ABI 2011 - Nordkurier
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Sonnabend/Sonntag, 9./10.Juli <strong>2011</strong><br />
Karl-Barnim Reincke und seine Bratsche FOTO: UDO ZANDER<br />
Mit Bratsche auf dem<br />
Sprung nach Südeuropa<br />
TRAMPEN „Auf der Straße<br />
nach Süden mit der<br />
Sonne als Ziel“, heißt ein<br />
alter Schlager. Karl-<br />
Barnim Reincke macht<br />
das wahr und nimmt<br />
seine Bratsche mit.<br />
VON BIRGIT LANGKABEL<br />
SCHWARZENSEE. „Ich brauch’ jetzt<br />
bisschen meine Freiheit“, spricht<br />
sich Karl-Barnim Reincke seinen<br />
Wunsch von der Seele. Der große,<br />
blonde Abiturient vom Oskar-Picht-<br />
Gymnasium in Pasewalk möchte<br />
erstmal einfach nur entspannt<br />
durchatmen, hatte er doch eine<br />
aufregende Zeit.<br />
Neben Klausuren und Prüfungen<br />
standen für ihn der Landesund<br />
dann der Bundeswettbewerb<br />
„Jugend musiziert“ auf dem Plan.<br />
Gemeinsam mit seinen drei Brüdern<br />
hat der 18-Jährige im Fami-<br />
lien-Streichquartett musiziert: Karl-<br />
Barnim spielt Bratsche.<br />
Doch nicht nur das. Der junge<br />
Mann scheint mit künstlerischkreativen<br />
Talenten gesegnet zu<br />
sein. Er malt, zeichnet, er sprayt, er<br />
schreibt, er rappt, spielt Schlagzeug,<br />
kann gut tanzen... Er ist überzeugt:<br />
„Kunst werde ich immer machen,<br />
die Richtung kommt von selber.“<br />
So ist denn für ihn noch nicht<br />
ganz klar, wie es jetzt nach dem<br />
Abi weitergehen soll. „Ich könnte<br />
studieren oder ich könnte ein Jahr<br />
ans Konservatorium nach Ungarn<br />
gehen. Ich könnte aber auch mit<br />
,Work And Travel‘ durch Neuseeland<br />
touren.“ Konservatorium hieße<br />
für ihn, der fließend ungarisch<br />
spricht, sich in musikalischen Fächern<br />
und im Bratschenspiel weiter<br />
zu verbessern.<br />
Doch Karl-Barnim schränkt ein:<br />
„Ich werde danach aber wahrscheinlich<br />
nicht Musik studieren,<br />
dazu bin ich vielleicht nicht gut genug,<br />
habe auch nicht die Ausdauer.“<br />
In welchen Hörsaal dann? „Naturwissenschaften<br />
interessieren<br />
mich eigentlich, Jura wäre ebenfalls<br />
möglich.“ Doch der impulsive,<br />
junge Mann ist hin- und hergerissen.<br />
„So ein Lernfach, für das man<br />
sich richtig anstrengen muss, wäre<br />
gut, damit ich was habe in meinem<br />
Leben“, meint er.<br />
Seine Eltern in<br />
Schwarzensee bei<br />
Strasburg lassen ihm<br />
Zeit und geben ihm<br />
die Freiheit, selbst zu<br />
entscheiden. „Ich<br />
freue mich, wenn Barnim<br />
wie alle meine<br />
Kinder ausgeglichen<br />
und fröhlich ist. Geld<br />
ist nicht das Ausschlaggebende“,<br />
sagt seine Mutter Andrea Reincke,<br />
die aus Ungarn stammt.<br />
Karl-Barnims großer Bruder, der<br />
19-jährige Louis-Ferdinand, spielt<br />
Violine und hat sich bereits in diesem<br />
Jahr am ungarischen Konservatorium<br />
in Vác bei Budapest auf ein<br />
Musikstudium vorbereitet.<br />
Zuhause in Schwarzensee fin-<br />
Abitur Kurier Seite 7<br />
„Kunst werde<br />
ich immer machen,<br />
die Richtung<br />
kommt<br />
von selber.“<br />
den sich noch drei jüngere Geschwister<br />
von Karl-Barnim oft zum<br />
gemeinsamen Musizieren zusammen:<br />
Seine 15-jährige Schwester<br />
Laura spielt Querflöte, seine kleinen<br />
Brüder Ivan-Bogdan und Otto-<br />
Leonidas schwingen die Bögen von<br />
Geige und Cello. „Ich könnte mir<br />
natürlich auch vorstellen, mit meinen<br />
Brüdern im<br />
Streichquartett beruflich<br />
Musik zu machen“,<br />
sagt der junge<br />
Mann.<br />
Zufrieden und fröhlich<br />
zieht Karl-Barnim<br />
jetzt erstmal in die<br />
Welt – den Bratschenkasten<br />
unterm Arm.<br />
Bis Ende August will er über Barcelona,<br />
Südfrankreich und Italien<br />
nach Ungarn, dann eventuell wieder<br />
zurück nach Frankreich. Er will<br />
trampen und mit Straßenmusik<br />
