reine Luft der wissenschaftlichen Forschung - Max Planck Institute ...
reine Luft der wissenschaftlichen Forschung - Max Planck Institute ...
reine Luft der wissenschaftlichen Forschung - Max Planck Institute ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
KURZFASSUNG/ABSTRACT<br />
Am Beispiel <strong>der</strong> Wissenschaftler Hans Stubbe und Klaus von Rosenstiel wird<br />
exemplarisch das Verhältnis <strong>der</strong> Spitzenforscher <strong>der</strong> Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft<br />
zu den politischen Rahmenbedingungen ihrer Arbeit im Nationalsozialismus<br />
untersucht. Stubbe und Rosenstiel waren beide in den 1930er Jahren Abteilungsleiter<br />
am Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Züchtungsforschung. Während<br />
Rosenstiel <strong>der</strong> SS beitrat und im Krieg eine politische Karriere als Wissenschaftsorganisator<br />
in den besetzten Ostgebieten machte, verstand sich Stubbe<br />
als einen an Politik nicht interessierten, <strong>der</strong> „<strong>reine</strong>n“ Wissenschaft verpflichteten<br />
Forscher. Obwohl NSDAP-Anhänger unter seinen Kollegen Stubbes beruflichen<br />
Aufstieg mehrfach zu behin<strong>der</strong>n suchten, wurde er noch 1943 Direktor des<br />
neugegründeten KWI für Kulturpflanzenforschung, das als Zentrum eines Netzes<br />
von <strong>Forschung</strong>seinrichtungen im deutsch beherrschten Europa geplant war.<br />
Die Züchtungsforschung, die zur „Nahrungsfreiheit“ Deutschlands beitragen<br />
sollte, erfuhr im Rahmen <strong>der</strong> nationalsozialistischen Autarkiepolitik eine großzügige<br />
För<strong>der</strong>ung. Darüber hinaus konnten sich die in dieser Disziplin tätigen<br />
Wissenschaftler im Krieg die politische und militärische Macht z. B. im Kontext<br />
<strong>der</strong> deutschen Besatzungspolitik zunutze machten, um Zugriff auf interessantes<br />
Züchtungsmaterial – vorrangig aus den besetzten Ostgebieten – zu erhalten. Sie<br />
legitimierten die Aneignung dieses Materials bald mit dem nationalen Interesse,<br />
bald mit dem uneigennützigen Erkenntnisstreben <strong>der</strong> Wissenschaft und, indem<br />
sie die Pflanzenzüchtung als eine Art Schöpfungsakt sakralisierten. Ein solches<br />
Changieren zwischen den Diskursen ermöglichte es ihnen, den politischen Kontext<br />
ihrer Arbeit auszublenden und die eigene Tätigkeit in die Sphäre <strong>der</strong> Unangreifbarkeit<br />
zu entrücken.<br />
Taking the scientists Hans Stubbe and Klaus von Rosenstiel as a model, the relationship<br />
of the Kaiser Wilhelm Society’s elite researchers to the political basic<br />
conditions of their work during the National Socialist era will be studied. Stubbe<br />
and Rosenstiel both were heads of department at the Kaiser Wilhelm <strong>Institute</strong><br />
for Breeding Research in the 1930s. Whereas Rosenstiel joined the SS and<br />
made a career during the war as a science organizer in the occupied Eastern<br />
territories, Stubbe saw himself as a researcher dedicated to “pure” science and<br />
not interested in politics. Despite the attempts of the Nazis among his colleagues<br />
to hamper with his career, Stubbe became the director or the newly<br />
founded KWI for Cultural Plants in 1943, intended as the center of a network of<br />
scientific institutions in a German dominated Europe.<br />
Breeding research, supposed to contribute to German independence in food supply,<br />
was quite well funded within the framework of Nazi autarky policy. Apart<br />
from that, the scientists working in this field could make use of the political and<br />
military power, for example in the context of German occupation, in or<strong>der</strong> to access<br />
and secure interesting research material primarily from the occupied Eastern<br />
territories. They legitimated the appropriation of this material at times with<br />
the “national interest”, at other times with the unselfish quest for scientific insights<br />
and by canonizing plant breeding as a kind of genesis. Such a changing of<br />
discourse enabled them to fade out the political context of their work as well as<br />
showing their own activities in the light of unassailability.