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reine Luft der wissenschaftlichen Forschung - Max Planck Institute ...

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„Die <strong>reine</strong> <strong>Luft</strong> <strong>der</strong> <strong>wissenschaftlichen</strong> <strong>Forschung</strong>“<br />

Zum Selbstverständnis <strong>der</strong> Wissenschaftler <strong>der</strong><br />

Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft<br />

Susanne Heim<br />

EINLEITUNG<br />

Im Sommer 1941, kaum mehr als zwei Monate nachdem die deutsche Wehrmacht<br />

Jugoslawien überfallen und Griechenland unterworfen hatte, unternahm<br />

eine Gruppe deutscher Botaniker eine Expedition in das zentrale Gebirgsmassiv<br />

des Balkans, die griechisch-albanisch-jugoslawische Grenzregion. Die Forscher<br />

hatten „unmittelbar nach Beendigung <strong>der</strong> Kampfhandlungen“, so ein Zeitungsbericht,<br />

die Expedition selbst angeregt und reisten in Armeebegleitung. Weiter<br />

heißt es in dem Artikel: „Erst die Eroberung dieser Gebiete durch die deutschen<br />

Truppen hat <strong>der</strong> Wissenschaft Zugang verschafft. […] Hier ist die Wissenschaft<br />

<strong>der</strong> siegreichen Waffe gewissermaßen auf dem Fuße gefolgt.“ 1<br />

Die Expedition leitete <strong>der</strong> Genetiker Hans Stubbe, damals Mitarbeiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts<br />

(KWI) für Biologie und späterhin einer <strong>der</strong> profiliertesten<br />

Vertreter seines Fachs. Stubbe verstand sich selbst als einen an Politik nicht<br />

interessierten, gewissermaßen „<strong>reine</strong>n“ Naturwissenschaftler – ein Selbstverständnis,<br />

das in Wissenschaftlerkreisen und insbeson<strong>der</strong>e unter Angehörigen <strong>der</strong><br />

Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (KWG) verbreitet war. 2 Und doch stand ihre Arbeit<br />

gerade während des Krieges unübersehbar in einem politischen und militärischen<br />

Kontext.<br />

Im folgenden soll das Verhältnis von Wissenschaft und Politik in <strong>der</strong> Geschichte<br />

<strong>der</strong> Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, <strong>der</strong> damals renommiertesten außeruniversitären<br />

<strong>Forschung</strong>seinrichtung in Deutschland, bzw. das Verhältnis <strong>der</strong> KWG-Wissenschaftler<br />

zu den politischen Rahmenbedingungen ihrer Arbeit exemplarisch<br />

untersucht werden: Wie haben diese Rahmenbedingungen – insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

Krieg – die Wissenschaft verän<strong>der</strong>t? Und wie beeinflußte diese Verän<strong>der</strong>ung das<br />

Selbstverständnis <strong>der</strong> Wissenschaftler als unpolitische, allein dem Erkenntnisfortschritt<br />

verpflichtete Forscher, von denen Hans Stubbe einmal behauptete,<br />

1 Hamburger Fremdenblatt vom 15.11.1941.<br />

2 Zur Problematisierung des Begriffs <strong>der</strong> ‚Reinheit’ <strong>der</strong> Wissenschaft vgl. Herbert Mehrtens,<br />

Verantwortungslose Reinheit. Thesen zur politischen und moralischen Struktur mathematischer<br />

Wissenschaften am Beispiel des NS-Staates, in: Georges Fülgraff/Annegret Falter<br />

(Hg.), Wissenschaft in <strong>der</strong> Verantwortung. Möglichkeiten <strong>der</strong> institutionellen Steuerung,<br />

Frankfurt 1990, S. 37-54.

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