ein wenig Geld verdienen. Und<br />
wenn er wieder nach Schwarzensee<br />
zurück kommt, hat er sich vielleicht<br />
für die nächste Etappe entschieden.<br />
Schul-ABC – Vielfalt<br />
und Verwirrung<br />
BERLIN (DPA). Bildung ist in<br />
Deutschland Ländersache. Das<br />
Schulsystem orientiert sich dabei<br />
an den festgelegten Rastern Primarstufe<br />
(Grundschule), Sekundarstufe<br />
I (bis 10. Klasse) und Sekundarstufe<br />
II (bis 13. Klasse). Innerhalb<br />
dieser Grenzen gibt es aber verwirrend<br />
viele Schultypen. Nicht alle<br />
werden in allen Bundesländern angeboten.<br />
Bundesweit geht der<br />
Trend im Moment zur Zusammenlegung<br />
von Haupt- und Realschulen<br />
und zur Verkürzung der Gymnasialzeit<br />
auf acht Jahre („Turbo-<br />
Abitur“).<br />
DUALES SYSTEM: Ausbildungsform<br />
in der Sekundarstufe II an<br />
zwei Lernorten, einmal an Berufsschulen,<br />
Berufsakademien und<br />
Fachhochschulen, zum anderen in<br />
Betrieben.<br />
ERSATZSCHULE: Schulen in freier<br />
Trägerschaft, die in Organisationsform<br />
und Unterrichtsinhalten öffentlichen<br />
Schulen entsprechen.<br />
Schulgeld ist möglich.<br />
GANZTAGSSCHULE: Hier gibt es<br />
über den Unterricht am Vormittag<br />
hinaus an mindestens drei Tagen<br />
in der Woche ein ganztägiges Angebot.<br />
GEMEINSCHAFTSSCHULE: Sie verzichtet<br />
auf eine Trennung der Schüler<br />
nach der Grundschulzeit und ermöglicht<br />
längeres gemeinsames<br />
Lernen in gewohnten Klassen, oft<br />
noch als Schulversuch.<br />
GESAMTSCHULE: Eine weiterführende<br />
Schule mit mehreren Bildungsgängen,<br />
die zu unterschiedlichen<br />
Abschlüssen führen (Hauptschulabschluss,<br />
Mittlerer Schulabschluss,<br />
Berechtigung zum Übergang<br />
in die Gymnasiale Oberstufe).<br />
Im kooperativen Schultyp wird der<br />
Unterricht in Jahrgangsklassen erteilt,<br />
die auf die unterschiedlichen<br />
Abschlüsse bezogen sind. Im integrierten<br />
Typ wird in den Kernfächern<br />
ein leistungsdifferenzierter<br />
Unterricht in Kursen erteilt. Gesamtschulen<br />
können auch Gymnasiale<br />
Oberstufen haben.<br />
GRUNDSCHULE: Gemeinsame<br />
Pflichtschule für alle Kinder, die<br />
das 6. Lebensjahr vollendet haben.<br />
Sie umfasst vier Jahrgangsstufen<br />
mit Ausnahme von Berlin und<br />
Brandenburg. Dort lernen die Kinder<br />
über 6 Jahrgangsstufen in der<br />
Grundschule.<br />
GYMNASIUM: Schulart für die Jahrgangsstufen<br />
5 bis 13 oder 5 bis 12,<br />
Ziel ist das Abitur. Zurzeit stellen<br />
fast alle Länder vom neunjährigen<br />
auf das achtjährige Gymnasium<br />
um (G8).<br />
HAUPTSCHULE: Eine weiterführende<br />
Schule, in der Regel für die Jahrgangsstufen<br />
5 bis 9. Ziel ist der<br />
Hauptschulabschluss.<br />
REALSCHULE: Einer weiterführende<br />
Schulart, in der Regel für die<br />
Jahrgangsstufen 5 bis 10. Ziel ist<br />
der Mittlere Schulabschluss.<br />
HAUPT- UND REALSCHULE: Einige<br />
Bundesländer haben die beiden<br />
Schulformen zusammengelegt. Die<br />
Bezeichnungen sind sehr unterschiedlich:<br />
Erweiterte Realschule<br />
(Saarland), Integrierte Haupt- und<br />
Realschule (Hamburg), Mittelschule<br />
(Sachsen), Oberschule (Brandenburg),<br />
Realschule plus (Rheinland-<br />
Pfalz), Regelschule (Thüringen), Regionale<br />
Schule (Mecklenburg-Vorpommern),<br />
Regionalschule (Schleswig-Holstein),<br />
Sekundarschule (Berlin,<br />
Bremen, Sachsen-Anhalt), Verbundene<br />
Haupt- und Realschule<br />
(Hessen), Zusammengefasste<br />
Haupt- und Realschule (Niedersachsen)<br />
INTEGRATIVE SCHULE: Hier werden<br />
behinderte und nichtbehinderte<br />
Kinder gemeinsam unterrichtet.<br />
ZWEITER BILDUNGSWEG: An<br />
Abendrealschulen und Abendgymnasien<br />
haben Berufstätige die Möglichkeit,<br />
Schulabschlüsse nachzuholen.<br />
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