Gottlob Frege - Hochschule Wismar
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(2) Identität. Beispielsatz: ‘Der Abendstern ist der Morgenstern’. Hier wird<br />
ausgesagt, dass der Abendstern derselbe Stern ist wie der Morgenstern<br />
(nämlich der Planet Venus). Der sprachliche Ausdruck ‘ist’ steht hier für das<br />
Gleichheitszeichen als Zeichen für die Relation der Identität zwischen zwei<br />
Gegenständen. Relationen zwischen Gegenständen nennt <strong>Frege</strong> Relationen<br />
erster Stufe.<br />
(3) Unterordnung. Beispielsatz: ‘Das Pferd ist ein pflanzenfressendes Tier’<br />
im Sinne von ‘Pferde sind pflanzenfressende Tiere’. Es wird der Begriff des<br />
Pferdes dem Begriff des pflanzenfressenden Tieres untergeordnet, und zwar in<br />
dem Sinne, dass alle Pferde pflanzenfressende Tiere sind. Hier haben wir es<br />
mit einer Relation zwischen zwei Begriffen zu tun. Relationen zwischen<br />
Begriffen nennt <strong>Frege</strong> Relationen zweiter Stufe.<br />
(4) Existenz. Beispielsatz: ‘Gott ist’ (oder ‘Gott ist nicht‘) im Sinne von<br />
‘Ein Gott existiert’ (oder ‘Ein Gott existiert nicht’). Hier wird von dem Begriff<br />
Gottes ausgesagt, dass er die Eigenschaft hat nicht leer (oder leer) zu sein,<br />
dass also etwas (oder nichts) existiert, das die Eigenschaft hat, ein Gott zu<br />
sein. Der Ausdruck ‘ist’ steht hier für den Begriff der Existenz. Da der Begriff<br />
der Existenz eine Eigenschaft von Begriffen (und nicht von Gegenständen)<br />
aussagt, spricht <strong>Frege</strong> von einem Begriff zweiter Stufe.<br />
Es ist die hier angedeutete Methode der logischen Sprachanalyse, durch<br />
deren Ausarbeitung der Mathematiker <strong>Frege</strong> zum Vater der so genannten<br />
analytischen Philosophie des 20. Jahrhunderts geworden ist. Welche<br />
Anerkennung <strong>Frege</strong> zumindest in diesem Kreis gefunden hat, davon gibt die<br />
Tatsache Kunde, dass in Westwood, in der Nähe des Campus der University of<br />
California Los Angelos (UCLA), ein Hair Color Center mit Namen „<strong>Frege</strong>“<br />
existiert. Der amerikanische <strong>Frege</strong>-Forscher Robert May hat mit berichtet,<br />
dass der Inhaber den einen oder anderen Kurs zu <strong>Frege</strong> besucht habe und so<br />
begeistert war, dass er seinen Salon nach <strong>Frege</strong> benannt habe: <strong>Frege</strong> goes to<br />
Hollywood!<br />
Ein besonders wichtiges Ergebnis der Analyse der Verwendungen des<br />
Wortes ‘sein’ stellt das Ergebnis dar, dass der Begriff der Existenz ein Begriff<br />
zweiter Stufe ist, Existenz also keine Eigenschaft von Gegenständen, sondern<br />
von Begriffen ist. Diese Einsicht besagt nicht etwa, dass die Begriffe selbst<br />
existieren. Eine Existenzaussage wie ‘Menschen existieren’ als eine Aussage<br />
über den Begriff ‘Mensch’ bringt vielmehr zum Ausdruck, dass der Begriff<br />
‘Mensch’ die Eigenschaft hat, erfüllt zu sein, dass es nämlich Gegenstände<br />
gibt, die unter ihn fallen. Begriffe erster Stufe als Begriffe, unter die<br />
Gegenstände fallen (wie z. B. ‘Mensch’, ‘Tier’, ‘sterblich’, ‘glücklich’,<br />
‘Quadratwurzel aus 1’ usw.), haben wir als Funktionen kennen gelernt, deren