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Rechtsprobleme der Versagung der Anschlussförderung im Berliner ...

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IIIaa) Schutzwürdiges Vertrauen.................................................................49bb) Untragbare Härte............................................................................... 506. Ergebnis...................................................................................................... 51V. Anspruch aus Art. 14 GG.............................................................................. 521. Schutzbereich..............................................................................................522. Eigentumsrelevante Maßnahme / Eingriff.................................................. 54a) Eingriffssystematik des Art. 14 GG........................................................ 54b) Bindungen <strong>im</strong> Rahmen des sozialen Wohnungsbaus............................. 55aa) Umfangreiche Sozialbindung............................................................ 55bb) Vorrang des Pr<strong>im</strong>ärrechtsschutzes.................................................... 56c) Unterlassen <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung als solche...................................... 57d) Fehlende Anschlussför<strong>der</strong>ung bei gleichzeitiger Eigentumsbeschränkung.....................................................................................................................59e) Zwischenergebnis....................................................................................60VI. Hilfserwägung: Pflicht zum schonenden Übergang .................................... 60VII. Gesamtergebnis........................................................................................... 61D. Zusammenfassung............................................................................................. 63Literaturverzeichnis................................................................................................65


2rungsbest<strong>im</strong>mungen 1977 – WFB 1977) des Senators für Bau- und Wohnungswesenab 01.02.1988 für die Dauer von 15 Jahren, längstens bis zur planmäßigen Tilgung<strong>der</strong> Fremdmittel eine Hilfe aus öffentlichen Mitteln zu den laufenden Aufwendungenbis zu einer Höhe von 18,40 DM, die sich ab dem dritten För<strong>der</strong>jahrjährlich jeweils um 0,20 DM / m 2 reduzieren sollte. 1Die aus <strong>der</strong> Dauer von 15 För<strong>der</strong>jahren errechnete max<strong>im</strong>ale Gesamthilfe in Höhevon etwa 7,7 Mio. DM wurde zu 1/3 als Darlehen und zu 2/3 als Zuschuss gewährtund vierteljährlich ausgezahlt. Ziff. 1 Abs. 2 des Bescheides verpflichtetedie Zuschussempfängerin, die Aufwendungshilfen während <strong>der</strong> vorgesehenen För<strong>der</strong>ungsdauerund gegebenenfalls auch danach anzunehmen.Nach zahlreichen Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> konkreten Finanzierung betrug <strong>der</strong> Zuschuss <strong>im</strong>letzten Jahr <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung monatlich 6,47 Euro / m 2 , die Bewilligungsmiete lagbei 4,35 Euro / m 2 und die Kostenmiete betrug 10,82 Euro / m 2 .Am 08.08.2002 for<strong>der</strong>te die Investitionsbank Berlin (IBB) die Verwertungsgesellschaftauf, eine Anschlussför<strong>der</strong>ung für das Objekt in <strong>der</strong> Silbersteinstr. 5-7 zubeantragen. 2Die Gesellschaft kam dieser Auffor<strong>der</strong>ung am 07.11.2002 nach und beantragte dieGewährung einer Aufwendungshilfe nach Auslaufen <strong>der</strong> Grundför<strong>der</strong>ung am31.01.2003 entsprechend den Best<strong>im</strong>mungen <strong>der</strong> Richtlinie über die Anschlussför<strong>der</strong>ungvon Sozialwohnungen <strong>der</strong> Wohnungsbauprogramme 1982-1986 (Anschlussför<strong>der</strong>ungRL 1996) des Senators für Bau- und Wohnungswesen. DieseRichtlinie sah – ähnlich wie ihre seit 1988 geltenden Vorläuferregelungen – fürdie in den Wohnungsbauprogrammen 1982 bis 1986 geför<strong>der</strong>ten Sozialwohnungeneine zweite 15-jährige För<strong>der</strong>phase vor, in <strong>der</strong> die Differenz zwischen Kosten-1In dem För<strong>der</strong>bescheid heißt es dazu: „“Der Bewilligungsausschuss hat Ihnen gemäß den Wohnungsför<strong>der</strong>ungsbest<strong>im</strong>mungen1977 (WFB 1977) [...] aus öffentlichen Mitteln bis zu <strong>der</strong> aus beiliegendemBerechnungsblatt ersichtlichen Höhe von 7.703481,60 DM bewilligt. [...] Die Aufwendungshilfewird von Anfang des Monats <strong>der</strong> von uns best<strong>im</strong>mten mittleren Bezugsfertigkeit an fürdie Dauer von 15 Jahren, längstens jedoch bis zur planmäßigen Tilgung <strong>der</strong> zur Deckung <strong>der</strong> Gesamtkostenin Anspruch genommenen Fremdmittel gewährt. Nach Ablauf des zweiten und jedesweiteren För<strong>der</strong>ungsjahres, gerechnet von <strong>der</strong> mittleren Bezugsfertigkeit an, verringert sie sich um0,20 DM/m 2 Wohnfläche monatlich.“2Im Schreiben heißt es dazu: „Die Verpflichtung zur Beantragung und Annahme <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungergibt sich aus Nr. 9 Abs. 2 <strong>der</strong> Wohnungsbauför<strong>der</strong>ungsbest<strong>im</strong>mungen 1977 – WFB 1977– vom 28.07.1977. [...] Der beigefügte Antrag ist vollständig ausgefüllt und unterzeichnet mit dendarin aufgeführten Unterlagen bei uns einzureichen.“


3und Sozialmiete durch Gewährung einer Aufwendungshilfe mit vergleichbarenKonditionen wie in <strong>der</strong> ersten För<strong>der</strong>phase wirtschaftlich ausgeglichen werdensollte. Eine solche Anschlussför<strong>der</strong>ung war zwar <strong>im</strong> Ursprungsbescheid nichtwörtlich erwähnt, jedoch in <strong>der</strong> politischen Diskussion <strong>der</strong> damaligen Zeit alsselbstverständlich vorausgesetzt und bei Erlass des Erstbescheides „mitgedacht“worden. 3Die Verwertungsgesellschaft hatte diese – was bis dahin üblich und für das LandBerlin auch evident war – zur Grundlage ihrer Planung gemacht und war von einerAnschlussför<strong>der</strong>ung ausgegangen, auch aus dem Finanzplan, <strong>der</strong> dem Antrag aufFör<strong>der</strong>ung notwendigerweise beigelegt war und die Grundlage des Bewilligungsbescheidesbildete, ging hervor, dass eine Finanzierung des Objektes nur bei einer30-jährigen För<strong>der</strong>ung gesichert wäre.Der Senat von Berlin ging zur damaligen Zeit ebenfalls davon aus, dass eine Rentabilitätdes Objekts nach Ablauf <strong>der</strong> ersten För<strong>der</strong>phase nur durch eine Anschlussför<strong>der</strong>ungwürde gewährleistet werden könne. 4Zum jetzigen Zeitpunkt bestreitet <strong>der</strong> Senat von Berlin diese wirtschaftliche Beurteilunghingegen durch seine Prozessbevollmächtigten und geht – rational nichtnachvollziehbar – davon aus, dass auch ohne Gewährung einer Anschlussför<strong>der</strong>ungdas Wohnobjekt wirtschaftlich weitergeführt werden könne.In jedem Fall wurden zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Gewährung <strong>der</strong> ersten För<strong>der</strong>ung Mittelfür eine Anschlussför<strong>der</strong>ung in den Haushaltsplan des Landes Berlin nicht eingestellt.Auch Verpflichtungsermächtigungen waren damals in den Haushaltsplänennicht enthalten.Mit Schreiben vom 06.12.2002 teilte die IBB <strong>der</strong> Antragsstellerin mit, dass Zahlungenab 01.01.2003 vorerst nicht möglich seien, weil Haushaltsmittel noch nichtzur Verfügung stünden, da die <strong>im</strong> Doppelhaushalt des Landes Berlin für die Jahre2002 und 2003 einschlägigen Verpflichtungsermächtigungen für die Anschlussför<strong>der</strong>ungmit einem Sperrvermerk versehen seien. 53OVG Berlin, Urt. v. 16.12.2004, Az. OVG 5 B 4.04, S. 19 ff.4OVG Berlin, Urt. v. 16.12.2004, Az. OVG 5 B 4.04, S. 21 ff.5Im Schreiben heißt es dazu: „Allerdings sind Zahlungen ab 01.01.2003 vorerst nicht möglich, dauns die erfor<strong>der</strong>lichen Haushaltsmittel noch nicht zur Verfügung gestellt worden sind.“


4Am 04.02.2003 beschloss <strong>der</strong> Senat von Berlin den Verzicht auf die Anschlussför<strong>der</strong>ungfür Objekte des Wohnungsbauprogrammjahres 1986, bei denen die 15-jährigeGrundför<strong>der</strong>ung am o<strong>der</strong> nach dem 31.12.2002 endete, und <strong>der</strong> Wohnungsbauprogrammjahrgängeab 1987. Daraufhin best<strong>im</strong>mte die Senatsverwaltung fürStadtentwicklung <strong>im</strong> Einvernehmen mit <strong>der</strong> Senatsverwaltung für Finanzen durchVerwaltungsvorschrift vom 19.02.2003, dass die Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996mit Wirkung vom 01.01.2003 außer Kraft tritt. Nach Beschluss des Senats überein Programm zur sozialen Abfe<strong>der</strong>ung für die betroffenen Sozialmieter vom11.02.2003, das die Gewährung von Mietausgleich sowie von Umzugskostenbeihilfenvorsah, verzichtete die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung am03.03.2003 vorerst bis zum 31. März 2006 auf die Wahrnehmung <strong>der</strong> Belegungsbindungenfür die vom Wegfall <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung betroffenen Wohnungen.Mit Bescheid vom 01.04.2003 lehnte die IBB den Antrag <strong>der</strong> Verwertungsgesellschaftauf Gewährung einer Anschlussför<strong>der</strong>ung ab. Zur Begründung verwies sieauf die Beschlüsse des <strong>Berliner</strong> Senates vom 04. und 11.02.2003 sowie auf denverfolgten Zweck <strong>der</strong> Entlastung des <strong>Berliner</strong> Landeshaushaltes vor dem Hintergrundeiner deutlichen Entspannung auf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkt.Gegen diesen Bescheid wehrte sich die Verwertungsgesellschaft auf dem Verwaltungsrechtsweg.Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unterlag sie vordem VG Berlin. 6 Auf die Beschwerde vor dem OVG Berlin hingegen wurde <strong>der</strong>Senat verpflichtet, vorläufig eine finanzielle Hilfe in Höhe <strong>der</strong> zuletzt gewährtenFör<strong>der</strong>ung weiter zu leisten. 7Im Hauptsacheverfahren hatte die Klage hingegen we<strong>der</strong> vor dem VG Berlin 8noch in <strong>der</strong> Berufung vor dem OVG Berlin Erfolg. 9 Die Revision zum Bundesverwaltungsgerichtwurde zugelassen und ist eingelegt worden.C. Rechtliche WürdigungDie SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr. KG kann gegendas Land Berlin einen Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung für ihr <strong>im</strong> Wohnungsbauprogramm1986 errichtetes Wohngebäude geltend machen, wenn hierfür eine6VG Berlin, Beschluss v. 24.03.2003, Az. VG 16 A 40.03.7OVG Berlin, Beschluss v. 24.07.2003, Az. OVG 5 S 8.03.8VG Berlin, Urteil v. 27.11.2003, Az. 16 A 117.03.9OVG Berlin, Urteil v. 16.12.2004, Az. OVG 5 B 4.04.


5Anspruchsgrundlage vorhanden ist und <strong>der</strong>en Voraussetzungen erfüllt sind. MehrereAnspruchsgrundlagen kommen dafür in Betracht. Ein Anspruch könnte sichzum einen aus dem II. WoBauG (I.), aus dem Ursprungsbescheid vom 09.02.1987selbst (II.) o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Fall einer Zusicherung aus dem Bescheid i.V.m. § 1 Abs. 1VwVfG Bln, § 38 VwVfG (III.) ergeben. Darüber hinaus kommen als AnspruchsgrundlageArt. 3 Abs. 1 GG i.V.m. <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 (IV.) sowieArt. 14 GG (V.) in Betracht. Schließlich könnte die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungspraxisdas Gebot <strong>der</strong> Übergangsgerechtigkeit verletzen (VI.).I. Gesetzlicher AnspruchZunächst könnte ein gesetzlicher Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung gem. §§ 46,33 Abs. 1 II. WoBauG bestehen. Zwar stellt § 33 Abs. 3 II. WoBauG ausdrücklichklar, dass das Gesetz keinen direkten Anspruch auf För<strong>der</strong>ung gewährt. Aufgrund<strong>der</strong> gesetzlichen Normierung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung besteht aber zumindest ein Anspruchauf ermessensfehlerfreie Entscheidung über einen För<strong>der</strong>ungsantrag. Ein solcherAnspruch kann dann, wenn sich die Gewährung einer Subvention als einzig rechtmäßigeArt <strong>der</strong> Ermessensausübung darstellt, zu einem vollwertigen Anspruch aufGewährung einer Subvention erstarken, denn in diesen Fällen reduziert sich dasErmessen auf Null, so dass faktisch eine gebundene Entscheidung vorliegt. 10Allerdings wurde das II. WoBauG durch Art. 2 des Gesetzes zur Reform desWohnungsbaurechts mit Wirkung zum 01.01.2002 aufgehoben. Es stellte zumZeitpunkt <strong>der</strong> Antragstellung also kein geltendes Recht mehr dar und muss schondeshalb als Anspruchsgrundlage ausscheiden. Daran än<strong>der</strong>t auch § 48 Abs. 2WoFG nichts, <strong>der</strong> die Fortgeltung von aufgrund des II. WoBauG getroffenen Entscheidungenund sonstigen Maßnahmen anordnet. Denn diese Norm betrifft geradenicht die Fortgeltung etwaig bestehen<strong>der</strong> Anspruchsgrundlagen, son<strong>der</strong>n ebenlediglich die Fortgeltung konkreter, bereits getroffener Maßnahmen. Dies wirdauch verdeutlicht durch die detaillierte Aufzählung weitergelten<strong>der</strong> Normen in§ 48 Abs. 1 WoFG, die die §§ 46, 33 II. WoBauG gerade nicht benennt. Mangels10Vgl. dazu allgemein BVerwGE 11, 92 (97); 69, 90 (94); BVerwG, DVBl. 1982, S. 306 (308);Götz, NVwZ 1984, S. 211 (216); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7 Rn. 24; Sachs, in:Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 40 Rn. 138.


6Fortgeltung <strong>der</strong> entsprechenden Vorschriften kommt ein gesetzlicher Anspruchaus dem II. WoBauG somit nicht in Betracht.II. Anspruch aus dem UrsprungsbescheidEin Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung zugunsten <strong>der</strong> SISTRA VerwaltungsgesellschaftmbH & Co. Silbersteinstr. KG könnte sich aber aus dem Ursprungsbeschei<strong>der</strong>geben, wenn dieser selbst nicht nur die För<strong>der</strong>ung für den Zeitraum vom01.02.1988 bis 31.01.2003 gewährt, son<strong>der</strong>n auch eine För<strong>der</strong>ung über diesenZeitraum hinaus für die anschließenden 15 Jahre verbindlich festsetzt.1. Inhaltsermittlung durch AuslegungOb ein Verwaltungsakt vorliegt und welchen Inhalt er hat, ist durch Auslegung zuermitteln. 11 Auf genau diese Weise muss also auch für den Verwaltungsakt vom09.02.1987 festgestellt werden, ob dieser eine Regelung enthält, die eine Anschlussför<strong>der</strong>ungfür den Zeitraum 2003-2018 für die geför<strong>der</strong>te Wohnanlage bewilligt.Maßgeblich für diese Auslegung sind die allgemeinen Auslegungsgrundsätze,die für Willenserklärungen gelten, insbeson<strong>der</strong>e also § 133 BGB in entsprechen<strong>der</strong>Anwendung: Entscheidend ist daher <strong>der</strong> erklärte Wille, wie ihn <strong>der</strong> Empfängerbei objektiver Würdigung verstehen konnte. 122. Entgegenstehen<strong>der</strong> WortlautDem Wortlaut des Bescheides lässt sich eine verbindliche Aussage über die Gewährungeiner Anschlussför<strong>der</strong>ung ab dem Jahr 2003 nicht entnehmen. Vielmehrwerden zunächst nur Höhe und Modalität einer För<strong>der</strong>ung in Höhe von gut 7,7Mio. DM für einen Zeitraum bis ins Jahr 2003 festgesetzt.11Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 43.12BVerwG, NVwZ 2000, S. 553 (54); BVerwGE 60, 223 (228 f.); 84, 220 (229); Stelkens/Stelkens,in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 43; Clausen, in: Knack (Hrsg.), VwVfG,§ 9 Rn. 25; Wolff/Bachof/Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 36 Rn. 11; Kopp/Ramsauer,VwVfG, § 35 Rn. 19; Erichsen, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 22Rn. 12.


7Lediglich die unter Ziff. 1 Abs. 2 des Bescheides statuierte Verpflichtung, Aufwendungshilfengegebenenfalls auch nach <strong>der</strong> vorgesehenen För<strong>der</strong>ungsdauer anzunehmen,stellt <strong>im</strong> Wortlaut eine Verbindung zu einer etwaigen Anschlussför<strong>der</strong>ungher, ohne jedoch eine Aussage über <strong>der</strong>en genaue Höhe sowie sonstige Gewährungsmodalitätenzu treffen. Der konkrete Text diesbezüglich lautet:„Sie sind verpflichtet, Darlehen und Zuschüsse zur Deckung <strong>der</strong> laufendenAufwendungen (Aufwendungshilfen) während <strong>der</strong> vorgesehenenFör<strong>der</strong>ungsdauer und gegebenenfalls nach <strong>der</strong>en Ablauf anzunehmen.“Auch diese Formulierung enthält unmittelbar keine verbindliche Festsetzung einerAnschlussför<strong>der</strong>ung.Im Gegenteil könnte sie u.U. eine solche Auslegung schon vom Wortlaut her sogarausschließen. Denn je nach dem, ob sich das Adverb gegebenenfalls hier aufdas Ob <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> das Ob <strong>der</strong> Verpflichtung zur För<strong>der</strong>ungsannahme bezieht,könnte schon diese Formulierung des Bescheides <strong>der</strong> Annahme einer verbindlichenZusage über die Anschlussför<strong>der</strong>ung entgegenstehen. Dann nämlich,wenn bereits dem Wortlaut des Bescheides nach die Gewährung weiterer Aufwendungsbeihilfenfür den Zeitraum ab dem Jahr 2003 nur „gegebenenfalls“ erfolgensoll, würde eine Auslegung des Bescheides als verbindlichen Bewilligungsbescheidbereits daran scheitern.a) Grammatikalische AuslegungBereits die Satzstellung <strong>der</strong> hier betrachteten Verpflichtung legt nahe, dass sichdas Adverb auf das Ob einer Weiterför<strong>der</strong>ung und nicht das Ob <strong>der</strong> Verpflichtungzur För<strong>der</strong>ungsannahme bezieht, dass also die verbindliche Verpflichtung ausgesprochenwerden sollte, bei einer gegebenenfalls zu gewährenden Anschlussför<strong>der</strong>ungdiese auch anzunehmen. Denn einem Bescheid des Inhalts, dass <strong>der</strong> Adressatbei einer als verbindlich angesehenen Anschlussför<strong>der</strong>ung gegebenenfalls verpflichtetsein sollte, diese anzunehmen, würde schon <strong>der</strong> eindeutige Regelungsgehaltfehlen.


