6dann durch e<strong>in</strong>ige Patzer noch weitere, zufällige Morde an Unbeteiligten, die beim Zuschauerim K<strong>in</strong>o regelmäßig e<strong>in</strong>e gewisse Heiterkeit auslösen.Das Scharnier zum zweiten Teil bildet e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>stellung auf den Körper der Frau <strong>in</strong> DianeSelwyns Apartment.Es klopft an der Tür, der Cowboy kommt, schaut here<strong>in</strong> und sagt: „Hey pretty girl. it's time towake up“: „Es ist Zeit zum Aufwachen, me<strong>in</strong>e Schöne.“ E<strong>in</strong>e zweite und e<strong>in</strong>e dritteE<strong>in</strong>stellung auf die Frau verändern das Bild: Die Frau ist nicht mehr tot, und ihr dunklesNegligé ist heller geworden. Sie erhebt sich und wir erkennen Betty, die aber im FolgendenDiane gerufen wird. Sie sieht müde und frustriert aus. Schließlich wird sie <strong>von</strong> Rita besucht,die jetzt aber Camilla Rhodes heißt. Die beiden haben e<strong>in</strong>e - hier offenbar gewohnheitsmäßige– lesbische Beziehung, die Camilla aber jetzt beenden möchte. Diane reagiert verzweifelt.Camilla lädt sie – möglicherweise ist dies e<strong>in</strong>e Rückblende – zu e<strong>in</strong>er Party e<strong>in</strong>, zu der Dianemit genau dem Auto fährt, das wir am Anfang des Filmes mit der Insass<strong>in</strong> Rita gesehen haben.An der Stelle, wo der Wagen im ersten Teil hielt, hält er auch jetzt, diesmal wird aber Dianeaufgefordert, auszusteigen. Es wartet nun Camilla auf sie, die sie zu e<strong>in</strong>er Party im Hause <strong>von</strong>Adam Kersher e<strong>in</strong>lädt. Der Zuschauer lernt nun, dass Diane e<strong>in</strong>e gescheiterte Schauspieler<strong>in</strong>ist, während sich ihre verme<strong>in</strong>tliche Freund<strong>in</strong> Camilla auf diesem Fest mit Kersher verlobt.Die Hauptrolle <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Film hat sie ohneh<strong>in</strong> bekommen. Gleichzeitig flirtet sie mit e<strong>in</strong>eranderen Frau (der Darsteller<strong>in</strong> der farblosen Camilla Rhodes des ersten Teils) und demütigt soihre ehemalige Partner<strong>in</strong> weiter, weil sie Diane so signalisiert, dass sie durchaus noch anlesbischen Beziehungen <strong>in</strong>teressiert ist, nur eben nicht mit ihr. Wir sehen e<strong>in</strong>e ganze Reihe<strong>von</strong> Personen aus der ersten Hälfte des Films, die nun andere Identitäten haben. Dianeentschließt sich, e<strong>in</strong>en Killer anzuheuern, der Camilla töten soll, es ist derselbe Killer, der imersten Teil <strong>in</strong> der burlesken Szene aufgetreten ist und damals offenbar nach Rita gefahndethatte. Er erhält e<strong>in</strong>en Beutel mit Geld, derselbe, den Rita im ersten Teil hatte und gibt Dianedafür e<strong>in</strong>en blauen Schlüssel, bis auf die Farbe nicht identisch mit dem <strong>von</strong> Rita im erstenTeil. Auf Dianes Frage, was der Schlüssel öffne, reagiert der Killer mit e<strong>in</strong>em unbestimmtenLachen. Während Diane wartet, dass Camilla getötet wird, klopft es an der Tür. Es ersche<strong>in</strong>enzwei Personen, die im ersten Teil des Films auch schon e<strong>in</strong>mal aufgetreten s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong> altesEhepaar, das Betty im Flugzeug nach L.A. kennengelernt hatte. Diese beiden alten Leute s<strong>in</strong>djetzt aber aus e<strong>in</strong>em merkwürdigen Ort zu Diane gelangt. Sie stammen aus e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>enblauen Würfel, der sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Tüte befunden hatte. Diese Tüte lag zu Füßen jenermerkwürdigen Gestalt, die sich h<strong>in</strong>ter „W<strong>in</strong>kies“ aufhielt und e<strong>in</strong>en jungen Mann durch ihrenBlick zu Tode brachte. Die beiden Alten werden <strong>von</strong> Diane e<strong>in</strong>gelassen und stürzen mit bösemLachen auf sie zu. Diane rennt <strong>in</strong> Panik <strong>in</strong> ihr Schlafzimmer und erschießt sich. Rauch steigt
