03.12.2012 Aufrufe

Die WOGEDO – von allem ein bisschen mehr - Evangelische ...

Die WOGEDO – von allem ein bisschen mehr - Evangelische ...

Die WOGEDO – von allem ein bisschen mehr - Evangelische ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Vieux, die alte Brücke in orthez<br />

aus dem 13. Jh. .<br />

gebucht und unser Gepäck wurde jeweils<br />

<strong>von</strong> <strong>ein</strong>em Hotel zum nächsten transportiert.<br />

Eine enorme Erleichterung.<br />

Am sonstigen Ablauf hatte sich aber<br />

nichts verändert, wir gestalteten unsere<br />

Fahrt nach wie vor nach Gutdünken.<br />

Nachdem wir in Pamplona unser Hotel<br />

gefunden und unsere Autos für die<br />

folgenden zwei Wochen sicher in der<br />

Tiefgarage des Hotels geparkt hatten,<br />

freuten wir uns auf die bevorstehende<br />

eigentliche Pilgerreise.<br />

In Pamplona hatten wir noch Zeit,<br />

die Stadt zu erkunden. Überall sahen<br />

wir erste Anzeichen des bevorstehenden<br />

Patronatsfestes. Rot-weiße Fahnen<br />

schmückten die Gebäude, an den<br />

Straßen standen schon Gatter für die<br />

bekannte Stierhatz durch die Stadt zur<br />

Stierkampfarena. Ver<strong>mehr</strong>t waren auch<br />

schon Pilger unterwegs.<br />

Ein wenig ernüchternd war am nächsten<br />

Morgen die Suche nach dem Weg.<br />

Vor lauter Autobahnen und Nationalstraßen<br />

mussten wir lange nach der ersten<br />

gelben Muschel auf blauem Grund<br />

suchen. Da der eigentliche Pilgerweg<br />

auch hier mit dem Rad nicht befahrbar<br />

ist, radelten wir auf der N111 in Richtung<br />

Puente la R<strong>ein</strong>a. Auf der bekannten<br />

St<strong>ein</strong>brücke hielten wir an und beobachteten<br />

die Störche auf dem benachbarten<br />

Kirchturm.<br />

<strong>Die</strong>se imposanten Vögel, Zeichen<br />

<strong>von</strong> Friedfertigkeit und Leben, begleiteten<br />

uns noch zahlreich auf dem ganzen<br />

Weg bis nach Santiago. Das sind<br />

immerhin 800 km mit unendlich vielen<br />

monumentalen Bauwerken, gotisch und<br />

romanisch, mit alten, teilweise perfekt<br />

restaurierten Pilgerherbergen und mit<br />

wunderschönen Landschaften, wie zum<br />

abteikirche Sainte-Foy<br />

in conques<br />

Beispiel die für ihren W<strong>ein</strong> bekannte<br />

Region im Norden Spaniens, die Rioja.<br />

Ab Burgos durchquert der Pilgerweg<br />

die berühmte wüstenartige Hochebene<br />

Meseta mit Kornfeldern, die bis zum<br />

Horizont reichen. Den Pilger erwartet<br />

jetzt Hitze, Staub, Trockenheit und<br />

Eintönigkeit. Trotzdem ist diese endlose,<br />

sch<strong>ein</strong>bar menschenleere Hochebene<br />

faszinierend.<br />

<strong>Die</strong>se wohltuende Einsamkeit, die<br />

unglaubliche Vielfalt der Natur und die<br />

langen Anstiege lassen die Gedanken<br />

weit schweifen. Obwohl wir zu viert waren,<br />

war man doch viel all<strong>ein</strong>. Nicht nur,<br />

weil sich das „Fahrerfeld“ an den langen<br />

Anstiegen oft weit aus<strong>ein</strong>anderzog. Wir<br />

spürten: Pilgern heißt, mit sich selbst<br />

unterwegs zu s<strong>ein</strong>. Das gilt auch für<br />

Fußpilger. <strong>Die</strong>se selbst verursachte und<br />

auch gezielt gewollte Einsamkeit sch<strong>ein</strong>t<br />

therapeutischen Charakter zu haben.<br />

Es ist die Einfachheit des Lebens mit<br />

<strong>ein</strong>er Welt, die in <strong>ein</strong>en kl<strong>ein</strong>en Rucksack<br />

passen muss. Es ist die Natur mit<br />

ihren wechselnden Landschaften, in die<br />

die Muschel oder <strong>ein</strong> gelber<br />

Pfeil kennzeichnen den Jakobsweg,<br />

auch den radweg.<br />

der eigentliche Pilgerpfad ist<br />

aber mit <strong>ein</strong>em treckingrad<br />

oft nicht befahrbar.<br />

Zisterzienserinnen-Kloster<br />

Santa María la real de las<br />

huelgas bei Burgos<br />

man versinkt. Dann ist es nicht <strong>mehr</strong><br />

weit zu der Frage, wer hinter all diesen<br />

Naturschönheiten steht. Und es ist nur<br />

<strong>ein</strong> kl<strong>ein</strong>er Schritt zum Schöpfer all<br />

dieser Dinge, zu Gott. Es bedarf dann<br />

nicht <strong>mehr</strong> vieler Worte. Man ist erfüllt<br />

<strong>von</strong> tiefer Dankbarkeit für das Erlebte.<br />

<strong>Die</strong>ses erhabene Gefühl ist nur noch<br />

zu steigern, wenn man den letzten Hügel<br />

vor Santiago de Compostela überwunden<br />

hat und zum ersten Mal die Türme<br />

der Kathedrale <strong>von</strong> Santiago sieht und<br />

schließlich nach 2.200 Kilometern auf<br />

dem riesigen Platz vor der Kathedrale<br />

steht. Pilgergruppen werfen ihre Rücksäcke<br />

in die Luft und umarmen sich.<br />

Andere verweilen still in sich gekehrt<br />

vor dem imposanten Bauwerk. <strong>Die</strong> meisten<br />

zieht es dann in die Kirche, um die<br />

lebensgroße Statue des Heiligen Jakob<br />

zu umarmen.<br />

Was auch immer in diesem Jakobsgrab<br />

in der Kathedrale ruhen mag, die Geb<strong>ein</strong>e<br />

des Heiligen oder etwas Anderes, es<br />

spielt eigentlich k<strong>ein</strong>e Rolle. Wichtig ist<br />

die spirituelle Nähe zu <strong>ein</strong>em Heiligen,<br />

der <strong>ein</strong>en direkt in die Nähe Jesu bringt,<br />

zum Ursprung unseres Glaubens. Jedenfalls<br />

war ich überrascht, wie selbst<br />

<strong>ein</strong> kritischer Christ, und so schätze ich<br />

mich <strong>ein</strong>, <strong>von</strong> <strong>ein</strong>er Pilgerfahrt so be<strong>ein</strong>druckt<br />

und ergriffen s<strong>ein</strong> kann.<br />

Unsere kl<strong>ein</strong>e Pilgergruppe zog es<br />

seither noch zweimal nach Santiago de<br />

Compostela: 2009 auf der Via de la Plata<br />

<strong>von</strong> Sevilla nach Santiago und 2011<br />

<strong>von</strong> Nazaré in Portugal auf dem caminho<br />

portugues nach Santiago und weiter<br />

nach Fisterra am Atlantik, das im 12.<br />

Jahrhundert als das Ende der Welt galt.<br />

Auf nach Santiago, es lohnt sich!<br />

Rudolf Winkelhorst<br />

Gem<strong>ein</strong>debrief 3 · 2012 9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!