10 REPORT - NR. 3, 2010INFORMATIONEN DES BUNDESVERBANDES DER DEUTSCHEN BINNENSCHIFFAHRT E. V.Podium: (v.l.n.r.) Rainer Schäfer, Claudia Roller, Jörg Hennerkes, Lutz Lauenroth, Erich Staake, Hans Smits3. Neuss-Düsseldorfer HafentagVerkehrsprognosen zeigenHandlungsbedarf aufAm 20. und 21. Mai 2010 hatten <strong>die</strong> Geschäftsführer <strong>der</strong> Neuss-DüsseldorferHäfen (NDH) und ihre Kooperationspartner bereits zum 3. Mal zum „Neuss-Düsseldorfer Hafentag“ eingeladen. Rund 300 Besucher konnten <strong>die</strong> Veranstalterin <strong>der</strong> Neusser Eventhalle begrüßen – ein eindrucksvoller Beleg da<strong>für</strong>, dass <strong>der</strong>Hafen mit <strong>der</strong> These „Die Krise als Motor <strong>der</strong> Globalisierung“ und <strong>der</strong> Riege anhochkarätigen Referenten „den Nerv“ <strong>der</strong> Vertreter aus Binnenhafen- und Binnenschifffahrtsgewerbesowie <strong>der</strong> verladenden Wirtschaft getroffen hatte.Und weil <strong>die</strong> Veranstaltung bereits zum dritten Malin Folge stattfand, ließ sich <strong>der</strong> Neusser BürgermeisterHerbert Napp in seiner Begrüßung auchgleich zu <strong>der</strong> Feststellung hinreißen, dass mit <strong>die</strong>semHafentag – neben dem Neusser Schützenfest – ein weiteresStück Brauchtum in <strong>der</strong> Quirinusstadt entwickelt wurde.NRW-Verkehrsminister Lutz Lienenkämper eröffnete <strong>die</strong>Veranstaltung und erinnerte in seinem Statement an denWasserweg als Alternative zur Bewältigung <strong>der</strong> prognostiziertenGüterverkehrszuwächse. Er informierte, dass mehrals zwei Drittel <strong>der</strong> NRW-Güterverkehre Quelle und Ziel imEinzugsbereich eines Hafens haben und damit beson<strong>der</strong>s <strong>für</strong>
INFORMATIONEN DES BUNDESVERBANDES DER DEUTSCHEN BINNENSCHIFFAHRT E. V. NR. 3, 2010 - REPORT 11den Binnenschiffstransport geeignet sind. „Tatsächlich wirdaber bisher nur ein Drittel <strong>die</strong>ser Verkehre über das Binnenschiffabgewickelt.“, so <strong>der</strong> Minister. Lienenkämper führteaus, dass er über <strong>die</strong> Wertschöpfung in den Binnenhäfen in<strong>Berlin</strong> stets gern berichtet: So entstünde in den Hafenregionendurch Umschlag und Logistikaktivitäten eine Wertschöpfungje nach Erfahrungswert von 27,4 Beschäftigtenpro Hektar. Direkt und indirekt seien in NRW 125.000 Arbeitsplätzemit den Binnenhäfen verbunden. „Wenn <strong>der</strong>dringend notwendige weitere Ausbau <strong>der</strong> Häfen gelingt,könnten im Ausbaubereich bis zu 9.000 neue Arbeitsplätzegeschaffen werden.“, so <strong>der</strong> Minister weiter.Hans Smits, CEO des Rotterdamer Hafens, berichtete,dass sein Hafen davon ausgehe, dass sich <strong>der</strong> Gesamtgüterumschlagbis 2035 mehr o<strong>der</strong> weniger verdoppele, <strong>die</strong> Finanz-und Wirtschaftskrise habe lediglich zu einer Verzögerungvon etwa 5 Jahren geführt. Man beobachte Verän<strong>der</strong>ungenin den Güterströmen. Als Beispiel nannte <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong><strong>die</strong> Stahlproduktion von ThyssenKrupp. Momentankämen noch große Mengen Eisenerz und Kohle nach Rotterdam,<strong>die</strong> zur Stahlproduktion nach Duisburg verschifft werden.Durch den Bau eines neuen Hüttenwerkes in Brasilienwerde das Eisenerz zunehmend mehr direkt vor Ort verarbeitet,so dass weniger Eisenerz nach Westeuropa transportiertwerden müsse. Zwar würden <strong>die</strong> Stahlzwischenproduktedann immer noch über <strong>die</strong> Häfen abgewickelt, jedoch sei mitverän<strong>der</strong>ten Güterarten und weniger Mengen zu rechnen.Smits machte klar: „Die Produktion in Europa wird abnehmen,da <strong>die</strong> Basisproduktion nach Übersee verlagert wird.