Berlin braucht dich! - Katrin Schek kursiv Kommunikationsdesign
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Andreas Germershausen: Aus meiner<br />
Sicht haben drei Punkte den Erfolg<br />
ausgemacht: Erstens die schon erwähnte<br />
klare Zielvorgabe des Senats: „Wir wollen<br />
den Anteil von Migranten erhöhen.“<br />
Zweitens, dass wir alle relevanten Akteure<br />
einbezogen haben. Wir riefen dafür<br />
eine Steuerungsrunde ins Leben. Dort<br />
spielte nicht nur die Behörde des Integrationsbeauftragten<br />
eine Rolle; auf Arbeitsebene<br />
war auch der Innensenator vertreten,<br />
der für die Ausbildung zuständig<br />
ist, und der Bildungssenator als zentrale<br />
Stelle für die Berufsorientierung. Und<br />
die Selbstorganisationen der Migranten<br />
waren beteiligt als Multiplikatoren und<br />
Schnittstellen zu den Jugendlichen. Und<br />
drittens haben wir gezeigt, dass Verwaltungen<br />
Kampagnen organisieren können,<br />
um ihre fachlichen Ziele zu erreichen.<br />
Klaus Kohlmeyer: Es gibt eine weitere<br />
Facette: Integrationspolitik ist Querschnittspolitik,<br />
und diese wurde hier mit<br />
Fachpolitik im Feld der beruflichen Bildung<br />
verknüpft. Über das Bundesprojekt<br />
BQN kam damals viel Fachkompetenz in<br />
das Haus des Integrationsbeauftragten.<br />
Was hat sich durch die von Ihnen<br />
erwähnte Kampagnenfähigkeit in der<br />
Verwaltung geändert?<br />
Annemie Burkhardt: Es gab vorher auch<br />
schon kleine Kampagnen. Die Polizei hat<br />
bei unserer ersten Sitzung im Steuerungsgremium<br />
gesagt: „Wir werben schon bei<br />
den Migranten. Die kommen aber nicht.“<br />
Andreas Germershausen: Das ist ein<br />
spannender Punkt, dass die Polizei sagt:<br />
„Wir haben doch schon einen Flyer gemacht,<br />
es kommt aber keiner.“ Wichtig ist<br />
zum einen die Verbindung von Kampagnen<br />
mit substantieller Fachpolitik, hier<br />
im Feld der Berufsausbildung; zum anderen<br />
müssen die Zielgruppen beteiligt sein.<br />
Vielleicht war nicht jede einzelne Maßnahme<br />
innovativ. Aber die Verbindung<br />
aus direkter Ansprache der Zielgruppe<br />
unter Beteiligung von Migrantenorganisationen<br />
mit dem fachlichen Angebot –<br />
„Bewerbt euch beim Land <strong>Berlin</strong>“ – hat<br />
den Unterschied ausgemacht.<br />
Annemie Burkhardt: Andere fachliche<br />
Angebote und politische Entscheidungen<br />
haben den Prozess unterstützt: So hat der<br />
Bezirk Neukölln Vorbereitungskurse<br />
organisiert, Reinickendorf hat Ausbildungen<br />
in Partnerschaft mit Polen und<br />
der Türkei angeboten, und der Bezirk<br />
Friedrichshain-Kreuzberg einen BVV-<br />
Beschluss umgesetzt, nach dem 50 Prozent<br />
der Auszubildenden im Bezirk einen<br />
Migrationshintergrund haben sollten.<br />
Klaus Kohlmeyer: Das Denken in Einzelprojekten<br />
hat einen Haufen frustrierter<br />
Leute hinterlassen, die immer wieder<br />
versucht haben, in der Integrationspolitik<br />
sehr engagierte Sachen zu machen, die<br />
dann aber abgebrochen wurden. Dann<br />
ging es los mit der Netzwerkarbeit. Man<br />
fing an, sich mit verschiedenen Institutionen<br />
zu vernetzen, und erzielte dadurch<br />
eine ganz andere Wirkung.<br />
von links nach rechts<br />
Andreas Germershausen<br />
Klaus Kohlmeyer<br />
Annemie Burkhardt<br />
Interview<br />
Haben Sie 2004 erwartet, dass sich die<br />
Situation so entwickeln würde?<br />
Klaus Kohlmeyer: Das war in den kühnsten<br />
Träumen nicht auszumalen. Wir<br />
haben damals an allen möglichen Stellen<br />
versucht, Migrantenjugendliche in Ausbildung<br />
zu bringen. Wir haben es ja immer<br />
wieder versucht – und sind ein paar Mal<br />
mit ’ner Bauchlandung wieder rausgeflogen.<br />
Aber durch die Kampagne wurden<br />
wir bald auf einer integrationspolitischen<br />
Welle getragen, die das gesellschaftliche<br />
Klima veränderte. Es gab Verantwortungsträger<br />
in den Betrieben, die sich<br />
geöffnet und gesagt haben: Wir wollen<br />
jetzt Migranten. Das war ein Umschwung,<br />
den wir in den Jahren 2002 bis 2004<br />
nicht ahnen konnten.<br />
Annemie Burkhardt: Ein kleines bisschen<br />
konnte man es vielleicht schon ahnen.<br />
Die Perspektive, dass es in näherer Zukunft<br />
einen Fachkräftemangel geben wird,<br />
konkretisierte sich damals schon. Jetzt ist<br />
das ja gar nicht mehr zu übersehen.<br />
Andreas Germershausen: Ich habe immer<br />
daran geglaubt, dass die Kampagne zum<br />
Erfolg wird. Ich wurde nur unsicher, als<br />
wir statistisch nachweisen sollten, dass<br />
sich die Zahlen durch die Kampagne<br />
tatsächlich erhöhen. Da hatte ich die Sorge,<br />
das überfordert unsere Instrumente.<br />
Überhaupt nicht vorhersehen konnte ich,<br />
dass wir über die Kampagne heute so<br />
einen Rückhalt kriegen. Das überrascht<br />
mich auch immer wieder. Dass es seit<br />
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