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Gottlob Frege - Hochschule Wismar

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die Universität erworben hat. Zu seinen bekannten Verdiensten dürfen wir nun<br />

noch hinzufügen, dass Abbes Stiftung dem bedeutendsten Logiker seit<br />

Aristoteles das Überleben gesichert hat. Dabei darf man getrost einräumen,<br />

dass selbst Abbe den Weg seines Zöglings von der Mathematik in die Logik<br />

und damit in die Philosophie zumindest anfangs nicht nachvollziehen konnte.<br />

In seinen Lehrveranstaltungen vermittelte <strong>Frege</strong> durchaus den üblichen<br />

Stoff für die Ausbildung der Studierenden in Mathematik (und auch Physik).<br />

In seinen Veröffentlichungen ging er aber andere Wege. Hier bemühte er sich<br />

um eine logische Grundlegung der Arithmetik, indem er den Begriff der Zahl<br />

auf den logischen Begriff des Begriffsumfangs (der Klasse) und die<br />

arithmetischen Gesetze auf rein logische Gesetze zurückzuführen und damit<br />

als reine Vernunftwissenschaft zu begründen versuchte. Diesen Ansatz nennt<br />

man Logizismus. In seinem Logizismusprogramm ging <strong>Frege</strong> von<br />

Überlegungen Leibnizens zur Entwicklung einer logisch idealen<br />

Universalsprache aus und entwickelte selbständig und auf sich allein gestellt<br />

die bis heute maßgebliche Gestalt der modernen formalen Logik. Das<br />

Bemühen um präzise Begriffsbildungen und eine philosophische Grundlegung<br />

der Wissenschaften, insbesondere der Mathematik, ließ <strong>Frege</strong> zu einem<br />

Kritiker der philosophischen Strömungen im Ausgang des 19. Jahrhunderts<br />

werden. In Weiterentwicklung der Platonischen und Kantischen Philosophie<br />

widersprach er vor allem dem Empirismus und dem naturwissenschaftlichen<br />

Materialismus seiner Zeit, indem er die Möglichkeit einer von Erfahrung<br />

unabhängigen (apriorischen) Erkenntnis am Beispiel der Mathematik<br />

begründete.<br />

Wie kann es, so werden Philosophen häufig gefragt, überhaupt apriorische<br />

Erkenntnisse geben, Erkenntnisse, zu denen keine Erfahrung notwendig ist?<br />

Hierauf hat <strong>Frege</strong> – in der Tradition des Neukantianismus stehend – eine<br />

bündige Antwort gegeben. Dabei macht er zunächst darauf aufmerksam, dass<br />

die Frage doppeldeutig ist. Worauf erstreckt sich die Rede von der<br />

Notwendigkeit der Erfahrung, auf die Herkunft (Genese) oder auf die<br />

Begründung (Geltung) der Erkenntnis?<br />

Betrachten wir als Beispiel eine arithmetische Gleichung. Es ist nicht<br />

möglich zu erkennen, dass die Summe von 7 und 5 gleich 12 ist, ohne an<br />

Klötzen, Fingern oder Strichen das Zählen gelernt zu haben. Um das Zählen<br />

zu lernen, muss unsere sinnliche Wahrnehmung ausgebildet sein, ohne die wir<br />

zwischen den einzelnen Klötzen, Fingern und Strichen gar nicht unterscheiden<br />

könnten. Genauer gesagt: Ohne Erfahrungen gemacht zu haben, wären wir<br />

nicht in der Lage, arithmetische Gleichungen danach beurteilen zu können, ob<br />

sie gültig sind. Bedeutet dies aber, dass die Gleichungen aus empirischen<br />

Gründen gültig sind (oder nicht gültig sind)? Auf die Frage, warum sie gültig<br />

sind, wäre die Antwort jedenfalls unangemessen, dass wir dies durch<br />

Erfahrung gelernt haben. Dabei ist nicht zu bestreiten, dass wir in solchen

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