Das Journal der staatsoperXhannover Nr. 1/2006 - Staatsoper ...
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»Stell dir vor, du wirst in einen dunklen<br />
Schornstein gesteckt, da ist nichts, kein<br />
Licht, nur Mauern, Dreck und Ruß!“<br />
Unglaubliche Geschichten erzählt Barbara<br />
ihrer Freundin Anna: Geschichten von<br />
kleinen Jungs, die als billige Arbeitskraft in<br />
schwarze Kamine klettern mussten, um<br />
dort den Ruß von <strong>der</strong> Wand zu kratzen.<br />
Kaum vorstellbar für zwei Mädchen, die<br />
Kaugummi kauend auf dem Sofa liegen<br />
und mit dem Discman ihren Gedanken<br />
nachhängen. Doch die Erzählung über<br />
diese Schornsteinfegerjungen lässt sie<br />
nicht mehr los. Wie dunkel es in den<br />
Kaminen wohl sein mag? Was, wenn<br />
einer <strong>der</strong> Jungs im Schornstein plötzlich<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche seitenbühne | <strong>Nr</strong>. 1 | Seite 11<br />
feststeckt? Und was, wenn ihm plötzlich<br />
jemand helfen würde? Mit einem Mal<br />
stecken Barbara und Anna mittendrin: in<br />
Zeiten, in denen Kin<strong>der</strong>arbeit auch in<br />
Europa ganz normal war, als Schornstein -<br />
fegerjungen wie <strong>der</strong> kleine Sam in die<br />
Kamine klettern mussten. Die beiden<br />
Mädchen erfinden Geschichten um Sam<br />
und weitere Figuren wie die strenge und<br />
gefürchtete Haushälterin Miss Baggott.<br />
Doch plötzlich steht diese leibhaftig in<br />
Annas Kin<strong>der</strong>zimmer! Und dann tauchen<br />
wirklich Clem und Robert auf, zwei<br />
Schornsteinfegermeister, ebenso schwarz<br />
wie böse, in ihrer Mitte <strong>der</strong> ängstliche<br />
kleine Sam.<br />
Annas Zimmer füllt sich mit Figuren aus<br />
an<strong>der</strong>en Zeiten – und auch mit Tönen und<br />
Gesang. Denn Benjamin Brittens Kin<strong>der</strong> -<br />
stück Der kleine Schornsteinfeger erzählt<br />
nicht nur die Geschichte des kleinen Sam,<br />
son<strong>der</strong>n auch vom Zauber und von <strong>der</strong><br />
Ausdruckskraft <strong>der</strong> Musik. „Oper ist doch<br />
nur etwas für Erwachsene“, behauptet<br />
Anna zu Beginn noch, lässt sich jedoch von<br />
„Babar, <strong>der</strong> kleine Elefant“<br />
und an<strong>der</strong>e Elefantengeschichten<br />
2. Kin<strong>der</strong>konzert mit Heini, dem kleinen Vampir<br />
Musik u.a. von Camille Saint-Saëns, Henry Mancini und François Poulenc<br />
Also,<br />
<strong>der</strong> Kontrabass, das ist doch die<br />
dicke, fette Stehgeige da drüben, o<strong>der</strong>? Ha,<br />
und weil die Stehgeige so dick und fett ist wie ein<br />
Elefant, macht sie auch so gut Elefantenmusik. Ein richtig<br />
tiefes Elefantengebrummel. Aber, passt mal auf: Elefanten<br />
sind nicht nur so dick und trampelig wie alle immer denken!<br />
Die können auch sehr vornehm tanzen. Ganz vorsichtig drehen<br />
sie sich im Kreis, immer auf <strong>der</strong> gleichen Stelle, klar, damit sie mit<br />
ihrem Hintern nichts zerdeppern. Und das hören wir beim nächsten<br />
Kin<strong>der</strong>konzert! Da gibt es sogar einen Walzer für einen<br />
Elefanten. Und natürlich jede Menge tiefe Elefantentöne:<br />
nicht nur von den fetten Kontrabässen, auch von den<br />
langen Ofenrohren, äh den Fagotten, und von<br />
dem supergalaktischen riesigen<br />
Goldtrichter, <strong>der</strong> Tuuuba!<br />
„Oper ist doch nur<br />
etwas für Erwachsene!?“<br />
Zu Benjamin Brittens Kin<strong>der</strong>oper Der kleine Schornsteinfeger<br />
Barbara überzeugen, dass je<strong>der</strong> singen<br />
kann und dass man mit Musik den Aus -<br />
druck eigener Gefühle sogar verstärken<br />
kann. Die beiden Mädchen spielen nicht<br />
nur mit den imaginierten Figuren, die<br />
nach und nach Wirklichkeit werden,<br />
son<strong>der</strong>n ebenso fantasievoll mit Tönen<br />
und Klängen. Die Orchestermusiker sind<br />
dabei in <strong>der</strong> Inszenierung von Bettina<br />
Giese nicht in den Graben verbannt. Sie<br />
sitzen vielmehr auf <strong>der</strong> Bühne, mitten im<br />
Bühnenbild. Und sie greifen sogar ins<br />
Geschehen ein, denn ihre Musik zaubert<br />
die erdachten Figuren herbei. Auch <strong>der</strong><br />
Dirigent spielt mit – und auch das<br />
Publikum ist eingeladen, sich kräftig am<br />
Geschehen zu beteiligen und mitzusingen.<br />
Ein Experiment, ein offenes Spiel mit<br />
Schauspiel und Oper, mit Fantasie und<br />
Wirklichkeit, mit dem Publikum und den<br />
Darstellern auf <strong>der</strong> Bühne.<br />
Dorothea Hartmann<br />
Nächste Vorstellungen am<br />
14., 18., 27.12.<strong>2006</strong>, 4.+22.1., 5.2.2007<br />
2. Kin<strong>der</strong>konzert<br />
Sonntag, 28.1.2007<br />
Dienstag, 30.1.2007 (Schulkonzert)<br />
Sonntag, 4.3.2007, jeweils 11 Uhr<br />
Dirigent Andreas Wolf<br />
Nie<strong>der</strong>sächsisches Staatsorchester<br />
Hannover