrosse Vielfalt der akademischen Hintergründe unddie Kombination von verschiedenen Persönlichkeitenin Teams machen die Projektarbeit ausgesprocheninteressant und führen zu sehr guten Ergebnissen.26 <strong>BeWL</strong> 7/2007 Beruf und Karriere
Dann will McKinseyeinfach die Besten der Besten?So würde ich das nicht sagen. Was wir suchen, sinddie Leute, die am besten fürs Consulting geeignetsind. Ja, sie müssen eine ausgezeichnete Ausbildunghaben und sehr intelligent sein. Aber es gehtnicht nur um den Leistungsausweis. Auch diePerson muss zu uns passen. Wichtig sind uns Leute,die mit Leidenschaft bei der Sache sind, die unternehmerischdenken können, die sehr kommunikativund persönlich integer sind. Diese sollten gut undgerne Probleme lösen, die Lösungen dann aberauch den Klienten vermitteln können. Da wir immerim Team arbeiten, intern wie auch beim Klienten,ist es ebenfalls wichtig, ein guter Teamplayer zusein und gut zuhören zu können.oder Doktorats von internationalen, insbesondereamerikanischen und englischen, Hochschulen. Vieledieser Absolventen machen anschliessend Karrierebei internationalen Firmen und kehren dann im Altervon 40 Jahren nach Griechenland zurück. Dadurchhat Griechenland einen grossen Pool von hoch qualifiziertenManagern, die sich durch höchste Professionalitätauszeichnen. Auch für McKinsey ist Professionalitätdie Basis unseres Geschäftserfolgs. Daspasst also sehr gut zusammen.Gesucht dürften aber auch unternehmerischeTypen sein? Schliesslich ist es ein Anliegenvon McKinsey, unternehmerische Initiativender eigenen Mitarbeitenden zu fördern.Unsere Mitarbeitenden müssen tatsächlich eineunternehmerische Ader haben. Einerseits müssensie in der Lage sein, unternehmerische Chancenfür den Klienten zu sehen und diesen in der Umsetzungzu unterstützen. Es geht also nicht darum,analytisch perfekte, aber unternehmerisch weniggeeignete Lösungen zu empfehlen. Vielmehrgeht es darum, Lösungen zu suchen, die auchunternehmerisch Sinn ergeben und umsetzbar sind.Andererseits müssen Beraterinnen und Beraterunsere Klienten für sich bietende Geschäftsmöglichkeitenmotivieren und begeistern können.Auch das gehört zum unternehmerischen Aspekt.Dies ist ja der Weg, den Sie beschritten haben,als Sie nach Griechenland wechselten unddort eine lokale McKinsey-Präsenz aufbauten.Was war Ihr Antrieb dafür?Ich habe dort eine vielversprechende Chance gesehen.Griechenland war das einzige europäischeLand ohne McKinsey-Büro, es wuchs stark und warmitten in einem Privatisierungs- und Deregulierungs-Prozess. Zudem wollten meine Frau und ich mitunseren Kindern ein paar Jahre am Mittelmeer leben.«Wir rekrutieren nur Leute, vondenen wir überzeugt sind, dass siePartner werden können.»Wie verträgt sich denn die griechische Mentalitätmit den Vorstellungen von McKinsey?Die vertragen sich sehr gut. Lassen Sie mich daserklären. Ausbildung spielt in der griechischenKultur eine wichtige Rolle. Dadurch haben praktischalle Leute eine akademische Ausbildung. Viele dieserLeute verfügen zudem über eine Zusatzausbildungin Form eines Master-Abschlusses, eines MBAClaudio Feser, geboren 1963, verfügt über einenbeeindruckenden Bildungsrucksack. Nach demStudium der <strong>BWL</strong> und VWL an der Universität <strong>Bern</strong>,das der 44-Jährige 1986 mit dem Lizentiat abschloss,absolvierte der heutige Chef von McKinseySchweiz 1991 ein MBA-Studiengang am renommiertenInsead in Fontainebleau. Dazwischenarbeitete er als Leiter des Corporate Finance Teamsbei Royal Dutch Shell, bevor er 1992 als Beraterzu McKinsey Schweiz stiess. Innert 13 Jahren stiegder zweifache Familienvater, der Sport als seinHobby nennt, vom Berater zum Chef der SchweizerNiederlassung des weltweit tätigen Beratungsunternehmensauf. Zwischen 1999 und 2004arbeitete Feser in Griechenland, wo er eine lokalePräsenz aufbaute und leitete. Claudio Fesers Beratungsschwerpunkteliegen in der Finanz- sowie derTelekommunikationsindustrie.<strong>BeWL</strong> 7/2007 Beruf und Karriere27