Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 2/08 – März 2008 – Seite 2<br />
Editorial<br />
Neues tut sich schwer in einem Gesundheitssystem,<br />
das in seinen Grundzügen vor 130 Jahren<br />
begründet wurde – und damit auch 130 Jahre Zeit<br />
hatte, sich zu verfestigen. Doch es geht um einiges:<br />
um die Leistungsfähigkeit einer tragenden Säule<br />
unseres sozialen Sicherungssystems und um die<br />
Entfaltung eines Zukunftsmarktes, in dem schon<br />
jetzt in Deutschland 4 Millionen Menschen beschäftigt<br />
sind, in dem 250 Milliarden Euro umgesetzt<br />
werden und den die Ökonomen zur „Wirtschaftslokomotive“<br />
oder zur „Zukunftsbranche Nr. 1“ erklärt<br />
haben.<br />
Bisher ist man den stets neu sprießenden Unzulänglichkeiten<br />
des Systems in <strong>politische</strong>m Gleichmut<br />
mit immer neuen gesetzlichen Interventionen<br />
begegnet. Letztlich mit dem „GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz“,<br />
dessen Namen leider nicht Programm<br />
ist. Es ermöglicht zwar sowohl kollektive als<br />
auch individuelle Verträge zwischen den am Gesundheitsmarkt<br />
Beteiligten und wird mittelfristig<br />
auch deutlich wahrnehmbare Veränderungen im<br />
deutschen Gesundheitswesen hervorbringen. Wir<br />
sehen aber auch neue zentralistische Elemente<br />
und denken dabei an die Machtkonzentration beim<br />
Gemeinsamen Bundesausschuss, beim Institut für<br />
Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen<br />
und auch beim neuen Spitzenverband Bund.<br />
Letztlich orientiert sich das Reformgeschehen immer<br />
noch an den Tagesopportunitäten: Kassenlage,<br />
Widerstandskraft der Betroffenen, Medienecho.<br />
Historisch gewachsene Widersprüche bleiben<br />
ungeklärt, neue werden hinzureformiert. Ergebnis:<br />
jedermann stöhnt über die Überregulierung<br />
des Systems.<br />
Aber diese Methode hat sich erschöpft. Das System<br />
selbst steht inzwischen auf dem Prüfstand.<br />
Mehr „Wettbewerb“ gilt zwar generell als ausgemacht<br />
in den gesundheits<strong>politische</strong>n Salons, aber<br />
das Misstrauen ist unüberhörbar und eine ordnungs<strong>politische</strong><br />
Richtung ist nicht erkennbar. Der<br />
Geist des „Wettbewerbs“ ist im System noch nicht<br />
angekommen – kann er auch nicht, denn Wettbe-<br />
werb hat auch etwas mit gewinnen und verlieren zu<br />
tun und diesem Risiko möchte man sich generell<br />
nur ungern aussetzen. Das Nachsehen hat der<br />
Patient, der, umarmt von Überfürsorge, das Mündel<br />
bleibt, in dessen Namen andere die Beschlüsse<br />
fassen.<br />
Auch die Fachdiskussion bleibt vielfach an der<br />
Oberfläche. Grund für das Abbott-Forum, das Thema<br />
„Wettbewerb im Gesundheitswesen“ auf seine<br />
Agenda 2007 zu heben. Damit will das Abbott-<br />
Forum einen Beitrag leisten, die Reformdiskussion<br />
zu entwirren und Grundsteine für ihre Fortentwicklung<br />
zu legen. Es zerlegt das Thema „Wettbewerb<br />
im Gesundheitswesen“ in seine tragenden Elemente:<br />
Generelle Leistungsfähigkeit des Wettbewerbs,<br />
Standardisierbarkeit des Produkts „Gesundheitsleistung“,<br />
Rolle des Arztes, der Krankenkassen<br />
und des Patienten im Wettbewerbsprozess.<br />
Zu diesen Themenfeldern haben auf dem Abbott-<br />
Forum vom 25. September 2007 Sachverständige<br />
mit Sachverständigen diskutiert – über Strukturprobleme<br />
und Lösungsbeispiele. Sie haben ihre Konzepte<br />
vorgetragen, sie auf den Prüfstand gestellt<br />
und sicherlich auch neue Sichtweisen eröffnet. Um<br />
die Diskussion lebendig zu halten und in dem einen<br />
oder anderen Fall zu vertiefen, wurden die Teilnehmer<br />
gebeten, im Nachgang ihre Kernforderungen<br />
zum „Wettbewerb im Gesundheitswesen“ zu formulieren.<br />
Auf den folgenden Seiten finden Sie nun sowohl die<br />
Referate als auch die Kernforderungen der Teilnehmer.<br />
In Abstimmung mit den Referenten haben wir<br />
uns erlaubt, den Sprechtext der Bandaufzeichnung<br />
zum Lesetext aufzubereiten, und hoffen damit, die<br />
Lebhaftigkeit des gesprochenen mit der Nachvollziehbarkeit<br />
des geschriebenen Wortes zu verknüpfen.<br />
Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.<br />
Hans-Joachim Fischer