Gottlob Frege - Hochschule Wismar
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habe. Eucken war Schüler Trendelenburgs. Trendelenburg hat sich dadurch<br />
einen Namen gemacht, dass er als Gegner Hegels für eine an den<br />
Wissenschaften orientierte Philosophie eingetreten ist. Ich stelle mir nun die<br />
Situation vor, dass <strong>Frege</strong> im Gespräch mit Eucken von seiner eigenen Arbeit<br />
berichtet haben wird. Dieser macht ihn auf Trendelenburgs Arbeiten zur Logik<br />
aufmerksam und regt so <strong>Frege</strong> zu der Titelgebung Begriffsschrift an. Diesen<br />
Ausdruck verwendet Trendelenburg (1867: 4) als Bezeichnung für Leibnizens<br />
Programm einer logischen präzisen Universalsprache, in deren Tradition auch<br />
<strong>Frege</strong> seine Arbeiten gesehen hat.<br />
Es ließen sich noch weitere Belege dafür beibringen, dass <strong>Frege</strong> in den<br />
‘Jenaer Mikrokosmos’ durchaus eingebunden war und seine Gedanken<br />
zumindest von den Philosophen wahrgenommen wurden. Insofern trifft die<br />
häufig zu findende Beschreibung des verkannten, einsamen Genies nicht ganz<br />
zu. Die Einsamkeit war wohl auch selbst gewählt oder doch Ausdruck von<br />
<strong>Frege</strong>s Charakter. Es spricht einiges dafür, dass ihm ein melancholischer,<br />
wenn nicht gar depressiver Zug eigen war. Richtig ist allerdings, dass <strong>Frege</strong>s<br />
eigentliche Leistung, die Entwicklung der modernen formalen Logik, lange<br />
Zeit nicht erkannt wurde. Gerechterweise muss man einräumen, dass es zu<br />
deren Verständnis auch eines erheblichen Aufwandes bedurfte und bedarf.<br />
Schließlich handelte es sich bei der Begriffsschrift um einen komplett neuen<br />
Formalismus in völlig fremden Zeichen, den zu lernen man erst bereit ist,<br />
wenn man sieht, dass es sich auch lohnt. Um aber zu erkennen, dass es sich<br />
lohnt, muss man ihn (zumindest ein Stück weit) bereits verstanden haben.<br />
<strong>Frege</strong> (1976: 165) spricht hier selbst von einem „unglücklichen Cirkel“. Mit<br />
den Grundgesetzen der Arithmetik hat man ein Buch vor sich, das seitenlang<br />
im wahrsten Sinne des Wortes ‘ohne Worte’ Formel an Formel reiht. Wirklich<br />
einladend ist das nicht. Mit diesem Formalismus hatten nicht nur die Leser<br />
Probleme, sondern verständlicherweise auch bereits die Verleger. Die<br />
Arbeiten <strong>Frege</strong>s wurden aus technischen Gründen nicht zum Druck<br />
angenommen, und wenn sie gedruckt wurden, musste er selbst für die Kosten<br />
aufkommen. Um den drucktechnischen Aufwand zu ermessen, haben wir uns<br />
in die Zeiten des Bleisatzes zurückzuversetzen und uns zu vergegenwärtigen,<br />
dass die vielen besonderen Zeichen eigens angefertigt werden mussten. (Ich<br />
selbst habe dies noch als Mitarbeiter an der Edition von <strong>Frege</strong>s Nachlass in<br />
den sechziger Jahren erlebt.) Der Umgang mit diesen Zeichen war für die<br />
Setzer noch dadurch erschwert, dass <strong>Frege</strong>s Formalismus sich anders als sonst<br />
üblich zweidimensional in der Fläche ausbreitet. Diese Schwierigkeiten sind<br />
angesprochen, wenn <strong>Frege</strong> (1967: 222) in Abwandlung des geflügelten Wortes<br />
„Das Leben ist der Güter höchstes nicht“ aus Schillers Braut von Messina<br />
klagt: „Die Bequemlichkeit des Setzers ist denn doch der Güter höchstes<br />
nicht.“ Hätte es bereits zur damaligen Zeit die herrlichen modernen Computer<br />
gegeben, mit denen und für die beliebige Schriften erzeugt werden können,