Ausgabe 2/2012 - Kreisseniorenrat Enzkreis - Stadt Pforzheim eV
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26<br />
Himmel auf Erden erleben dürfen.<br />
Gab es mal Gewitterwolken am Ehehimmel,<br />
sagte mein Mann liebevoll<br />
zu mir: „Sei doch wieder gut mit mir,<br />
mein kleines Beißzängle.“ Nach 40<br />
Ehejahren habe ich meinen Mann<br />
auf seinem letzten Weg begleitet<br />
und wir waren wieder an dem Ort,<br />
an dem alles begann. Aber in meinem<br />
Herzen wird es nie enden.<br />
Geschrieben von Frau Else Hess<br />
JOHANNESHAUS ÖSCHELBRONN<br />
Im Kindergarten<br />
Ja, da ging ich also schon einige Zeit<br />
in den Kindergarten, und dann kam<br />
mein vierter Geburtstag: Als wir Kinder<br />
alle versammelt waren, sagte die<br />
Kindergärtnerin: „Heute hat Veerle<br />
Geburtstag; vier Jahre ist sie geworden,<br />
da ist sie schon ganz groß!”<br />
Ich sprang auf und<br />
schaute zum ersten<br />
Mal in meinem<br />
Leben bewusst<br />
an mir<br />
herunter,und<br />
das war doch<br />
ein ganz schöner<br />
Abstand, so<br />
bis zu meinen Füßen!<br />
So sagte ich voller<br />
Überzeugung und laut: „Seht, wieviel<br />
ich gewachsen bin!”, fest glaubend,<br />
in der Nacht sei dies geschehen.<br />
Diese Entdeckung, groß zu sein,<br />
war wie ein Blitz von etwas, das so<br />
neu und einschneidend war, dass<br />
ich mich heute noch dastehen und<br />
staunen sehen kann.<br />
Und es war nicht lange danach,<br />
dass sich ein weiteres, unvergessliches<br />
Ereignis zutrug: die erste große<br />
Liebe meines Lebens außerhalb<br />
unseres liebenswerten Familienumkreises.<br />
Bisher hatte sich für mein Bewusstsein<br />
aus der gemischten Gruppe<br />
im Kindergarten noch kein Kind<br />
hervorgehoben. Da geschah es,<br />
dass – aus welchen Gründen auch<br />
immer – die Kindergärtnerin uns Pra-<br />
linen mitgebracht hatte, die in schönem,<br />
bunten, Gold- und Silberpapier<br />
eingewickelt waren, das ich eigentlich<br />
aufbewahren wollte. Aber bis<br />
zur Pause im Garten hatte ich es zu<br />
einem silber-gold-farbenen Kügelchen<br />
zusammengeknüllt. Ich war jetzt<br />
eine Prinzessin, die mit einem kostbaren<br />
Juwel spielte. Ich warf es hoch<br />
und fing es wieder auf. Da entsprang<br />
es plötzlich, flog in ein Beet und war<br />
zwischen Sommerblumen und Unkraut<br />
unauffindbar.<br />
Die Prinzessin muss ziemlich betroffen<br />
ausgesehen haben. Jedenfalls<br />
war auf einmal ein Junge neben mir:<br />
Valère, ein stilles Kind, das mir nie<br />
aufgefallen war. Er erkundigte sich<br />
teilnahmsvoll, was denn passiert sei.<br />
„Ich habe mein schönes Juwel verloren!”<br />
Da sagte Valère nicht etwa<br />
„Du spinnst wohl!”, sondern „Ich helfe<br />
dir suchen”. Doch<br />
alles war vergeblich.<br />
Das Kügelchen<br />
blieb<br />
verschwunden.<br />
Da pflückte er<br />
ein Goldlack-<br />
Zweiglein für<br />
mich, setzte sich<br />
neben mich und legte<br />
den Arm tröstend und<br />
beschützend um meine Schultern.<br />
Mich durchströmte ein unbeschreibliches<br />
Glücksgefühl. Selbstverständlich<br />
hätte ich es damals weder erklären<br />
noch analysieren können,<br />
aber für mein Empfinden trug er die<br />
strahlendste Ritterrüstung, war mir<br />
bekannt und vertraut, ein Teil der<br />
Märchenwelt, in der ich damals<br />
mehr zu Hause war als im Alltag. So<br />
sehe ich es im Rückblick. Er war nicht<br />
einfach jemand, der aus der Anonymität<br />
zur Person geworden war,<br />
sondern DIE Person – mein Prinz,<br />
Bruder meiner Seele.<br />
Noch jetzt habe ich jenes erste Erleben<br />
eines Sich-Verstehens, Sich-Verbunden-Fühlens<br />
klar und beglückend<br />
vor Augen.<br />
Meine erste<br />
Und er, was hat er empfunden? Keine<br />
Ahnung. Es war dann auch absolut<br />
nicht so, dass wir nachher uns<br />
besonders um einander gekümmert<br />
hätten. Da war kein Wunsch nach<br />
Bestätigung oder Wiederholung,<br />
kein Besitzanspruch oder Besitzbedürfnis.<br />
Als wir später in die “große<br />
Schule” kamen, er in eine für Jungen,<br />
ich in eine für Mädchen, verloren<br />
wir uns ganz aus den Augen.<br />
Aber Goldlack-Duft ruft mir noch jedes<br />
Mal diesen verzauberten Augenblick<br />
in Erinnerung.<br />
Lieber Valère, wie sehr hoffe ich,<br />
dass dir ein schönes Leben beschieden<br />
wurde, in dem du noch viele<br />
Menschen mit deiner zarten Einfuhlungsgabe<br />
glucklich machen durftest,<br />
und dir selbst viel Liebe zuströmte.<br />
Veerle von Wedemeyer<br />
HAUS MAIHÄLDEN<br />
Frau B., eine Bewohnerin unseres<br />
Hauses erinnert sich an die Geschichte<br />
ihrer ersten Liebe.<br />
„Es war Ende der 50er Jahre in<br />
Steinsfurt, ich war 21 Jahre alt, als<br />
mir meine erste große Liebe über<br />
den Weg lief. Irgendwie war an diesem<br />
Tag alles anders…<br />
Es war Sonntag und ich war mit meiner<br />
Freundin unterwegs, mit der ich<br />
schließlich in einem netten Café landete.<br />
Plötzlich ging die Türe auf und<br />
zwei Männer kamen herein. Einer<br />
davon war „ein auffallend schöner<br />
Mann“, gepflegt und mit südländischem<br />
Aussehen. Die beiden Männer<br />
setzten sich an einen Tisch und<br />
meine Freundin bemerkte, dass eben<br />
dieser schöne Mann immer in Richtung<br />
unseres Tisches blickte. Als wir<br />
später aufbrachen und das Café verließen,<br />
kam es zum Blickkontakt zwischen<br />
mir und dem Mann und wir<br />
lächelten uns beide an. Ein bewegender<br />
Augenblick! Danach aber<br />
ging wieder jeder seines eigenen<br />
Weges. Ca. drei Wochen später