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Restitutionsbericht 2003 - Wien Museum

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22„Glückseligkeit“, sondern sehr direkt in die vom NS-System vorgegebenengesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen eingefügt. Pointiert formuliert:Entrechtung und Missachtung der Rechte anderer gehörten – auch – zu ihrenGeschäften des „normalen“ bibliothekarischen Alltags. Konkret bedeutete dies:• „Entfernung“ systemkritischer bzw. nunmehr nicht „passender“Bibliothekare aus der Bibliothek entsprechend dem „Gesetz zurWiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom 7. April 1933. Damit warihren ehemaligen Kollegen die notwendige Lebensgrundlage entzogen.Die Konsequenzen – falls ihnen die Flucht nicht doch glückte, warenDeportation und Vernichtung.• Einführung des „Führerprinzips“ und damit auch der dienstlichen undpolitischen Kontrolle und Disziplinierung der „Gefolgschaft“ in denbibliothekarischen Dienstbetrieb.• Eingriffe in den Bibliotheksbestand durch „Säuberung“ (das heißt: dieEntfernung) nicht genehmen Schrifttums und Neuorientierung derErwerbungspolitik und des Bestandsaufbaus.• Reglementierung des Zugangs zu den Beständen der Bibliothek durchDeklassierung einzelner Benutzergruppen nach „rassischen“ undpolitischen Gesichtspunkten.Sowohl vor wie auch während, aber auch nach der NS-Zeit haben Bibliothekarinnenund Bibliothekare mit den ihnen eigenen „Sekundär“-Tugenden ihres beruflichenVerhaltens – Genauigkeit, Ordentlichkeit, Zuverlässigkeit – den jeweiligen Systemensich zur Verfügung gestellt und an der „Entziehung“ (im Klartext: dem Raub) vonBüchern und Literatur in den verschiedensten Formen und Ausprägungen mitgemacht.Wird unter „Entziehung“ nicht nur die mit den Machtmitteln staatlicher Gewaltvorgenommene Aneignung von Bibliotheksbeständen verstanden, dann erst zeigt sichdas Ausmaß, in dem Bibliotheken und Bibliothekare mitbeteiligt gewesen sind:„entzogen“ wurden auch Bücher, in dem man sie in Entsprechung der politischenZensur von der Benutzung ausschloss und wegsperrte, stigmatisierten Lesergruppendie Benutzung der Bibliothek verweigerte oder sie an einer umfassenden Nutzung derBibliotheksbestände hinderte.

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