8b) Zweck <strong>der</strong> RegelungDarüber hinaus ist auch <strong>der</strong> Zweck <strong>der</strong> Regelung in die Auslegung mit einzubeziehen.Die Auferlegung <strong>der</strong> Verpflichtung des Aufwendungshilfenempfängers zurAnnahme <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung geht auf Nr. 9 Abs. 2 S. 2 WFB 1977 zurück, in <strong>der</strong> genaudiese Maßnahme <strong>der</strong> Behörde vorgeschrieben wird. Inhaltlich lässt sie sich erklärendurch die Regelungssystematik <strong>der</strong> § 1 WoBindG, § 6 II. WoBauG. Danachist die Tatsache, dass die entsprechende Wohnung nach Maßgabe des II. WoBauGaus öffentlichen Mitteln geför<strong>der</strong>t wird, Bedingung für eine Anwendbarkeit desWoBindG und damit für eine Sicherstellung <strong>der</strong> Nutzung als Sozialwohnung. Nurwenn die gewährten Hilfen auch tatsächlich angenommen wurden, konnte somitdas WoBindG und die in ihm normierten Einschränkungen des Eigentümers fürdie Nutzung des Wohnraums <strong>im</strong> Rahmen des sozialen Wohnungsbaus zur Anwendungkommen. Durch die dem Hilfeempfänger auferlegte Verpflichtung zur För<strong>der</strong>ungsannahmesollte also letztlich sichergestellt werden, dass <strong>der</strong> geschaffeneWohnraum auch tatsächlich <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau und nicht auf dem freienWohnungsmarkt zur Verfügung stehen würde. Da die Schaffung von bezahlbaremWohnraum einziges Ziel des Wohnungsbau-Programms war, kann die Auslegungnach dem Zweck <strong>der</strong> Regelung somit nur ergeben, dass die Infragestellung des Obdurch das Adverb gegebenenfalls sich auf die Anschlussför<strong>der</strong>ung ab 2003, nichtjedoch auf die Annahmeverpflichtung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung bezog.c) ZwischenergebnisBereits <strong>der</strong> Wortlaut des Bescheides vom 09.02.1987 stellt somit eindeutig fest,dass eine verbindliche Regelung über das Ob <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung für den Zeitraum abdem Jahr 2003 gerade nicht getroffen werden sollte.3. Bezugnahme auf VerwaltungsvorschriftGestützt wird dieses Ergebnis auch durch eine an<strong>der</strong>e Auslegungsmethode. Jenseitsdes Wortlautes sind nämlich bei <strong>der</strong> Auslegung eines Verwaltungsakts auchdie Verwaltungsvorschriften zu berücksichtigen, auf die <strong>der</strong> Bescheid ausdrück-


9lich Bezug n<strong>im</strong>mt. 13 Der Bescheid vom 09.02.1987 rekurriert ausdrücklich auf dieWFB 1977. Diese best<strong>im</strong>men in Nr. 42 Abs. 2, dass die Aufwendungshilfen für 15Jahre (und nicht darüber hinaus) gewährt werden. Dass eine Anschlussför<strong>der</strong>ungdem Grunde nach bereits <strong>im</strong> Ursprungsbescheid verbindlich gewährt wird, ist hingegennicht vorgesehen. Auch durch Auslegung kann dem Bescheid daher keineverbindliche Regelung über die Gewährung einer Anschlussför<strong>der</strong>ung entnommenwerden.4. ZwischenergebnisEin Anspruch aus dem Bewilligungsbescheid vom 09.02.1987 scheidet somit aus.III. Anspruch aus ZusicherungTrotz dieser Auslegung könnte sich ein Anspruch dennoch aus dem Ursprungsbescheidvom 09.02.1987 i.V.m. § 38 VwVfG ergeben, wenn diesem eine Zusicherungentnommen werden kann. Die Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist,dass es sich bei dem Ursprungsbescheid tatsächlich um eine Zusicherung i.S.d.§ 38 VwVfG über den späteren Erlass eines Bewilligungsbescheides über Aufwendungshilfenfür den Zeitraum von 2003-2018 handelt (1.), <strong>der</strong> die Wirksamkeitsvoraussetzungendes § 38 VwVfG erfüllt (2.). Weiterhin müsste die Behördeauch <strong>im</strong>mer noch an die Zusicherung gebunden sein (3.).1. Zusicherung <strong>im</strong> UrsprungsbescheidEine Zusicherung i.S.d. § 38 VwVfG lässt sich dem Ursprungsbescheid eine solcheRegelung zunächst nicht eindeutig o<strong>der</strong> explizit entnehmen, weshalb hierüberzwischen den Parteien auch Streit besteht. Insofern ist eine Auslegung des Verwaltungsakteserfor<strong>der</strong>lich.13Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 35 Rn. 47; OVG Bautzen, NJW2000, S. 1057 (1058).


10a) Kein entgegenstehen<strong>der</strong> WortlautDabei steht auch hier zunächst in Frage, inwiefern <strong>der</strong> oben ermittelte Wortlaut,<strong>der</strong> das Ob <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung mit dem Adverb gegebenenfalls versieht undinsofern unter einen gewissen sprachlichen Vorbehalt stellt, einer solchen Auslegungentgegenstünde. Dafür spricht zunächst das bereits oben angeführte Argument,dass eine verbindliche Regelung über das Ob <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung für den Zeitraumab dem Jahr 2003 mit dem Bescheid gerade nicht getroffen werden sollte,son<strong>der</strong>n die angedachte und explizit erwähnte Anschlussför<strong>der</strong>ung von noch weiteren– nicht näher wörtlich best<strong>im</strong>mten – Umständen abhängig gemacht wurde(s.o. II.2).Dies könnte insofern <strong>der</strong> Auslegung des Bescheides als Zusicherung über eine Anschlussför<strong>der</strong>ungentgegenstehen, als dass auch eine Zusicherung eine verbindlicheRegelung darstellt: Sie wird definiert als einseitige, mit Bindungswillen vorgenommenehoheitliche Selbstverpflichtung <strong>der</strong> Behörde zu einem späteren Erlasso<strong>der</strong> Unterlassen eines Verwaltungsakts. 14 Sie stellt somit eine verbindliche Regelungfür einen in <strong>der</strong> Zukunft liegenden verwaltungsaktbezogenen Sachverhaltdar. 15 Dennoch unterscheidet sie sich als eigenständige Rechtsfigur von <strong>der</strong> eigentlichenHaupt- und Vollregelung, <strong>der</strong>en Erlass sie ja gerade erst zusichert. Dogmatischgilt dies an sich auch für Teilentscheidungen und Vorbescheide, 16 die ebenfallseine verbindliche Regelung in <strong>der</strong> Gegenwart treffen. Allerdings sind hierfunktionelle Unterscheidungen durchaus vorhanden hinsichtlich <strong>der</strong> noch nicht abschließendbeschiedenen Teile des Gesamtprojekts. Der wesentliche Unterschied<strong>der</strong> Zusicherung zu diesen Zwischenentscheidungen in einem mehrstufigen Verwaltungsverfahrenliegt darin, dass die Zusicherung – <strong>im</strong> Gegensatz zu den verbindlichenRegelungen in <strong>der</strong> Gegenwart – die durch den zugesicherten Verwaltungsakterstrebte Sachentscheidung zwar verbindlich in Aussicht stellt, diese abergerade noch nicht trifft. 17 Die Abgrenzung ist <strong>im</strong> Einzelfall mitunter recht schwierig,gerade wenn <strong>der</strong> versprochene Verwaltungsakt auf Gewährung einer Geldleis-14BVerwGE 26, 31 (36); Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 1;Liebetanz, in: Obermayer (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 1.15So ausdrücklich Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 7.16Hennecke, in: Knack (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 8; Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs(Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 29. Zur Abgrenzung auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 38 Rn. 13.17Liebetanz, in: Obermayer (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 13.


14rungsvorschriften zur <strong>Berliner</strong> Landeshaushaltsordnung. So stellt auch § 23 Nr.3.2 AV-LHO 25 explizit fest, dass Verpflichtungsermächtigungen für Zuwendungennur veranschlagt werden sollen, wenn es erfor<strong>der</strong>lich ist, dass sich Berlin gegenüberdem Zuwendungsempfänger rechtlich verpflichtet, in künftigen HaushaltsjahrenZuwendungen zu gewähren.Ein solches Eingehen bzw. eine solche rechtliche Verpflichtung würde aber dierechtsverbindliche Sachentscheidung über die Bewilligung von Aufwendungshilfenerfor<strong>der</strong>n. Eine solche Sachentscheidung trifft die Zusicherung aber geradenicht. Vielmehr sichert sie eben nur – verbindlich – zu, dass eine solche Sachentscheidungspäter getroffen werden wird. Darüber hinaus unterscheidet sich die Zusicherungnicht nur in diesem inhaltlichen Aspekt von einem bewilligenden Verwaltungsakt.Nicht zuletzt aufgrund <strong>der</strong> clausula rebus sic stantibus in § 38 Abs. 3VwVfG bestehen auch erhebliche Unterschiede in <strong>der</strong> Bindungswirkung einer Zusicherung<strong>im</strong> Gegensatz zu einem bewilligenden Verwaltungsakt, von dem dieVerwaltung sich nur durch Wi<strong>der</strong>ruf (§ 49 VwVfG) befreien kann, wenn desseneinschlägigen gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. 26 Die Zusicherung stellt inerster Linie eine rechtliche Gewissheitserklärung dar. 27 Ein verbindliches und unumstößlichesEingehen einer Verpflichtung zur Leistung von Ausgaben kann inihr jedoch noch nicht gesehen werden.Wenn ihr also eine solche unumstößliche Verpflichtung zur Ausgabenleistungnicht entnommen werden kann, so geht die öffentliche Hand eben gerade keine finanzielleVerpflichtung i.S.d. § 6 LHO durch Erteilung einer Zusicherung ein. DieZusicherung unterfällt somit nicht § 6 LHO. Eine Verpflichtungsermächtigungnach § 38 LHO ist daher allein für die Erteilung einer Zusicherung über eine späterefinanzielle För<strong>der</strong>ung nicht erfor<strong>der</strong>lich. 28 § 38 LHO steht einer Auslegungdes vorliegenden Bescheides als Zusicherung somit nicht entgegen. Damit gehteine gesetzes- und vor allem haushaltsrechtskonforme Auslegung nicht zu Lastendes Betroffenen.25Ausführungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (AV LHO) in <strong>der</strong> Fassung vom06.08.2001, abrufbar unter < http://www.parlament-berlin.de/parlamentb.nsf/SystemHTML/ framesetLR?opendocument&_0H45_1H45U0_2../Dokumente/Ausschuesse?OpenDocument_3>.26Wolff/Bachof/Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht II, § 53 Rn. 9.27Wolff/Bachof/Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht II, § 53 Rn. 10.28So ausdrücklich auch OVG Münster, DVBl. 1984, S. 1081 (1084).


16messen, dass die geför<strong>der</strong>ten Neubauten nach Ende <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung durch die öffentlicheHand rentabel zu bewirtschaften sind, eine Lücke zwischen <strong>der</strong> Kostenmieteund <strong>der</strong> für die breiten Schichten des Volkes geeigneten Sozialmiete alsonicht mehr entsteht. Dabei dient die För<strong>der</strong>ung gerade als Mittel dafür, eine Rentabilitätauf Dauer herzustellen und so letztlich den Anreiz für Bauherren zu schaffen,in den öffentlich geför<strong>der</strong>ten sozialen Wohnungsbau zu investieren.Im Fall <strong>der</strong> SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr. KG gingaus den eingereichten Unterlagen und Berechnungen eindeutig hervor, dass dasgeför<strong>der</strong>te Objekt in <strong>der</strong> Silbersteinstraße nach dem Auslaufen <strong>der</strong> ersten För<strong>der</strong>phaseohne eine weitere Anschlussför<strong>der</strong>ung unter Beibehaltung <strong>der</strong> Sozialmietenauf keinen Fall würde rentabel betrieben werden können. Aus <strong>der</strong> Sicht des Jahres1987 stellte sich die Situation für alle Beteiligten vielmehr so dar, dass ab demAuslaufen <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> Jahr 2003 die Rentabilität für die nächsten 15 Jahrennur dadurch herzustellen sein würde, dass entwe<strong>der</strong> eine Anschlussför<strong>der</strong>ung bewilligto<strong>der</strong> die Mieten drastisch erhöht werden würden.Ob dabei tatsächlich <strong>im</strong> Jahr 2003 aus heutiger Sicht eine die Kostenmiete erreichendeMiete auf dem freien Wohnungsmarkt zu erreichen war bzw. ob zu diesemZeitpunkt ein Bedarf an öffentlich geför<strong>der</strong>tem Wohnraum aufgrund <strong>der</strong> allgemeinenPreisentwicklung auf dem Immobilienmarkt noch bestand, spielt bei dieserBetrachtung hier insofern keine Rolle, als dass es allein auf die ex-ante-Perspektivedes Jahres 1987 ankommt. Denn maßgeblich ist allein <strong>der</strong> <strong>im</strong> II. WoBauG zumAusdruck kommende gesetzgeberische Wille, Wohnungen zu schaffen, die – unabhängigvon <strong>der</strong> allgemeinen Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt – dauerhaftunter Veranschlagung sozial verträglicher Mieten rentabel zu bewirtschaften seinwürden.Hätte die WBK <strong>im</strong> Jahr 1987 die För<strong>der</strong>ung tatsächlich nur für 15 Jahre bewilligt,ohne auch nur die Zusicherung einer Anschlussför<strong>der</strong>ung für weitere 15 Jahre auszusprechen,um die Rentabilität des Objektes bei sozialverträglichen Mieten zu sichern,so hätte die Behörde bereits 1987 die Situation geschaffen, dass nach demAblauf von 15 Jahren entwe<strong>der</strong> die Sozialbindung <strong>der</strong> Wohnungen hätte aufgehobenwerden müssen – wie es tatsächlich dann auch 2003 geschehen ist – o<strong>der</strong> abereine rentable Bewirtschaftung <strong>der</strong> Wohnungen nicht mehr möglich gewesen wäre.Genau diese Situation wäre mit §§ 46 Abs. 1, 43 Abs. 2 II. WoBauG, <strong>der</strong> gerade


17die dauerhafte rentable Bewirtschaftung unter Beibehaltung sozialverträglicherMieten gewährleisten wollte, allerdings unvereinbar gewesen. Wollte die WBKsomit den Gesetzeszweck des II. WoBauG erfüllen, so hätte sie deshalb eine Zusicherungüber die Anschlussför<strong>der</strong>ung aussprechen müssen.cc) ZwischenergebnisEine gesetzeskonforme Auslegung des Verwaltungsaktes ergibt daher in Hinblickauf §§ 46 Abs. 1, 43 Abs. 2 II. WoBauG, dass bereits <strong>im</strong> Ursprungsbescheid eineZusicherung über eine Anschlussför<strong>der</strong>ung nach Ablauf <strong>der</strong> ersten 15 Jahre vorhandenwar, da nur so dem objektiv-rechtlichen Gehalt dieser Normen Rechnunggetragen werden konnte.c) Ermittlung des Willens nach dem objektiven EmpfängerhorizontDie gesetzeskonforme Auslegung ist jedoch nicht die einzige Auslegungsmethode,die zur Deutung eines Verwaltungsaktes herangezogen werden muss. Selbst beieindeutigem Ergebnis ist auch noch unabhängig davon <strong>der</strong> Wille <strong>der</strong> entscheidendenBehörde zu ermitteln, wie er sich nach dem objektiven Empfängerhorizont ergibt.Neben den damaligen Aussagen <strong>der</strong> politischen Entscheidungsträger sowie <strong>der</strong> zuständigenBeamten, denen nur eingeschränkt eine Indizwirkung für den tatsächlichenWillen zukommen kann, ist dabei in beson<strong>der</strong>em Maße die bereits oben (unterII.2.b) erwähnte und <strong>im</strong> Bescheid ausdrücklich angeführte WFB 1977 sowiedie am gleichen Tag übernommene und mit <strong>der</strong> Gesamtför<strong>der</strong>ung eine Einhalt bildendeLandesbürgschaft aufgrund des Wohnungsbaubürgschaftsgesetzes inklusive<strong>der</strong> dabei ausdrücklich in Bezug genommenen Ausführungsvorschriften(AVWbBG) zu berücksichtigen.Die WFB 1977 sieht zwar – wie oben ausgeführt – in ihrer Nr. 42 Abs. 2 ausdrücklichvor, dass die Aufwendungshilfen (zunächst) für 15 Jahre gewährt werden.Gleichzeitig normiert Nr. 27 Abs. 1 WFB 1977 aber als Voraussetzung fürdie Bewilligung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung, dass die Finanzierung <strong>der</strong> Gesamtkosten als gesicherterscheint. Die Zielsetzung dieser Vorschrift st<strong>im</strong>mt daher mit denen <strong>der</strong>


18§§ 46 Abs. 1, 43 Abs. 2 II. WoBauG überein. Auch aus dieser Perspektive lässtsich daher ein objektivierter Wille <strong>der</strong> Behörde erkennen, tatsächlich mit dem Ursprungsbescheideine Zusicherung über die Anschlussför<strong>der</strong>ung zu erteilen. 30Ähnliche Erwägungen gelten auch, wenn man die vom Land Berlin übernommeneAusfallbürgschaft mit einbezieht. Nicht nur, dass Nr. 8, Nr. 13 Abs. 1 AVWbBGgenau wie Nr. 27 Abs. 1 WFB 1977 als Voraussetzung für die Bewilligung <strong>der</strong>Bürgschaft die Sicherung <strong>der</strong> Finanzierung <strong>der</strong> Gesamtkosten normieren. Auchunabhängig davon kann es bei verständiger Würdigung des Sachverhaltes nicht alsvon <strong>der</strong> Behörde gewollt erscheinen, dass sie eine Bürgschaft für ein Projekt übern<strong>im</strong>mt,dessen Finanzierung nach Auslauf <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung bei einer noch zu tilgendenRestschuld von über 4,6 Mio. DM (bzw. über 2,3 Mio. Euro) als nicht gesicherterscheint, eine Inanspruchnahme des Landes Berlin als Bürgen also bereitsbei Eingehung <strong>der</strong> Bürgschaftsverpflichtung nicht nur als zu vermeiden<strong>der</strong> Eventualfallbetrachtet werden konnte, son<strong>der</strong>n sich bei <strong>der</strong> bekannten Finanzierungssituationbereits konkret abzeichnete.Sowohl unter dem Aspekt <strong>der</strong> langfristigen Sicherung des sozialen Wohnungsbausals auch aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten in Hinblick auf die übernommeneBürgschaft ist daher <strong>der</strong> Wille <strong>der</strong> Behörde zu erkennen, die Rentabilität <strong>der</strong> geför<strong>der</strong>tenAnlage dauerhaft zu sichern, was eben nur durch eine Anschlussför<strong>der</strong>ungmöglich war.d) ZwischenergebnisSowohl die gesetzeskonforme Auslegung des Bescheids vom 09.02.1987 als auchdie Ermittlung des Behördenwillens nach dem objektiven Empfängerhorizontkommen also zu dem Ergebnis, dass dieser ursprüngliche Verwaltungsakt neben<strong>der</strong> Bewilligung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung für eine erste För<strong>der</strong>phase von 15 Jahren auch eineZusicherung über den Erlass eines Bewilligungsbescheids für eine zweite För<strong>der</strong>phasevon weiteren 15 Jahren enthält.30So <strong>im</strong> Ergebnis auch für einen ähnlichen Fall, bei dem ausdrückliche entsprechende Festlegungenin einer Verwaltungsvorschrift sogar fehlten OVG Münster, DVBl. 1984, 1081 (1083).


192. Wirksamkeit <strong>der</strong> Zusicherunga) FormvoraussetzungenDiese Zusicherung müsste aber auch wirksam erteilt worden sein, d.h. insbeson<strong>der</strong>edie speziellen Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 38 VwVfG erfüllen. Im vorliegendenFall ist lediglich fraglich, ob hier die von § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG gefor<strong>der</strong>teSchriftform eingehalten worden ist.Die einzelnen Anfor<strong>der</strong>ungen für die von § 38 Abs. 1 VwVfG gefor<strong>der</strong>te Schriftformergeben sich unmittelbar aus § 37 Abs. 3 VwVfG. 31 Dementsprechend mussein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und dieUnterschrift o<strong>der</strong> Namenswie<strong>der</strong>gabe des Behördenleiters o<strong>der</strong> einer Vertretersenthalten.Diesen Anfor<strong>der</strong>ungen wird <strong>der</strong> Bescheid vom 09.02.1987 gerecht. Insbeson<strong>der</strong>estellt die Zusicherung nicht einen von diesem Bescheid getrennten und insofernseiner Schriftform nicht unterfallenden Akt dar, son<strong>der</strong>n ergibt sich direkt aus <strong>der</strong>Auslegung des Bescheides und hat seinen wortlautbezogenen Anknüpfungspunktin <strong>der</strong> Verpflichtung, „Darlehen und Zuschüsse zur Deckung <strong>der</strong> laufenden Aufwendungen(Aufwendungshilfen) während <strong>der</strong> vorgesehenen För<strong>der</strong>ungsdauerund gegebenenfalls nach <strong>der</strong>en Ablauf anzunehmen.“ Das Schriftformerfor<strong>der</strong>nisdes § 38 Abs. 1 VwVfG ist somit erfüllt.b) Best<strong>im</strong>mtheitAllerdings ist fraglich, ob die Zusicherung genügend best<strong>im</strong>mt ist. Damit ist einGrundproblem <strong>der</strong> Zusicherung angesprochen worden, wenn – wie hier – mit <strong>der</strong>Zusicherung eine Ungewissheit hinsichtlich <strong>der</strong> künftigen Entscheidung rechtlichberücksichtigt werden soll. Würde man in diesem Fall eine völlige Best<strong>im</strong>mtheitfor<strong>der</strong>n, würde die Zusicherung ihre Funktion verlieren.Gem. § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG liegt eine Zusicherung dann vor, die zuständigeBehörde die Zusage erteilt, einen best<strong>im</strong>mten Verwaltungsakt später zu erlassen31BVerwGE 97, 323 (327); Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38Rn. 35; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 38 Rn. 20; Hennecke, in: Knack (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 9;Neumann, NVwZ 2000, S. 1244 (1247). Dies gilt – durch entsprechende Anwendung – sogar dann,wenn man die Zusicherung entgegen <strong>der</strong> h.M. nicht für einen Verwaltungsakt hält, vgl. Wolff/Bachof/Stober,Allgemeines Verwaltungsrecht II, § 53 Rn. 17.


