Die WOGEDO – von allem ein bisschen mehr - Evangelische ...
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Vieux, die alte Brücke in orthez<br />
aus dem 13. Jh. .<br />
gebucht und unser Gepäck wurde jeweils<br />
<strong>von</strong> <strong>ein</strong>em Hotel zum nächsten transportiert.<br />
Eine enorme Erleichterung.<br />
Am sonstigen Ablauf hatte sich aber<br />
nichts verändert, wir gestalteten unsere<br />
Fahrt nach wie vor nach Gutdünken.<br />
Nachdem wir in Pamplona unser Hotel<br />
gefunden und unsere Autos für die<br />
folgenden zwei Wochen sicher in der<br />
Tiefgarage des Hotels geparkt hatten,<br />
freuten wir uns auf die bevorstehende<br />
eigentliche Pilgerreise.<br />
In Pamplona hatten wir noch Zeit,<br />
die Stadt zu erkunden. Überall sahen<br />
wir erste Anzeichen des bevorstehenden<br />
Patronatsfestes. Rot-weiße Fahnen<br />
schmückten die Gebäude, an den<br />
Straßen standen schon Gatter für die<br />
bekannte Stierhatz durch die Stadt zur<br />
Stierkampfarena. Ver<strong>mehr</strong>t waren auch<br />
schon Pilger unterwegs.<br />
Ein wenig ernüchternd war am nächsten<br />
Morgen die Suche nach dem Weg.<br />
Vor lauter Autobahnen und Nationalstraßen<br />
mussten wir lange nach der ersten<br />
gelben Muschel auf blauem Grund<br />
suchen. Da der eigentliche Pilgerweg<br />
auch hier mit dem Rad nicht befahrbar<br />
ist, radelten wir auf der N111 in Richtung<br />
Puente la R<strong>ein</strong>a. Auf der bekannten<br />
St<strong>ein</strong>brücke hielten wir an und beobachteten<br />
die Störche auf dem benachbarten<br />
Kirchturm.<br />
<strong>Die</strong>se imposanten Vögel, Zeichen<br />
<strong>von</strong> Friedfertigkeit und Leben, begleiteten<br />
uns noch zahlreich auf dem ganzen<br />
Weg bis nach Santiago. Das sind<br />
immerhin 800 km mit unendlich vielen<br />
monumentalen Bauwerken, gotisch und<br />
romanisch, mit alten, teilweise perfekt<br />
restaurierten Pilgerherbergen und mit<br />
wunderschönen Landschaften, wie zum<br />
abteikirche Sainte-Foy<br />
in conques<br />
Beispiel die für ihren W<strong>ein</strong> bekannte<br />
Region im Norden Spaniens, die Rioja.<br />
Ab Burgos durchquert der Pilgerweg<br />
die berühmte wüstenartige Hochebene<br />
Meseta mit Kornfeldern, die bis zum<br />
Horizont reichen. Den Pilger erwartet<br />
jetzt Hitze, Staub, Trockenheit und<br />
Eintönigkeit. Trotzdem ist diese endlose,<br />
sch<strong>ein</strong>bar menschenleere Hochebene<br />
faszinierend.<br />
<strong>Die</strong>se wohltuende Einsamkeit, die<br />
unglaubliche Vielfalt der Natur und die<br />
langen Anstiege lassen die Gedanken<br />
weit schweifen. Obwohl wir zu viert waren,<br />
war man doch viel all<strong>ein</strong>. Nicht nur,<br />
weil sich das „Fahrerfeld“ an den langen<br />
Anstiegen oft weit aus<strong>ein</strong>anderzog. Wir<br />
spürten: Pilgern heißt, mit sich selbst<br />
unterwegs zu s<strong>ein</strong>. Das gilt auch für<br />
Fußpilger. <strong>Die</strong>se selbst verursachte und<br />
auch gezielt gewollte Einsamkeit sch<strong>ein</strong>t<br />
therapeutischen Charakter zu haben.<br />
Es ist die Einfachheit des Lebens mit<br />
<strong>ein</strong>er Welt, die in <strong>ein</strong>en kl<strong>ein</strong>en Rucksack<br />
passen muss. Es ist die Natur mit<br />
ihren wechselnden Landschaften, in die<br />
die Muschel oder <strong>ein</strong> gelber<br />
Pfeil kennzeichnen den Jakobsweg,<br />
auch den radweg.<br />
der eigentliche Pilgerpfad ist<br />
aber mit <strong>ein</strong>em treckingrad<br />
oft nicht befahrbar.<br />
Zisterzienserinnen-Kloster<br />
Santa María la real de las<br />
huelgas bei Burgos<br />
man versinkt. Dann ist es nicht <strong>mehr</strong><br />
weit zu der Frage, wer hinter all diesen<br />
Naturschönheiten steht. Und es ist nur<br />
<strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Schritt zum Schöpfer all<br />
dieser Dinge, zu Gott. Es bedarf dann<br />
nicht <strong>mehr</strong> vieler Worte. Man ist erfüllt<br />
<strong>von</strong> tiefer Dankbarkeit für das Erlebte.<br />
<strong>Die</strong>ses erhabene Gefühl ist nur noch<br />
zu steigern, wenn man den letzten Hügel<br />
vor Santiago de Compostela überwunden<br />
hat und zum ersten Mal die Türme<br />
der Kathedrale <strong>von</strong> Santiago sieht und<br />
schließlich nach 2.200 Kilometern auf<br />
dem riesigen Platz vor der Kathedrale<br />
steht. Pilgergruppen werfen ihre Rücksäcke<br />
in die Luft und umarmen sich.<br />
Andere verweilen still in sich gekehrt<br />
vor dem imposanten Bauwerk. <strong>Die</strong> meisten<br />
zieht es dann in die Kirche, um die<br />
lebensgroße Statue des Heiligen Jakob<br />
zu umarmen.<br />
Was auch immer in diesem Jakobsgrab<br />
in der Kathedrale ruhen mag, die Geb<strong>ein</strong>e<br />
des Heiligen oder etwas Anderes, es<br />
spielt eigentlich k<strong>ein</strong>e Rolle. Wichtig ist<br />
die spirituelle Nähe zu <strong>ein</strong>em Heiligen,<br />
der <strong>ein</strong>en direkt in die Nähe Jesu bringt,<br />
zum Ursprung unseres Glaubens. Jedenfalls<br />
war ich überrascht, wie selbst<br />
<strong>ein</strong> kritischer Christ, und so schätze ich<br />
mich <strong>ein</strong>, <strong>von</strong> <strong>ein</strong>er Pilgerfahrt so be<strong>ein</strong>druckt<br />
und ergriffen s<strong>ein</strong> kann.<br />
Unsere kl<strong>ein</strong>e Pilgergruppe zog es<br />
seither noch zweimal nach Santiago de<br />
Compostela: 2009 auf der Via de la Plata<br />
<strong>von</strong> Sevilla nach Santiago und 2011<br />
<strong>von</strong> Nazaré in Portugal auf dem caminho<br />
portugues nach Santiago und weiter<br />
nach Fisterra am Atlantik, das im 12.<br />
Jahrhundert als das Ende der Welt galt.<br />
Auf nach Santiago, es lohnt sich!<br />
Rudolf Winkelhorst<br />
Gem<strong>ein</strong>debrief 3 · 2012 9