Die Brünner Vorstadt Neustift
Die Brünner Vorstadt Neustift
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garten" (Huppngoatn), welche an die alte Straße nach Kumrowitz grenzten, und auf der<br />
Gegenseite in „Bei der Kapelln" — heute „Bei der Weißen Marter" — und im „Gruib"<br />
(wohl Schotter- oder Sandgrube) ihre Fortsetzung finden. Mit dem einige Häuser der<br />
Dohlgasse tragenden „Vierhappl" (Frühappl = Vorhaupt oder Vorstück, Vorwerk) findet<br />
die Reihe der Riede ihren Abschluß. Heute ausschließlich dem Gemüse- und Blumenbau<br />
dienend, waren früher vielfach Obstbäume und besonders Reben anzutreffen, welche<br />
allenthalben die Raine und Wege säumten, ja sogar die einzelnen Besitzstreifen<br />
schieden. Mit dem, um die Wende des XIX. zum XX. Jahrhundert durch Einführung<br />
amerikanischer Weinstöcke bedingten — katostrophalen Auftretens der Reblaus und<br />
Pernospora fielen nicht nur alle diese Weinhecken, sondern auch die Weingärten auf dem<br />
Gelben und Roten Berge der Vernichtung anheim, und wurde letztmalig im Jahre 1912<br />
zu <strong>Neustift</strong> der selbstgefaßte Wein zum Ausschank gebracht. — Von altersher hatten die<br />
<strong>Neustift</strong>er das Recht, diesen Wein in der Zeit vom ersten Adventsonntage bis zu Pauli<br />
Bekehrung (25. Jänner) in ihren Behausungen kleinweise zu verkaufen; eine durch die<br />
Dachlucke gesteckte Stange mit angehängtem Kranze, der „Zager" (Zeiger), kündete<br />
den „Weinbeißern" von Stadt und Land, wo „ausgesteckt" sei, und waren es frohe Stunden,<br />
als sich, bunt nebeneinander, auf Stühlen, Diwan und Bettkanten sitzend, die Gäste<br />
sowohl den Wein, als auch die meist umsonst gebotenen Brote, in Asche gebratene<br />
Kartoffeln und Nüsse, wie auch mitgebrachten Imbiß trefflich schmecken ließen und<br />
hierfür manch Räuschlein nach Hause brachten; bis in die letzte Zeit bewahrten unsere<br />
Gärtner die „Zimenter" (Meßgefäße und Krüge aus Zinn) als liebe Andenken an ihre<br />
ehemaligen Rechte. Vor der Errichtung von, durch Gastwirte geführten Schenken in<br />
<strong>Neustift</strong> — das erste Gasthaus wurde dem bereits genannten Bürgermeister Lorenz<br />
Schober in der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts bewilligt — waren die <strong>Neustift</strong>er<br />
verpflichtet, das herrschaftliche Bier in bestimmter Reihenfolge zum Ausschank zu.<br />
bringen.<br />
Mangel an Raum, Einrichtung und nötigem Geschirr sowie umständliche Zustreifung des<br />
Getränkes, als auch die Bedachtnahme auf Zuspruch ortsfremder Stand- oder<br />
Durchzugsgäste, lassen die Annahme wohl als berechtigt erscheinen, daß schon in<br />
frühesten Zeiten ein herrschaftliches Haus für diese Zwecke eingerichtet wurde, und dies<br />
wird — schon wegen der günstigsten Lage — das Branntweinhaus gewesen sein. Bei<br />
dem im Grundbuche 1570 erwähnten Acker „Pirhauserin" wird es sich wahrscheinlich um<br />
ein Feld der, den Altbrünner Gasthof „Blauer Löwe" bewirtschaftenden Witwe Slany<br />
handeln.<br />
Ein einziges Mal wurde eines Ackers „neben dem Spitalacker" Erwähnung getan, ohne<br />
eine nähere Angabe über die Lage dieses „Spitalacker" zu enthalten. Entweder handelt<br />
es sich bei diesem Grundstücke um einen Besitz des St. Annaklosters — also außerhalb<br />
ein der Grenze der <strong>Neustift</strong>er Gemarkung gelegen, oder aber um das Eigen eines<br />
<strong>Neustift</strong>er Armenhauses über dessen Bestand jedoch keinerlei weitere Aufzeichnungen,<br />
weder in den Gemeinderechnungen noch in sonstigen Schriften bestehen. Wenn sich<br />
auch eine solche Einrichtung in allen Belangen hätte selbst erhalten müssen, so wäre<br />
doch ein „Spitalmeister" oder „Armenpfleger" bestellt gewesen, aber auch diesbezüglich<br />
schweigen alle Quellen.<br />
Bei Hinscheiden eines Gärtners wurden seine Realitäten und Fahrnisse geschätzt und<br />
unter seinen — gewöhnlich letztwillig bestimmten — Erben aufgeteilt, wobei gewöhnlich<br />
der erstgeborene, volljährige Sohn die Behausung erhielt und die jüngern Geschwister<br />
abfinden, die Anteile der Minderjährigen aber an die „Waisenkasse" abführen mußte.<br />
Waren aber alle Kinder noch unmündig, so wurde alles verkauft und der Erlös der<br />
„Waisenkasse" überwiesen, welche diese Gelder — bei gewöhnlich 5%iger Verzinsung —<br />
auf Häuser und Grundstücke als Darlehen anlegte. Der Eingang der fälligen Zinsen und<br />
Tilgungsraten — der Wehrung — wurde von der Gemeinde unentgeltlich überwacht und<br />
verrechnet. <strong>Die</strong> Waisen wurden in Privatpflege — gewöhnlich zu Verwandten — gegeben,<br />
wo sie erzogen wurden, und mit 9 Jahren in der Wirtschaft helfen mußten, was mitunter<br />
zum harten Leidenswege für die Kinder wurde. <strong>Die</strong> erstgeborenen Söhne — auch die<br />
Waisen — waren für die Gärtnerei vorgesehen, während es den übrigen mit erreichtem