20o<strong>der</strong> zu unterlassen. Zusagegegenstand muss daher ein best<strong>im</strong>mter Verwaltungsaktsein. Hiervon zu unterscheiden ist jedoch die Best<strong>im</strong>mtheit i.S.v. § 37 Abs. 1VwVfG, die sich nicht auf den zugesicherten Verwaltungsakt, son<strong>der</strong>n auf die Zusicherungselbst beziehen muss. Best<strong>im</strong>mtheit i.S.d. § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfGmeint insofern nicht Best<strong>im</strong>mtheit i.S.d. § 37 Abs. 1 VwVfG. 32 Vielmehr sind bei<strong>der</strong> Zusicherung in Abgrenzung zur verbindlichen Vollregelung geringere Anfor<strong>der</strong>ungenand die Best<strong>im</strong>mtheit zu stellen. Der zugesicherte Verwaltungsakt mussnur nach Art und Regelungsgegenstand in <strong>der</strong> Zusicherung konkretisiert sein. Esmuss lediglich klar umrissen sein, welcher Verwaltungsakt erlassen werden soll,ohne dass dessen Inhalt schon in je<strong>der</strong> Hinsicht feststehen muss. 33 Lediglich dann,wenn ausschließlich zugesagt wird, es solle entschieden werden, liegt keine Zusicherungi.S.d. § 38 VwVfG vor. 34Die Zusicherung <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> Ausgangsbescheid <strong>der</strong> WBK konkretisiertArt und Regelungsgegenstand des zugesicherten Verwaltungsakts und wirddaher den Anfor<strong>der</strong>ungen an die Best<strong>im</strong>mtheit in diesem Sinne gerecht. Denn zumeinen wird aus dem Bescheid deutlich, dass es sich bei dem zugesicherten Verwaltungsaktum einen Bewilligungsbescheid über eine Zuwendung handeln soll, sodass <strong>der</strong> Regelungsgegenstand eindeutig best<strong>im</strong>mt ist. Zum an<strong>der</strong>en geht auch <strong>der</strong>Regelungsgegenstand deutlich aus <strong>der</strong> Zusicherung hervor: Geregelt werden solldie finanzielle För<strong>der</strong>ung des <strong>im</strong> Bescheid konkret bezeichneten Vorhabens <strong>im</strong> sozialenWohnungsbau. Dass die Höhe <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> Zusicherung nicht best<strong>im</strong>mtist, än<strong>der</strong>t daran deshalb nichts, weil <strong>der</strong> Inhalt des Verwaltungsaktes ebennicht in je<strong>der</strong> Hinsicht bereits feststehen muss.Es liegt nahe, <strong>im</strong> konkreten Fall die Kostengrenzen als feststehend zu betrachten(z.B. kostendeckende Miete / tatsächlich gezahlte Miete), die Feststellung <strong>der</strong> genauenGröße aber <strong>der</strong> Festsetzung in dem zugesicherten Verwaltungsakt zu überlassen.Zugesichert war zunächst ein Mal in jedem Fall eine erneute Bescheidung.Die Klägerin konnte davon ausgehen, dass das Ob <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung gesichertwar, nicht aber die konkrete Höhe. Gegenstand <strong>der</strong> Zusicherung ist insoferndie verbindliche Zusage, nach Ablauf <strong>der</strong> ersten För<strong>der</strong>phase dem Antragsteller32Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 23; Henneke, in: Knack(Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 9.33Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 23; Henneke, in: Knack(Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 9; Liebetanz, in: Obermayer (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 20.34Henneke, in: Knack (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 9.


21eine weitere För<strong>der</strong>ung seines Wohnungsbauprojektes zu gewähren. Die genaueHöhe <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung kann die Verwaltung unter Berücksichtigung aller Umstände– und insbeson<strong>der</strong>e auch unter Berücksichtigung des Sinns und des Zweckes <strong>der</strong>Zusicherung angesichts <strong>der</strong> Mietenentwicklung und angesichts <strong>der</strong> Konditionenauf dem Hauptstadtmarkt – nach ihrem fehlerfrei auszuübenden Ermessen festsetzen.In dieser relativen Best<strong>im</strong>mtheit genügt die Zusicherung den Anfor<strong>der</strong>ungendes § 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG.3. Andauernde Bindung <strong>der</strong> BehördeGleichwohl bleibt fraglich, ob die Behörde an ihre wirksame Zusicherung auchnach wie vor gebunden ist. Die grundsätzliche Bindungswirkung könnte hier aufgrund<strong>der</strong> Son<strong>der</strong>vorschrift des § 38 Abs. 3 VwVfG nach Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sacho<strong>der</strong>Rechtslage entfallen sein. Danach ist die Behörde an ihre Zusage dann nichtmehr gebunden, wenn sich nach Abgabe <strong>der</strong> Zusicherung die Sach- und Rechtslage<strong>der</strong>art geän<strong>der</strong>t hat, dass die Behörde bei Kenntnis <strong>der</strong> nachträglich eingetretenenÄn<strong>der</strong>ung die Zusicherung nicht gegeben hätte o<strong>der</strong> aus rechtlichen Gründennicht hätte geben dürfen. Eine solche erhebliche Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sachlage könntesich hier entwe<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> deutlichen Entspannung auf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkto<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> finanziellen Situation des Landes Berlin ergeben.a) § 38 Abs. 3 VwVfG als Wegfall <strong>der</strong> GeschäftsgrundlageDie Regelung des § 38 Abs. 3 VwVfG stellt einen spezialgesetzlich geregeltenFall des Wegfalls <strong>der</strong> Geschäftsgrundlage dar. 35 Für die Beurteilung, ob <strong>der</strong>en Voraussetzungengegeben sind, kommt es zunächst darauf an, ob bei objektiver Betrachtungunter Berücksichtigung von Sinn und Zweck <strong>der</strong> Rechtssätze, <strong>der</strong>enVollzug o<strong>der</strong> Wahrung <strong>der</strong> zugesicherte Verwaltungsakt dient, zu erwarten wäre,dass die Zusicherung auch in Ansehung <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten Umstände erneut gegebenworden wäre. 36 Darüber hinaus können auch die Grundsätze aus dem Zivilrecht35BVerwGE 97, 323 (330); Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 38 Rn. 36.36BVerwGE 97, 323 (330); Guckelberger, DÖV 2004, S. 357 (362).


22mit <strong>der</strong> Kodifikation des Wegfalls <strong>der</strong> Geschäftsgrundlage in § 313 BGB zur Auslegungdes § 38 Abs. 3 VwVfG herangezogen werden. 37b) Maßgeblicher ZeitpunktDabei muss vorab geklärt werden, welcher Zeitpunkt maßgeblich ist für die Beurteilung,ob die Behörde auch bei Kenntnis <strong>der</strong> geän<strong>der</strong>ten Tatsachenlage die Zusicherunggegeben hätte. Die ganz herrschende Lehre stellt in diesem Punkt auf eineex-ante-Betrachtung ab: Maßgeblich ist insofern, ob die Behörde zum Zeitpunktdes Erlasses bei Kenntnis <strong>der</strong> sich später verän<strong>der</strong>nden Umstände die Zusicherunggleichsam abgegeben hätte. 38Gem. § 38 Abs. 3 Alt. 2 VwVfG entfällt die Bindungswirkung <strong>der</strong> Zusicherungdann, wenn sich nach Abgabe <strong>der</strong> Zusicherung die Sach- o<strong>der</strong> Rechtslage <strong>der</strong>artän<strong>der</strong>t, dass die Behörde bei Kenntnis <strong>der</strong> nachträglich eingetretenen Än<strong>der</strong>ungdie Zusicherung nicht hätte geben dürfen. Dieser Tatbestand kann in zwei möglichenKonstellationen erfüllt werden: Entwe<strong>der</strong> än<strong>der</strong>t sich die Rechtslage <strong>der</strong>art,dass die vormals rechtmäßige Zusicherung sich nach neuer Rechtslage als rechtswidrigdarstellt. O<strong>der</strong> aber die Sachlage än<strong>der</strong>t sich so, dass <strong>der</strong> geän<strong>der</strong>te Tatbestandnun einer bereits existenten Norm, vorher jedoch nicht einschlägigen Normunterfällt, die die Zusicherung als rechtswidrig erscheinen lässt. Wie auch in Bezugauf § 38 Abs. 3 Alt. 1 VwVfG ist dem Wortlaut nach bei <strong>der</strong> Beurteilung, obdiese Voraussetzungen gegeben sind, auf den Zeitpunkt des Erlasses <strong>der</strong> Zusicherungabzustellen, d.h. dem Wortlaut nach ist eine ex-ante-Sicht zugrunde zu legen.Dabei kann die Än<strong>der</strong>ung des politischen Willens in <strong>der</strong> Exekutive allein eine Anwendbarkeitdes § 38 Abs. 3 VwVfG als solche nicht bedingen, weil sonst <strong>der</strong>enVoraussetzungen in das Belieben <strong>der</strong> Verwaltung gestellt würden. Wen das Landan den ursprünglichen Zuwendungszielen kein Interesse mehr hat, kann dies abernicht zum Entfallen <strong>der</strong> Bindung an die Zusicherung führen. Entscheidend kannalso nur die Tragfähigkeit <strong>der</strong> objektiven Gründe sein, die zu einer Verän<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Verwaltungspraxis geführt haben.37Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 38 Rn. 38; Redeker, DVBl. 1973, S. 744 (745).38Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 75; Meyer/Borgs, VwVfG,§ 38 Rn. 30 ff.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 38 Rn. 39; Hennecke, in: Knack (Hrsg.), VwVfG, § 38Rn. 33; BVerwGE 97, 323 (330).


23c) Entspannung auf dem WohnungsmarktNach diesen Grundsätzen könnte zunächst die Entspannung auf dem <strong>Berliner</strong>Wohnungsmarkt zu einer erheblichen Tatsachenän<strong>der</strong>ung und somit zu einemWegfall <strong>der</strong> Bindungswirkung geführt haben. Tatsächlich hat sich <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong>Wohnungsmarkt Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre auch für Wohnungen mit einfacher Ausstattung,in einfachen Wohnlagen und damit in einem dem sozialen Wohnungsbauvergleichbaren Sektor deutlich entspannt, so dass unter dem Gesichtspunkt nichtnur <strong>der</strong> Bedarf an Wohnungen wie denen, die geför<strong>der</strong>t wurden, zurückging, son<strong>der</strong>nvielmehr sogar ein Überangebot entstand. Fraglich ist also, ob die Zusicherungvon <strong>der</strong> Behörde <strong>im</strong> Jahr 1987 auch <strong>im</strong> Bewusstsein dieser späteren Entwicklunggegeben worden wäre. Dabei ist insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Gesetzeszweck des II. Wo-BauG zu berücksichtigen.aa) Konkreter För<strong>der</strong>bedarfGem. § 1 Ab. 2 S. 1 II. WoBauG war es Zweck des Gesetzes – und damit auch desletztlich auf ihm beruhenden För<strong>der</strong>bescheides inklusive <strong>der</strong> enthaltenen Zusicherung– den allgemeinen Wohnungsmangel zu beseitigen. Dieser Zweck wurdedurch die eingetretene Entspannung des <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarktes erreicht.Dabei ist es allerdings so, dass diese Entspannung auch und wohl maßgeblich aufdie beson<strong>der</strong>e Situation Berlins nach <strong>der</strong> deutschen Wie<strong>der</strong>vereinigung zurückzuführenist und nicht in erster Linie auf die Erfolge des Wohnungsbauprogrammsdes Landes Berlin. Doch ganz unabhängig davon, welchen kausalen Beitrag dieWohnungsbauför<strong>der</strong>ung für die konkrete Entwicklung geleistet hat und auch unabhängigdavon, dass überhaupt 10 Jahre später eine Entspannung auf dem <strong>Berliner</strong>Wohnungsmarkt eingetreten ist, darf doch nicht außer Acht gelassen werden,dass zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Erstför<strong>der</strong>ung noch für weitere 10 Jahre ein Mangel anWohnraum tatsächlich bestand. Selbst bei Kenntnis des Jahre später entstehendenWohnraumüberschusses in Berlin hätte insofern ein konkreter Handlungsbedarf<strong>im</strong> Jahr 1987 zur zeitnahen Schaffung neuer Wohnungen bestanden, da ein reinesAbwarten auf eine 10 Jahre später eintretende Besserung nicht nur den wohnungsundsozialpolitischen Zielen des Landes Berlin, son<strong>der</strong>n auch dem Zweck des


24II. WoBauG wi<strong>der</strong>sprochen hätte. 39 Die För<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> Jahr 1987 hätte somit auchbei Kenntnis <strong>der</strong> späteren Entwicklung nicht ihren Zweck verloren, son<strong>der</strong>n wäredringendes politisches Ziel geblieben. Die konkreten För<strong>der</strong>maßnahmen auch zugunsten<strong>der</strong> SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr. KG habensomit hätten sich also in jedem Fall als sinnvoll und nötig erwiesen.Darüber hinaus ist in diesem Zusammenhang beson<strong>der</strong>s zu beachten, dass zumZeitpunkt <strong>der</strong> Zusicherung gerade aufgrund <strong>der</strong> hohen Baukosten und <strong>der</strong> damitverbundenen langfristigen Lasten nicht nur trotz, son<strong>der</strong>n vor allem bei Kenntnis<strong>der</strong> mittelfristigen Entwicklung des Wohnungsmarktes in Berlin nur dann Investorenzur kurzfristigen Schaffung von bezahlbarem Wohnraum zu gewinnen gewesenwären, wenn eine längere Sicherung <strong>der</strong> Rentabilität durch die Zusicherungvon öffentlichen Finanzhilfen gegeben wurde. Gerade bei Kenntnis <strong>der</strong> sich späterals verän<strong>der</strong>t darstellenden Sachlage hätte die Behörde somit ihr Ziel, kurzfristigneue Wohnungen zu schaffen, nur mithilfe <strong>der</strong> gemachten Zusage erreichen können.Die Entspannung auf dem Wohnungsmarkt kann daher nicht als berücksichtigungsfähigeÄn<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sachlage angesehen werden. Das wäre nur an<strong>der</strong>s,wenn es <strong>im</strong> Jahre 2003 <strong>im</strong> konkreten Fall um die Errichtung eines damals neuenWohnhauses gegangen wäre. Davon kann aber hier keine Rede sein. Eher geht esum die Neubauentscheidung des Jahres 1986 und die Fortsetzung <strong>der</strong> Finanzierungdes längst errichteten Neubaus.bb) Zivilrechtliche WertungZur fehlenden Berücksichtigungsfähigkeit <strong>der</strong> Entspannung des Wohnungsmarktesfür die Bindungswirkung <strong>der</strong> hier untersuchten Zusicherung kommt man auch,wenn man die zivilrechtlichen Wertungen für den Wegfall <strong>der</strong> Geschäftsgrundlageheranzieht, als dessen Unterfall sich die clausula rebus sic stantibus letztlich darstellt.Um allerdings tatsächlich einen Wegfall <strong>der</strong> Geschäftsgrundlage annehmen zukönnen, <strong>der</strong> <strong>im</strong> Zivilrecht (pr<strong>im</strong>är) zur Anpassung o<strong>der</strong> (sekundär) zur Aufhebungdes Vertrages führt, hier <strong>im</strong> Verwaltungsrecht hingegen für die Zusicherung <strong>der</strong>enBindungswirkung entfallen lässt, muss zunächst festgestellt werden, ob nicht eine39Vgl. zum För<strong>der</strong>bedarf auch Senator Strie<strong>der</strong>, AH-Plenarprotokoll 15/25, S. 1816 B.


25an<strong>der</strong>e, speziellere Rechtsfigur auf den jeweiligen Fall anzuwenden ist. Dieskönnte hier die in § 275 BGB geregelten Unmöglichkeit, die dem Wegfall <strong>der</strong> Geschäftsgrundlagevorgeht und deshalb die Anwendung des § 313 BGB ausschließt.40 Eine solche Unmöglichkeit könnte hier in Form <strong>der</strong> Zweckerreichungbzgl. <strong>der</strong> Wohnraumversorgung gegeben sein. Zweckerreichung liegt vor, wenn<strong>der</strong> Leistungserfolg auch ohne das Zutun des Schuldners eingetreten ist, bzw.wenn die Leistungshandlung noch möglich ist, sie aber den Leistungserfolg nichtmehr herbeiführen kann. 41Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Die Leistungshandlung, d.h. die Handlung,die durch die Zusicherung geför<strong>der</strong>t werden sollte, ist hier in <strong>der</strong> Bereitstellungvon Wohnraum zu sozialverträglichen Mietpreisen zu sehen. Der Leistungserfolgist mit dem vom II. WoBauG normierten Gesetzeszweck <strong>der</strong> Beseitigungdes Wohnraummangels gleichzusetzen. Dieser Zweck ist – zumindest auch teilweiseohne Zutun <strong>der</strong> Verwaltungsgesellschaft – Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre durch dieEntspannung auf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkt erreicht worden. Trotzdem bleibtdie Bereitstellung preiswerten Wohnraums für die Gesellschaft – also die Leistungshandlungselbst – weiterhin möglich. Lediglich <strong>der</strong> verfolgte Zweck kann damitheute nicht mehr erreicht werden. Es liegt somit ein <strong>im</strong> zivilrechtlichen Bereichklassischer Fall <strong>der</strong> Unmöglichkeit durch Zweckerreichung vor, <strong>der</strong> geradekeinen Fall des Wegfalls <strong>der</strong> Geschäftsgrundlage bildet, son<strong>der</strong>n diesen von vorneherein ausschließt. Vielmehr wäre eine Lösung über den Wegfall <strong>der</strong> Geschäftsgrundlageaus Gesichtspunkten <strong>der</strong> Risikosphären äußerst unbillig. Denn grundsätzlichmuss <strong>im</strong>mer <strong>der</strong> Gläubiger – bzw. <strong>im</strong> Fall <strong>der</strong> Übertragung auf § 38VwVfG <strong>der</strong> zusichernden Behörde – das Risiko für eine an<strong>der</strong>weitige Zweckerreichungtragen. Auf keinen Fall würde das Festhalten an <strong>der</strong> Zusicherung für dasLand unzumutbar sein.Auch nach <strong>der</strong> zivilrechtlichen Parallelwertung könnte sich die Behörde somitnicht aufgrund <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ungen auf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkt von ihrerZusicherung lösen. Es handelt sich vielmehr um einen Umstand, <strong>der</strong> allein in ihreRisikosphäre fällt und daher von ihr allein zu tragen ist. Im Übrigen wäre von <strong>der</strong>Rechtsfolge her zu beachten, dass nach § 313 BGB die Regel-Rechtsfolge die An-40Heinrichs, in: Palandt (Hrsg.), BGB, § 313 Rn. 42; Hohloch, in Erman (Hrsg.), BGB, § 313 Rn.35; BGH, NJW-RR 1995, S. 853 (854).41Heinrichs, in: Palandt (Hrsg.), BGB, § 275 Rn. 18.


26passung an die verän<strong>der</strong>ten Umstände ist und nur ausnahmsweise (nach Abs. 3)das Rücktritts- bzw. Kündigungsrecht tritt. Zwar fehlt die ausdrückliche Regelungdes Vorrangs einer solchen Anpassung an die Umstände in § 38 VwVfG. Allerdingsist auch hier anerkannt, dass <strong>im</strong> Einzelfall ein Vertrauenstatbestand nur einenteilweisen Verlust <strong>der</strong> Bindung erfor<strong>der</strong>n kann. 42 In solchen Fällen kann dieWertung des § 44 Abs. 4 VwVfG entsprechend herangezogen werden. 43 Ein vollständigerWegfall <strong>der</strong> Bindungswirkung statt einer Anpassung an die verän<strong>der</strong>tenUmstände würde sich somit auch aus diesen Erwägungen heraus als unzulässig erweisen.cc) §§ 23, 44 LHOAllerdings könnte die Entspannung auf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkt über die§§ 23, 44 LHO zu einem Wegfall <strong>der</strong> Bindungswirkung führen, da durch die tatsächlichenÄn<strong>der</strong>ungen auf dem Wohnungsmarkt nun diese Normen <strong>der</strong>art einschlägigsein könnten, dass die Bindungswirkung <strong>der</strong> Zusicherung nun aus rechtlichenGründen gem. § 38 Abs. 3 Alt. 2 VwVfG entfiele.§ 44 Abs. 1 S. 1 LHO normiert, dass Zuwendungen nur unter den Voraussetzungendes § 23 LHO gewährt werden dürfen. § 23 LHO stellt wie<strong>der</strong>um die Bedingungauf, dass das Land Berlin an <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> durch die Zuwendung zu erfüllendenZwecke durch den Zuwendungsempfänger ein erhebliches Interesse habenmuss, das ohne die Zuwendungen nicht o<strong>der</strong> nicht <strong>im</strong> notwendigen Umfangbefriedigt werden kann.Diese Best<strong>im</strong>mungen können die Rechtmäßigkeit <strong>der</strong> Gewährung einer Anschlussför<strong>der</strong>ungan die SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr.KG erheblich beeinflussen, falls die Anschlussför<strong>der</strong>ung eine Zuwendungi.S.d. §§ 44 Abs. 1 S. 1, 23 LHO wäre und nicht den Anfor<strong>der</strong>ungen des § 23LHO genügen würde.42OVG Lüneberg, NJW 1977, S. 773 f.; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 38 Rn. 43.43Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 77.


