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Gottlob Frege - Hochschule Wismar

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verbunden sind (gemäß der oben erläuterten Wahrheits(wert)funktion der<br />

Konjunktion). Was unter den Begriff ‘großer, grüner Apfel’ fällt, ist groß und<br />

grün und ein Apfel: ‘x ist groß ∧ x ist grün ∧ x ist ein Apfel’. Wenn man statt<br />

‘große, grüne Äpfel’ fakultativ (ohne Komma) ‘große grüne Äpfel’ schreibt,<br />

so nimmt man rhetorisch eine andere Klammerung im Sinne von ‘große<br />

(grüne Äpfel)’ vor. Man will nicht von Äpfeln sprechen, die sowohl groß als<br />

auch grün sind, sondern von grünen Äpfeln, die groß sind, etwa im<br />

Unterschied zu grünen Äpfeln, die klein sind. In der mündlichen Rede wird<br />

dies durch Betonung zum Ausdruck gebracht, indem man ‘große grüne Äpfel’<br />

bzw. ‘kleine grüne Äpfel’ sagt.<br />

Eine fakultative Verwendung des Kommas besteht für Verbindungen von<br />

Zahlwörtern und Adjektiven nicht. Das Fehlen des Kommas zwischen ‘fünf’<br />

und ‘grün’ in dem Ausdruck ‘fünf grüne Äpfel’ ist ein Indiz dafür, dass das<br />

Verhältnis eines Zahlworts zu dem Substantiv, dem es beigeordnet ist (und zu<br />

eventuellen Adjektiven), nicht das der logischen Konjunktion ist.<br />

Dementsprechend gilt hier auch nicht das Kommutativgesetz. Zwar kann man<br />

statt ‘große, grüne Äpfel’ auch ‘grüne, große Äpfel’ sagen, niemals aber statt<br />

‘fünf große Äpfel’ auch ‘große fünf Äpfel’ sagen. Die Oberflächengrammatik<br />

zeigt hier bereits an, dass die logische Tiefengrammatik der Zahlwörter nicht<br />

derjenigen der Adjektive entspricht. Schauen wir uns nun die Logik der<br />

Zahlwörter genauer an.<br />

Wenn wir von ‘fünf grünen Äpfeln’ sprechen, dann meinen wir, dass die<br />

einzelnen Äpfel die Eigenschaft haben, grün zu sein, nicht aber, dass sie die<br />

Eigenschaft haben, fünf zu sein. 9 Von den einzelnen Gegenständen, die zu den<br />

fünf grünen Äpfeln gehören oder ‘zählen’, kann man nicht sagen, dass sie<br />

unter den Begriff ‘fünf grüne Äpfel’ fallen; vielmehr gibt es genau fünf<br />

Gegenstände, die unter den Begriff ‘grüner Apfel’ fallen. <strong>Frege</strong> formuliert dies<br />

so, dass „die Zahlangabe eine Aussage von einem Begriffe enthalte“ (<strong>Frege</strong><br />

1884: § 46). 10 Dies bedeutet, dass Zahlaussagen wie Existenzaussagen<br />

höherstufige Aussagen sind. So wie Existenzaussagen (‘Es gibt mindestens ein<br />

P’) unbestimmte Zahlaussagen sind, so sind Zahlaussagen (‘Es gibt zwei P’s’)<br />

bestimmte Existenzaussagen. Die Zahlen in Zahlangaben wie ‘2 Bier’ und ‘5<br />

Bücher’ sind danach als Begriffe zweiter Stufe aufzufassen, die sozusagen die<br />

‘Zahligkeit’ als eine Eigenschaft von Begriffen erster Stufe bestimmen.<br />

Vorausgesetzt ist dabei, dass es sich bei diesen Begriffen um Sortale oder<br />

Sortenbegriffe handelt. Der Sache nach kennzeichnet bereits <strong>Frege</strong>, ohne<br />

9 <strong>Frege</strong> macht den Unterschied anhand eines ähnlichen Beispiels deutlich: „Spricht man nicht<br />

in einem andern Sinne von 1000 Blättern als von grünen Blättern des Baumes? Die grüne<br />

Farbe legen wir jedem Blatte bei, nicht so die Zahl 1000.“ (<strong>Frege</strong> 1884: § 22).<br />

10 Vgl. <strong>Frege</strong> (1969: 273), wo er trotz des Scheiterns des Logizismus bekräftigt, dass „die<br />

Zahlangabe, die auf Grund einer Zählung gemacht wird, eine Aussage von einem Begriffe<br />

enthält“. So auch <strong>Frege</strong> (1969: 277).

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