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Ethische Fragen im Bereich Altersgerechter Assistenzsysteme«

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ETHISCHE KIPPPUNKTE UND SPANNUNGSFELDER31auftreten können, die unerwünschte Folgen odergar folgenschwere Fehler produzieren. Eine denkbareLösung wäre es, die Systeme so weiterzuentwickeln,dass von diesen Nutzern keine manipulativeEinflussnahme ausgehen kann (oder muss). Sokönnte ein modular bzw. graduell aufgebautes Assistenzsystemunterschiedlichen Graden von Selbstbest<strong>im</strong>mungentsprechen. Folglich wäre in einemkontinuierlichen Evaluationsprozess zu eruieren, obder Grad der Selbstbest<strong>im</strong>mung des Nutzers nochmit dem Assistenzgrad des Systems korreliert.Verändern sich individuelle undgesellschaftliche Fürsorgestrukturen?Es zeichnet Menschen als moralische Wesen aus,dass sie zur Fürsorge fähig sind. Menschliche Fürsorgegeschieht nicht nur bilateral, sondern kann überNahbeziehungen (Familie, Freunde, Dorfgemeinschaft)hinaus in großräumigen sozialen Einheitenorganisiert werden. Fürsorge ist über die zwischenmenschlicheD<strong>im</strong>ension hinaus ein Merkmal desWohlfahrtsstaates und so auch als Bindemittel derGesellschaft zu verstehen. Ethisch relevant ist nun,ob durch den Einsatz altersgerechter Assistenzsysteme<strong>im</strong> <strong>Bereich</strong> der häuslichen Unterstützung vonälteren Menschen Fürsorge und damit insgesamt diegesellschaftliche Kohäsion verändert werden. Aufder Grundlage unserer Studie lassen sich zumindestHinweise dafür finden, dass durch Assistenzsystemedie Gestalt der Fürsorge verändert und Mitmenschlichkeitdurch Technik ersetzt werden könnte. Dasresultiert jedoch nicht aus der Technik als solcher,sondern aus den falschen Hoffnungen und fehlgeleitetenErwartungen, die mit dem Einsatz der Technikverbunden werden (Manzeschke 2011).Lässt sich Fürsorge an Technik delegieren?Neben der so grundsätzlich gestellten Frage ist diepragmatischere Frage danach zu stellen, wie altersgerechteAssistenzsysteme gestaltet und eingesetztwerden müssen, damit sie das Moment der Fürsorgenicht unterlaufen und korrumpieren. Fürsorge darfnicht durch Rahmenbedingungen eines Sorgesystemsunterlaufen werden, das – in guter Absicht –das sorgende Handeln in die Autonomie und Selbstverantwortungdes Umsorgten (zurück-)geben will– und sei es auch als technische Unterstützung.Es muss darum gehen, die Strukturen des Sorgesystemsso zu gestalten, dass beiden Polen, der Selbstbest<strong>im</strong>mungund der Fürsorge, sensibel Rechnung getragenwird, und so die Fürsorge nicht zur ›fürsorglichenBelagerung‹ wird, und die Selbstbest<strong>im</strong>mungnicht zum Deckmantel einer Ignoranz gegenüberder Not des Bedürftigen.Wie fragil ist das Pflege- bzw. Versorgungssystem?Altersgerechte Assistenzsysteme sollen entlastenbzw. unterstützen. Da sind in erster Linie die bedürftigenälteren Menschen, in zweiter Linie ihreAngehörigen und ihr nachbarschaftliches Umfeld, indritter Linie auch professionell Sorgende. Assistenzsystemekönnen einzelne oder auch alle diese Personengruppenentlasten, aber zugleich auch einzelnePersonen bzw. Personengruppen belasten. Bei derBilanzierung der Be- und Entlastungsmomente wirdman nicht von vornherein festlegen können, werwie entlastet werden soll. In jedem Falle sollte einevorgenommene Abwägung transparent und <strong>im</strong> gegenseitigenEinvernehmen der Beteiligten geschehen.Weiter sollte das sozio-technische Arrangementüber die Zeit hin betrachtet und evaluiert werden, daes kippen und eine einmal erreichte Entlastung <strong>im</strong>zeitlichen Verlauf auch zu einer Belastung werdenkann – und umgekehrt. Diese Veränderung hängteng damit zusammen, was als altersgemäße Einschränkunghingenommen und was demgegenüberals unterstützenswerte bzw. unterstützensnotwendigeEinschränkung betrachtet wird.

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