30.11.2012 Aufrufe

Gottlob Frege - Hochschule Wismar

Gottlob Frege - Hochschule Wismar

Gottlob Frege - Hochschule Wismar

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

14<br />

habe. Eucken war Schüler Trendelenburgs. Trendelenburg hat sich dadurch<br />

einen Namen gemacht, dass er als Gegner Hegels für eine an den<br />

Wissenschaften orientierte Philosophie eingetreten ist. Ich stelle mir nun die<br />

Situation vor, dass <strong>Frege</strong> im Gespräch mit Eucken von seiner eigenen Arbeit<br />

berichtet haben wird. Dieser macht ihn auf Trendelenburgs Arbeiten zur Logik<br />

aufmerksam und regt so <strong>Frege</strong> zu der Titelgebung Begriffsschrift an. Diesen<br />

Ausdruck verwendet Trendelenburg (1867: 4) als Bezeichnung für Leibnizens<br />

Programm einer logischen präzisen Universalsprache, in deren Tradition auch<br />

<strong>Frege</strong> seine Arbeiten gesehen hat.<br />

Es ließen sich noch weitere Belege dafür beibringen, dass <strong>Frege</strong> in den<br />

‘Jenaer Mikrokosmos’ durchaus eingebunden war und seine Gedanken<br />

zumindest von den Philosophen wahrgenommen wurden. Insofern trifft die<br />

häufig zu findende Beschreibung des verkannten, einsamen Genies nicht ganz<br />

zu. Die Einsamkeit war wohl auch selbst gewählt oder doch Ausdruck von<br />

<strong>Frege</strong>s Charakter. Es spricht einiges dafür, dass ihm ein melancholischer,<br />

wenn nicht gar depressiver Zug eigen war. Richtig ist allerdings, dass <strong>Frege</strong>s<br />

eigentliche Leistung, die Entwicklung der modernen formalen Logik, lange<br />

Zeit nicht erkannt wurde. Gerechterweise muss man einräumen, dass es zu<br />

deren Verständnis auch eines erheblichen Aufwandes bedurfte und bedarf.<br />

Schließlich handelte es sich bei der Begriffsschrift um einen komplett neuen<br />

Formalismus in völlig fremden Zeichen, den zu lernen man erst bereit ist,<br />

wenn man sieht, dass es sich auch lohnt. Um aber zu erkennen, dass es sich<br />

lohnt, muss man ihn (zumindest ein Stück weit) bereits verstanden haben.<br />

<strong>Frege</strong> (1976: 165) spricht hier selbst von einem „unglücklichen Cirkel“. Mit<br />

den Grundgesetzen der Arithmetik hat man ein Buch vor sich, das seitenlang<br />

im wahrsten Sinne des Wortes ‘ohne Worte’ Formel an Formel reiht. Wirklich<br />

einladend ist das nicht. Mit diesem Formalismus hatten nicht nur die Leser<br />

Probleme, sondern verständlicherweise auch bereits die Verleger. Die<br />

Arbeiten <strong>Frege</strong>s wurden aus technischen Gründen nicht zum Druck<br />

angenommen, und wenn sie gedruckt wurden, musste er selbst für die Kosten<br />

aufkommen. Um den drucktechnischen Aufwand zu ermessen, haben wir uns<br />

in die Zeiten des Bleisatzes zurückzuversetzen und uns zu vergegenwärtigen,<br />

dass die vielen besonderen Zeichen eigens angefertigt werden mussten. (Ich<br />

selbst habe dies noch als Mitarbeiter an der Edition von <strong>Frege</strong>s Nachlass in<br />

den sechziger Jahren erlebt.) Der Umgang mit diesen Zeichen war für die<br />

Setzer noch dadurch erschwert, dass <strong>Frege</strong>s Formalismus sich anders als sonst<br />

üblich zweidimensional in der Fläche ausbreitet. Diese Schwierigkeiten sind<br />

angesprochen, wenn <strong>Frege</strong> (1967: 222) in Abwandlung des geflügelten Wortes<br />

„Das Leben ist der Güter höchstes nicht“ aus Schillers Braut von Messina<br />

klagt: „Die Bequemlichkeit des Setzers ist denn doch der Güter höchstes<br />

nicht.“ Hätte es bereits zur damaligen Zeit die herrlichen modernen Computer<br />

gegeben, mit denen und für die beliebige Schriften erzeugt werden können,

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!