18.08.2012 Aufrufe

Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh

Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh

Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 2/08 – März 2008 – Seite 14<br />

Von „Gleichbehandlung bei gleicher ökonomischer<br />

Situation“ kann dabei keine Rede sein.<br />

3. Auch zwischen der familien<strong>politische</strong>n und einkommens<strong>politische</strong>n<br />

Zielsetzung existiert ein Widerspruch.<br />

Es sollen zwei unterschiedliche Aspekte des<br />

Sozialausgleichs verwirklicht werden: Einerseits sollen<br />

größere Familien durch die beitragsfreie Mitversicherung<br />

von Mitgliedern ohne eigenes Lohneinkommen<br />

unterstützt werden (Ziel: Familienlastenausgleich),<br />

andererseits sollen aber auch Haushalten mit<br />

niedrigem Einkommen niedrige Beiträge gewährt<br />

werden.<br />

Da aber beide Ziele ohne Gewichtung nebeneinander<br />

stehen, führt das auch dazu, dass „arme Singles“<br />

„reiche Großfamilien“ unterstützen. Es kommt hinzu,<br />

dass – durch die Versicherungspflichtgrenze (zurzeit<br />

3.975 Euro) – Haushalte mit einem Einkommen oberhalb<br />

der Versicherungspflichtgrenze wählen dürfen,<br />

ob sie sich einer solidarischen Zahlungsverpflichtung<br />

entziehen wollen oder ob sie sich – trotz des hohen<br />

Einkommens (z.B. bei großer Kinderzahl) – über den<br />

Familienlastenausgleich unterstützen lassen wollen.<br />

Will man solche Widersprüche vermeiden, müssen<br />

die beiden sozial<strong>politische</strong>n Ziele „Familienlastenausgleich“<br />

und „Umverteilung von oben nach unten“ neu<br />

austariert werden.<br />

Drei verschiedene Ebenen<br />

In Bezug auf die für eine Krankenversicherung relevanten<br />

Solidaritätsaspekte ist es sinnvoll, drei verschiedene<br />

Ebenen zu unterscheiden.<br />

1. Der Solidaritätsaspekt, der in jedem Krankenversicherungssystem<br />

einzulösen ist, ist die Solidarität<br />

zwischen aktuell Gesunden und aktuell Kranken (man<br />

denke z. B. an die Behandlung einer Blinddarmentzündung,<br />

eines Knochenbruchs usw.). Entscheidend<br />

sind der Zufallscharakter der Gesundheitsstörung<br />

und die Kurzzeitigkeit des Behandlungsbedarfs.<br />

Ein weiterer krankheitsbezogener Solidaritätsaspekt<br />

ist die Solidarität zwischen Personen mit dauerhaft<br />

niedrigen und Personen mit dauerhaft hohen Krankheitsrisiken.<br />

Letztere zeigen sich z.B. bei chronisch<br />

Kranken, bei denen ein hoher und dauerhafter Behandlungsbedarf<br />

erkennbar ist. Auch diese Art des<br />

Risikos ist in der GKV (sowie in der privaten Krankenversicherung<br />

für deren Mitglieder) abgedeckt.<br />

Gerade diese Art des Krankenversicherungsschutzes<br />

ist erforderlich, um existenzbedrohende Risiken abzudecken.<br />

Generell gilt: Risikobezogene Beiträge dürfen<br />

existenzielle Risiken nicht ausgrenzen.<br />

2. Weiterhin geht es um die Solidarität „zwischen<br />

jung und alt“. Selbst für durchschnittlich Gesunde<br />

steigt das Risiko mit dem Alter an. Trotzdem zahlt man<br />

in der Krankenversicherung keine mit dem Alter steigenden<br />

Beiträge. Mit 80 Jahren ist das Ausgabenrisiko<br />

im Durchschnitt rund fünfmal so hoch wie das<br />

Ausgabenrisiko im Alter von 30 Jahren.<br />

Im Umlageverfahren wird dieses überproportionale<br />

Risiko „der Alten“ von „den Jungen“ finanziert. Dadurch<br />

entsteht ein Generationenproblem im Umlageverfahren.<br />

Teils handelt es sich lediglich um eine zeitliche<br />

Umschichtung von Vor- und Nachteilen, denn<br />

auch die belasteten Jungen werden älter und erhalten<br />

entsprechende Vorteile im Alter. Auch ein Anstieg der<br />

Lebenserwartung erhöht die Belastung der Jüngeren,<br />

kommt diesen aber ebenfalls im Alter zugute.<br />

Lediglich der demografische Wandel, der sich aus<br />

einer geringen/sinkenden Geburtenrate ergibt, führt<br />

zu einer Belastung der Jungen, ohne diesen jemals<br />

zugute zu kommen. Die Solidarität zwischen den Generationen<br />

wird dadurch im Umlageverfahren empfindlich<br />

gestört. Hier würde nur ein Übergang zum<br />

Kapitaldeckungsverfahren helfen oder – im Umlageverfahren<br />

– ein Übergang zu mit dem Alter steigenden<br />

Beiträgen.<br />

3. Schließlich geht es im Rahmen einer sozialen<br />

Krankenversicherung um einen Sozialausgleich nach<br />

der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und nach der<br />

Zahl der Haushaltsmitglieder (Familienlastenausgleich).<br />

Es wird versucht, diesen sozialen Ausgleich – wie<br />

beschrieben – über lohn- und rentenbezogene Beiträge<br />

sowie über die beitragsfreie Mitversicherung von<br />

Familienmitgliedern ohne eigenes Einkommen zu<br />

realisieren. Damit ist dieser Sozialausgleich integraler<br />

Bestandteil der Krankenversicherung.<br />

Gerade dadurch entstehen aber wesentliche Probleme,<br />

weil die Krankenversicherung durch die Vielzahl<br />

der Zielvorgaben überfordert ist. Einerseits kann kein<br />

zielgerichteter Sozialausgleich erreicht werden, andererseits<br />

wird dadurch zuverlässig ein funktionsfähiger<br />

Wettbewerb der Krankenversicherungen behindert.<br />

Ein Finanzierungssystem, das mit Wettbewerb<br />

verträglich ist, muss die beiden Ebenen, die Ebene<br />

der Finanzierung der Krankenkassen und die Ebene<br />

der Umverteilung nach Einkommen und Familiengröße<br />

organisatorisch trennen.<br />

Es ist grundsätzlich nicht möglich, an einem Umverteilungssystem<br />

innerhalb der Krankenversicherung<br />

festzuhalten und zugleich den Beiträgen die Funktion<br />

kostendeckender Wettbewerbspreise zuzuweisen.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!