27(1) Zuwendungen§ 23 LHO beschreibt Zuwendungen als Leistungen an Stellen außerhalb <strong>der</strong> Verwaltungdes Landes Berlin zur Erfüllung best<strong>im</strong>mter Zwecke. Diese Beschreibungist nicht ohne weiteres als Legaldefinition zu verstehen, da die LHO auch Son<strong>der</strong>regelungenfür an<strong>der</strong>e Tatbestände trifft, die grundsätzlich unter diesen Begriff <strong>der</strong>Zuwendungen subsumierbar wären, aber trotzdem von diesen abzugrenzen sind. 44Best<strong>im</strong>mte Fälle sind daher aus dem Zuwendungsbegriff herauszuinterpretieren.Dies betrifft Sachleistungen, Leistungen, auf die <strong>der</strong> Empfänger einen dem Grundund <strong>der</strong> Höhe nach unmittelbar durch Rechtsvorschriften begründeten Anspruchhat, 45 Ersatz von Aufwendungen, Entgelte auf Grund von Verträgen, die den Preisvorschriftenfür öffentliche Aufträge unterliegen, satzungsmäßige Mitgliedsbeiträgesowie Geldpreise, Spenden und ähnliche Beträge. 46Die Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> Rahmen des sozialen Wohnungsbaus in Berlin ist eineLeistung an Private zur Bekämpfung <strong>der</strong> Wohnungsnot als öffentlichem Zweck.Da kein unmittelbarer gesetzlicher Anspruch auf sie besteht und auch sonst keiner<strong>der</strong> genannten Ausschlussgründe für sie erfüllt ist, handelt es sich somit um eineZuwendung i.S.d. §§ 44, 23 LHO, <strong>der</strong>en Voraussetzungen sie erfüllen muss.(2) Erhebliches öffentliches InteresseGem. § 23 LHO dürfen Zuwendungen nur <strong>im</strong> Haushaltsplan veranschlagt und damitgem. § 44 LHO auch nur dann durch die Verwaltung gewährt werden, wenndas Land Berlin an <strong>der</strong> Erfüllung durch Stellen außerhalb <strong>der</strong> Verwaltung ein erheblichesInteresse hat, das ohne die Zuwendungen überhaupt nicht o<strong>der</strong> nicht <strong>im</strong>notwendigen Umfang befriedigt werden kann.Dem strengen Wortlaut <strong>der</strong> Vorschrift des § 23 LHO nach muss das erfor<strong>der</strong>licheerhebliche öffentliche Interesse sich somit gerade entscheidend auf die Tatsache44Nebel, in: Piduch (Hrsg.), Bundeshaushaltsrecht, § 23 BHO Rn. 4; so <strong>im</strong> Ergebnis auch Krämer,DÖV 1990, S. 546 (547).45Unentschieden diesbezüglich noch BVerwG, Buchholz 451.731 KHG Nr. 5, das an dieser Stelleoffen lässt, ob solche Leistungen, auf die ein gesetzlicher Anspruch besteht, dem Zuwendungsbegriffvon vorne herein nicht unterfallen o<strong>der</strong> durch die gesetzliche Normierung lediglich eine unwi<strong>der</strong>leglicheVermutung für das erhebliche Interesse an ihnen aufgestellt wird.46Vgl. die Ausführungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung (AV LHO) in <strong>der</strong> Fassung vom06.08.2001, abrufbar unter ;Nebel, in: Piduch (Hrsg.), Bundeshaushaltsrecht, § 23 BHO Rn. 4.


28beziehen, dass die vom Land Berlin verfolgten Zwecke gerade durch Außenstehendeverwirklicht werden. Dieses Landesinteresse an <strong>der</strong> Erfüllung best<strong>im</strong>mterZwecke durch Stellen außerhalb <strong>der</strong> Landesverwaltung setzt aber notwendigerweisedas Interesse an den Zwecken selbst voraus. 47 Insofern stellt sich hier das Erfor<strong>der</strong>nisdes beson<strong>der</strong>en Interesses letztlich als Konkretisierung des für den gesamtenBereich des Haushaltsrechts geltenden Wirtschaftlichkeitsprinzips dar. 48 Demnachdürfen nur Zuwendungen für solche Zwecke bewilligt werden, an denen einerhebliches öffentliches Interesse des Landes Berlin besteht.(3) Öffentliches Interesse an <strong>der</strong> Wohnungsbauför<strong>der</strong>ung?Fraglich ist nun, ob ein solches öffentliches Interesse an dem mit <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungverfolgten Zweck (noch) besteht.Ursprünglich bestand das öffentliche Interesse an <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung darin, die Wohnungsnotin Berlin zu bekämpfen und ausreichenden, für alle Schichten <strong>der</strong> Bevölkerungfinanzierbaren Wohnraum zu schaffen. Dieses Ziel ist seit <strong>der</strong> Entspannungauf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkt und dem damit verbundenen Überangebotgerade an einfachen Wohnungen in Berlin etwa seit knapp 10 Jahren erreicht.Zum jetzigen Zeitpunkt besteht daher gerade kein Interesse des Landes Berlinmehr an <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des Neubaus von Wohnungen <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau. 49Das lässt sich jedoch nicht ohne weiteres auf die Anschlussför<strong>der</strong>ung übertragen,die ja – wie hier – sich auf bereits errichteten Wohnraum bezieht. Aus diesem Gesichtspunktkönnte sich die Anschlussför<strong>der</strong>ung somit als nicht mit §§ 44, 23LHO vereinbar darstellen. Der in <strong>der</strong> Vergangenheit verfolgte Zweck könnte insofernnicht ausreichend sein; eine För<strong>der</strong>ung allein aufgrund eines bereits erfülltenZweckes wäre nach §§ 44, 23 LHO nicht zulässig. 50Allerdings darf insoweit das <strong>der</strong>zeit fehlende Interesse an <strong>der</strong> Schaffung neuenWohnraums nicht ohne weiteres mit einem fehlenden Interesse an <strong>der</strong> ordnungsgemäßenAbwicklung bestehen<strong>der</strong> Projekte gleichgesetzt werden. Zunächst darf davonausgegangen werden, dass das Land Berlin ein öffentliches Interesse dadurch47Krämer/Schmidt, Zuwendungsrecht, Zuwendungspraxis, B III S. 24.48Krämer/Schmidt, Zuwendungsrecht, Zuwendungspraxis, B III S. 16.49Vgl. dazu ausführlich auch Senator Strie<strong>der</strong>, AH-Plenarprotokoll 15/25, S. 1816 B.50Krämer/Schmidt, Zuwendungsrecht, Zuwendungspraxis, B III S. 17.


29hat, dass es seine einschlägigen, in <strong>der</strong> Vergangenheit begründeten Verpflichtungenerfüllt.Ein weiteres hinreichendes Interesse des Landes Berlin an <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungvom 01.01.2002 an könnte weiter in Bezug darauf angenommen werden, dass dieInsolvenzen <strong>der</strong> Wohnungsbauträger vermieden werden sollen. Da das erfor<strong>der</strong>licheöffentliche Interesse aber <strong>im</strong> weitesten Sinne in <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des Allgemeinwohlsliegen muss, 51 reicht insofern das rein privatwirtschaftliches Interesse <strong>der</strong>Bauträger an ihrer wirtschaftlichen Weiterexistenz nicht aus, um die Voraussetzungen<strong>der</strong> §§ 44, 23 LHO zu erfüllen. Vielmehr ist ein darüber hinaus gehendesöffentliches, die Allgemeinheit betreffendes Interesse erfor<strong>der</strong>lich. Dieses Interessekönnte hier darin liegen, durch die Vermeidung von Insolvenzen <strong>der</strong> Wohnungsbauträgerunbillige Härten für die Mieter zu vermeiden, die in den öffentlichgeför<strong>der</strong>ten Wohnungen leben, weil bei <strong>der</strong> Anwicklung <strong>der</strong> Insolvenz die Mietpreisbindungenentfallen würden.(4) ZwischenergebnisDa insoweit ein öffentliches Interesse an <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung vorhanden ist,die in <strong>der</strong> bisherigen Form <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong> Wohnungsbauför<strong>der</strong>ung an Private abzuwickelnist, wird durch die Anschlussför<strong>der</strong>ung bzw. <strong>der</strong>en Zusicherung das <strong>Berliner</strong>Haushaltsrecht nicht verletzt. Auch aus diesem Gesichtspunkt lässt die Entspannungauf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkt die Bindungswirkung <strong>der</strong> Zusicherungsomit nicht entfallen.d) Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> finanziellen Situation des Landes BerlinAllerdings könnte die essentielle Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> finanziellen Situation des LandesBerlin die Bindungswirkung <strong>der</strong> Zusicherung nach § 38 Abs. 3 VwVfG entfallenlassen. Dann müsste es sich bei <strong>der</strong> beträchtlichen Verschlechterung <strong>der</strong> Landesfinanzenbzw. be<strong>im</strong> Eintreten <strong>der</strong> extremen Haushaltsnotlage 52 um eine erheblicheÄn<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sachlage nach den oben aufgeführten Kriterien handeln.51Krämer/Schmidt, Zuwendungsrecht, Zuwendungspraxis, B III S. 24.52Deren Vorliegen offenhaltend jedoch VerfGH Berlin, Urteil vom 31.10.2003, Az. 125/02.


30Unter einer Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sachlage können allerdings nur solche objektiven Verän<strong>der</strong>ungenverstanden werden, die nicht durch die Behörde selbst o<strong>der</strong> ihren Verwaltungsträgerhervorgerufen o<strong>der</strong> verschuldet wurden. 53 Alles an<strong>der</strong>e würde dazuführen, dass die <strong>im</strong> Gesetz vorgesehene Bindungswirkung <strong>der</strong> Zusicherung nachBelieben durch die Behörde vereitelt werden könnte. Dies würde aber das Instrument<strong>der</strong> Zusicherung rechtlich vollständig entwerten.Daran än<strong>der</strong>t auch die mitunter in <strong>der</strong> Literatur vertretene Feststellung nichts, dassals Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sachlage auch Umstände in <strong>der</strong> Sphäre <strong>der</strong> Behörde wie z.B.neue Planungen gelten können. 54 Denn zum einen setzt diese Feststellung einensolchen Fall ausdrücklich als Ausnahme, nicht als Regel fest. Umstände in <strong>der</strong>Sphäre <strong>der</strong> Behörde können als Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sachlage gelten, wenn sie von dieserannehmbarerweise nicht zu vertreten sind. Das war in einer Entscheidung desBundesverwaltungsgerichts <strong>der</strong> Fall, in dem sich die Sachlage durch ein neuesSachverständigengutachten, das die Behörde hatte erstellen lassen, geän<strong>der</strong>t hat.Ein solches Gutachten fällt zwar in die Sphäre <strong>der</strong> Behörde. Dessen Inhalt ist abernicht beliebig von ihr beeinflussbar, so dass es die Sachlage durchaus relevanti.S.d. § 38 Abs. 3 VwVfG verän<strong>der</strong>n kann, ohne dass dies durch die Behörde verursachto<strong>der</strong> verschuldet worden wäre.Selbst wenn das schnelle Zurückfahren <strong>der</strong> Bundeszuschüsse für Berlin nach <strong>der</strong>Wie<strong>der</strong>vereinigung zu einem erheblichen Einfluss auf die verschlechterte Finanzlagedes Landes geführt haben mag, bleiben dies Einflüsse aus dem staatlichenRaum, die jedenfalls den Klägern <strong>der</strong> Klägerin nicht zugerechnet werden können.Im Übrigen ist ein beträchtlicher Teil seiner schlechten Haushaltslage durch einunangepasstes Ausgabenverhalten des Landes Berlin entstanden.Bei <strong>der</strong> finanziellen Leistungsfähigkeit des Landes Berlin handelt es sich zweifelsfreium einen Umstand, <strong>der</strong> originär in ihren eigenen Risikobereich fällt und dahernicht zum Gegenstand <strong>der</strong> Geschäftsgrundlage wird. 55 Jede Partei hat selbst für dieeigenen Liquidität einzustehen und kann dieses Risiko nicht dem Gegenüber aufbürden.56 Geld hat man zu haben.53So für den zivilrechtlichen Wegfall <strong>der</strong> Geschäftsgrundlage auch Heinrichs, in: Palandt (Hrsg.),BGB, § 313 Rn. 17; BGH, NJW-RR 1993, S. 881; NJW 1995, S. 2031.54Vgl. Stelkens/Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 38 Rn. 73.55So auch OVG Berlin, NVwZ-RR 1997, S. 712 (713).56Hohloch, in: Erman (Hrsg.), BGB, § 313 Rn. 20.


31Im Übringen war die Haushaltsmisere auch damals schon nicht völlig unabsehbar.Im Übrigen ist auf § 3 Abs. 2 LHO hinzuweisen, wonach Haushaltsansätze keineunmittelbaren Wirkungen auf die Rechtspositionen <strong>der</strong> Bürger haben können.Auch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> finanziellen Situation Berlins stellt demnach keine Än<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Sachlage dar, die <strong>der</strong> clausula rebus sic stantibus in § 38 Abs. 3 VwVfGunterfällt. Die Behörde bleibt auch unter diesem Aspekt an ihre Zusicherung gebunden.4. ZwischenergebnisNach all dem liegt eine wirksame Zusicherung <strong>im</strong> Bescheid vom 09.02.1987 überdie Gewährung von Anschlussför<strong>der</strong>ung vor. Die SISTRA VerwaltungsgesellschaftmbH & Co. Silbersteinstr. KG hat somit einen Anspruch aus dem Bescheidi.V.m. § 38 VwVfG auf Bewilligung von Anschlussför<strong>der</strong>ung.IV. Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996Daneben könnte auch ein Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung aus Art. 3 Abs. 1 GGi.V.m. <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 folgen.1. AnspruchsgrundlageDabei ist zunächst die genaue Rechtsgrundlage eines solchen Anspruchs zu klären.a) Mittelbare Außenwirkung von RichtlinienBei <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996, die hier als Anspruchsgrundlage in Betrachtkommt, handelt es sich – wie sich u.a. aus dem Verweis (vor 1) auf die Zuständigkeitaus § 6 Abs. 2 AZG Bln. ergibt – um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift.Da diese lediglich Binnenrecht <strong>der</strong> Verwaltung darstellt, bindet sie zunächst nurdie nachgeordneten Behörden und Beamten, ohne dass <strong>der</strong> Bürger direkt aus ihr


32Rechte o<strong>der</strong> Pflichten ableiten könnte. 57 Vielmehr dienen Ermessensrichtlinienwie die Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 dazu, Entscheidungsmaßstäbe und Entscheidungsmusterfür eine sachgemäße Ausübung des Verwaltungsermessens zu liefern.58Da <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Subventionsrichtlinien diese Ermessenslenkung allerdings weitüber die Kapazität des herkömmlichen gesetzesakzessorischen administrativen Ermessenshinausgeht, kommt entsprechenden Richtlinien hier sogar die Funktionvon sog. gesetzesvertretenden Verwaltungsvorschriften zu. 59 Aufgrund dieser erheblichenBedeutung ist für Verwaltungsvorschriften <strong>im</strong> Allgemeinen und fürSubventionsrichtlinien <strong>im</strong> Beson<strong>der</strong>en anerkannt, dass diesen gleichwohl über undin Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG eine mittelbare Außenwirkung insofern zukommt,als die Verwaltung sich selbst bindet. 60 Der Gleichheitssatz erfüllt dabeidie Funktion einer „Transportnorm“ 61 o<strong>der</strong> „Umschaltnorm“, 62 mit <strong>der</strong> die Verwaltungsrichtliniemittelbar zur Anwendung <strong>im</strong> Außenverhältnis gelangt. Dennochbleibt die Außenwirkung mittelbar, Anspruchsgrundlage ist nicht die Richtlinieselbst, son<strong>der</strong>n lediglich Art. 3 Abs. 1 GG, dessen Voraussetzungen vorliegenmüssen. Dem Bürger kommt insofern nur ein Anspruch auf gleichmäßige Ermessensausübungzu, 63 nicht jedoch ein direkter Anspruch aus <strong>der</strong> verwaltungsinternenVorschrift.b) AnspruchsvoraussetzungenEin Anspruch auf eine durch ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften determinierteSubvention besteht daher dann, wenn eine Subventionsgewährung grund-57Maurer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 60 Rn. 93; Bonk/Schmitz, in:Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 192; Dürig, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 3 IRn. 432; vgl. auch BVerfGE 2, 242.58Ossenbühl, in: Erichsen/Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 36.59Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 11; Ipsen, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.),HdbStR IV, § 92 Rn. 41 ff.; Klein, in: Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer (Hrsg.),Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Län<strong>der</strong>n und Gemeinden, S. 25 (171); Menger, in: Hochschulefür Verwaltungswissenschaften Speyer (Hrsg.), Demokratie und Verwaltung, S. 299 (310).60Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 21; § 24 Rn. 21; <strong>der</strong>s., in: Isensee/Kirchhof(Hrsg.), HdbStR III, § 60 Rn. 93; Stern, Staatsrecht II, S. 654 ff.; Ossenbühl, in: Erichsen/Ehlers(Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6 Rn. 48; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs(Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 192; Schwerdtfeger, NVwZ 1984, S. 486 (486); BVerwGE 34, 278(280); 36, 323 (327); 44, 72 (74 f.); 61, 15 (18).61Blanke, Vertrauensschutz <strong>im</strong> deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, S. 257.62Zacher, VVDStRL 24 (1966), S. 234 (237).63Vgl. Wolff/Bachof/Stober, Allgemeines Verwaltungsrecht I, § 24 Rn. 27.


33sätzlich rechtmäßig ist (2.), eine <strong>der</strong> Subventionsrichtlinie entsprechende Verwaltungspraxistatsächlich besteht (3.) und <strong>der</strong> Subventionsbegehrende grundsätzlichdie Voraussetzungen einer För<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Subventionsrichtlinie bzw. <strong>der</strong> aufihr beruhenden Verwaltungspraxis erfüllt (4.). Schließlich darf auch keine gerechtfertigteÄn<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis vorliegen (5.). Liegt eine solche gerechtfertigteÄn<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis nicht vor, so hat sich die Behörde in ihrerErmessensausübung gebunden, das Ermessen wird auf Null reduziert und esbesteht ein Anspruch des Bürgers auf Bewilligung <strong>der</strong> Subvention. 64 Insofern istes daher unschädlich, wenn die Verwaltungsvorschrift – wie hier Nr. 1 Abs. 2 S. 2Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 – einen Anspruch auf Subventionsgewährung ausschließt:Der Anspruch entsteht vielmehr unabhängig von diesem Wortlaut durchArt. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit <strong>der</strong> die Richtlinie umsetzenden Verwaltungspraxisund damit durch die Selbstbindung <strong>der</strong> Verwaltung aufgrund des allgemeinenGleichheitssatzes.Im Folgenden muss also untersucht werden, ob diese spezifischen Voraussetzungenin Bezug auf die Anschlussför<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996für die SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr. KG erfülltsind.2. Rechtmäßigkeit <strong>der</strong> SubventionsgewährungUm einen Anspruch auf Subventionsgewährung aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. <strong>der</strong>Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 herleiten zu können, hätte eine solche Gewährungzunächst rechtmäßig sein müssen. 65 Dafür ist als erstes eine gesetzliche Grundlageerfor<strong>der</strong>lich, auf <strong>der</strong> eine Subventionsgewährung <strong>im</strong> vorliegenden Fall hätte erfolgenkönnen. In Fällen <strong>der</strong> Leistungsverwaltung wie hier <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Subventionsvergabeist dabei anerkannt, dass die Anfor<strong>der</strong>ungen an den Vorbehalt des Gesetzeseingeschränkt sind. Ein formelles und materielles Gesetz ist insofern alsRechtsgrundlage grundsätzlich nicht erfor<strong>der</strong>lich. Vielmehr reicht ein entspre-64Vgl. BVerwGE 31, 212; VGH Mannhe<strong>im</strong>, NVwZ 1991, S. 1199; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40Rn. 31.65Denn einen Anspruch auf Gleichbehandlung <strong>im</strong> Unrecht kann es nicht geben, vgl. BVerwG,NJW 1970, S. 675; NJW 1993, S. 2065; NVwZ 1994, S. 475; Wolff/Bachof/Stober, AllgemeinesVerwaltungsrecht I, § 24 Rn. 28; Kloepfer, DVBl. 1972, S. 371 (377).


34chen<strong>der</strong> Ansatz <strong>im</strong> durch Haushaltsgesetz beschlossenen Haushaltsplan alsRechtsgrundlage aus. 66a) Maßgeblicher ZeitpunktEin solches formelles Gesetz liegt hier mit dem durch Haushaltsgesetz 67 beschlossenenHaushaltsplan für den Doppelhaushalt 2002/03 vor, das zum Zeitpunkt <strong>der</strong>Beantragung <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung sowie zum Zeitpunkt des Erlasses des Ablehnungsbescheidesmaßgebliches Recht war. Allerdings wurde für die Jahre2004/2005 ein neues, nun geltendes Haushaltsgesetz erlassen. 68 Fraglich ist somitzunächst, welches Haushaltsgesetz maßgebliche Rechtsgrundlage ist und eineAusgabenermächtigung für die Anschlussför<strong>der</strong>ung vorsehen muss.Grundsätzlich gilt, dass sowohl bei Verpflichtungs- als auch bei Anfechtungsbegehren<strong>der</strong> Zeitpunkt <strong>der</strong> letzten mündlichen Verhandlung <strong>im</strong> Rahmen des Verwaltungsprozessesmaßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung <strong>der</strong> Sach- undRechtslage ist. 69 Dieser Grundsatz besteht jedoch nicht ohne Ausnahmen. Vielmehrkann es sachliche Gründe geben, die ein Abweichen von dieser Regel erfor<strong>der</strong>lichmachen.Für Verpflichtungsbegehren gilt eine umfassende Ausnahme etwa dann, wenn <strong>der</strong>geltend gemachte Anspruch nach <strong>der</strong> gesetzlichen Regelung bereits <strong>im</strong> Zeitpunkt<strong>der</strong> Antragstellung erfüllt sein muss. In diesen Fällen ist nicht <strong>der</strong> Zeitpunkt <strong>der</strong>letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsprozesses, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Zeitpunkt<strong>der</strong> Antragstellung als maßgeblich anzusehen. 70 Dies gilt hier insbeson<strong>der</strong>edann, wenn Zeitabschnittgesetze einan<strong>der</strong> insoweit ablösen. 7166BVerfGE 8, 155; BVerwGE 6, 282 (287); 12, 16; 18, 352; 48, 305 (308); 58, 45 (48); 104, 220;Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 44 Rn. 67; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof(Hrsg.), HdbStR III, § 62 Rn. 21 m.w.N.; Flaig, in: Klein (Hrsg.), Öffentliches Finanzrecht, VI Rn.7567Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans von Berlin für die Haushaltsjahre 2002 und2003 (Haushaltsgesetz 2002/2003 – HG 02/03), v. 19.07.2002, GVBl. S. 213.68Dieses sieht zwar ebenfalls in Einzelplan 12, Kapitel 1295, Titel 663 11 und 863 35 Mittel fürdie Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau vor. Allerdings wird hier deutlich statuiert, dassab 2003 keine Mittel mehr neu bewilligt werden. Im Haushaltsgesetz 2002/03 fehlt eine solche Regelunghingegen.69BVerwGE 1, 295; 29, 304; 74, 118; 77, 244; 78, 243 (244 f.); 97, 79 (81); BVerwG, NVwZ1990, S. 654; NVwZ 1991, S. 360; NVwZ 1996, S. 66 (67); Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs(Hrsg.), VwVfG, § 44 Rn. 18; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 217; Schenke, NVwZ 1986,S. 522 (523).70BVerwGE 39, 135 (139); 48, 211 (213).71BVerwG, DVBl. 1956, S. 256 (257); Redeker/v. Oertzen, VwGO, § 108 Rn. 23.


