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-1- I. Die Vorkriegszeit - Evangelische Kirchengemeinde Koblenz-Mitte

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Erinnerungen<br />

Konvois der westalliierten Truppen nicht über die „Transitautobahn” nach Berlin fahren zu lassen. Was waren<br />

wir erleichtert, als nach etwa einem Jahr der Spuk ein Ende hatte!<br />

Am 8. Mai 1949 nahm das Plenum des von den Bundesländern gewählten „Parlamentarischen Rates” in Bonn<br />

das Grundgesetz an. Alle (westdeutschen) Landtage mit Ausnahme Bayerns stimmten zu. Am 12. Mai 1949<br />

genehmigten die westlichen Besatzungsmächte dieses Grundgesetz. Eine neue demokratische und „provisorische”<br />

Verfassung trat damit für (West-) Deutschland in Kraft.<br />

Übrigens: Das Bundesland Rheinland-Pfalz war am 30. August1946 durch Verordnung der französischen<br />

Militärregierung aus den Regierungsbezirken <strong>Koblenz</strong> und Trier, den Teilen der ehemaligen preußischen<br />

Rheinprovinz in Hessen (u.a. Kreis Wetzlar), dem linksrheinischen Teil Hessens (Rheinhessen) und der früheren<br />

bayrischen Pfalz gebildet worden. Landeshauptstadt war bis 1950 <strong>Koblenz</strong>. Später wurde Mainz Landeshauptstadt<br />

gemacht. Auch das Studio Rheinland-Pfalz des Südwestfunks wurde von Lützel nach Mainz verlegt.<br />

Nachdem die Quäker 1947 oder 1948 <strong>Koblenz</strong> verlassen hatten, stand ihre Baracke am Clemensplatz leer und<br />

wurde irgendwann (1949?) hinter die Ruine der Christuskirche umgesetzt. Aus der „Quäkerbaracke” war die<br />

„Jugendbaracke” geworden. Hier fand vor allem die zunehmende Jugendarbeit der <strong>Kirchengemeinde</strong> statt. <strong>Die</strong><br />

Mädchenarbeit wurde von Fräulein Biermann vom MBK Gelnhausen und von Schwester Luise durchgeführt.<br />

Irgendwann in dieser Zeit wurde auch Heinrich Fries als Jugendsekretär eingestellt. Er war am Johanneum in<br />

Wuppertal-Barmen ausgebildet worden.<br />

In der <strong>Kirchengemeinde</strong> ergaben sich weitere Veränderungen. Der Jungenkreis traf sich oft in der Rizzastraße<br />

auf dem Schutthaufen des ehemaligen Pfarrhauses Gladischewski (Gladischewski war jetzt in Pfaffendorf). Wir<br />

klopften wie die Trümmerfrauen den Mörtel von einigermaßen heilen Ziegelsteinen. Manchmal trafen wir dabei<br />

die Daumen, die dann blau anliefen. <strong>Die</strong> Hände wurden rau und rissig.<br />

<strong>Die</strong> „geputzten” Steine wurden zur Ruine der Christuskirche geschafft. Dort mauerte Gustels künftiger<br />

Schwiegervater Peter Prinz aus der Emil-Schüller-Straße die beiden Öffnungen unter der großen Empore zum<br />

zerstörten Kirchenschiff zu. Auf die große Empore darüber kam ein Notdach, und fertig war der „Kirchsaal” der<br />

Christuskirche. Er war für die Vorstädter leichter zu erreichen als St. Florin in der Altstadt. Das Datum seiner<br />

Einweihung weiß ich leider nicht mehr. Heute ist er das „Café Atempause”. <strong>Die</strong> Trennmauern sind durch<br />

Falttüren ersetzt.<br />

Der Jugendkreis (Jungenkreis) unternahm im Sommer 1949 eine Radtour durch die Eifel. Gustel stellte mir<br />

ihr Damenfahrrad zur Verfügung. So konnte ich mitfahren. Zuerst ging es zum Laacher See. Trotz der mitgeführten<br />

Zelte versuchten wir aber, in Scheunen zu übernachten. <strong>Die</strong> erste Nacht schliefen wir in einer Scheune in<br />

Glees, Wehr oder Weibern. In der zweiten Nacht fanden wir in Nürburg einen Unterschlupf im Heu.<br />

Von dort ging es über die immer noch fürchterlich zugerichteten Straßen nach Daun. Manchmal mussten wir<br />

von der jetzigen B 257 bei Kelberg über die Böschung in den Wald ausweichen. So schlugen wir uns bis Daun<br />

durch. Von da ging es über Gemünden Richtung Üdersdorf. Auf einer Waldwiese an einem Hang rechts schlugen<br />

wir nun unsere Zelte auf. Es waren Zelte aus den alten Wehrmachts-Dreieckszeltbahnen, die auch als „Poncho<br />

getragen werden konnten. Dazu kamen, o Wunder, ein paar amerikanische Zweimann-Zelte, in denen etwas mehr<br />

Platz war. Wohlweislich umgaben wir unsere Zelte mit Wassergräben. Man konnte ja nie wissen! Pfarrer<br />

Gerlach kam mit anderen dazu, wahrscheinlich per Bahn, und kampierte ebenfalls in einem Zelt.<br />

Nachts wurde es manchmal recht ungemütlich. Wir lagen auf dem harten Boden, ohne Luftmatratze und ohne<br />

Schlafsack, nur mit Decken. Gelegentlich schnuffelten und grunzten Wildschweine um unser Lager herum. Ein<br />

andermal gab es ein schweres Gewitter mit derartigem Regen, dass das Wasser durch die Zelte lief. Wenn man<br />

die Zeltbahn auch nur berührte, begann es dort alsbald zu tropfen. Immerhin: aufregend und schön war es doch.<br />

Wir Radfahrer fuhren dann über Ulmen nach Cochem ins Moseltal und weiter nach <strong>Koblenz</strong> zurück. Da ich<br />

körperlich doch recht schwächlich war, mussten mir die anderen zuweilen helfen, etwa beim Schieben des<br />

schwer bepackten Rades an einer Steigung. So war ich doch froh, als wir endlich wieder zu Hause ankamen.<br />

Nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 wurde der württembergische FDP-Politiker Prof. Dr.<br />

Theodor Heuss zum ersten Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Er hielt nach seiner Ver-<br />

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