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reine Luft der wissenschaftlichen Forschung - Max Planck Institute ...

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Arbeit ließ sich jedoch nur schwer an. Das Institut war zunächst provisorisch in<br />

einigen Räumen des Vivariums im Wiener Prater untergebracht. 84 Die Errichtung<br />

eines Versuchsgutes auf dem Tuttenhof bei Langenzersdorf, außerhalb<br />

Wiens, verzögerte sich. Das Gut selbst hatte ursprünglich zum Stift Klosterneuburg<br />

gehört und war als „reichsfeindliches Vermögen“ beschlagnahmt worden.<br />

Das Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft (RMEL) hatte es kostenlos<br />

für das neue KWI zur Verfügung gestellt. Doch sollten über die Fläche<br />

des Gutshofs hinaus weitere Län<strong>der</strong>eien dem Institut zugeschlagen werden, und<br />

die Verhandlungen mit den Eigentümern <strong>der</strong> in Aussicht genommenen Parzellen<br />

zogen sich in die Länge. Darüber hinaus gab es Schwierigkeiten mit den Berliner<br />

und Wiener Behörden wegen <strong>der</strong> Bewilligung von Baumaterialien für die<br />

Gewächshäuser. Aufgrund dieser Widrigkeiten war Stubbe zunächst mehr mit<br />

organisatorischen als mit <strong>wissenschaftlichen</strong> Arbeiten beschäftigt, wobei er allenfalls<br />

geahnt haben kann, daß die behördliche Trägheit, die die Arbeiten behin<strong>der</strong>te,<br />

zum Teil auch politisch motiviert war. Denn auch in Wien mischte sich<br />

das seit Müncheberger Zeiten überkommene Mißtrauen <strong>der</strong> Parteianhänger mit<br />

dem Neid seiner akademischen Konkurrenten. Wissenschaftler <strong>der</strong> Wiener<br />

Hochschulen, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Hochschule für Bodenkultur, empfanden die<br />

Gründung eines KWI auf ihrem Terrain als Affront. So beschwerte sich z. B.<br />

Franz Sekera in einem Schreiben an den stellvertretenden Gauleiter: „Die von<br />

<strong>der</strong> KWG geheim verfolgten Pläne und die dadurch eingeleitete Mehrgeleisigkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>wissenschaftlichen</strong> Arbeit stört die vorhandene Leistungsgemeinschaft<br />

und weckt das größte Mißtrauen.“ 85<br />

Im August 1944 waren im Kulturpflanzeninstitut 17 Personen beschäftigt, davon<br />

zehn Frauen; fünf <strong>der</strong> sechs Abteilungen wurden von Männern geleitet, die<br />

einzige Ausnahme bildete die noch in Berlin ansässige Elisabeth Schiemann. 86<br />

Auf dem angeglie<strong>der</strong>ten Versuchsgut arbeiteten zum selben Zeitpunkt 14 Personen,<br />

acht von ihnen Frauen. 87<br />

Stubbes wissenschaftliche Ambitionen gingen zum einen, wie bereits geschil<strong>der</strong>t,<br />

dahin, möglichst umfangreiche Wildpflanzensortimente aus den <strong>Forschung</strong>seinrichtungen<br />

in <strong>der</strong> besetzten Sowjetunion und von verschiedenen Expeditionen<br />

zu erhalten, er begriff Tuttenhof als das künftige „Zentralinstitut“, in dem<br />

die Wildpflanzensortimente versammelt werden sollten und das „in Zukunft das<br />

einzige Institut <strong>der</strong> Welt sein [wird], das sich den Fragen <strong>der</strong> Sammlung und<br />

gen <strong>der</strong> Industriebank eine Finanzierung des Tuttenhofer Instituts durch das RMEL abgelehnt.<br />

84 Das Vivarium war eine von jüdischen Wissenschaftlern gegründete und selbst finanzierte<br />

<strong>Forschung</strong>seinrichtung, die nach dem Anschluß Österreichs 1938 zwangsweise geschlossen<br />

und 1943 teilweise <strong>der</strong> KWG zur Nutzung überlassen wurde, vgl. Wolfgang L. Reiter, Zerstört<br />

und vergessen: Die Biologische Versuchsanstalt und ihre Wissenschaftler/innen, in:<br />

Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften, 10. Jg., 1999, H. 4, S. 585-614.<br />

85 Prof. Franz Sekera (Hochschule für Bodenkultur) am 26.6.1943 an den stellv. Gauleiter in<br />

Wien, SS-Brigadef. Karl Scharizer, Österreichisches Hauptstaatsarchiv Wien, 79.435, Akte<br />

Lothar Geitler.<br />

86 Vgl. Hans Stubbe, Geschichte des Instituts für Kulturpflanzenforschung Gatersleben <strong>der</strong><br />

Deutschen Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften zu Berlin 1943–1968, Berlin 1982, S. 20.<br />

87 Unklar ist, inwieweit die nie<strong>der</strong>ländischen Biologiestudenten, die als Zwangsarbeiter am Institut<br />

tätig waren, sowie die russischen Zwangsarbeiter auf dem Gutshof bei dieser Zählung<br />

mitgerechnet sind.<br />

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