35In beson<strong>der</strong>em Maße muss eine solche Ausnahme von <strong>der</strong> Regel <strong>der</strong> Relevanz desZeitpunkts <strong>der</strong> letzten mündlichen Verhandlung aber auch dann vorliegen, wennbei einem Subventionsanspruch nach <strong>der</strong> Antragstellung die Subventionsnormaufgehoben bzw. das die Mittel für die Subvention bereitstellende Haushaltsgesetzabgelöst wird: An<strong>der</strong>nfalls könnte nämlich die Behörde die ihr zur Verfügung gestelltenMittel ohne Bindung an den Gleichheitssatz verteilen und sich gegenüberpotentiellen und übergangenen Subventionsbewerbern auf nicht mehr vorhandeneHaushaltsmittel berufen. 72 Der Subventionsbewerber würde allein <strong>der</strong> Macht desFaktischen unterworfen, ein verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz liefe leer. Fürdie Beurteilung <strong>der</strong> Rechtmäßigkeit <strong>der</strong> <strong>Versagung</strong> muss in solchen Fällen somitdie Rechtslage zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Antragstellung maßgeblich sein.Mögliche Rechtsgrundlage für einen etwaigen Anspruch <strong>der</strong> SISTRA VerwaltungsgesellschaftmbH & Co. Silbersteinstr. KG auf Anschlussför<strong>der</strong>ung ist somitdas HG 02/03 und <strong>der</strong> mit ihm erlassene Haushaltsplan.b) Haushaltsgesetz 2002/2003Der Haushaltsplan des Landes Berlin für den Doppelhaushalt 2002/2003 sieht inEinzelplan 12, Kapitel 1295, Titel 663 11 und 863 35 für das Jahr 2003 Ausgabenvon über 338 Mio. Euro und Verpflichtungsermächtigungen von über 151 Mio.Euro für die Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau vor. Zwar sind dieVerpflichtungsermächtigungen für die Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbauin diesen Titeln mit einem Sperrvermerk gem. § 22 LHO versehen worden.Da noch <strong>im</strong> Jahr 2002 jedoch För<strong>der</strong>mittel aus diesem Haushaltstitel bewilligtwurden, 73 ist jedoch nach dem Grundsatz <strong>der</strong> Gesetzmäßigkeit <strong>der</strong> Verwaltungdavon auszugehen, dass <strong>der</strong> Sperrvermerk gem. § 36 Abs. 1 S. 1 LHO durch denFinanzsenator aufgehoben wurde. Es liegt somit eine wirksame gesetzlicheGrundlage für die Anschlussför<strong>der</strong>ung vor.72OVG Lüneburg, OVGE 40, 387 (390 f.); Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, § 44Rn. 29; Kopp/Schenke, VwGO, § 113 Rn. 221.73S. dazu sogleich unter 3.


36c) ZwischenergebnisBegründete Zweifel an den weiteren Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen zum Erlasseines Subventionsbescheides sind nicht erkennbar. Eine Anschlussför<strong>der</strong>ung hättesomit rechtmäßig festgesetzt werden können, die erste Voraussetzung für einenmöglichen Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m. <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL1996 ist daher erfüllt.3. Tatsächliche SubventionspraxisWeiterhin müsste auch eine tatsächliche Subventionspraxis in Übereinst<strong>im</strong>mungmit <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 bestehen bzw. zumindest bestanden haben.Diese lag hier zunächst vor. Erst am 4. Februar 2003 beschloss <strong>der</strong> Senat von Berlinrückwirkend den Verzicht auf die Anschlussför<strong>der</strong>ung u.a. für die Objekte desWohnungsbauprogrammjahres 1986, bei denen die 15-jährige Grundför<strong>der</strong>ung amo<strong>der</strong> nach dem 31.12.2002 endete. 74 Dies heißt <strong>im</strong> Umkehrschluss, dass für dieObjekte dieses Wohnungsbauprogrammjahres, bei denen die Anschlussför<strong>der</strong>ungvor diesem Stichtag auslief, eine Anschlussför<strong>der</strong>ung gewährt wurde. 75 Eine <strong>der</strong>Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 entsprechende För<strong>der</strong>ungspraxis lag daher vor.4. Erfüllung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>kriterienWeiterhin müsste die SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr.KG als mögliche Anspruchsinhaberin auch die Voraussetzungen <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungnach <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 bzw. <strong>der</strong> auf ihr beruhenden Verwaltungspraxiserfüllen.Die einzigen Voraussetzungen für eine För<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungRL 1996 sind gem. Nr. 1 Abs. 3 die zurückliegende För<strong>der</strong>ung durch eines <strong>der</strong>Wohnungsbauprogramme 1982 bis 1986 in <strong>der</strong> ersten För<strong>der</strong>phase sowie die vollständigeAuszahlung dieser Aufwendungshilfen. Beide Voraussetzungen sind für74Vgl. etwa Hauptausschuss-Drs. Nr. 2708 v. 01.10.2004.75Dies ergibt sich <strong>im</strong> Übrigen auch aus dem Bericht <strong>der</strong> Senatsverwaltung für Stadtentwicklung anden Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses, in dem Korrekturen des Mittelbedarfs für die <strong>im</strong>Jahr 2002 aus dem entsprechenden Haushaltstitel festgesetzten För<strong>der</strong>ungen mitgeteilt werden,Ausschuss-Drs. Nr. 2787, sowie aus dem Finanzhilfenbericht 2001-2003 des Senators für Finanzen,Anlage S. 36.


37die SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr. KG erfüllt. DieVorraussetzungen <strong>der</strong> Richtlinie bzw. <strong>der</strong> Verwaltungspraxis für eine För<strong>der</strong>ungliegen somit vor.5. Keine gerechtfertigte Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>praxisSchließlich dürfte auch keine gerechtfertige Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>praxis vorliegen.Eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung wurdevom Senat <strong>im</strong> Februar 2003 beschlossen und von <strong>der</strong> Senatsverwaltung für Stadtentwicklungumgesetzt. Diese Än<strong>der</strong>ung ist aber nicht hinreichend gerechtfertigt.Fraglich ist bereits, inwiefern diese <strong>im</strong> Jahr 2003 erfolgte Än<strong>der</strong>ung für die noch2002 durch die Verwertungsgesellschaft beantragte Anschlussför<strong>der</strong>ung überhauptBerücksichtigung finden kann. Denn wie oben festgestellt wurde, kommt es <strong>im</strong>vorliegenden Fall abweichend von <strong>der</strong> grundsätzlichen Regel für die Beurteilung<strong>der</strong> Sach- und Rechtslage nicht auf den Zeitpunkt <strong>der</strong> letzten mündlichen Verhandlung<strong>im</strong> Verwaltungsprozess, son<strong>der</strong>n auf den Zeitpunkt <strong>der</strong> Antragstellungan. Zu diesem Zeitpunkt gab es aber we<strong>der</strong> einen Beschluss des Senats, die Anschlussför<strong>der</strong>ungeinzustellen, noch eine Entscheidung <strong>der</strong> Senatsverwaltung fürStadtentwicklung, die Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 aufzuheben. Eine Än<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Verwaltungspraxis lag zum maßgeblichen Zeitpunkt somit gar nicht vor, sodass aus diesem Gesichtspunkt in jedem Fall ein Anspruch aus Art. 3 Abs. 1 GGi.V.m. <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 besteht.Selbst wenn man jedoch nicht auf den Zeitpunkt <strong>der</strong> Antragstellung, son<strong>der</strong>n aufdie geän<strong>der</strong>te Verwaltungspraxis zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Ablehnung des Bescheides,die <strong>im</strong>mer noch fortgilt, abstellen würde, käme man – wie <strong>im</strong> Folgenden zu zeigensein wird – zu dem Ergebnis, dass sich die Än<strong>der</strong>ung in jedem Fall nicht als gerechtfertigterweist und insofern bei <strong>der</strong> Beurteilung eines etwaigen Anspruchs ausArt. 3 Abs. 1 GG i.V.m. <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 außer Betracht bleibenmuss. Die Verwaltung hat sich also in jedem Fall und unabhängig von dem Zeitpunkt,auf den man bei <strong>der</strong> Betrachtung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis abstellt, selbst gebunden.


38a) Grundsatz: Zulässigkeit <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> VerwaltungspraxisDabei gilt allerdings grundsätzlich, dass eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis je<strong>der</strong>zeitzulässig ist, weil es keinen generellen Vertrauensschutz in den Fortbestandeiner best<strong>im</strong>mten Verwaltungspraxis gibt. 76 Von diesem Recht hat <strong>der</strong> Senat vonBerlin Gebrauch gemacht. Am 04.02.2003 beschloss er den Verzicht auf die Anschlussför<strong>der</strong>ungfür best<strong>im</strong>mte Objekte des Wohnungsbauprogrammjahres 1986.Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung setzte daraufhin die Anschlussför<strong>der</strong>ungRL 1996 durch Verwaltungsvorschrift vom 19.02.2003 – rückwirkend – mitWirkung vom 01.01.2003 außer Kraft.Auch bei einer Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis hat <strong>der</strong> Verwaltungsträger jedochdie verfassungsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen, ist in seiner Entscheidungalso keineswegs völlig frei. Dabei folgt zunächst aus dem allgemeinen Willkürverbot,dass überhaupt ein sachlicher Grund für die Än<strong>der</strong>ung vorliegen muss 77(b). Darüber hinaus muss die Ungleichbehandlung <strong>der</strong> vor und nach dem01.01.2003 ausgelaufenen För<strong>der</strong>ungen, d.h. insbeson<strong>der</strong>e die gewählte Stichtagsregelungzulässig, vor allem mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sein (c). Weiterhinmuss allgemein das aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsprinzipfolgende grundsätzliche Verbot belasten<strong>der</strong> Rückwirkungen beachtet werden (d).Schließlich ist <strong>der</strong> Vertrauensschutz zu wahren (e).b) Sachlicher Grund für die Än<strong>der</strong>ungAls unproblematisch stellt sich zunächst das Vorliegen eines sachlichen Grundesfür die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis dar. Die Verschlechterung <strong>der</strong> finanziellenSituation des Landes Berlin sowie die Entspannung auf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarktstellen für die Zukunft durchaus sachliche Motive für die Än<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Wohnungsbauför<strong>der</strong>ungspraxis dar, jedenfalls soweit sie auf Neubauten nachdem 01.01.2003 zielt. Das gilt allerdings nicht bzw. nur sehr bedingt für Bauten,die vor dem 01.01.2003 errichtet worden sind. Auf die Errichtung <strong>der</strong> Gebäude essozialen Wohnungsbaus kann dies keinen Einfluss haben. Immerhin sind mit <strong>der</strong><strong>Versagung</strong> <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> – umstrittenen – politischen Ent-76BVerwGE 46, 89 (90); BVerwG, NVwZ 1998, S. 273; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs(Hrsg.), VwVfG, § 1 Rn. 195; Pietzcker, DVBl. 2003, S. 1339 (1341).77Vgl. BVerwG, NVwZ 1998, S. 273 (274); Liebetanz, in: Obermayer (Hrsg.), VwVfG, § 40Rn. 42.


39scheidung erhebliche Einsparungen zu erreichen, was angesichts <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong>Haushaltslage nicht unsachlich ist.c) Zeitbezogene UngleichbehandlungFerner muss die Ungleichbehandlung gegenüber den Fällen, bei denen die För<strong>der</strong>ungvor dem 01.01.2003 ausgelaufen ist und den Fällen mit einem späteren Auslaufenmit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar sein. 78Grundsätzlich folgt aus Art. 3 Abs. 1 GG das Gebot, Gleiches gleich und Ungleichesseiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln. 79 Bei Beendigung<strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung sind sachlich gleiche, aber zeitlich ungleiche Fälle unterschiedlichbehandelt worden.Die Ungleichbehandlung ist genauer darin zu sehen, dass diejenigen Subventionsempfängerdes Wohnungsbauför<strong>der</strong>programms 1986, <strong>der</strong>en För<strong>der</strong>ung in <strong>der</strong> erstenFör<strong>der</strong>phase vor dem o<strong>der</strong> am 31.12.2002 auslief, noch Anschlussför<strong>der</strong>ungnach <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 erhielten und erst für die Subventionsempfängerdes Programms, <strong>der</strong>en För<strong>der</strong>ung nach diesem Stichtag auslief, die Verwaltungspraxis(rückwirkend) geän<strong>der</strong>t wurde. Darin ist eine relevante Ungleichbehandlungvon Gleichem zu sehen. Um einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG bejahenzu können, dürfte diese Ungleichbehandlung nicht sachlich gerechtfertigsein.aa) Ungleiche Behandlung von GleichemDa beide Vergleichsgruppen, d.h. die durch das Wohnungsbauprogramm 1986Geför<strong>der</strong>ten, <strong>der</strong>en Grundför<strong>der</strong>ung vor bzw. nach dem 31.12.2002 auslief, indemselben Wohnungsbauprogramm nach denselben Richtlinien und zu denselbenKonditionen Aufwendungshilfen für die von ihnen errichteten Wohnbauten <strong>im</strong> so-78Ob darüber hinaus nicht auch eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung und damit ein Verstoßgegen Art. 3 Abs. 1 GG vorliegt, weil die Bewirtschaftung von Mietsozialwohnungen <strong>der</strong> gemeinnützigenEigentümer (Stiftungen, karitative Einrichtungen und Genossenschaften) für einen begrenztenZeitraum sichergestellt und damit finanziell weitergeför<strong>der</strong>t wird und etwa <strong>im</strong> Jahr 2004dem Arbeiter-Samariter-Bund für die Dauer von 10 Jahren eine Aufwendungshilfe von 3.321.960 €bewilligt wurde, vgl. AH-Hauptausschuss, Rote Nummer 3027 v. 03.05.2005, S. 4, erscheint überausfraglich, mag an dieser Stelle aber dahingestellt bleiben.79BVerfGE 3, 58 (135 f.); 42, 64 (72); 71, 255 (271); Gubelt, in: v. Münch/Kunig (Hrsg.), GG,Art. 3 Rn. 2; Osterloh, in: Sachs (Hrsg.), Art. 3 Rn. 83.


40zialen Wohnungsbau vom Land Berlin geför<strong>der</strong>t wurden, liegen gleiche Sachverhaltevor. Da die eine Vergleichgruppe ein Anschlussför<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungRL 1996 erhalten hat, während <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Gruppe eine solcheFör<strong>der</strong>ung vollständig versagt worden ist, ist auch eine erhebliche Ungleichbehandlunggegeben. 80Durch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis in Bezug auf die durch die Anschlussför<strong>der</strong>ungRL 1996 vorgesehene zweite För<strong>der</strong>phase <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbauliegt somit eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vor. Fraglich istnun, ob diese Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist und so vor dem allgemeinenGleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG Bestand haben könnte.bb) Rechtfertigung von UngleichbehandlungenGrundsätzlich gilt, dass nicht jede Ungleichbehandlung von Gleichem eine Verletzungvon Art. 3 Abs. 1 GG darstellt. Vielmehr können Ungleichbehandlungenauch verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein. Dies folgt nicht zuletzt aus <strong>der</strong> systematischenBetrachtung des gesamten Art. 3 GG: (Nur) die in Art. 3 Abs. 2 undAbs. 3 GG genannten Kriterien scheiden als rechtfertigende Gründe für Ungleichbehandlungenvon vorne herein aus, an<strong>der</strong>e Gründe dagegen – so <strong>der</strong> Umkehrschluss– müssen dementsprechend grundsätzlich zulässig sein können. 81Damit eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt werden kann, ist aber ein sachlicherGrund für die Ungleichbehandlung erfor<strong>der</strong>lich. 82 Wann ein solcher sachlicherGrund vorliegt, kann dabei nicht nur für den Einzelfall umstritten sein. Fraglichist bereits, welcher Maßstab zur Best<strong>im</strong>mung dieser Grenze anzuwenden ist.cc) Willkürverbot und neue FormelVor allem in <strong>der</strong> ältere Literatur und Rechtsprechung wird die Rechtfertigung füreine Ungleichbehandlung allein an <strong>der</strong> Willkürformel gemessen. Danach ist <strong>der</strong>80Schwarz, JZ 2004, S. 79 (81), will hingegen bei Subventionsleistungen, auf die kein Rechtsanspruchbesteht, von vorne herein eine Ungleichbehandlung von abgewiesenen Subventionsbewerberngegenüber Subventionsempfängern generell ausschließen, ohne dies jedoch mit <strong>der</strong> Dogmatikdes Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang bringen zu können.81Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 429; Osterloh, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 3 Rn. 250.82BVerfGE 2, 151 (153); Podlech, Gehalt und Funktionen des allgemeinen verfassungsrechtlichenGleichheitssatzes, S. 5 ff.; Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 3 Rn. 23.


41allgemeine Gleichheitssatz verletzt, wenn die (un–)gleiche Behandlung <strong>der</strong> geregeltenSachverhalte mit Gesetzlichkeiten, die in <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache liegen, 83 miteiner am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise 84 nicht mehr vereinbarist, also bezogen auf den jeweils in Rede stehenden Sachbereich und seineEigenart ein vernünftiger, sich aus <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache ergeben<strong>der</strong> o<strong>der</strong> sonst wieeinleuchten<strong>der</strong> Grund 85 für die gesetzliche Differenzierung o<strong>der</strong> Gleichbehandlungsich nicht finden lässt. 86 Als willkürlich kann eine gesetzliche Regelung nach dieserFormel nur verworfen werden, wenn ihre Unsachlichkeit evident ist. 87In <strong>der</strong> neueren Rechtsprechung hat sich das Bundesverfassungsgericht von <strong>der</strong>Willkürformel entfernt (ohne diese aber prinzipiell aufzugeben), 88 und verwendethäufiger die so genannte „neue Formel“. 89 Danach ist „eine ungleiche Behandlungmehrerer Gruppen von Normadressaten mit dem allgemeinen Gleichheitssatz desArt. 3 Abs. 1 GG nur dann zu vereinbaren [...], wenn zwischen ihnen Unterschiedevon solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlungrechtfertigen können“. 90 „Ungleichbehandlung und rechtfertigen<strong>der</strong> Grundmüssen dabei in einem angemessenen Verhältnis zueinan<strong>der</strong> stehen“. 91 Damitwird die Prüfung des Gleichheitssatzes zunehmend mit <strong>der</strong> Verhältnismäßigkeitsprüfungparallelisiert, wie sie bei den klassischen Freiheitsrechten vorgenommenwird. 92Diese „neue Formel“ hat die „alte Willkürformel“ nicht vollständig überflüssiggemacht. Vielmehr geht das Bundesverfassungsgericht in neueren Entscheidungendavon aus, dass sich „aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstandund Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Ge-83BVerfGE 71, 39 (58); 76, 256 (329); 80, 109 (118).84BVerfGE 9, 334 (337); 67, 329 (345 f.); 86, 81 (87).85So etwa schon BVerfGE 1, 14 (52).86BVerfGE 1, 14 (52), vgl. auch noch BVerfGE 61, 138 (147); 68, 237 (250); 75, 108 (157); 76,256 (329); 83, 1 (23); 89, 132 (141 s. aber auch BVerfGE 89, 132 (141).87BVerfGE 12, 326 (333); 14, 142 (150); BVerfGE 18, 121 (124); 19, 101 (115); 23, 135 (143);89, 132 (142); 91, 346 (363); vgl. auch 93, 165 (178).88Hesse, FS Lerche, S. 121 (126).89Vgl. Robbers, DÖV 1988, S. 749 (751); Hesse, FS Lerche, S. 121 (124); Pieroth/Schlink,Grundrechte, Rn. 482.90Vgl. BVerfGE 55, 72 (88); 82, 126 (146); 83, 395 (401); 85, 238 (244); 92, 26 (51); 92, 277(318); 93, 99 (111); 93, 386 (397); 95, 39 (45); 95, 143 (155); 96, 315 (325); 97, 332 (344).91S. etwa BVerfGE 82, 126 (146) m. w. N.92Vgl. schon Kloepfer, Gleichheit als Verfassungsfrage, S. 56 ff.; seit <strong>der</strong> Anwendung <strong>der</strong> neuenFormel durch das BVerfG auch Pieroth/Schlink, Grundrechte, Rn. 482; Maaß, NVwZ 1988, S. 14(19 f.); Schoch, DVBl. 1988, S. 863 (875 ff.). Vgl. auch Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 3 Rn.24 m.w.N.