“Zuwächse werden im Bereich <strong>der</strong> Mineralöltransporte, beimStahlbedarf und beim Containerumschlag erwartet. Eine intelligenteVerknüpfung <strong>der</strong> Verkehrsträger durch eine effizienteHinterlandanbindung <strong>der</strong> Häfen und damit Investitionenin <strong>die</strong> nötige Infrastruktur seien laut Smits dringend erfor<strong>der</strong>lich.Dr. Stefan Rommerskirchen, Geschäftsführer <strong>der</strong> BaselerProgTrans AG hielt sein Referat zum Thema „LangfristigeEntwicklung des Güterverkehrs in Deutschland, Europa und<strong>der</strong> Welt – Konsequenzen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verkehrspolitik“ und präsentierteauf dem Hafentag seine neuesten Zahlen. Er machtedarauf aufmerksam, dass <strong>für</strong> <strong>die</strong> Prognostizierung <strong>der</strong> Güterverkehrsentwicklungein komplexes Gefüge verschiedenerBestimmungsfaktoren, wie Bevölkerungsentwicklung,Wirtschaftswachstum, Politik, technische Entwicklungen,Raum-/Siedlungsstruktur, Ressourcenverfügbarkeit sowie<strong>die</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Logistikangebote genau analysiert werdenmüssten. Die Weltbevölkerung werde sich im Vergleichszeitraum1950 bis 2050 auf 9,2 Milliarden verdoppeln,wovon <strong>die</strong> Europäer nur noch einen Anteil von 7 % und <strong>die</strong>Asiaten 67 % ausmachen. Dies führe zwangsläufig zu neuenWarenströmen und damit zu höherem Versorgungsverkehr,aber auch zu einem wachsenden Personenverkehr. Das BIPwird in Deutschland bis 2025 um etwa 0,6 % wachsen; <strong>die</strong>Exportquote von <strong>der</strong>zeit 51,1 auf 54,6 % steigen. Die Verkehrsleistungwerde wachsen, wobei den Binnenverkehrendabei eine größere Bedeutung zukommt (Wachstum um23 %). „Bei gleichbleibenden Straßentransporten wird <strong>die</strong>Schiene ihren Anteil am Modal Split von <strong>der</strong>zeit 19 auf 22 %Rainer Schäfer, NDHausbauen. Die Binnenschifffahrt wird von 11 auf 9 % abfallen,trotzdem aber im Vergleich zu heutigen Mengen absoluthinzu gewinnen“, so <strong>der</strong> Experte. Rommerskirchens Fazitlautete, dass <strong>der</strong> Anstieg motorisierter Verkehrsleistungenmit den heutigen Fahrzeugen nicht zu bewältigen sei und<strong>die</strong> weltweit zunehmende Verkehrsnachfrage alternativeAntriebsenergien for<strong>der</strong>e. Durch <strong>die</strong> immer geringere Bereitschaft,knappen Lebensraum als Verkehrsfläche zu „opfern“müssten Infrastrukturen intelligenter genutzt und besser finanziertwerden, um allein den Bestand <strong>der</strong> Infrastruktur zugewährleisten.Rainer Schäfer, Geschäftsführer <strong>der</strong> NDH und Präsidentdes <strong>Bundesverband</strong>es Öffentlicher Binnenhäfen e.V. unterstrich<strong>die</strong> Folgen <strong>der</strong> Globalisierung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verkehrsinfrastruktur,<strong>der</strong>zeit sei man nicht in <strong>der</strong> Lage, <strong>die</strong> Mehrmengenaufzunehmen. Der Gastgeber mahnte zur „Neujustierung<strong>der</strong> Antennen“ und lobte den aktiven Informationsaustauschund <strong>die</strong> vielen wertvollen Anregungen und Anstöße <strong>der</strong> Referenten,etwa von Erich Staake, Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong> DuisburgerHafen AG, von Claudia Roller, Vorstand Hafen HamburgMarketing e.V., o<strong>der</strong> von Dr. Christoph Reuter, GeschäftsführerThyssenKrupp StahlService Center NRW. Schäferschloss <strong>die</strong> Veranstaltung mit den Worten: „Der Menschist am Ende <strong>der</strong> Tage entscheidend <strong>für</strong> <strong>die</strong> Zukunftsentwicklungund den Fortschritt.“ und versprach – wie sich das beiTraditionen gehört – ein Wie<strong>der</strong>sehen beim nächsten Hafentagin zwei Jahren.