Die WOGEDO – von allem ein bisschen mehr - Evangelische ...
Die WOGEDO – von allem ein bisschen mehr - Evangelische ...
Die WOGEDO – von allem ein bisschen mehr - Evangelische ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
nur selten zu finden. Meistens ist er in den weitläufigen ankunft- und abflughallen des<br />
„alle sind busy. Wir sind die <strong>ein</strong>zigen, die ruhe und Zeit haben.“<br />
teams. Wichtig ist, die Betroffenen aus<br />
dem Fokus <strong>von</strong> Öffentlichkeit und Medien<br />
herauszuhalten. Dazu werden sie in<br />
<strong>ein</strong>en abgeschotteten Raum gebracht.<br />
Wir kümmern uns darum, dass die<br />
Polizei alle nötigen Auskünfte bekommt,<br />
ohne dass die Angehörigen zu<br />
sehr damit belastet werden. Wir versuchen,<br />
mit den Betroffenen ins Gespräch<br />
zu kommen. Wir reden darüber, wie sie<br />
sich fühlen, was sie denken, wie es ihnen<br />
geht. Wir reden darüber, welche Hilfe<br />
sie jetzt brauchen, was wir für sie tun<br />
können.<br />
Was können Sie konkret tun? Wie sieht<br />
die Unterstützung aus, die Sie anbieten?<br />
Wir können erste Hilfe in der Trauerbegleitung<br />
leisten. Wir können sie nach<br />
Hause begleiten und dafür sorgen, dass<br />
sie weitere psychologische Beratung und<br />
Therapie erhalten.<br />
Sie leiten sie also dann an andere Institutionen<br />
weiter?<br />
Genau. Bei dem Costa Concordia-Unglück<br />
haben wir zum Beispiel <strong>ein</strong> jüngeres<br />
Ehepaar aus Dortmund an <strong>ein</strong>e<br />
Trauma-Ambulanz weitergeleitet. Darüber<br />
hinaus habe aber auch ich <strong>ein</strong>e Woche<br />
lang jeden Tag mit ihnen telefoniert.<br />
Sie fassen also noch mal nach? An der<br />
Flughafentür ist für Sie nicht <strong>ein</strong>fach<br />
Schluss?<br />
Sie m<strong>ein</strong>en, fünf Minuten Treffen und<br />
dann auf Wiedersehen, das war‘s jetzt.<br />
N<strong>ein</strong>, hier ist nicht <strong>ein</strong>fach so Schluss.<br />
Ich telefoniere mit den Leuten, frage,<br />
wie es ihnen geht, was ich für sie tun<br />
kann, ob sie bestimmte Ratschläge befolgt<br />
haben, die ich ihnen gegeben habe.<br />
SerGeJ lePKe / eVduS<br />
titelthema<br />
Welche Ratschläge geben Sie denn?<br />
Ich rate, auf den eigenen Körper zu achten,<br />
darauf zu achten, was sich verändert.<br />
Im Nachhin<strong>ein</strong> kann es Schäden geben,<br />
mit denen man nicht rechnet. Man wird<br />
krank und weiß nicht, woher die körperliche<br />
Krankheit kommt. Zeit heilt eben<br />
nicht immer alle Wunden. <strong>Die</strong> Seele<br />
sucht sich dann <strong>ein</strong>en Ort, wo sie sich<br />
austoben kann.<br />
Haben Sie in solchen Situationen das<br />
Gefühl, dass Sie mit Ihren Gesprächen<br />
Trost spenden können?<br />
Oh, ja. Oftmals höre ich <strong>von</strong> Angehörigen,<br />
die <strong>ein</strong>en Menschen verloren haben:<br />
„Gut, dass mir jemand zur Seite steht“.<br />
Besonders, wenn <strong>ein</strong> Passagier am Urlaubsort<br />
oder während <strong>ein</strong>es Fluges<br />
stirbt. Das kommt häufiger vor, als man<br />
denkt. Wir haben ungefähr alle 14 Tage<br />
<strong>ein</strong> solches Ereignis. Erst letzte Woche<br />
hatten wir <strong>ein</strong>en Tod im Terminal zu<br />
beklagen.<br />
Eine Dame <strong>–</strong> Mitte 60 <strong>–</strong> stand an den<br />
Kofferbändern und ist <strong>ein</strong>fach umgekippt.<br />
Es wurde noch versucht, sie zu<br />
reanimieren. Es gab zwar k<strong>ein</strong>e Abholer<br />
zu betreuen, aber die beiden jungen<br />
Zollbeamten, die erste Hilfe geleistet<br />
hatten, waren fertig mit den Nerven. Es<br />
war ihre erste Tote. Sie mussten das erste<br />
Mal erleben, dass ihnen jemand quasi<br />
in den Händen stirbt. Wie belastend das<br />
ist, kann ich gut nachvollziehen. Noch<br />
heute erinnere ich mich bis ins Detail an<br />
m<strong>ein</strong>en ersten Todesfall im <strong>Die</strong>nst, obwohl<br />
es schon 30 Jahre zurückliegt. Das<br />
vergisst man nicht.<br />
Auch für Polizei, Feuerwehr, Rettungssanitäter,<br />
Notärzte und Zollbeamte<br />
bin ich da und schaue, dass sie k<strong>ein</strong>en<br />
Schaden nehmen und leiste Trauerbegleitung.<br />
Schließlich bin ich auch der<br />
Betriebsseelsorger für die Flughafen-<br />
Mitarbeiter. Und das sind hier immerhin<br />
über 18.000 Leute.<br />
Wie geht es Ihnen selbst am Ende <strong>ein</strong>es<br />
solchen Tages?<br />
Es ist anstrengend und belastend, k<strong>ein</strong>e<br />
Frage. Ich versuche auch für mich<br />
der „türöffner“ der Flughafenseelsorge:<br />
reisesegen und Schokoladenengelchen<br />
Gem<strong>ein</strong>debrief 3 · 2012 11