42setzgeber ergeben, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindungan Verhältnismäßigkeitserfor<strong>der</strong>nisse reichen“. 93dd) StichtagsregelungIm vorliegenden Fall ist allerdings schon fraglich, ob die vom Senat von Berlingewählte Stichtagsregelung vor <strong>der</strong> engeren alten Willkürformel Bestand habenkann. Denn in <strong>der</strong> Tat lässt sich we<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Natur des Wohnungsbauprogramms1986 noch aus sonstigen Umständen herleiten, warum gerade das Auslaufen <strong>der</strong>För<strong>der</strong>ung vor o<strong>der</strong> nach dem 31.12.2002 als sachlicher Anknüpfungspunkt fürein Einstellen <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung gelten sollte.Dabei sind Erwägungen, dass überhaupt eine zeitliche Grenze zu ziehen ist unddass das Jahresende eine gebräuchliche Befristung ist, doch eher oberflächlich.Hätte es denn nicht näher gelegen, z.B. an den Tag <strong>der</strong> Beschlussfassung <strong>im</strong> <strong>Berliner</strong>Senat anzuknüpfen, wobei auch die Rückwirkungsproblematik des Än<strong>der</strong>ungsverhaltenshätte umgangen werden können?(1) Gleichheitsverstoß durch StichtagsregelungenStichtagsregelungen bei Rechtsän<strong>der</strong>ungen wohnt <strong>im</strong>mer ein gewisses Potentialfür Gleichheitsverstöße inne. Die Än<strong>der</strong>ung von Recht ist – formal betrachtet –stets ein Ungleichbehandlung von Fällen vor bzw. nach dem Än<strong>der</strong>ungsstichtag.Stichtagsregelungen ist es gerade eigen, dass sie einen Zeitpunkt herauslösen, uman ihn an<strong>der</strong>e Rechtsfolgen zu knüpfen und somit eine Ungleichbehandlung zwischen„davor“ und „danach“ gerade zu bezwecken. 94 Jede Stichtagsregelung stelltsich somit <strong>im</strong> gewissen Sinne als eine „gerechte Ungerechtigkeit“ 95 dar. Dennochsind solche Regelungen notwendige Folge von Rechtsän<strong>der</strong>ungen und -neuregelungenbzw. von Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Verwaltungspraxis. Solche Än<strong>der</strong>ungen sindwie<strong>der</strong>um unmittelbarer Ausdruck <strong>der</strong> grundsätzlichen Reversibilität staatlicherEntscheidungen und damit unabdingbare Voraussetzungen eines demokratischen93BVerfGE 88, 87 (96).94Vgl. dazu etwa Kloepfer, DÖV 1978, S. 225 (227).95Vgl. Kloepfer, Vorwirkung von Gesetzen, S. 97.


43Staatswesens sind. Die Derogationskraft <strong>der</strong> lex posterior ist hierfür ein beredtesZeugnis.Doch nicht nur <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Rechtsetzung ist die Reversibilität staatlicher Entscheidungenunabdingbar. Auch <strong>im</strong> Bereich des Verwaltungshandelns muss eineUmorientierung und eine Umsteuerung möglich sein, so dass es <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> zuÄn<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Verwaltungspraxis– mittelbar außenwirksamen Verwaltungspraxis– kommen muss, wofür Stichtagsregelungen meist ein notwendiges Instrumentariumsind.Das heißt jedoch wie<strong>der</strong>um nicht automatisch, dass jede Stichtagsregelung für verän<strong>der</strong>teGesetzes bzw. für eine neue Verwaltungspraxis unter dem Aspekt des allgemeinenGleichheitssatzes zulässig ist. Vielmehr sind die beiden kollidierendenGrundsätze <strong>der</strong> Gleichbehandlung auf <strong>der</strong> einen Seite sowie <strong>der</strong> Notwendigkeitvon Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Rechtslage bzw. <strong>der</strong> Verwaltungspraxis in einen schonendenAusgleich zu bringen. Daraus ergibt sich, dass Rechtsän<strong>der</strong>ungen sowie Än<strong>der</strong>ungenvon Verwaltungsentscheidungen und die mit ihnen einhergehenden Stichtagsregelungenbest<strong>im</strong>mten rechtsstaatlichen und grundrechtlichen Mindestvoraussetzungengenügen müssen. Dies beinhaltet, dass bei <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> dem Gesetzgeberbzw. <strong>der</strong> Exekutive zukommende Spielraum in sachgerechter Weise genutztund die für die zeitliche Anknüpfung in Betracht kommenden Faktoren hinreichendgewürdigt werden müssen, so dass sich die gefundene Lösung <strong>im</strong> Hinblickauf den gegebenen Sachverhalt und das System <strong>der</strong> Gesamtregelung durch sachlicheGründe rechtfertigen lässt und nicht als willkürlich erscheint. 96 Die Wahl desStichtages muss sich am gegebenen Sachverhalt orientieren und die Interessenlage<strong>der</strong> Betroffenen angemessen berücksichtigen; abgestufte Regelungen können gebotensein. 97(2) Stichtag innerhalb des Wohnungsbauprogramms 1986Fraglich ist nun, inwiefern die Stichtagsregelung innerhalb des Wohnungsbauprogramms1986 zur Festlegung des Auslaufens <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung diesen geschil<strong>der</strong>tenAnfor<strong>der</strong>ungen genügt. Dabei ist zunächst zu beachten, dass die geän<strong>der</strong>teVerwaltungspraxis in Bezug auf die Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> sozialen Woh-96BVerfGE 44, 1 (22); 13, 31 (38); 29, 283 (299 f.).97BVerfGE 79, 212 (219 f.); 49, 260 (275); 71, 364 (397). S. dazu unten VI.


44nungsbau einen entscheidenden Unterschied zu den typischen Fällen von Stichtagsregelungenaufweist. Während es nämlich normalerweise in diesen Konstellationenum die Än<strong>der</strong>ung unbefristeter Regelungen für eine abstrakt definierteGroßzahl möglicher Betroffener geht, liegt <strong>im</strong> vorliegenden Fall eine Regelungbzw. Verwaltungspraxis für einen personell wie zeitlich eng gefassten Sachverhaltvor, nämlich nur für die Bauherren, die <strong>im</strong> Rahmen des Wohnungsbauprogramms1986 eine (erste) För<strong>der</strong>ung erhielten. Eine Einstellung <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung<strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau wäre demnach auch durch eine Differenzierungnach Wohnungsbauprogrammjahren möglich, wodurch zunächst eine Ungleichbehandlungvon formal Gleichem überhaupt nicht entstehen würde, zumindestjedoch ein klarer Anknüpfungspunkt für eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Subventionspraxisersichtlich gewesen wäre. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die für die Beurteilung<strong>der</strong> Verwaltungspraxis maßgebliche Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 ohnehinnur für die Wohnungsbauprogrammjahre bis 1986 Anwendung finden sollte,ein Auslaufen dieser Praxis also von vorneherein vorgesehen war, ohne dass es einergeson<strong>der</strong>ten Stichtagsregelung bedurft hätte.Für die zusätzlich eingeführte Stichtagsregelung und das damit verbundene Anknüpfenan das Auslaufen <strong>der</strong> Erstför<strong>der</strong>ung vor o<strong>der</strong> nach dem 31.12.2002 bestehenjedoch we<strong>der</strong> in Bezug auf den konkreten Regelungsgegenstand, also die För<strong>der</strong>ung<strong>im</strong> Wohnungsbauprogramm 1986, noch in Bezug auf die Gesamtregelung<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des sozialen Wohnungsbaus in Berlin sachlich nachvollziehbareGründe. We<strong>der</strong> orientiert sich die Wahl dieses Stichtages am gegebenen Sachverhalt,noch werden die Interessen <strong>der</strong> Betroffenen ausreichend berücksichtigt.Durch die Stichtagsregelung, die an das Auslaufen <strong>der</strong> Erstför<strong>der</strong>ung anknüpft,wird nämlich <strong>im</strong> Ergebnis allein danach differenziert, wann die För<strong>der</strong>ung ausdemselben För<strong>der</strong>programm begann, was wie<strong>der</strong>um davon abhängt, wann diemittlere Bezugsfertigkeit <strong>der</strong> geför<strong>der</strong>ten Wohnungen vorlag. Ein sachlicherGrund, warum dies maßgeblich für eine volle Gewährung o<strong>der</strong> einen vollständigenWegfall <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung nach einem Alles-o<strong>der</strong>-Nichts-Prinzip sein soll, istnicht ersichtlich.Insbeson<strong>der</strong>e kann auch die von <strong>der</strong> IBB angeführte Argumentation nicht greifen,dass eine Differenzierung nach dem Stichtag des För<strong>der</strong>ungsablaufes geboten sei,um eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber denjenigen För<strong>der</strong>ungs-


45empfängern zu vermeiden, <strong>der</strong>en För<strong>der</strong>ung ebenfalls <strong>im</strong> Jahr 2003 endete, dieaber <strong>im</strong> Wohnungsbauprogrammjahr 1987 geför<strong>der</strong>t wurden und deshalb ebenfallskeine För<strong>der</strong>ung mehr erhielten. 98 Denn hier liegt aufgrund <strong>der</strong> Zugehörigkeit zuunterschiedlichen Wohnungsbauprogrammen und damit auch <strong>der</strong> Anwendbarkeitverschiedener För<strong>der</strong>ungsrichtlinien schon gar kein gleicher Sachverhalt vor, sodass allenfalls die Gleichbehandlung, nicht aber die Ungleichbehandlung rechtfertigungsbedürftigwäre.ee) ZwischenergebnisDie feste Stichtagsregelung, mit <strong>der</strong> innerhalb des Wohnungsbauprogramm 1986zwischen einer vollständigen Gewährung und einem vollständigen Ausschluss <strong>der</strong>Anschlussför<strong>der</strong>ung für die verschiedenen Antragsteller differenziert wurde, stelltsich somit als willkürlich dar. Die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis in <strong>der</strong> gewähltenWeise verstößt somit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, sie ist nicht gerechtfertigtund daher rechtswidrig.d) RückwirkungsverbotWeiterhin müsste bei <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung auch das Rückwirkungsverbot beachtet wordensein. Dieses Verbot belasten<strong>der</strong> Rückwirkungen könnte indes dadurch verletztsein, dass die Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 auch für bereits gestellte Anträge bzw.für ein seit 1986 bestehendes För<strong>der</strong>ungsverhältnis rückwirkend außer Kraft gesetztwurde.aa) Legislatives und administratives HandelnDas Rückwirkungsverbot ist als beson<strong>der</strong>e Ausprägung des in Art. 20 Abs. 3 GGwurzelnden rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzips zunächst von Rechtsprechungund Lehre für legislatives Handeln, d.h. für den Erlass formeller Gesetzeentwickelt worden. 99 Darauf aufbauend wurde dieser Grundsatz jedoch auch98Vgl. das Schreiben <strong>der</strong> IBB v. 01.04.2003, S. 2 (Anlage 5).99Vgl. grundlegend dazu BVerfGE 11, 139; 13, 261; 30, 392.


46schrittweise auf administratives Handeln übertragen. Das galt zunächst für denBereich <strong>der</strong> Rechtsverordnungen. 100 Mittlerweile ist jedoch auch für den Erlassvon Verwaltungsakten und somit für das einzelfallbezogene administrative Handelnanerkannt, dass die Verwaltung zur Gewährleistung des Vertrauensschutzesauch speziell durch das Rückwirkungsverbot gebunden wird. 101 Auch auf den Fall<strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung einer Subventionspraxis ist das Rückwirkungsverbot als beson<strong>der</strong>eAusprägung des Vertrauensschutzes somit anwendbar. 102bb) Echte und unechte RückwirkungIn seiner Dogmatik zum Rückwirkungsverbot unterscheidet das Bundesverfassungsgerichtzwischen den Begriffen <strong>der</strong> echten und unechten Rückwirkung. Eineechte Rückwirkung liegt dann vor, wenn ein Gesetz bzw. eine administrativeMaßnahme nachträglich än<strong>der</strong>nd in bereits abgewickelte, <strong>der</strong> Vergangenheit angehörendeTatbestände eingreift. Es geht als um diejenigen Fälle, bei denen einSachverhalt in <strong>der</strong> Vergangenheit begründet und schon abgeschlossen ist, wennihn eine Regelung erfasst.Ein Fall <strong>der</strong> unechten Rückwirkung liegt demgegenüber dann vor, wenn auf einenin <strong>der</strong> Vergangenheit begründeten, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhaltfür die Zukunft eingewirkt wird. 103 An diese unterschiedlichen Arten <strong>der</strong> Rückwirkungwerden verschiedene Rechtsfolgen geknüpft.Eine an<strong>der</strong>e Terminologie hat sich mittlerweile jedoch be<strong>im</strong> 2. Senat des Bundesverfassungsgerichtsherausgebildet, <strong>der</strong> – mit etwas an<strong>der</strong>en Definitionen – vonRückbewirkung und tatbestandlicher Rückanknüpfung spricht. 104 Inhaltlich decktsich diese Terminologie jedoch weitgehend mit den Begrifflichkeiten des 1. Senats,105 denen sich <strong>im</strong> Übrigen auch das Bundesverwaltungsgericht angeschlossenhat, 106 so dass eine Prüfung aufgrund dieser Terminologie erfolgen kann.100Vgl. BVerfGE 45, 142; 48, 403.101BVerfGE 59, 128; BVerwG, NVwZ 1998, S. 273 (275); vgl. allgemein hierzu Blanke, Vertrauensschutz<strong>im</strong> deutschen und europäischen Verwaltungsrecht, S. 17 f.102So ausdrücklich für einen solchen Fall BVerwG, NVwZ 1998, S. 273 (275).103BVerfGE 11, 139 (145 f.); 14, 288 (297 f.); 36, 73 (82); vgl. auch Herzog, in: Maunz/Dürig(Hrsg.), GG, Art. 20 VII (Rechtsstaat) Rn. 68; Maurer, Staatsrecht, § 17 Rn. 105.104Vgl. BVerfGE 72, 200 (242); 97, 67 (78 f.).105Maurer, Staatsrecht, § 17 Rn. 106.106Vgl. etwa BVerwG, NVwZ 1998, S. 273 (275).


47cc) Kein Vorliegen echter RückwirkungAufgrund <strong>der</strong> unterschiedlichen Rechtsfolgen ist zunächst festzustellen, ob in Bezugauf die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis hier ein Fall echter Rückwirkungvorliegt, <strong>der</strong> grundsätzlich einen Verstoß gegen Art. 20 Abs. 3 GG darstellt unddamit unzulässig ist. 107 Dann müsste die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis nachträglichin einen bereits abgewickelten Sachverhalt eingreifen. Dies könnte eventuellzunächst deswegen möglich erscheinen, weil das Einstellen <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungdie von vorneherein von <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung abhängige Rentabilität <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Vergangenheitabgeschlossenen Wohnungsbauten beseitigt. Eine solche Einordnung würdeaber zu weit gehen. Denn die Erstellung <strong>der</strong> Bauten als solche ist zwar schonabgeschlossen. Die weitere För<strong>der</strong>ung durch das Land Berlin stellt aber dennochund trotz <strong>der</strong> Anknüpfung an die Fertigstellung <strong>der</strong> Neubauten keinen <strong>im</strong> Jahr2003 abgeschlossenen Sachverhalt dar. Vielmehr war allen Beteiligten von Anfangan klar, dass etwa die konkrete Höhe und Modalitäten <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung erstnach Ablauf <strong>der</strong> ersten För<strong>der</strong>phase best<strong>im</strong>mt werden sollten. Der Sachverhalt(För<strong>der</strong>ung des sozialen Wohnungsbaus) war somit zwar in <strong>der</strong> Vergangenheit begründet,aber zum 01.01.2003 keineswegs bereits abgeschlossen. Es liegt also keinegrundsätzlich unzulässige echte Rückwirkung vor.dd) Unechte RückwirkungAllerdings stellt <strong>der</strong> Abbruch <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung eine unechte Rückwirkungdar, weil <strong>der</strong> Sachverhalt: Erstellen, Finanzieren und Betreiben von Gebäuden <strong>im</strong>sozialen Wohnungsbau zwar in <strong>der</strong> Vergangenheit begründet ist, am 01.01.2003aber bezüglich des Finanzierens und Betreibens noch nicht abgeschlossen war.Eine solche belastende unechte Rückwirkung ist nur zulässig, wenn die für die unechteRückwirkung sprechenden Gründe des Gemeinwohls die Interessen des Bürgersauf einen Fortbestand seiner Rechtspositionen, insbeson<strong>der</strong>e seiner Grundrechte108 überwiegen. Es kommt somit stets zu einer Güterabwägung. 109107Herzog, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20 VII (Rechtsstaat) Rn. 69; Maurer, Staatsrecht,§ 17 Rn. 117.108Maurer, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR III, § 60 Rn. 24 f.109Herzog, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 20 VII (Rechtsstaat) Rn. 70.


48Der Abbruch <strong>der</strong> Abschlussför<strong>der</strong>ung verletzt das schutzwürdige Vertrauen <strong>der</strong>Klägerin (s.u. IV.5.e) sowie ihre Grundrechte aus Art. 3 Abs. 1 GG (s.o.IV.1-5.c)und aus Art. 14 GG (s.u. V.).Dem stehen keine hinreichend gewichtigen Gemeinwohlinteressen gegenüber.Wie bereits ausgeführt wurde (III.3, IV.5.b), trägt des Ziel <strong>der</strong> öffentlichen Hand,auf die Entspannung des <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkts durch Einstellung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungdes sozialen Wohnungsbaus zu reagieren, für bereits errichtete Neubautennicht.Auch <strong>der</strong> Wille <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong> Verwaltung zur Einsparung als solcher kann kein solcherGemeinwohlbelang sein., weil sonst <strong>der</strong> bloße Sparwille <strong>der</strong> öffentlichenHand eine Selbstermächtigung zur Beseitigung <strong>der</strong> Barrieren <strong>der</strong> unechten Rückwirkungwäre, wenn und weil durch eine solche Rückwirkung die Haushaltslageentlastet werden könnte. In diesem Sinne rechtfertigt auch <strong>der</strong> Wille, Mehreinnahmenzu erzielen allein nicht den unecht rückwirkenden Abbau von Steuerentlastungen.110Selbst wenn man gleichwohl den Spareffekt eines unecht rückwirkenden Abbaus<strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung ausreichen lassen würde, ist noch nicht erkennbar, inwieweitdieser <strong>im</strong> konkreten Fall die mannigfaltigen schutzwürdigen Positionen <strong>der</strong>Klägerin (s.o.) überwiegen könnte. Dies um so weniger, als nach <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungRL 1996 die För<strong>der</strong>ung mit dem För<strong>der</strong>jahrgang 1986 ohnehin ausgelaufenwäre und umgekehrt die öffentliche Hand in den Fällen weiterför<strong>der</strong>t, indenen die Anschlussför<strong>der</strong>ung vor dem 01.01.2003 ausgelaufen ist.Weil somit kein bzw. kein überwiegen<strong>der</strong> Gemeinwohlbelang vorhanden ist, bedeutet<strong>der</strong> Abbruch <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> konkreten Fall eine unzulässigeunechte Rückwirkung.Weil das so ist, braucht an dieser Stelle nicht die unechte Rückwirkung geson<strong>der</strong>tuntersucht zu werden, die darin liegt, dass hier die Richtlinienän<strong>der</strong>ung nach Stellungdes Antrags erfolgte. Insoweit gelten die Unzulässigkeitsgründe entsprechend.110BVerfGE 105, 17 (45).


49ee) ZwischenergebnisDer Abbruch <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung stellt eine unzulässige unechte Rückwirkungdar, weil den schutzwürdigen Positionen <strong>der</strong> Klägerin keine einschlägigenüberwiegenden Gemeinwohlinteressen gegenüberstehen.e) Individuelle Aspekte des VertrauensschutzesWird eine Verwaltungspraxis geän<strong>der</strong>t, so sind auch jenseits des – in erster Liniefür gesetzliche Än<strong>der</strong>ungen entwickelten – Rückwirkungsverbots aus dem Grundsatzdes Vertrauensschutzes heraus individuelle Aspekt des Vertrauensschutzes zuberücksichtigen. So hat das Bundesverwaltungsgericht in Bezug die nachträglicheÄn<strong>der</strong>ung von Subventionsrichtlinien den Grundsatz des Vertrauensschutzes dahingehendkonkretisiert, „dass grundsätzlich eine richtliniengemäße För<strong>der</strong>ungselbst vor Konkretisierung einer entsprechenden Richtlinie durch einen Bewilligungsbeschei<strong>der</strong>wartet werden kann, wenn ein begonnenes Vorhaben, dass in <strong>der</strong>Vergangenheit bereits subventioniert worden ist, in neuen Haushaltsjahr fortgeführtwird.“ Ausgangspunkt für den Vertrauensschutz sind dann die Dispositionen,die <strong>der</strong> Antragsteller <strong>im</strong> Vertrauen auf die Anschlussför<strong>der</strong>ung zur Weiterführungdes geför<strong>der</strong>ten Projektes bereits getätigt hat. 111aa) Schutzwürdiges VertrauenGenau so ist die Situation auch für die SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH &Co. Silbersteinstr. KG. Diese hat für ein Vorhaben, das bereits subventioniert wordenist, eine weitere För<strong>der</strong>ung beantragt. Die Dispositionen, die sie <strong>im</strong> Vertrauenauf die von <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 – sowie ihren Vorläuferregelungen –in Aussicht gestellten Subventionen getätigt hat, gehen dabei aufgrund <strong>der</strong> Beson<strong>der</strong>heiten<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von Wohnraumerrichtung <strong>im</strong> Grunde bereits auf die Gesamtplanungdes Projekts und die Ursprungsinvestition zurück, die sich nur inHinblick auf die in Aussicht gestellten Subventionen überhaupt als wirtschaftlichsinnvoll dargestellt haben.111BVerwG, NVwZ 1998, S. 273 (275).


