Gottlob Frege - Hochschule Wismar
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mathematischen.“ (<strong>Frege</strong> 1967: 280) Anders gesagt: Exaktes Rechnen muss<br />
nicht unbedingt mit einer Genauigkeit in den Begriffen einhergehen.<br />
Den Zusammenhang zwischen dem mathematischen Begriff der Funktion<br />
und dem logischen Begriff des Begriffs stellt <strong>Frege</strong> dadurch her, dass Begriffe<br />
als Funktionen gefasst werden, deren Werte Wahrheitswerte sind. Des<br />
Weiteren werden logische Verknüpfungen zwischen Aussagen (wie ‘und’,<br />
‘oder’, ‘wenn – so’) als Wahrheitswertfunktionen bestimmt, nämlich als<br />
Funktionen, deren Argumente und Werte Wahrheitswerte sind. Schrittweise<br />
nimmt <strong>Frege</strong> so eine Neuordnung sämtlicher logischer Kategorien vor und<br />
führt damit einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Logik herbei.<br />
Wenigstens ein Beispiel sei hier angeführt: Die zusammengesetzte Aussage<br />
‘<strong>Frege</strong> ist ein Mathematiker und <strong>Frege</strong> ist ein Philosoph’ hat die Form ‘p und<br />
q’, wobei ‘p’ für ‘<strong>Frege</strong> ist ein Mathematiker’ und ‘q’ für ‘<strong>Frege</strong> ist ein<br />
Philosoph’ steht. Die logische Darstellung ist ‘p∧q’. Hier markieren ‘p’ und<br />
‘q’ die Argumentstellen der Wahrheitswertfunktion der Konjunktion, der im<br />
Deutschen das satzverknüpfende ‘und’ entspricht. Die Funktion ist durch<br />
folgende Wahrheits(wert)tafel definiert:<br />
p q p∧q<br />
W W W<br />
W F F<br />
F W F<br />
F F F<br />
Danach ist eine ‘und’-Aussage wahr, wenn beide Teilaussagen wahr sind,<br />
und falsch in allen anderen Fällen.<br />
Die Sprache der Logik ist eine künstliche Idealsprache, die die natürliche<br />
Alltagssprache weder ersetzen kann noch soll. <strong>Frege</strong> selbst macht dies<br />
deutlich, indem er das Verhältnis seiner Begriffsschrift zur, wie er sagt,<br />
„Sprache des Lebens“ mit dem Verhältnis des Mikroskops zum Auge<br />
vergleicht:<br />
„Das Letztere [das Auge, G. G.] hat durch den Umfang seiner<br />
Anwendbarkeit, durch die Beweglichkeit, mit der es sich den verschiedensten<br />
Umständen anzuschmiegen weiß, eine große Überlegenheit vor dem<br />
Mikroskop. Als optischer Apparat betrachtet, zeigt es freilich viele<br />
Unvollkommenheiten, die nur in Folge seiner innigen Verbindung mit dem<br />
geistigen Leben gewöhnlich unbeachtet bleiben. Sobald aber<br />
wissenschaftliche Zwecke große Anforderungen an die Schärfe der<br />
Unterscheidung stellen, zeigt sich das Auge als ungenügend. Das Mikroskop<br />
hingegen ist gerade solchen Zwecken auf das vollkommenste angepasst, aber<br />
eben dadurch für alle andern unbrauchbar.