Ausgabe 2/2012 - Kreisseniorenrat Enzkreis - Stadt Pforzheim eV
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in Nürnberg<br />
der der Geburt. Dürers Tierstudien erfassen<br />
das Miteinander von Tier und<br />
Mensch in neuer Weise. Darin sind<br />
sie ihrer Zeit meilenweit voraus.<br />
Das beliebte Thema war in der vorausgehenden<br />
Tafelmalerei reicher<br />
an Details. Bei Dürer ist es von großer<br />
Freude und innerem Glanz durchdrungen.<br />
Dieses wunderbare Werk<br />
steht an der Schwelle zur Reformationszeit,<br />
bleibt jedoch in den Grenzen<br />
der Altgläubigkeit.<br />
Bis heute wird am 6. Januar die Ankunft<br />
der Hl. Drei Könige gefeiert, die<br />
Haustüren erhalten den Segen mit<br />
den Buchstaben: C+M+B (Christus<br />
mansionem benedicat) Christus hat<br />
dieses Haus gesegnet. Den Dreiflügelaltar<br />
beauftragte Kurfürst Friedrich<br />
III. von Sachsen für die Schlosskirche<br />
in Wittenberg. Neben Kardinal Albrecht<br />
von Brandenburg besaß der<br />
Kurfürst die größte Reliquiensammlung.<br />
Doch trat er später zur Reformation<br />
über.<br />
In der Offenbarung hat Johannes eine<br />
Vision vom Strafgericht Gottes.<br />
Dessen Urteile sind in einem Buch erfasst,<br />
das mit sieben Siegeln verschlossen<br />
ist. Weder Mensch noch<br />
Engel dürfen sie öffnen, nur ein Lamm.<br />
Beim Öffnen der ersten vier Siegel erscheinen<br />
mit Donnerstimme vier Reiter<br />
(Abb. 4): der erste Reiter auf wei-<br />
ßem Pferd mit Pfeil und Bogen ist vielleicht<br />
ein Sieger. Der zweite auf rotem<br />
Pferd mit erhobenem Schwert<br />
bedeutet den Krieg. Der dritte Reiter<br />
auf schwarzem Pferd mit Waage<br />
bringt Hungersnot im Gefolge des<br />
Krieges. Das vierte Pferd auf einem<br />
abgemagerten Gaul kommt daher<br />
mit der ganzen Unterwelt. Das ist<br />
der Tod. Er hat die Macht zu töten<br />
durch Schwert, Hunger. Dürer lässt<br />
diese vier Reiter von den vier Winden<br />
im furiosen Galopp die Welt<br />
durcheilen.<br />
Der Kampf des Himmels mit dem Teufel,<br />
Schrecken und Entspannung, das<br />
Martyrium des Johannes sind Gegenstand<br />
der Offenbarung Johannes.<br />
Die Apokalypse, eine frühe<br />
Buchausgabe mit Holzschnitten von<br />
Dürer, erschien unter dem Titel „Die<br />
heimliche Offenbarung des Johannes“.<br />
Dürer erfand bildgewaltige Illustrationen<br />
zu vierzehn Themen.<br />
Erstmals wird mit diesen Holzschnitten<br />
eine Textvorlage nicht direkt<br />
umgesetzt, sondern konvulsivisch<br />
mit Phantasien und Visionen umgegangen,<br />
in die manches Alltagsgeschehen<br />
und Landschaften verwoben<br />
sind.<br />
In jedem der vier Kapitel gibt es herrliche<br />
Bilder, gemalte Erzählwerke,<br />
die das Ende des Spätmittelalters<br />
und den Beginn der Neuzeit verkünden.<br />
Manches öffnet sich dem<br />
Humanismus der Vorreformation.<br />
Anderes treibt die Spätgotik zur Blüte.<br />
Sie kann in der Reformation keine<br />
Nachfolge finden. Der Ausstellungskatalog<br />
ist hoch zu schätzen.<br />
Den 200 Werken sind erstmals ihre<br />
durchgehend erforschten Provenienzen<br />
zur Seite gestellt. Das Ergebnis<br />
übertrifft damit neue Museumskataloge,<br />
insbesondere den Bestandskatalog<br />
der Alten Pinakothek<br />
München.<br />
Weniger Erfolg ist in der Darstellung<br />
und Interpretation von Dürers Frühwerk<br />
aus dem nachreformatorischen<br />
Forschungsgeistes beschieden. Er<br />
meidet die Nähe zur ikonographi-<br />
schen Forschung vorreformatorischer<br />
Zeit. Dürers<br />
Schaffen war in das vorreformatorischeGlaubensmodell<br />
eingebunden und nicht<br />
in das der Reformation. Theologen<br />
und Historiker hätten<br />
das Forschungsprojekt in diesen<br />
Punkten bereichern können.<br />
So finden die Farbigkeit,<br />
die Dürer seinen Bildern mitgegeben<br />
hat, ihr Glanz, der<br />
bis heute die Welt erhellt, in<br />
den Textbeiträgen kaum Entsprechung.<br />
Lächeln und Lachen im Mittelalter<br />
Erstmalig wird in einer Ausstellung<br />
ein Thema behandelt, das die gesamte<br />
mittelalterliche Kunst durchdringt.<br />
Es ist das gute und böse Lachen.<br />
Man kennt es vom Programm<br />
der Portalplastik an den gotischen<br />
Kathedralen mit ihren Darstellungen<br />
des Jüngsten Gerichts.<br />
Auch von der Auferstehung der Seligen,<br />
von den Schreien aus dem Fegefeuer,<br />
in dem die Verstorbenen ihre<br />
Sünden büßen müssen. Ebenso<br />
bekannt ist das höllische Gelächter<br />
der Teufel. Aber auch das selige Lächeln<br />
der Madonna mit dem Christuskind<br />
bestimmt die Kunstwerke.<br />
Diese Programme sind eindringlicher<br />
als jedes passende Hollywood<br />
Filmszenario.<br />
In der Bibel liegen Andeutungen<br />
vom törichten, triumphierenden, seligen<br />
oder jubilierenden Lachen vor.<br />
Doch die Art und Weise des Lachens,<br />
ob selig, zügellos, hem-<br />
mungslos, sein Für und Wider auszudifferenzieren,<br />
das spielt erst in<br />
der Hohen Schule der Scholastik Anfang<br />
13. Jahrhundert eine Rolle.<br />
Weil im Lachen ein Vorzug des Menschen<br />
erkannt wird. Zur Ausdeutung<br />
greifen Theologen auf antike Quellen<br />
zurück, insbesondere auf die<br />
Lehrwerke von Cicero und Quintilian<br />
zur Rhetorik, eine der sieben freien<br />
Künste. Im Griechischen kann<br />
scharf geschieden werden zwischen<br />
Größte Dürer-<br />
Ausstellung in Deutschland<br />
seit 40 Jahren<br />
Germanisches National -<br />
museum Nürnberg bis<br />
2.9.12, Di–So 10–18 Uhr,<br />
Mi 10 – 21 Uhr.<br />
Katalog Verlag GNM<br />
Nürnberg <strong>2012</strong>, Hg. von<br />
D. Hess u.Th. Eser,<br />
ISBN 978-3-936688-59-7<br />
29 € im Museum.<br />
36 € im Buchhandel.<br />
Kultur-Ticket-Spezial der<br />
DB für 39 € (2.Kl.).<br />
59 € (1.Kl. an einem Tag<br />
hin und zurück).<br />
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