Gesellschafts- politische Kommentare - Leo Schütze Gmbh
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gpk SONDERAUSGABE GESELLSCHAFTSPOLITISCHE KOMMENTARE Nr. 2/08 – März 2008 – Seite 8<br />
Integrierte Versorgung<br />
Populationsorientiert ist sie ein wettbewerbliches Zukunftsmodell<br />
Von Volker Amelung<br />
Für den Ökonom ist es selbstverständlich, aber nicht<br />
für alle Akteure in der gesundheits<strong>politische</strong>n Diskussion:<br />
Wettbewerb ist ein Suchprozess. Und ein Suchprozess<br />
bedeutet Fließgleichgewichte beachten, zu<br />
schauen, was funktioniert hat, immer wieder Anpassung,<br />
aber auch die stetige Bereitschaft, zu ändern<br />
und sich eventuell mit der second-best-Lösung zufriedenzugeben.<br />
Das ist eine ständige Aufgabe.<br />
Aber die öffentliche Diskussion ist weitgehend dominiert<br />
von der Vorstellung, dass jetzt der eine große<br />
Wurf gelingen müsse und das Thema damit durch sei.<br />
Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG)<br />
war nicht die letzte Reform, sondern es wird immer<br />
weitere Reformen, immer wieder Anpassungsprozesse<br />
und Neubewertungen davon geben, welche Schritte<br />
erfolgreich waren, welche nicht und wie man dann<br />
sinnvollerweise weiter fortschreitet.<br />
Nicht überall ist Wettbewerb möglich<br />
Die Kernfrage lautet also: In welchen Bereichen des<br />
Gesundheitswesens wird Wettbewerb funktionieren<br />
und wo hat Wettbewerb nichts verloren. Es wird keine<br />
Generalformel geben, die die Beantwortung dieser<br />
Frage erübrigt. Nehmen wir beispielsweise die Palliativversorgung<br />
– ein klassischer Bereich, wo Wettbewerb<br />
als Prinzip nicht funktioniert.<br />
Deshalb ist es auch sinnvoll, diesen Bereich aus den<br />
Integrationsverträgen herauszunehmen. Hier brauche<br />
ich viel Planung und Organisation, muss funktionsfähige<br />
Zirkel aufbauen und die Leute an einen<br />
Tisch bringen.<br />
Wettbewerb ist wichtig und mir fällt nichts Besseres<br />
ein – das ist das übliche Argument für den Wettbewerb.<br />
Dennoch: Wo man sich mit der Problematik<br />
intensiver auseinandersetzen muss, z.B. bei der Integrierten<br />
Versorgung, sieht man, dass die Instrumente,<br />
die man in der populationsorientierten Integrierten<br />
Versorgung einsetzt, tendenziell wettbewerbsfeindlich<br />
sind. Ich möchte dies nicht an den bestehenden<br />
deutschen Modellen darlegen, sondern einmal in die<br />
Zukunft vorausgreifen.<br />
Wie man Integrierte Versorgung mit Wettbewerb vereinbaren<br />
kann, lässt sich sehr schön an einem Modell<br />
aus den USA deutlich machen: Hier wird populationsorientierte<br />
Integrierte Versorgung wirklich realisiert.<br />
Das Modell ist derzeit in Deutschland nicht umsetzbar,<br />
aber vielleicht in fünf oder zehn Jahren.<br />
Die Integrierte Versorgung ist eines der wenigen Themengebiete,<br />
die in der aktuellen Gesundheitspolitik<br />
und auch im Rahmen der neuesten Diskussionen<br />
nicht grundsätzlich hinterfragt wurden. Niemand sagt,<br />
wir wollen keine Integrierte Versorgung. Allerdings<br />
wird über die Details diskutiert, z.B. über Fragen der<br />
Anschubfinanzierung.<br />
Erfolgsfaktoren integrierter Systeme ...<br />
1. einheitliche und vernetzte IT-Infrastruktur,<br />
2. geographische Nähe der Einheiten,<br />
3. zentrale Steuerung und dezentrale Ausführung,<br />
4. starke und einheitliche Unternehmenskultur<br />
und<br />
5. adäquate Anreizsysteme und Kontrollsysteme<br />
Prof. Dr. Volker Amelung<br />
Natürlich ist die Anschubfinanzierung aus Sicht eines<br />
Ökonomen ein Paradebeispiel für Fehlanreize. Für<br />
einen Ökonomen ist das ein absurdes Instrument.<br />
Aber vielleicht braucht es das, vielleicht ist es die<br />
second-best-Lösung, vielleicht müssen wir Instrumente<br />
einsetzen, die dem Grundsatz widersprechen,<br />
bei denen wir aber keine andere Wahl haben.<br />
Impulse durch Paradigmenwechsel<br />
Die Integrierte Versorgung hat, und das ist deutlich<br />
hervorzuheben, einen wesentlichen Effekt gehabt,<br />
der nicht zu unterschätzen ist: Selbst bei uns an der