50Dagegen könnte lediglich eingewendet werden, dass dieses Vertrauen hier deshalbnicht schutzwürdig sei, weil die Umstände, die zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxisgeführt haben – namentlich die Entspannung auf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarktsowie die zunehmende Anspannung <strong>der</strong> <strong>Berliner</strong> Landesfinanzen – demAntragsteller bekannt waren. 112 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass sowohl dieEntspannung auf dem <strong>Berliner</strong> Wohnungsmarkt als auch die prekäre Finanzsituationdes Landes bereits Mitte <strong>der</strong> 90er Jahre ersichtlich war, ohne dass dies die För<strong>der</strong>ungspraxisin Bezug auf die Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbauverän<strong>der</strong>t hätte. Vielmehr hat die trotz dieser Umstände noch 7-10 Jahre andauerndeFör<strong>der</strong>ungspraxis einen erneuten Vertrauenstatbestand geschaffen.Selbst die erst <strong>im</strong> Juni 2002 vom Senat von Berlin einberufene „Expertenkommissionzur Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau“ hat ihre Einsparungsvorschlägeausdrücklich nur auf die För<strong>der</strong>jahrgänge 1987-1989 bezogen. 113 Schließlichhat auch die Investitionsbank Berlin, die <strong>im</strong> Auftrag <strong>der</strong> Senatsverwaltung fürStadtentwicklung die Abwicklung <strong>der</strong> Wohnungsbauför<strong>der</strong>programme durchführt,noch mit Schreiben vom 08.08.2002 die Antragstellerin nicht nur aufgefor<strong>der</strong>t,eine Anschlussför<strong>der</strong>ung zu beantragen, son<strong>der</strong>n sie darüber hinaus auch noch aufeine angeblich aus Nr. 9 Abs. 2 WFB 1977 resultierende Pflicht hingewiesen, dieseFör<strong>der</strong>ung zu beantragen und anzunehmen. 114 Die Verwaltung hat den Antragsstellersomit in seinem Vertrauen auf die Gewährung einer Anschlussför<strong>der</strong>ungauch noch aktiv bestärkt. Angesichts dieser Umstände ist dieses Vertrauen alsschutzwürdig anzusehen, so das auch aus Gesichtspunkten des individuellen Vertrauensschutzeseine Abkehr von <strong>der</strong> Verwaltungspraxis nicht gerechtfertigt werdenkann.bb) Untragbare HärteDarüber hinaus ist schließlich noch zu beachten, dass selbst in den Fällen, in denen<strong>im</strong> Einzelfall kein schutzwürdiges Vertrauen besteht, eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis<strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Subventionsgewährung unzulässig ist, wenn dies112So für den genannten Fall BVerwG, NVwZ 1998, S. 273 (275).113Expertenkommission zur Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> öffentlich geför<strong>der</strong>ten Wohnungsbau <strong>im</strong> LandBerlin, Endbericht, 27.01.2003, S. 12.114Mangels Außenwirkung <strong>der</strong> als Verwaltungsvorschrift zu qualifizierenden WFB 1977 bestehteine solche Rechtspflicht nicht, was allerdings für den geschaffenen Vertrauenstatbestand unerheblichist.


51zu nahezu untragbaren Verhältnissen des ehemals geför<strong>der</strong>ten Antragstellers führenwürde. 115 Eine solche untragbare Härte wurde vom Bundesverwaltungsgerichtverneint für einen Fall, in dem es lediglich um die leichte Absenkung von För<strong>der</strong>sätzen<strong>im</strong> Rahmen einer bestehenden Subventionspraxis ging. Im vorliegendenFall geht es aber nicht nur um den vollständigen Wegfall <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung,dessen völliges Fehlen an sich schon eine erhebliche Härte für den Antragstellerdarstellt. Der Wegfall <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung führt auch dazu, dass das geför<strong>der</strong>te Wohnungsbauprojektnicht mehr wirtschaftlich weitergeführt werden kann. Die SI-STRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr. KG würde somit bei einemvölligen Ausbleiben <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung mit großer WahrscheinlichkeitInsolvenz anmelden müssen. Diese schwerwiegenden Folgen stellen sich geradeaufgrund des auch vom Land Berlin durch die IBB hervorgerufenen Vertrauens indie Anschlussför<strong>der</strong>ung als untragbar dar. Unabhängig davon, ob <strong>der</strong> Vertrauensschutzdabei die Gewährung lediglich eines reduzierten Betrages zugelassen hätte,lässt sich eine vollständige Streichung aller Subventionen mit diesem Grundsatzin jedem Fall nicht vereinbaren. Auch aus diesem Gesichtspunkt ist die Än<strong>der</strong>ung<strong>der</strong> Subventionspraxis somit nicht gerechtfertigt.6. ErgebnisDie Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis dahingehend, dass all denjenigen För<strong>der</strong>ungsempfängerndes Wohnungsbauprogramms 1986, <strong>der</strong>en Erstför<strong>der</strong>ung nachdem 31.12.2002 auslief, keinerlei Anschlussför<strong>der</strong>ung mehr gewährt wurde, warsomit nicht gerechtfertigt. Deshalb blieb die Behörde an ihre vormalige Verwaltungspraxis<strong>der</strong> Subventionspraxis gemäß <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 insoferngebunden, als dass sie ihr Ermessen durch ständige Verwaltungspraxis selbstzugunsten einer Anschlussför<strong>der</strong>ung auf Null reduziert hat. Es besteht damit einAnspruch auf Gewährung einer Anschlussför<strong>der</strong>ung gem. Art. 3 Abs. 1 GG i.V.m.<strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996.115BVerwG, NVwZ 1998, S. 273 (275).


52V. Anspruch aus Art. 14 GGSchließlich könnte ein Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung zugunsten <strong>der</strong> SISTRAVerwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr. KG auch direkt ausArt. 14 GG folgen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Nicht-Gewährung <strong>der</strong>Anschlussför<strong>der</strong>ung als Eingriff in das Eigentumsgrundrecht erweist, <strong>der</strong> nichtverfassungsrechtlich gerechtfertigt ist.1. SchutzbereichSchutzgegenstand <strong>der</strong> Grundrechtsgewährleistung des Art. 14 GG ist das Eigentum.Dieser Schutzgegenstand unterscheidet sich von den Schutzgegenständenvieler an<strong>der</strong>er grundrechtlicher Abwehrrechte grundlegend dadurch, dass er normativgeprägt ist. 116 Das Eigentum setzt eine bestehende Rechtsordnung voraus,ohne die es nicht gedacht werden könnte. Aus diesem Grund weist Art. 14 Abs. 1S. 2 GG dem Gesetzgeber auch die Aufgabe <strong>der</strong> Inhaltsbest<strong>im</strong>mung des Eigentumszu. Der Schutzbereich des Art. 14 GG ergibt sich somit aus einem Zusammenspielvon verfassungsrechtlicher Gewährleistung und einfach-gesetzlicherAusgestaltung, die ihrerseits mit Art. 14 Abs. 2 GG einem verfassungsrechtlichenMaßstab unterworfen wird.Aufgrund dieser Beson<strong>der</strong>heiten erweist sich eine abstrakte Definition des Schutzgegenstandesdes Art. 14 GG als schwierig. Zusammenfassend lässt sich aber dennochfesthalten, dass dieser Verfassungsbegriff „alle vermögenswerten Rechteschützt, die dem Berechtigten in <strong>der</strong> Weise zugeordnet sind, dass er die damit verbundenenBefugnisse nach eigenverantwortlicher Entscheidung zu seinem privatenNutzen ausüben darf.“ 117 Entscheidend und schutzbereichsbest<strong>im</strong>mend sindsomit die Verfügungsbefugnis und die Privatnützigkeit einer vermögenswertenRechtsposition. 118Im vorliegenden Fall stellen zunächst das Eigentum an dem von <strong>der</strong> Verwaltungsgesellschafteingebrachten Grundstück, auf dem das Gebäude <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbauerrichtet wurde, sowie das Gebäude selbst vermögenswerte, hier sogar116Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 21.117Vgl. bspw. BVerfGE 83, 201 (208).118Vgl. dazu die Ausführungen von Glos, Der Schutz obligatorischer Rechte durch die Eigentumsgarantie– Ein Beitrag zur Geschichte und dogmatischen Struktur des Eigentumsgrundrechts,S. 96 ff.


53dingliche Rechte dar, die von Art. 14 GG geschützt sind. Der Schutzbereich desArt. 14 GG ist insofern zunächst eröffnet.Darüber hinaus könnten gegebenenfalls auch die Subventionen selbst bzw. <strong>der</strong>Anspruch auf sie dem Eigentumsgrundrecht unterfallen. Dabei ist allerdings zubeachten, dass öffentlich-rechtliche Vermögenspositionen grundsätzlich nicht inden Schutz <strong>der</strong> Eigentumsfreiheit fallen. 119 Eine Ausnahme von diesem Grundsatzgilt lediglich dann, wenn das subjektive öffentliche Recht dem Einzelnen eineRechtsposition verschafft, die <strong>der</strong>jenigen des Eigentümers entspricht. 120 Das istinsbeson<strong>der</strong>e dann <strong>der</strong> Fall, wenn das Recht nach Art eines Ausschließlichkeitsrechtseinem Einzelnen zugeordnet ist 121 und – über die allgemeinen Eigentumsmerkmalehinausgehend – die Position wesentlich durch eigene Leistungen erworbenwurde. 122Erst noch zu zahlende Subventionen unterfallen diesem Eigentumsbegriff grundsätzlichnicht. 123 Denn ihre Bewilligung hat in erster Linie sozial- und/o<strong>der</strong> wirtschaftspolitischeGründe. Sie sollen hingegen nicht die Funktion erfüllen, demeinzelnen Subventionsempfänger dauerhaft eigentumsgleich zugewiesen zu sein,um so sein Vermögen zu mehren. Zwar kann auch eine Subvention mit einer eigenenLeistung korrespondieren. Doch auch notwendigerweise erbrachte Vorleistungenmachen Subventionen nicht – per se – zu einem Äquivalent eigener Leistung124 und än<strong>der</strong>n auch nichts an <strong>der</strong> grundsätzlich fehlenden eigentumsähnlichenZuweisung. Die künftige Subvention stellt sich daher regelmäßig lediglich als Erwerbschancedar und fällt daher nicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG.Fraglich ist allerdings, ob dieser Gedanke auch auf den Fortfall <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungangewendet werden kann, denn letztlich handelt es sich um eine (auch finanzielle)Gemeinschaftsverantwortung von Staat und Investoren für die Aufgabedes sozialen Wohnungsbaus, bei <strong>der</strong> – <strong>im</strong> vorliegenden Fall – die Klägerin <strong>im</strong>119BVerfGE 1, 264 (278 f.); 2, 380 (399); 4, 219 (239 ff.).120BVerfGE 40, 65 (83); 53, 257 (289); 69, 272 (299 ff.); 72, 175 (193); 78, 249 (277); grundlegendDürig, in: FS Apelt, S. 13 (24 ff.).121BVerfGE 69, 272 (300); 72, 175 (195).122BVerfGE 18, 392 (397); 24, 220 (225 f.); 48, 403 (413); 53, 257 (289 ff.); Papier, in:Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 129; Leisner, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), HdbStR VI,§ 149 Rn. 119.123BVerfGE 11, 64 (70); 19, 354 (370); 80, 124 (137); 88, 384 (401 ff.); Weber, AöR 91 (1966),S. 382 (398 ff.); Schmidt-Bleibtreu, BB 1978, S. 1254 (1255); Nicolaysen, FS Schack, 1966,S. 107 (118 f.).124BVerfGE 48, 403 (412 ff.) für die Vorleistung von Bausparern.


54Zeitpunkt <strong>der</strong> Entscheidung über die Gewährung <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung alle wesentlichenVorleistungen bereits erbracht hat. Dies gilt umso mehr, als die Klägerinihren Subventionsanspruch mit sehr weitreichenden Einbußen ihrer Dispositionsfreiheitüber ihr Eigentum erkauft hat (s.u. d).Dies mag an dieser Stelle jedoch noch dahinstehen, weil auf jeden Fall <strong>der</strong> Schutzbereich<strong>der</strong> Eigentumsfreiheit für das Grundstück und das darauf errichtete Gebäudeeröffnet ist.2. Eigentumsrelevante Maßnahme / EingriffFraglich ist, ob in Bezug auf diese von Art. 14 GG geschützten Positionen ein Eingriffbzw. eine eigentumsrelevante Maßnahme gegenüber <strong>der</strong> Klägerin vorliegt.Dabei sind einerseits die übermäßig starken Bindungen des Zuwendungsempfängers<strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau (b), an<strong>der</strong>erseits die <strong>Versagung</strong> <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung(c) und schließlich die Kombination bei<strong>der</strong> Maßnahmen (d) zu bedenken.a) Eingriffssystematik des Art. 14 GGAufgrund <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en Normgeprägtheit des Schutzbereichs von Art. 14 GGunterscheidet sich die Dogmatik seiner Einschränkungen deutlich von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>erGrundrechte. Der Grundgesetzgeber selbst gibt diese abweichende Betrachtungvor, indem er innerhalb <strong>der</strong> Norm ausdrücklich zwischen Inhalts- und Schrankenbest<strong>im</strong>mungeni.S.d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG auf <strong>der</strong> einen Seite und Enteignungennach Art. 14 Abs. 3 GG auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite differenziert. Außerhalb dieser Terminologieist eine Beeinträchtigung von Art. 14 GG (nur) noch durch Realakte alsrein faktische Beeinträchtigung möglich. 125Um zu prüfen, ob sich die Nichtgewährung <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung als Verletzungdes Eigentumsgrundrechts darstellt, muss sich diese daher zunächst in die fürArt. 14 GG geltende Dogmatik eigentumsrelevanter Maßnahmen einordnen lassen.125Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 77; Wendt, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 52.


55b) Bindungen <strong>im</strong> Rahmen des sozialen WohnungsbausUnter diesem Aspekt sollen zunächst die umfangreichen Bindungen <strong>im</strong> Rahmendes sozialen Wohnungsbaus untersucht werden.aa) Umfangreiche SozialbindungDadurch, dass die SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr.KG ihr Grundstück <strong>im</strong> Rahmen des Wohnungsbauför<strong>der</strong>programms 1986 mit einemdem sozialen Wohnungsbau dienenden Gebäude bebaut hat, unterlag sie denRegelungen des II. WoBauG, des WoBindG und <strong>der</strong> Zweiten Berechungsverordnung(II. BV). Durch dieses Regelungsgerüst wurde den Eigentümern <strong>der</strong> geför<strong>der</strong>tenWohnungen die Bewirtschaftung mit weitestreichenden Regelungen desStaates vorgegeben. Lage, Ausstattung und Baukosten wurden durch die Senatsverwaltungzunächst intern durch Verwaltungsrichtlinien best<strong>im</strong>mt und dann <strong>im</strong>Rahmen des För<strong>der</strong>ungsprojektes dem Eigentümer des Grundstücks vorgegeben.Darüber hinaus galten die Wohnungen durch Annahme <strong>der</strong> Wohnungsbauför<strong>der</strong>ungals „öffentlich geför<strong>der</strong>t“. Dies hatte zusätzliche umfangreiche Sozialbindungenzur Folge, namentlich eine Belegungsbindung sowie eine Mietpreisbindung.Die von Art. 14 GG grundsätzlich umfasste Befugnis, nach Belieben mit seinemEigentum zu verfahren, 126 wurde hier also von vorneherein durch Annahme <strong>der</strong>För<strong>der</strong>ung in kostenintensiver Form eingeschränkt und gleichzeitig durch die Gewährung<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung finanziell ausgeglichen. Diese Einschränkungen könntensich hier entwe<strong>der</strong> als (Teil- )Enteignung o<strong>der</strong> als Inhalts- und Schrankenbest<strong>im</strong>mungdes Eigentums darstellen. Für beide Maßnahmen ist auch anerkannt, dasssie eine Entschädigung, d.h. einen finanziellen Ausgleich, entwe<strong>der</strong> generell o<strong>der</strong>zumindest <strong>im</strong> Einzelfall nach sich ziehen müssen. Das folgt für die Enteignung direktaus Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG. Für Inhalts- und Schrankenbest<strong>im</strong>mungen folgtdies letztlich aus dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Verhältnismäßigkeitsprinzip:Unter Umständen stellt sich eine beson<strong>der</strong>s eingriffsintensive Inhalts- undSchrankenbest<strong>im</strong>mung eben nur dann als verhältnismäßig und damit als verfassungsgemäßdar, wenn sie eine Entschädigungsregelung vorsieht. 127126BVerfGE, 31, 229 (240); 42, 263 (294); 50, 290 (339), st. Rspr.; Wendt, in: Sachs (Hrsg.), GG,Art. 14 Rn. 2, 41.127BVerfGE 85, 37 (149 f.); 79, 174 (192); 83, 201 (212 f.); 100, 226 (244); vgl. aus <strong>der</strong> LiteraturBreuer, NuR 1996, S. 537 ff.; Detterbeck, DÖV 1994, S. 273 ff.; Ossenbühl, Staatshaftungsrecht,


56bb) Vorrang des Pr<strong>im</strong>ärrechtsschutzesDies heißt jedoch nicht, dass bei Verletzung dieser Maßgaben, d.h. bei Enteignungo<strong>der</strong> Festlegung einer ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbest<strong>im</strong>mungohne Gewährung einer Entschädigung, <strong>der</strong> vorenthaltene Anspruch auf finanziellenAusgleich unmittelbar aus Art. 14 GG hergeleitet und eingefor<strong>der</strong>t werdenkann. Im Gegenteil. Liegt eine solche Maßnahme vor, die trotz Entschädigungspflichtkeinen finanziellen Ausgleich vorsieht, so ist sie entwe<strong>der</strong> wegen Verstoßesgegen Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG o<strong>der</strong> wegen Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzipverfassungswidrig. Dies heißt, dass sich <strong>der</strong> Betroffene dann,wenn er diesen Rechtsverstoß rügen will, gegen die ursprüngliche Maßnahmewehren und diese vor Gericht angreifen muss. Das geschieht in <strong>der</strong> Regel auf demVerwaltungsrechtsweg. Lässt er allerdings die beanstandete Maßnahme unanfechtbarwerden, kann er eine Entschädigung nach Art. 14 Abs. 1 S. 2 bzw. nach Art.14 Abs. 3 S. 2 GG nicht mehr einfor<strong>der</strong>n. 128 Es gilt insofern ein Vorrang des Pr<strong>im</strong>ärrechtsschutzes.Ein nachträgliches Heilen <strong>der</strong> rechtswidrigen Eigentumsbeeinträchtigungdurch Gewährung einer Entschädigung ist grundsätzlich nicht möglich.Selbst wenn daher die mit <strong>der</strong> Aufnahme in das Wohnungsbauprogramm verbundenenumfangreichen Sozialbindungen des Grundstücks sowie des danach darauferrichteten Gebäudes eine (Teil-) Enteignung o<strong>der</strong> eine ausgleichspflichtige Inhalts-und Schrankenbest<strong>im</strong>mung 129 darstellen würden, so hätte sich die Verwertungsgesellschaftalso bei Auferlegung <strong>der</strong> Bindung ohne ausreichende finanzielleKompensation gegen diese Maßnahme wenden und bereits damals den ursprünglichenSubventionsbescheid, mit dem nur eine 15-jährigen För<strong>der</strong>ung bewilligt wurde,angreifen müssen. Das nachträgliche Einfor<strong>der</strong>n einer Entschädigung zum jetzigenZeitpunkt ist hingegen nicht mehr möglich. Bezogen auf die umfangreichenBindungen <strong>im</strong> Rahmen des sozialen Wohnungsbaus als solcher kann somit keinAnspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung aus Art. 14 GG hergeleitet werden. Etwas ande-S. 181 ff. m.w.N. Kritisch Papier, in: Maunz/Dürig (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 343 ff.128BVerfGE 58, 300 (324); Sellmann, NVwZ 2003, S. 1417 (1422); Badura, Staatsrecht, Abschn.D Rn. 66; Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 114.129Bzw. eine Inhalts- und Schrankenbest<strong>im</strong>mung, die zu einem höheren Betrag als <strong>der</strong> Grundför<strong>der</strong>ungausgleichspflichtig gewesen wäre.


