Die Brünner Vorstadt Neustift
Die Brünner Vorstadt Neustift
Die Brünner Vorstadt Neustift
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
in Erbpacht an 32 Gärtier und wurde hiermit die Gründung der „Gassen <strong>Neustift</strong>"<br />
vollzogen.<br />
<strong>Die</strong> ausdrückliche Bezeichnung „Gartler" gibt Kunde, daß die Grundstücke schon damals<br />
hochkultiviertes Gemüse-, Obst-, Wein- und Blumenbauland war, und daß daher auch<br />
die mit den 32 Losen bedachten Gärtner wohl nicht erst berufen werden mußten,<br />
sondern aus dem bisherigen Hofgesinde des Gutsherrn gestellt wurden. Weder Landtafel<br />
noch Grundbücher der späteren Jahrhunderte weisen eine Rücknahme oder Übergabe<br />
von Gründen durch die Gutsherrschaft auf, und können wir daher mit genügender<br />
Sicherheit annehmen, daß die Realitäten, welche noch 1850 im Besitze des Grundherrn<br />
standen, auch schon bei der ursprünglichen Aufteilung in deren uneingeschränktem<br />
Nutzgenusse oder Eigenbewirtschaftung waren und zugleich die Stelle bezeichnen, wo<br />
vor 600 Jahren der Gutshof lag, — es sind die Gründe der ehemaligen Pottaschhütte und<br />
des Branntweinhauses, welche am Eingange zur <strong>Neustift</strong>gasse am Schwarzawa-<br />
Mühlgraben liegen, und von 1744 bis 1771 die Nummer 67 führten, sowie das bis zum<br />
Mühlgraben reichende Grundstück der ehemals Kuhn'schen Fabrik in der Straßengasse,<br />
welches wohl vorerst eine Mühle umfaßte und später in ein Badehaus umgewandelt<br />
wurde (im <strong>Brünner</strong> Stadtbuche als „Bad unter dem Spielberge" angeführt), doch weisen<br />
die Nachrichten, betreffend die der Herrschaft direkt verbliebenen Gründe, sehr große<br />
Lücken auf, welche weder durch Überlieferung noch durch Aufzeichnungen und Urkunden<br />
in den Archiven überbrückt werden konnten.<br />
Um das Jahr 1400 erwarb — unbestimmbar ob durch Erbschaft oder Kauf — Cenek de<br />
Nezetitz 4 ) die neue Gemeinde, um von diesem an seinen Sohn Johann, und dann<br />
weiterhin an Johann Pomyn de Nezititz vererbt zu werden. Der letztere vermachte seine<br />
Güter dem <strong>Brünner</strong> Tuchhändler Cenek de Mislokowitz 5 ), Besitzer von Slawikowitz 6 )<br />
Und Curowitz 7 ). — <strong>Die</strong>ser besaß in der Fröhlichergasse zu Brünn ein Haus und war —<br />
nach den Losungsbüchern zu schließen, ein reicher Bürger. Als er im Jahre 1450 seine<br />
Tochter Anna dem Schreiber des Kleinen Landrechtes Jeronym de Piwin 8 ) (Hieronymus<br />
Piweiner) vermählte, gab er ihr unter anderem die <strong>Neustift</strong> zur Mitgift. Jeronym wurde<br />
1452 mit dem Prädikat „von Piwin" in den erblichen Adelsstand erhoben und ihm als<br />
Wappen und Helmzier 2 gestutzte, aufrechtstehende Äste mit wechselnden Farben in<br />
rot-weiß gespaltenem Felde und rot-weißer Helmdecke verliehen, welcher Adelsbrief<br />
auch im Wiener Saalbuche verzeichnet erscheint.<br />
Ein Bild der in der Zeit des tschechisch-nationalen Königtums herrschenden Unsicherheit,<br />
zugleich aber auch die bisher erste Nennung des Namens eines <strong>Neustift</strong>er Gärtners<br />
bieten die „Půhony a nálezy" 9 ) des Landrechtes, nach welchen im Jahre 1454 Albrecht<br />
von Waldstein und Herr auf Seelowitz dem, mit 8 Scheffeln Salz auf der Wiener Straße<br />
heimfahrenden Gärtner Andreas, Ladung und Fuhrwerk abnahm und mit einer Tracht<br />
Prügel davonjagte; im nachfolgenden Gerichtsverfahren aber zu voller Genugtuung<br />
verurteilt wurde.<br />
Der einzige Sohn des Hieronymus v. Piwin, Wenzel v. Piwin erbte 1480 die Besitzungen<br />
seiner Eltern und lebte in Brünn anscheinend mit der Wirtschaftsführung seiner Güter<br />
beschäftigt, da ein sonstiger Beruf auch aus den Losungsbüchern nicht festzustellen ist.