Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 2/08 – März 2008 – Seite 12<br />
Solidarisch oder risikoorientiert?<br />
Ohne Wettbewerb unter den gesetzlichen Krankenkassen stimmt das Anreizsystem nicht<br />
Von Eckhard Knappe<br />
Ansätze zu einem Wettbewerb im Gesundheitswesen<br />
bestehen in Deutschland auf drei Ebenen: Wettbewerb<br />
der Leistungserbringer um Patienten, Wettbewerb<br />
der Krankenkassen um Versicherte und schließlich<br />
Wettbewerb zwischen Leistungserbringern und<br />
Krankenkassen um Versorgungs- und Entgeltverträge.<br />
Ich möchte mich hier auf den Finanzierungsaspekt<br />
der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), die solidarische<br />
Beitragserhebung, so wie sie heute ist bzw. wie<br />
sie mit einem Wettbewerbssystem kompatibel wäre,<br />
konzentrieren. Die Krankenkassen finanzieren sich<br />
über Beiträge, die als Prozentsatz vom Bruttolohn<br />
ihrer Versicherten (derzeit durchschnittlich 14,8 Prozent)<br />
erhoben werden.<br />
Der Beitragssatz differiert zwischen den Krankenkassen<br />
nur wenig. 0,9 Prozent vom Bruttolohn werden<br />
allein von den Arbeitnehmern, der Rest je zur Hälfte<br />
von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gezahlt, allerdings<br />
nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze von zurzeit<br />
3.562,50 Euro.<br />
Problematische Finanzierung<br />
Diese Art der „solidarischen Finanzierung“ ist in mancherlei<br />
Hinsicht problematisch. Wir handeln uns auf<br />
diese Weise z.B. ein künstlich verschärftes Generationenproblem<br />
ein, das wir im Umlageverfahren gar nicht<br />
haben müssten. Es ist bereits eine Herausforderung<br />
für die Finanzierung der Krankenkassen, dass Ältere,<br />
die in ihrer Zahl zunehmen, im Durchschnitt sehr viel<br />
höhere Krankheitsrisiken haben und sehr viel höhere<br />
Ausgaben verursachen als Jüngere.<br />
Aber wir koppeln auch noch die Beiträge der Älteren<br />
an die Renten und senken sie damit im Durchschnitt<br />
für Ältere (für Rentner) auf die Hälfte. Das ist gesundheitspolitisch<br />
nicht zu begründen, letztlich aber auch<br />
nicht sozialpolitisch, denn Renteneinkommen und<br />
Einkommensarmut sind keinesfalls dasselbe. Viele<br />
Rentnerhaushalte beziehen Einkommen aus mehreren<br />
Quellen, nicht grundsätzlich müssen Haushalte<br />
mit (geringen) Renten über entsprechend geringe<br />
Beiträge unterstützt werden.<br />
Sinnvoller wäre es, wenn Ältere zwar keine höheren,<br />
aber auch keine verringerten Beiträge bezahlen<br />
müssten, wie z.B. im Gesundheitsprämienmodell vorgeschlagen<br />
wurde.<br />
Ein zweiter Kritikpunkt bezieht sich auf die Arbeitsmarktprobleme,<br />
die wir uns durch den Arbeitgeberbeitrag<br />
einhandeln. Der Zusammenhang zwischen Arbeitgeberbeitrag<br />
und Arbeitslosigkeit bzw. Beschäftigung<br />
ist vielschichtig, letztlich behindert aber ein steigender<br />
Beitragssatz der Krankenversicherung eine<br />
Rückkehr zur Vollbeschäftigung. Er zwingt daher die<br />
Gesundheitspolitik zu Ausgabendämpfungsprogrammen,<br />
die zwar arbeitsmarktpolitisch, nicht aber gesundheitspolitisch<br />
zu begründen sind.<br />
Das heutige, lohnbezogene Beitragssystem:<br />
■ künstlich verschärftes Generationenproblem,<br />
■ künstlich verschärftes Arbeitsmarktproblem<br />
■ vierfach „ungerecht“:<br />
– Lohn/Rente ist der falsche Maßstab<br />
– linear und bis zur Beitragsbemessungsgrenze<br />
– Widerspruch zwischen Familien- und<br />
Lohnkomponente<br />
– Umverteilung ist gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe<br />
■ verhindert Preiswettbewerb der Versicherungen<br />
ZfG<br />
Man sollte den Arbeitgeber- und den Arbeitnehmerbeitrag<br />
zusammen mit dem Lohn auszahlen, der Arbeitnehmer<br />
müsste dann aus dem erhöhten Bruttoeinkommen<br />
den gesamten Krankenkassenbeitrag<br />
bezahlen. Für die Arbeitnehmer würde sich dadurch<br />
nichts ändern, außer dass sie die Gesamtkosten der<br />
Krankenversicherung sehen würden und verstärkt<br />
den Kassenwettbewerb nutzen würden, um Kosten zu<br />
sparen.