Die gesamte Ausgabe 4/2004 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...
Die gesamte Ausgabe 4/2004 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...
Die gesamte Ausgabe 4/2004 als pdf-Datei - Senioren Zeitschrift ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Seit 30 Jahren Botschafter griechischer Kochkunst: Das<br />
Ehepaar Conidas. Foto: Sabic<br />
Bei Gyros<br />
und Retsina<br />
Frankfurt am Main ist für Wula Conidas, wie für viele<br />
andere griechische Migrantinnen und Migranten, zur<br />
„Heimat“ geworden. Obwohl sie aus dem sonnigen Land<br />
mit der antiken Kultur, die die Quelle unserer westlichen<br />
Kultur ist, dem Land der größten Dichter und Denker, der<br />
ersten Demokratie und selbstverständlich auch der Olympiade<br />
stammen.<br />
<strong>Die</strong> ersten angeworbenen Arbeitsmigranten aus Griechenland<br />
kamen in den 60er Jahren. <strong>Die</strong> meisten wohnten<br />
dam<strong>als</strong> im Bahnhofsviertel. Jetzt leben in Frankfurt rund<br />
8.000 Personen mit einem griechischen Pass. Einige von<br />
ihnen haben sich selbstständig gemacht und zum Beispiel<br />
griechische Restaurants eröffnet.<br />
In diesem Herbst feiert das Restaurant „Taverne PLA-<br />
KA“ in Bockenheim, in der Sophiestraße 37 sein 30-jähriges<br />
Jubiläum. <strong>Die</strong> Inhaberin, Frau Wula Conidas, erzählt<br />
uns ihre Einwanderungsgeschichte:<br />
„Ich bin in Aleksandropolis, Nord-Griechenland, 70<br />
Kilometer nördlich von Thessaloniki geboren. Wenn es<br />
im Frühjahr auf Kreta bereits 25 Grad warm ist, sind es<br />
bei uns meist erst 7 Grad. <strong>Die</strong> wenigsten Touristen wissen<br />
das. Als ich 1971 18 Jahre alt geworden bin, fuhr ich für<br />
drei Monate nach Frankfurt, um meinen älteren Bruder<br />
zu besuchen. Er war dam<strong>als</strong> 25 Jahre alt und arbeitete hier<br />
bereits seit einigen Jahren, und ich hatte Sehnsucht nach<br />
ihm. Dam<strong>als</strong> hatte ich keine Vorstellung von Deutschland.<br />
Ich bin vorher überhaupt noch nirgendwo gewesen.<br />
Ich stieg in Griechenland in den Zug ein und musste in<br />
München umsteigen. Ich weiß noch, dass ich große Angst<br />
im Zug hatte, weil ich die Sprache nicht konnte. In München<br />
am Bahnhof traf ich dann aber eine Griechin, die mir<br />
sagte, welchen Zug ich nach Frankfurt nehmen sollte.<br />
In Frankfurt angekommen wurde mir in der Konservenfabrik<br />
„Delacroix“ gleich Arbeit angeboten, mit der ich<br />
600 Mark im Monat verdiente. Nach kurzer Zeit lernte<br />
ich dort über Arbeitskollegen meinen zukünftigen Ehemann<br />
Georgios Conidas kennen, der, genau wie mein<br />
Bruder, mit einem Arbeitsvertrag aus Griechenland nach<br />
Deutschland kam. Wenige Monate später heirateten wir.<br />
In der Fabrik arbeitete ich noch 2 Jahre. Ohne Deutsch-<br />
Begegnung der Kulturen<br />
kenntnisse war der Kontakt zu deutschen Arbeitskollegen<br />
leider kaum möglich.<br />
Mein Ehemann und ich wollten eigentlich höchstens<br />
fünf Jahre hier bleiben, Geld sparen und nach Griechenland<br />
zurückkehren. Dafür haben wir aber zu wenig verdient.<br />
1974 entschieden wir uns dann, ein Lokal in Frankfurt<br />
zu pachten und ein Restaurant zu eröffnen. <strong>Die</strong> Gelegenheit<br />
bot sich in Bockenheim an. <strong>Die</strong> Besitzerin war<br />
sehr nett, so dass wir gleichzeitig eine Wohnung über dem<br />
Restaurant mieteten. In diesem Haus wohnen wir bis heute.<br />
Im Restaurant verstand ich am Anfang nichts von dem,<br />
was die Gäste zu mir sagten, und mein Ehemann auch<br />
nicht viel mehr. Wir haben deutsche Kunden, die seit 30<br />
Jahren immer noch kommen und lachen, wenn sie sich daran<br />
erinnern. Früher, in den 70er Jahren, kamen täglich<br />
rund 50 Gäste, vor allem zum Mittagsessen und fast alle<br />
gleichzeitig. Dam<strong>als</strong> wie heute kochte ich selber, und<br />
mein Ehemann bediente.<br />
Jetzt sind die Zeiten schwieriger. Wir haben weniger<br />
Kunden. <strong>Die</strong> Stammkunden kamen früher zwei Mal in der<br />
Woche, jetzt höchstens ein Mal wöchentlich. Man merkt,<br />
dass die Leute weniger Geld haben. Mehrere griechische<br />
Restaurants in Frankfurt mussten deswegen bereits<br />
schließen.<br />
Interessant ist, wie sich durch das Reisen und die vielen<br />
ausländischen Restaurants die Essgewohnheiten der Deutschen<br />
in diesen 30 Jahren geändert haben. Am Anfang<br />
wurde kaum Lammfleisch und wenig Fisch gegessen. Dam<strong>als</strong><br />
schauten die Kunden rein und fragten: „Aus welchem<br />
Land stammen Sie? Was gibt es ohne Knoblauch zu<br />
essen?“ Jetzt kommen auch viele ältere deutsche Kunden<br />
und fragen: „Was gibt es mit Knoblauch?“.<br />
Wir haben in Frankfurt inzwischen viele deutsche Freunde.<br />
Unsere zwei Söhne sind hier geboren und sind noch in<br />
der Ausbildung. Sie sprechen wenig griechisch. In Griechenland<br />
erwartet uns niemand mehr. Wir bleiben in Frankfurt“.<br />
Christina Lazzerini,<br />
Amt für multikulturelle Angelegenheiten<br />
✓ Stationäre Pflege ✓ Medizinische Bäderabteilung<br />
✓ Kurzzeitpflege ✓ Physikalische Therapie für jedermann<br />
✓ Altenwohnanlage – Alle Kassen zugelassen –<br />
✓ Tagespflege<br />
✓ Offener Mittagstisch<br />
Fachfeldstraße 42 • 60386 Frankfurt-Fechenheim • Tel. 0 69/40 80 80<br />
Besuchen Sie uns im Internet: www.heinrich-schleich-haus.de<br />
Anzeige<br />
SZ 4/<strong>2004</strong> 17