57res mag gelten, wenn man diese inhaltlichen Beschränkungen unter dem Aspekt<strong>der</strong> <strong>Versagung</strong> <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung betrachtet (s.u. d).c) Unterlassen <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung als solcheWenn somit die umfangreiche Sozialbindung ab dem Jahr 1986 als solche ausscheidet,um einen unmittelbaren Anspruch auf För<strong>der</strong>ung aus Art. 14 GG herzuleiten,so kommt schließlich noch das Unterlassen bzw. Ablehnen <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungaus dem Jahr 2003 als solche als eigentumsrelevante Maßnahme in Betracht,aus <strong>der</strong> ein solcher Anspruch abgeleitet werden könnte. Da es sich hierbeiwe<strong>der</strong> um eine Enteignung noch um eine Inhalts- und Schrankenbest<strong>im</strong>mung handelt,könnte darin lediglich ein sonstiger, faktischer Eingriff in Art. 14 GG zu sehensein.Dabei ist anerkannt, dass grundsätzlich auch ein Unterlassen einen Grundrechtseingriffdarstellen kann, wenn es sich nämlich ausnahmsweise als ein in denRechtskreis des Betroffenen eingreifendes Handeln qualifizieren lässt. 130 Dies ist<strong>der</strong> Fall, wenn das Unterlassen die Verletzung einer Handlungspflicht darstellt. 131Es kann jedoch nicht jede beliebige Pflicht genügen, um <strong>im</strong> Falle des Unterlassenspflichtgemäßen Verhaltens einen Eingriff in Art. 14 GG darzustellen. Würde nämlichje<strong>der</strong> Verstoß gegen irgendeine eigentumsbezogene Rechtspflicht <strong>der</strong> öffentlichenHand genügen, um dieses Unterlassen als Eingriff in Art. 14 GG qualifizierenzu können, würde <strong>im</strong> Ergebnis die Tatsache umgangen, dass öffentlich-rechtlichevermögenswerte Positionen <strong>im</strong> Grundsatz gerade nicht vom Eigentumsbegriffdes Art. 14 GG geschützt sind. Denn über eine solche Konstruktion des Eingriffsdurch Unterlassen würde sonst <strong>im</strong> Falle jedes Versagens eines bestehenden öffentlich-rechtlichenvermögenswerten Anspruchs ein Eingriff in Art. 14 GG vorliegen.Im Ergebnis würden so auch die nicht von <strong>der</strong> Eigentumsfreiheit erfassten öffentlich-rechtlichenvermögenswerten Positionen faktisch den Schutz des Art. 14 GGgenießen.Doch nicht nur in Bezug auf subjektive öffentliche Rechte würde diese Ansicht zuweitreichenden Konsequenzen führen. Eine solche Konstruktion würde sogar noch130Vgl. etwa Wieland, in: Dreier (Hrsg.), GG, Art. 14 Rn. 138.131Vgl. dazu grundlegend Lübbe-Wolff, Die Grundrechte als Eingriffsabwehrrechte, S. 223 ff.


58weiter gehen. Selbst die Positionen, die nicht <strong>im</strong> Sinne eines subjektiven öffentlichenRechts zugewiesen sind, son<strong>der</strong>n denen nur eine objektive Verpflichtung desStaates korrespondiert, würden so über den Umweg <strong>der</strong> Konstruktion des Eingriffsdurch Unterlassen in den Schutzbereich des Art. 14 GG mit einbezogen.Dies ist jedoch mit <strong>der</strong> Dogmatik des Art. 14 GG nicht zu vereinbaren. Wenn einUnterlassen als Eingriff in Art. 14 GG qualifiziert werden soll, dann muss durchdieses Unterlassen nicht nur eine durch die Eigentumsfreiheit schutzfähige Positionentzogen o<strong>der</strong> ihre Nutzung, Verfügung o<strong>der</strong> Verwertung beschränkt werden. 132Vielmehr muss die Rechtspflicht, die durch das Unterlassen verletzt wird, auchmit einem von Art. 14 GG umfassten Recht o<strong>der</strong> Anspruch korrespondieren. 133Dies ist für den vorliegenden Fall für die Frage <strong>der</strong> Weiterför<strong>der</strong>ung allein abergerade nicht gegeben. Denn selbst wenn man eine objektive Pflicht zur Anschlussför<strong>der</strong>ungdes Objektes in <strong>der</strong> Silbersteinstr. 5-7 – etwa aus dem II. WoBauG o<strong>der</strong>aus Art. 20 Abs. 3 GG – ableiten wollte, bliebe es bei <strong>der</strong> oben (V.1) dargelegtenFeststellung, dass ein bestehen<strong>der</strong> Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung – für sich genommen– nicht dem Schutzbereich des Art. 14 GG unterfällt. Wenn <strong>der</strong> Anspruchnicht in den Schutzbereich des Art. 14 GG fällt, kann aber auch eine Verletzung<strong>der</strong> damit korrespondierenden Pflicht zur Gewährung <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungkeinen Eingriff in Art. 14 GG darstellen. 134 Das bloße Einstellen <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungper se kann selbst <strong>im</strong> Falle <strong>der</strong> Pflichtwidrigkeit keinen Anspruchauf Anschlussför<strong>der</strong>ung aus Art. 14 GG auslösen.132So die Definition des Eingriffs in Art. 14 GG bei Manssen, Staatsrecht II, Rn. 712.133So wurde etwa ein Eingriff durch Unterlassen angenommen in Fällen, in denen trotz Vorliegen<strong>der</strong> Genehmigungsvoraussetzungen eine Baugenehmigung o<strong>der</strong> eine gewerberechtliche Erlaubnisförmlich versagt o<strong>der</strong> faktisch vorenthalten wurden, da hier in die Baufreiheit bzw. in den eingerichtetenund ausgeübten Gewerbebetrieb als von Art. 14 GG umfasste Positionen eingegriffenwurde, vgl. BGHZ 102, 350 (364). Vgl. dazu auch Kloepfer, Grundrechte als Entstehenssicherungund Bestandsschutz, S. 49.134Hey, StuW 1998, S. 298 (312) will hingegen grundsätzlich ein Einstellen von Subventionen alsEingriff in Art. 14 GG zulassen, ohne dies jedoch in die Eingriffssystematik des Art. 14 GG einzupassen.Jedoch beschränkt sie die Möglichkeit eines Eingriffes auf solche Fälle, in denen <strong>der</strong> Subventionsempfängerschlechter dasteht, als wenn die Subvention nie gewährt worden wäre und siehtkeinen Eingriff, wenn eine Ertragsfähigkeit überhaupt erst durch die Subvention erlangt worden ist.Da hier von vorne herein ohne För<strong>der</strong>ung keine Rentabilität <strong>der</strong> Wohnungen gegeben gewesenwäre, liegt somit auch nach dieser Ansicht kein Eingriff vor.


59d) Fehlende Anschlussför<strong>der</strong>ung bei gleichzeitiger EigentumsbeschränkungAllerdings liegt für die hier erörterte Fallkonstellation das eigentliche Problem in<strong>der</strong> Kombination <strong>der</strong> umfangreichen Sozialbindung mit dem Fortfall <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung,d.h. genauer: in <strong>der</strong> Ungleichzeitigkeit von gemeinwohlbezogener,sehr stark begrenzen<strong>der</strong> Eigentumsbindung einerseits und <strong>der</strong> Freistellung <strong>der</strong>öffentlichen Hand von <strong>der</strong> Lastenteilhabe (durch Verweigerung <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung)an<strong>der</strong>erseits. Die öffentliche Hand partizipiert ab 01.01.2003 noch an denVorteilen sozialstaatlicher Wohnungsbereitstellung in Zeiten <strong>der</strong> Wohnungsnot,d.h. an dem Wohnungsbau des Jahres 1986, ohne sich weiter an den einschlägigenLasten zu beteiligen. Das gerechtigkeitsherstellende Synallagma zwischen privatenInvestoren-, Bau- und Betriebsleistungen auf <strong>der</strong> einen Seite und <strong>der</strong> staatlichenFinanzierungslast auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite ist zerstört.Dieses Synallagma hat in den ersten fünfzehn Jahren bestanden, weshalb für dieKlägerin von daher auch kein Grund bestand, die rigiden Eigentumsbeschränkungenfür die Bauherren <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau anzufechten, was ihr aber nunzum Nachteil er fehlenden Entschädigung gereicht (s.o. I.2.b.bb). Die Klägerin istso ab 01.01.2003 in eine unzumutbare Opferlage geraten: Ihr Eigentum an <strong>der</strong>Wohnungsanlage ist nun weitgehend ein nudum ius, woran auch die Aussetzung<strong>der</strong> Belegungs- und Mietpreisbindung nichts Entscheidendes än<strong>der</strong>t. In <strong>der</strong> Phasedes zerstörten Synallagmas ist das Eigentum <strong>der</strong> Klägerin erkennbar nicht mehrhinreichend privatnützig. Auch wenn die Belegungsbindung inzwischen (befristet)aufgehoben ist, bleibt die konzeptionelle (und architektonische) Ausrichtung desWohnraums auf den öffentlichen Zweck des sozialen Wohnungsbaus erhalten,ohne dass die öffentliche Hand ihrer Kostenverantwortung hierfür langer nachzukommenbereit ist. Schon in absehbarer Zeit wird die Klägerin nicht ein mal mehr<strong>im</strong> formalen Sinne Eigentümerin ihre Grundstücks bleiben, wenn die Klägerindurch die <strong>Versagung</strong> <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung in die Insolvenz getrieben wird (wasdann zugleich die Bindungen des sozialen Wohnungsbaus zerstören wird).Dieser Entwicklung – fehlendes Synallagma, fehlende Privatnützigkeit, drohen<strong>der</strong>Eigentumsverlust – kann <strong>der</strong> Staat nur durch eine (angepasste) Anschlussförde-


60rung entgegenwirken. Insoweit ist aus Art. 14 GG ein verfassungsstarker Anspruchauf Weiterför<strong>der</strong>ung ableitbar.e) ZwischenergebnisEin Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung lässt sich aus dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> belastendenKombination von Sozialbindung und fehlen<strong>der</strong> Weitergewährung von För<strong>der</strong>mittelnaus <strong>der</strong> Eigentumsfreiheit des Art. 14 GG herleiten.VI. Hilfserwägung: Pflicht zum schonenden ÜbergangNach den obigen Ausführungen (III, IV, V) besteht ein Anspruch aus Zusicherung,aus Art. 3 GG und aus Art. 14 GG.Soweit man dem nicht folgen will und eine Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung bereitsmit Wirkung vom 01.01.2003 grundsätzlich für zulässig halten sollte, hättendie Behörden gleichwohl rechtswidrig gehandelt, weil sie die Gebote <strong>der</strong> Übergangsgerechtigkeit135 verletzt hätten, einen schonenden Übergang zu schaffen. DiePflicht, bei bedeutenden Än<strong>der</strong>ungen des Rechts o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verwaltungspraxis dasGebot <strong>der</strong> Übergangsgerechtigkeit zu befolgen, ergibt sich unmittelbar aus demRechtsstaatsprinzip, das den Staat bei Kursän<strong>der</strong>ungen zu einem behutsamen Umgangmit den beteiligten Rechtspositionen <strong>der</strong> Bürger verpflichtet. Dies folgt ausdem Übermaßverbot, das die mit Rechtsän<strong>der</strong>ungen etc. verbundenen belastendenKontinuitätsbrücke mäßigt und sie an den Geboten <strong>der</strong> Geeignetheit, (Geringst-)Erfor<strong>der</strong>lichkeit und Proportionalität misst. 136Zweifel können hier bereits an <strong>der</strong> Geeignetheit aufkommen, weil das Ziel –Dämpfung <strong>der</strong> Bautätigkeit <strong>im</strong> sozialen Wohnungsbau als Reaktion auf die Entspannungauf dem Wohnungsmarkt – für bereits errichtete Sozialwohnungen erkennbarnicht mehr erreicht werden kann. Vor allem ergeben sich aber schwereZweifel an <strong>der</strong> Geringsterfor<strong>der</strong>lichkeit bzw. an <strong>der</strong> Proportionalität des völligenFortfalls <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung. Wäre es nicht weitaus angemessener und maßvollergewesen, die För<strong>der</strong>ung angemessen zu reduzieren, als sie ganz zu strei-135Sie dazu und zum Folgenden Kloepfer, DÖV 1978, S. 225 ff. Zur Übergangsgerechtigkeit vgl.auch BVerfGE 105, 17 (45); Maurer, Staatsrecht, § 17 Rn. 124.136Vgl. für die Gesetzgebung Maurer, Staatsrecht, § 17 Rn. 124.


61chen? Dies hätte sich umso mehr angeboten, als nach Auffassung <strong>der</strong> Sachverständigenkommissionbei bloßen Reduzierungen <strong>der</strong> Einspareffekt für das (auch bürgendeLand) erheblich größer gewesen wäre als bei einer völligen För<strong>der</strong>ungseinstellung.137Erwägungen zur Alternative des Redzierens statt des völligen Streichens <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ungfehlen <strong>im</strong> Bescheid vom 01.04.2002, weshalb zweifelhaft ist, ob die Verwaltunginsoweit von ihrem Ermessen hinreichend Gebrauch gemacht hat. DasNichtbeachten und das Nichterwägen eines bloßen Reduzierens wäre dann ein Ermessensfehler,<strong>der</strong> den Ablehnungsbescheid rechtswidrig machen würde. Da dieVerwaltung insoweit für die Unklarheit ihres Handelns und dessen Begründungeinzustehen hat, ist insoweit vom Vorliegen eines Ermessensfehlers auszugehen.Zwar hat <strong>der</strong> Senat von Berlin <strong>im</strong> Übrigen die Folgen <strong>der</strong> rückwirkenden Einstellung<strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung durch eine Hilfe für Sozialmieter (Mietausgleich,Umzugskostenbeihilfe) bzw. den vorläufigen Verzicht auf die Belegungsbindungdie Folgen <strong>der</strong> rückwirkenden Kursän<strong>der</strong>ung etwas abzumil<strong>der</strong>n gesucht. Diesreicht erkennbar nicht aus, wie die drohende Insolvenz <strong>der</strong> betroffenen Wohnungsunternehmenzeigt.Die <strong>Berliner</strong> Verwaltung hat somit versäumt, einen hinreichend schonenden Übergangbei Abbruch <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung zu schaffen. Sie hat vielmehr übermäßigund insbeson<strong>der</strong>e nicht erfor<strong>der</strong>liche und disproportionale belastende Kontinuitätsbrüchevorgenommen. Diese Verletzungen <strong>der</strong> Gebote <strong>der</strong> Übergangsgerechtigkeitführen – in <strong>der</strong> Hilfserwägung – allein schon zur Rechtswidrigkeit desBescheides vom 01.04.2002. Die Gerichte können <strong>im</strong> Verwaltungsprozess allerdingskeine eigene Übergangsregelung schaffen, son<strong>der</strong>n müssen die Verwaltungsbehördeanweisen, erneut unter Berücksichtung des Gebots <strong>der</strong> Übergangsgerechtigkeitzu bescheiden.VII. GesamtergebnisDie SISTRA Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. Silbersteinstr. KG hat sowohlaus § 38 VwVfG i.V.m. dem Bescheid vom 09.02.1987 wie aus Art. 3 Abs. 1 GG137Expertenkommission zur Anschlussför<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> öffentlich geför<strong>der</strong>ten Wohnungsbau <strong>im</strong> LandBerlin, Endbericht, 27.01.2003, S. 58.


62i.V.m. <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996 und schließlich auch aus Art. 14 GG einenAnspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung für ihr <strong>im</strong> Rahmen des Wohnungsbausprogramms1986 errichtetes Objekt in <strong>der</strong> Silbersteinstr. 5-7. Aus dem II. WoBauG,dem Bescheid vom 09.02.1987 selbst lassen sich hingegen keine einschlägigenAnsprüche ableiten. Im Übrigen ist <strong>der</strong> Ablehnungsbescheid vom 01.04.2003 aufjeden Fall rechtswidrig, weil er das Gebot des schonenden Übergangs verletzt.


63D. ZusammenfassungDas vorstehende Gutachten kommt zu folgenden Ergebnissen:1. Aus §§ 46, 33 II WoBauG lässt sich schon deshalb kein Anspruch <strong>der</strong> Klägerinauf Anschlussför<strong>der</strong>ung ableiten, weil das Gesetz zum 01.01.2002 aufgehobenworden ist.2. Ein Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung aus dem Ursprungsbescheid vom09.02.1997 besteht nicht, da dem Verwaltungsakt ein diesbezüglicher Regelungsgehaltnicht zu entnehmen ist.3. a) Durch gesetzeskonforme Auslegung ist dem Bescheid jedoch eine Zusicherungüber die Gewährung von Anschlussför<strong>der</strong>ung zu entnehmen, so dass sichein Anspruch aus § 38 VwVfG, § 1 Abs. 1 S. 1 VwVfG Bln. i.V.m. dem Bescheidvom 09.02.1987 ergibt.b) Diese Zusicherung genügt dem Schriftformerfor<strong>der</strong>nis des § 38 Abs. 1VwVfG und bezieht sich auf einen best<strong>im</strong>mten Verwaltungsakt. Sie ist daherwirksam abgegeben worden.c) Es liegt – hinsichtlich <strong>der</strong> Pflicht zur Weiterför<strong>der</strong>ung – auch keine maßgeblicheÄn<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Sach- und Rechtslage vor, welche die Bindungswirkunggem. § 38 Abs. 3 VwVfG entfallen lassen hätte.4. a) Darüber hinaus besteht ein Anspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung aus Art. 3Abs. 1 GG i.V.m. <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung RL 1996. Dass diese zum Zeitpunkt<strong>der</strong> Bescheidung des Antrags auf För<strong>der</strong>ung bereits aufgehoben war, än<strong>der</strong>t andem Anspruch nichts, da es eine gefestigte Verwaltungspraxis gab, die <strong>der</strong>Richtlinie entsprach.b) Diese hat in Bezug auf die Antragstellerin zum einen deswegen nicht geän<strong>der</strong>twerden dürfen, weil ein hinreichend gewichtiger sachlicher Grund für dieEinstellung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>praxis <strong>im</strong> Vergleich zu den Antragstellern des gleichenWohnungsbauför<strong>der</strong>jahres, die noch eine Anschlussför<strong>der</strong>ung erhalten haben,nicht bestand.c) Insbeson<strong>der</strong>e liegt hier auch keine zulässige Stichtagsregelung vor.


64d) Darüber hinaus die Grenzen einer belastenden unechten Rückwirkung sowieindividuelle Aspekte des Vertrauensschutzes aus Art. 20 Abs. 3 GG einerÄn<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verwaltungspraxis in Bezug auf die Antragstellerin entgegen.5. a) Ein Anspruch aus Art. 14 GG auf Anschlussför<strong>der</strong>ung bzw. entsprechendhohe Entschädigung besteht zwar nicht in Hinblick auf eine etwaige ausgleichspflichtigeInhalts- und Schrankenbest<strong>im</strong>mung o<strong>der</strong> eine etwaige Enteignunggeltend gemacht werden, da insofern <strong>der</strong> Vorrang des Pr<strong>im</strong>ärrechtsschutzesdas nachträgliche Einfor<strong>der</strong>n einer Entschädigung versperrt.b) Es kann auch kein Anspruch aus einem Eingriff in Art. 14 GG durch Unterlassen<strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung als solcher hergeleitet werden, da für einen solchen Eingriffdurch Unterlassen eine Handlungspflicht des Staates gegeben sein müsste,die mit einem durch Art. 14 GG geschützten subjektiven öffentlichen Rechtkorrespondiert. Da ein Anspruch auf künftige Subventionen allerdings nichtdem Eigentumsbegriff des Art. 14 GG unterfällt, mangelt es hier an einer solchenqualifizierten Handlungspflicht.c) Allerdings ergibt sich aus <strong>der</strong> Belastungskumulation von Eigentumsbeschränkungenund <strong>der</strong> <strong>Versagung</strong> weiterer Finanzhilfen ein aus Art. 14 GG ableitbarerAnspruch auf Anschlussför<strong>der</strong>ung. Denn ohne eine solche Weiterför<strong>der</strong>ungwürde das Synallagma von Eigentumsbeschränkung <strong>im</strong> öffentlichenInteresse und fehlen<strong>der</strong> Finanzhilfe <strong>der</strong> öffentlichen Hand zerstört. Auf dieseWeise wird die Privatnützigkeit des Eigentums <strong>der</strong> Klägerin weitgehend aufgehobenund die Klägerin letztlich zur Aufgabe ihres Eigentums <strong>im</strong> Insolvenzverfahrengezwungen.6. a) Die Verwaltung hat mit <strong>der</strong> rückwirkenden Aufhebung <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ungdas Gebot <strong>der</strong> Übergangsgerechtigkeit verletzt.b) Sie hat insbeson<strong>der</strong>e keine hinreichend schonenden Übergangsregelungenvorgesehen. Dies hätte z.B. durch degressive Reduzierungen <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>unggeschehen können.c) Der abrupte Abbruch <strong>der</strong> Anschlussför<strong>der</strong>ung führt zur Rechtswidrigkeitdes Ablehnungsbescheids, <strong>der</strong> <strong>im</strong> Übrigen auch nicht erkennen lässt, ob dieVerwaltung die Alternative För<strong>der</strong>ungsreduzierung statt För<strong>der</strong>ungsabbrucherwogen hat.


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