7auf, drei E<strong>in</strong>stellungen beenden den Film: e<strong>in</strong>e Totale auf das Gesicht des Mannes h<strong>in</strong>ter„W<strong>in</strong>kies“, e<strong>in</strong>e grelle E<strong>in</strong>stellung der Gesichter Bettys und Ritas, letztere mit Perücke undschließlich wieder e<strong>in</strong>e Totale auf e<strong>in</strong>e Frau aus dem „Club Silencio“, die gebieterisch„Silencio“ ruft.E<strong>in</strong> starkes Argument für die Deutung e<strong>in</strong>er Trennung <strong>von</strong> Traum und Wirklichkeit,zugeordnet zu den beiden Teilen, ist e<strong>in</strong>e kurze E<strong>in</strong>stellung zu Beg<strong>in</strong>n des Films, die ichunterschlagen habe: Zwischen e<strong>in</strong>em Intro, auf das ich noch zurückkommen werde, und derSzene, <strong>in</strong> der der Wagen mit Rita den <strong>Mulholland</strong> <strong>Drive</strong> h<strong>in</strong>auffährt, gibt es e<strong>in</strong>e kurzeE<strong>in</strong>stellung auf e<strong>in</strong> rotes Kissen. Man hört das Seufzen e<strong>in</strong>er Frau, die, so suggeriert es dieKameraführung, <strong>in</strong> dieses Kissen s<strong>in</strong>kt. Wir sehen die Frau nicht, aber wir können das Bettzweifelsfrei identifizieren: es ist das, auf dem zuerst die Leiche, dann Diane liegt. Legt sichDiane zu Beg<strong>in</strong>n des Filmes nieder, um zu träumen, und erwacht sie, wenn der erste Teilendet? Ich glaube nicht. Zwei Hauptthemen, die Suche nach Identität - diesen Punkt betont<strong>David</strong> Lynch selbst (<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Interview, das im Werbematerial der DVD enthalten ist) alszentral für alle Figuren des Films - und der Schicksalsgedanke, fallen so eigentlich unter denTisch, denn die aufwändige Identitätssuche wird <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>deutigkeit <strong>von</strong> Wunsch undRealität aufgehoben. Der Schicksalsgedanke, der im ersten Teil des Films <strong>in</strong> den Gestaltendes schwarzen Mannes und des Cowboys und vor allem <strong>in</strong> der Geschichte <strong>von</strong> Adam Kersherso e<strong>in</strong>e zentrale Rolle spielt, wird zur re<strong>in</strong>en Metapher.Me<strong>in</strong>e erste Überlegung richtet sich auf den Cowboy. Ich möchte Ihnen gerne se<strong>in</strong>enwichtigen Dialog mit Adam Kersher vorführen:Cowboy (C): E<strong>in</strong>es Mannes E<strong>in</strong>stellung hat e<strong>in</strong>iges damit zu tun, wie se<strong>in</strong> Leben se<strong>in</strong> wird.Könnten Sie dem zustimmen?Adam Kersher (AK): Sicher.C: Haben Sie so geantwortet, weil Sie glauben, dass ich das hören möchte oder haben Siedarüber nachgedacht, was ich sagte. Und haben Sie so geantwortet, weil Sie aufrichtig da<strong>von</strong>überzeugt s<strong>in</strong>d, dass es stimmt?AK: Ich stimme dem zu, was Sie gesagt haben, aufrichtig.C: Was sagte ich?AK: Dass e<strong>in</strong>es Mannes E<strong>in</strong>stellung sehr damit zu tun hat, wie se<strong>in</strong> Leben se<strong>in</strong> wird.C: Also wenn das Ihre Ansicht ist, müssen Sie e<strong>in</strong> Mensch se<strong>in</strong>, dem nichts an e<strong>in</strong>em schönenLeben liegt.AK: Wieso das?